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Die Kirche war ganz mit Schwarz ausgeschlagen, und ein großes Wappenschild mit Krone deutete den Vorübergehenden an, daß ein Edelmann begraben wurde.
Die heilige Handlung war eben beendet, die Teilnehmer gingen langsam davon, am Sarge vorüber, indem sie dem Neffen des Grafen Vaudrec ihr Beileid bezeigten. Er drückte ihnen die Hand und grüßte dankend.
Als Georg Du Roy und seine Frau draußen standen, schritten sie nebeneinander nach Hause. Sie schwiegen, beide in Gedanken.
Endlich sagte Georg als spreche er zu sich selbst:
– Das ist wirklich sonderbar.
Magdalene fragte:
– Was denn lieber Freund?
– Daß uns Vaudrec nichts hinterlassen hat.
Sie errötete plötzlich, als hätte sich über ihren weißen Hals ein rosa Schleier gebreitet, der von der Brust ins Gesicht stieg.
– Warum sollte er uns etwas hinterlassen, dazu liegt doch gar keine Veranlassung vor! – Dann fuhr sie nach kurzer Pause fort:
– Vielleicht ist bei einem Notar ein Testament deponiert. Wir brauchen doch noch nichts davon zu wissen.
Er dachte nach, dann brummte er:
– Ja, das ist wahrscheinlich, denn er war doch eigentlich der beste Freund von uns beiden. Zweimal wöchentlich aß er bei uns, kam alle Augenblicke; er war bei uns eigentlich wie zu Hause. Er liebte Dich wie ein Vater, er hatte keine Familie, keine Kinder, keinen Bruder, keine Schwester, nur einen Neffen, einen entfernten Neffen. Ja, es muß ein Testament da sein. Ich erwarte gar nicht viel, nur ein Andenken, das uns bewiese, wie er die Zuneigung anerkannte, die wir für ihn hegten. Er war uns wohl einen Freundschaftsbeweis schuldig.
Sie sagte gleichgiltig mit nachdenklicher Miene:
– Es ist allerdings sehr möglich, daß ein solches Testament vorhanden ist.
Als sie nach Hause kamen überreichte der Diener Magdalenen einen Brief. Sie öffnete ihn und gab ihn ihrem Mann. Er las:
Dr. Lamaneur
Notar
17 Rue Du Vosges.
Geehrte Frau!
Darf ich Sie bitten Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag zwischen zwei und vier Uhr, in einer Angelegenheit, die Sie betrifft, in meinem Bureau vorsprechen zu wollen.
Hochachtungsvoll
ergebenst
Lamaneur.
Nun war Georg rot geworden:
– Das wird es sein. Es ist komisch, daß Du hin zitiert wirst und nicht ich, der ich doch das Familienhaupt bin.
Sie antwortete zuerst nicht, dann sagte sie nach kurzer Ueberlegung:
– Wollen wir nachher hingehen?
Sowie sie gefrühstückt hatten, gingen sie fort.
Als sie das Bureau betraten, stand der Bureauvorsteher mit besonderer Zuvorkommenheit auf und ließ sie bei seinem Chef eintreten.
Der Notar war ein kleiner, rundlicher Mann. Sein Kopf sah aus wie eine Kugel, die auf eine andere Kugel genagelt worden ist, welche von zwei so kleinen, kurzen Beinchen getragen wurde, daß sie eigentlich auch wie zwei Kugeln aussahen. Er grüßte, bat sie, Platz zu nehmen, und wandte sich an Magdalene:
– Gnädige Frau, ich habe Sie gerufen, um Ihnen das Testament des Grafen Vaudrec, das Sie betrifft, mitzuteilen.
Georg konnte sich nicht enthalten auszurufen:
– Das habe ich mir gedacht!
Der Notar fuhr fort:
– Ich werde Ihnen dieses, übrigens sehr kurze, Schriftstück, vorlesen:
»Ich, Unterzeichneter, Paul Emil Cyprian Gontran Graf von Vaudrec setze bei vollem Bewußtsein meinen letzten Willen wie folgt fest:
Da der Tod mir jeden Augenblick nahen kann, will ich mich darauf vorbereiten und schon jetzt mein Testament machen, das ich bei Dr. Lamaneur, Notar in Paris, hinterlege.
Da ich keine direkten Leibeserben besitze, vermache ich mein ganzes Vermögen, bestehend aus Papieren und Effekten, im Werte von sechshunderttausend Franken, und Grundstücken im Werte von etwa fünfhunderttausend Franken an Frau Klara Magdalene Du Roy, ohne Lasten oder Abzüge. Ich bitte sie, diese Gabe eines toten Freundes anzunehmen, als Beweis tiefer und respektvoller Ergebenheit und Zuneigung.«
Der Notar fügte hinzu:
– Das ist alles, dieses Testament ist datiert vom letzten August und ist hinterlegt worden an Stelle eines andern, das vor zwei Jahren gemacht wurde und auf den Namen der Frau Klara Magdalene Forestier lautete. Ich bin im Besitze dieses ersten Testaments, welches im Falle einer Anfechtung von seiten der Familie beweisen könnte, daß sich der Wille des Grafen Vaudrec nicht geändert hat.
Magdalene war bleich geworden und blickