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Eine deutsch-finnische Geburtstagsfeier. – Friedliche Erinnerungen an kriegerische Zeiten. – Die geheime Telegraphenstation. – Der Handstreich auf den Eisbrecher »Tarmo«. – Der neue Rütlischwur. – Das Stelldichein auf dem nördlichen Polarkreis.
Vor einigen Jahren saßen an einem Frühlingsabend in der gemütlichen Junggesellenwohnung eines Arztes in Berlin zwei Freunde bei einem Glase Wein. Mein Freund Eduard feierte seinen Geburtstag. Er war lauter Geselligkeit nicht sehr zugetan, dazu nahm ihn sein Beruf viel zu sehr in Anspruch. Um so mehr liebte er ein behagliches Plauderstündchen. Er hatte also mich, den langjährigen Genossen seiner Freuden und Leiden, eingeladen, mit ihm über die Schwelle seines neuen Lebensjahres zu gehen.
Das hatten wir auch in früheren Jahren immer so gehalten. Aber diesmal erwarteten wir noch einen dritten Teilnehmer unseres fröhlichen Umtrunks, auf den wir beide nicht wenig neugierig waren.
Dieser dritte war ein junger Finnländer, unser gemeinsamer Freund Johannes. Ich selbst zwar kannte ihn bisher nur vom Hörensagen und aus Eduards begeisterten Schilderungen. Johannes war von Beruf Ingenieur, aber im Weltkrieg und im Befreiungskampfe seines Vaterlandes einer der kühnsten Flugzeugführer gewesen. Er hatte trotz seiner verhältnismäßig jungen Jahre Abenteuer erlebt, mit denen man ein ganzes langes Leben hätte ausfüllen können. Ein Zufall hatte Eduard und Johannes im Jahre 1918 zusammengeführt. Eduard war als Arzt mit den deutschen Truppen des Grafen von der Goltz, die den Finnländern Hilfe brachten, nach der finnischen Hauptstadt gekommen. Johannes zog mit den finnischen Truppen des Grafen Mannerheim in Helsingfors ein, als das Werk der Befreiung des Landes sich vollendete.
Dieser Johannes war jetzt auf einer Reise in Deutschland, und wir erwarteten ihn zu unserer Geburtstagsfeier. Unser Gespräch drehte sich natürlich nur um ihn.
»Paß auf,« meinte Eduard, »das wird ein feiner Abend! Wenn Johannes einmal loslegt, geht es wie geschmiert. Er weiß mehr zu erzählen, als in zehn Büchern stehen könnte. Wir müssen ihn dazu bringen, uns aus seinen Erlebnissen etwas zum besten zu geben.«
»Ja, mein Lieber,« erwiderte ich, »dazu ist heute der richtige Tag. Vor genau sechs Jahren erlebtest du auf dem Helsingforser Senatsplatz den Empfang der deutschen Truppen durch die finnischen Staatsbehörden.«
»Ja, ja, du hast recht. Noch am Tage vorher hatten die Maschinengewehre in den Straßen von Helsingfors geknattert, und beim festlichen Empfangsgeläute der Nikolaikirche dröhnten mir im Ohr immer noch die dumpfen Abschüsse der deutschen Schiffskanonen, die vom Hafen aus die Nester der Aufrührer bekämpften!«
»Da können wir also, wenn Johannes kommt, einen richtigen deutsch-finnischen Erinnerungstag feiern!«
Unter solchen Gesprächen verging etwa eine halbe Stunde, bis Johannes kam.
War das eine freudige Begrüßung der beiden alten Kriegskameraden, die sich seit den gemeinsamen Kampftagen des Frühjahrs 1918 nicht wiedergesehen hatten!
Auch ich wurde gar rasch mit ins Gespräch gezogen. Johannes kannte mich aus Eduards Briefen, und ich wußte genug von ihm durch Eduard.
Die alten Kriegskameraden kamen natürlich immer wieder auf ihre Erinnerungen zurück. Johannes war da ganz in seinem Fahrwasser.
Daß es ihm so recht wohl nur war, wenn er mit Haut und Haar in einem Abenteuer steckte, hatte ich gar bald heraus, obwohl er vorerst gar nicht von sich selbst sprach, sondern von allerlei kühnen Unternehmungen, an denen andere beteiligt waren.
Da kam als erste die köstliche Geschichte daran, wie es die Anhänger der staatlichen Ordnung in Finnland, die »Weißen«, anstellten, sich telegraphisch mit dem Stab des Grafen Mannerheim in Verbindung zu setzen. Zwischen Nord- und Südfinnland war damals aller Verkehr unterbrochen. Im Norden sammelte der finnische General seine meist aus Bauernsöhnen bestehenden Truppen, um den Vorstoß vorzubereiten, der der Blutherrschaft der »Roten« ein Ende machen sollte. Die Roten aber hatten den südlichen Teil des Landes und vor allem die Hauptstadt selbst in ihrer Gewalt.
»Ja, Kinder,« meinte Johannes in seiner fröhlichen Art, »das war eine tolle Sache! Wir hatten da, dank der Findigkeit einiger unserer Telegraphisten, eine ständige Verbindung mit unseren Freunden im Norden. Aber eines schönen Tages hatten die ›Roten‹ Lunte gerochen, und nun war es aus mit dem Vergnügen! Zwischen Helsingfors und dem Küstenstädtchen Wasa, wo damals die ›Weißen‹ ihr Hauptquartier hatten, war der Draht zerschnitten. Aber unsere Telegraphisten ließen den Kopf nicht hängen. Schon hatten sie einen neuen Plan ausgeheckt. Sie vermuteten mit Recht, daß die Deutschen bei ihren Kämpfen im Baltikum inzwischen schon bis Reval vorgestoßen seien. Nun gab es damals einige Kabelleitungen unter See, die in Helsingfors am Ufer des Brunnsparks aus dem Meer stiegen und von da aus als Straßenleitungen zum Haupttelegraphenamt gingen. Hallo, dachten sich unsere braven Telegraphisten, jetzt braucht man bloß eine dieser Linien abzukoppeln und zu irgendeiner Geheimstation zu leiten, dann hat man eine Verbindung mit Reval, von der die ›Roten‹ nichts wissen.
Was tat nun mein Freund, der Ingenieur Osolin? Er ließ der deutschen Heeresleitung heimlich die Nachricht zukommen, sie möchte sofort nach der Einnahme von Reval das Kabel Nummer 254 in Ordnung bringen. Man werde dafür sorgen, daß sein Endpunkt in Helsingfors in den Händen der ›Weißen‹ sei. Nun wurde zunächst mit List und Tücke in einer Villa des Brunnsparks, die einem unserer Gesinnungsgenossen gehörte, eine große Garderobe in eine heimliche Telegraphenstation verwandelt, indem man hinter einem Bretterverschlag Tisch, Stuhl und Apparate aufstellte. Jetzt konnte es losgehen!
Als russische Telegraphisten uniformiert, erschienen unsere braven Arbeiter mit Werkzeug und Leitern dort, wo Kabel 254 den Leitungsposten vom Land erreichte. Kinder, das war eine großartige Komödie! Spaziergänger liefen hin und her, rote Wachposten standen herum, und dazwischen arbeiteten unsere Leute sechs Stunden lang, machten das Kabel von seinem Pfosten los und verbanden es durch eine unterirdische Leitung mit unserer maskierten Garderobe in der Villa.
Aber eines Tages wäre die ganze schöne Geschichte beinahe ins Wasser gefallen. Im Haupttelegraphenamt, wo noch die Russen saßen, paßte man nämlich sehr scharf auf die Kabel nach Reval auf, seitdem die Deutschen dort eingezogen waren. Es war so ein üblicher Spaß der russischen Telegraphisten, durch Einschieben des Stöpsels Verbindung mit Reval herzustellen, um zu sehen, ob Reval antwortete. Aber immer gab es Erdkontakt. Damit wir unbemerkt unsere Gespräche führen konnten, mußte einer der Gehilfen meines Freundes Osolin immer auf dem Haupttelegraphenamt sein, um aufzupassen. Denn der Zufall konnte es ja wollen, daß die neugierigen russischen Telegraphisten gerade dann an ihrem Apparat herumfingerten, wenn Osolin experimentierte, um seine Verbindung mit Reval zu bekommen!
Na, eines schönen Tages platzte die Bombe!
Unser Aufpasser war gerade einige Augenblicke aus dem Zimmer gegangen, als so ein verfluchter Russe wieder mal bei Reval anklopfte. Kinder, denkt euch die Bescherung! Reval antwortete! Das ganze Haupttelegraphenamt läuft vor Aufregung durcheinander wie ein Ameisenschwarm, und weiß Gott, es wird sogar ein Gespräch geführt. Nun hatten aber glücklicherweise die beiden Herren in unserem Garderobewinkel rechtzeitig gemerkt, daß da etwas nicht in Ordnung war.
Die famosen Kerls verloren nicht einen Augenblick den Kopf. Sie taten, als wäre gar nichts passiert, telegraphierten ruhig weiter und zwar in deutscher Sprache: Wenn der Hauptmann nach Libau kommt, führt ihn sofort zur Etappe 54, dann geht es morgen los nach Osten, um den Plan auszuführen ... Wer da? ... Ist Regulus in Libau da? ... Hier Major Blix, Reval ... Wer da? ... Zum Donnerwetter, wer da? ... Na, nun kam ganz zögernd aus dem Helsingforser Haupttelegraphenamt die Antwort: ›Nicht Libau hier. Hier Helsingfors.‹ Nun brüllte es natürlich aus unserer Garderobestation: ›Hol dich der Teufel! Hol dich der Teufel!‹ Und dann war plötzlich die Verbindung wieder abgebrochen und Erdkontakt hergestellt.
Menschenkinder, stellt euch einmal die blöden Gesichter im Haupttelegraphenamt vor! Mund und Augen haben sie aufgesperrt, denn sie waren ja fest überzeugt, ein verirrtes deutsches Militärgespräch zwischen Libau und Reval aufgefangen zu haben. Da hätte man natürlich gern stundenlang zugehört, um herauszukriegen, was ihr verfluchten ›Nemzy‹ da drüben im Baltikum noch alles im Schilde führtet. Und nun kam auf einmal wieder dieser verwünschte Erdkontakt! Die Sache war gerade so, wie im Zeitungsroman, wenn's an der spannendsten Stelle plötzlich heißt: ›Fortsetzung folgt‹. Aber der Herr Major Blix, der war für alle Zeiten spurlos vom Erdboden verschwunden. Unser guter Osolin sauste, um solchen Unterbrechungen unseres Vergnügens ein für allemal vorzubeugen, in einer tollen Fahrt über das Eis des Finnischen Meerbusens nach Reval hinüber und brachte dort die Verbindung mit dem Kabel 254 erst in richtigen Schick.«
Natürlich machte uns diese Geschichte gehörigen Spaß, und Eduard meinte:
»Die Sache hat ja famos geklappt. Ich war damals selbst noch in Reval, und wir haben diesen Anfang der deutsch-finnischen Verbindung mit einem guten Tropfen gefeiert. Nun aber Prosit, alter Freund, du bist ja ein netter Kerl, aber du hast einen Fehler: du bist immer noch zu bescheiden und erzählst uns von den Streichen, welche die anderen ausgeführt haben. Gib auch einmal die Geschichte zum Besten, wie du selber mitten im Winter über den Finnischen Meerbusen nach Reval hinübergekommen bist!«
»Ach, du meinst die Sache mit unserem Eisbrecher, dem ›Tarmo‹, was ist da viel zu erzählen?«
Da ich aber auch bat, mit der Sache nicht hinter dem Berg zu halten, so ließ sich Johannes erweichen und begann, nachdem er uns beiden einen Schluck zugetrunken, aufs neue:
»Ja, ja, meine Lieben, heutzutage fährt man wieder so in drei bis vier Stündchen aus dem guten alten Reval nach unserem braven Helsinki herüber! Aber was wißt ihr deutschen Sommerpassagiere davon, wie es da aussieht, wenn der nordische Winter alles mit seinen Eisklammern gepackt hat? Tolle Sachen kann man da erleben! Schwester Dagmar, die ja auch einmal bei euch in Berlin von ihren Erlebnissen erzählt hat, die hat die größte Heldentat vollbracht. Die ist damals von einer unserer Schärenklippen mit achtunddreißig Mann tagelang zu Fuß hinüber gewandert. Sie sind auch alle glücklich angekommen, einige freilich nur mit Aufbietung der letzten Kraft. Dieser Marsch unter Anführung einer mutigen Frau imponiert mir viel mehr, als unser eigener gelungener Streich mit dem Eisbrecher! ...
Aber da ihr ihn hören wollt, will ich euch die Geschichte erzählen.
Ihr wißt wohl, daß damals unsere ganze Hoffnung auf unserem ausgezeichneten Staatsmann, dem Senator Svinhufvud, beruhte. Auf den hatten es die ›Roten‹ daher besonders abgesehen. Aber glücklicherweise bekamen sie ihn nicht zu fassen. Svinhufvud selbst hatte den dringenden Wunsch, so rasch wie möglich auf irgendeine Weise aus dem Land heraus zu kommen, denn er wollte persönlich die Deutschen zur Hilfe für Finnland bewegen. Zuerst versuchte er, durch einen Barbier völlig unkenntlich gemacht, mit einem unserer Flieger den ›Roten‹ zu entwischen. Schon war man in dreihundert Meter Höhe, da versagte der Motor, und man mußte im Gleitflug zur Erde. Das war ein böser Schlag für uns. Jetzt hieß es wieder wochenlang warten. Schließlich kamen einige von uns auf eine ganz verrückte Idee. Im Hafen von Helsingfors lag der Eisbrecher ›Tarmo‹, der hin und wieder in See ging, wenn die Roten irgendeinen Auftrag auszuführen hatten. Nun sagten sich einige unserer verwegensten Jungmannen: ›Wie wäre es, wenn man sich am Vorabend einer solchen Ausfahrt an Bord schliche, die Mannschaft überwältigte und damit den Dampfer in Besitz bekäme? ‹ Den russischen Kommandanten konnte man ja nach gutem alten Brauch bestechen, von der Besatzung waren zwölf Mann Russen, vierzig finnische Seeleute, die wahrscheinlich alle zu den Roten gehörten. Schließlich aber brachte man heraus, daß doch zwei Mann wenigstens, nämlich der erste Steuermann und der zweite Taucher, auf unserer Seite standen.
Nun wurde die Sache richtig eingefädelt. Der russische Kommandant versprach für ein paar tausend Mark sich bei der Überrumpelung mucksmäuschenstill zu verhalten. Auch den finnischen Seelotsen gewann man für sich. Acht von den Unseren sollten die Überrumpelung ausführen; die mußten natürlich mit Pistolen bewaffnet sein. Svinhufvud und Senator Castrén, der ebenfalls zur Regierung gehörte, erklärten sich mit dem Plan einverstanden. Es wurde vorher so eine Art Generalprobe abgehalten, bei der man merkte, daß das Einschleichen an Bord gar nicht so schwierig sei.
Endlich kam der große Tag!
Der Dampfer sollte nach einem Leuchtturm nahe bei der estnischen Küste fahren. Kinder, die Geschichte, die nun in der Nacht zum 3. März 1918 vor sich ging, steht mir noch so lebendig vor Augen, als ob sie erst im vorigen Monat passiert wäre.
Wir schlichen uns einzeln an Bord und versteckten uns dort mit Hilfe der Mitverschworenen. Am nächsten Morgen kamen zwei russische Ingenieure und wurden von den Matrosen am Fallreep ohne weiteres hinaufgelassen. Diese beiden Russen, versehen mit großartigen Ausweispapieren, waren natürlich niemand anderes, als Svinhufvud und Castrén. Um acht Uhr morgens gings in See. Natürlich hockten wir einstweilen noch in verfluchter Unsicherheit mit klammen Fingern und krampfigen Gliedern in unseren dunklen Winkeln. Es war fast nicht mehr zum Aushalten. Endlich um zwei Uhr, die Russen saßen gerade beim Futtern, kam der Befehl: ›Los!‹
Zunächst wurden die Antennen des Funkentelegraphen abgeschnitten. Dann betraten wir alle mit erhobenen Revolvern den Speiseraum und brüllten: »Hände hoch!« Und, man möchte es fast nicht glauben, die Russen waren so perplex, als wir plötzlich wie aus dem Boden gestampft vor ihnen standen, daß sie sich ohne weiteres in die Werkzeugkammer einschließen ließen. Dem Kommandanten erlaubten wir seine Kabine als ehrenvolle Haft.
Dann riefen wir die finnische Besatzung auf Deck und drohten ihr mit sofortigem Erschießen, wenn sie nicht gehorche. Da kam denn alles zusammengelaufen, und während die Mündungen unserer acht Revolver ihnen entgegenglotzten, verlas einer von uns den Befehl, der Eisbrecher ›Tarmo‹ sei Eigentum des finnischen Staates, und an Bord herrsche der Kriegszustand.
Unsere Landsleute wichen der Macht, die russische Flagge wurde herabgeholt, und unter einem Hurra sondergleichen hißten wir unsere liebe Finnlandflagge mit dem drohenden Löwen.
Kinder, so vergnügt bin ich mein ganzes Leben nicht gewesen! Der Handstreich war geglückt, die beiden Senatoren waren gerettet! Und dann stellt euch einmal vor, was eure deutschen Landsleute für ein Gesicht machten, als der ›Tarmo‹ um halb vier Uhr nachmittags unter finnischer Flagge im Hafen von Reval einlief!«
»Das war freilich ein Hauptstreich!« meinte Eduard. »Aber euer finnisches Piratenschiff kam auch uns Deutschen zugute. Denn nur durch euren gekaperten ›Tarmo‹ und einen anderen Eisbrecher, dessen sich eure Weißen auch bemächtigt hatten, wurde es unserer Expedition Brandenstein möglich, östlich von Helsingfors in eurem Hafenstädtchen Lowisa zu landen und damit den inzwischen geschlagenen Roten den Rückzug nach Rußland abzuschneiden.«
»Stimmt!« erwiderte Johannes. »Das wissen wir drüben und ihr hüben am allerbesten, wie wir uns damals gegenseitig in die Hände gearbeitet haben. Sonst hätte die Sache auch nicht so gut geklappt ... Doch jetzt genug von den alten Kriegsgeschichten! Ich muß endlich zur Hauptsache kommen, die mich jetzt nach Deutschland geführt hat, und der ihr das große Vergnügen verdankt, einem ehemaligen finnischen Fliegeroffizier mit eurem guten Rheinwein die Kehle anfeuchten zu dürfen.«
»Nanu, was wäre denn das?« riefen Eduard und ich wie aus einem Munde.
»Ja, Kinder, da werdet ihr staunen! Ich komme allerhöchstselbst in wichtiger Mission! Ich war gestern in Greifswald und habe mit dem dortigen Geographieprofessor an der Universität, der ein so guter Finnlandkenner ist, einen feinen Plan ausgeheckt. Wir machen zusammen eine Expedition nach Finnisch-Lappland, halb als Wissenschaftler, halb als Sportleute, und das Ende vom Lied ist, daß Sie, mein lieber Eduard, und Ihr Freund unter allen Umständen mitkommen. Zwei andere deutsche Herren haben auch bereits zugesagt, und so werden wir selbander zu sechsen uns am 23. Juli am nördlichen Polarkreis in dem Städtchen Rovaniemi treffen! Dort, unter dem 66. Grad nördlicher Breite hört unsere finnische Eisenbahn auf. Dann geht's zunächst mit Automobil ein paar hundert Kilometer nordwärts zum Enaresee, den Sie gefälligst auf Ihrer Finnlandkarte suchen werden. Und dann, heidi, fängt das Robinsonleben an! Im Ruderboot oder per pedes apostolorum wandern wir von Lappenhof zu Lappenhof, bis wir droben ins Nördliche Eismeer hineinfallen. Widerrede gibt's nicht! Die Sache ist einfach abgemacht! Wo Sie sich bis zum 23. Juli in unserem schönen Finnland vorher noch herumtreiben, ist uns ganz einerlei. Aber, wie gesagt, am 23. Juli: Stelldichein auf dem Polarkreis!«
Das war wieder einmal so ein richtiger Einfall von Johannes.
Es dauerte nicht lange, da hatte er uns wirklich vollkommen »eingewickelt«, und wir leerten zu dritt unsere Gläser auf das Gelingen des abenteuerlichen Planes.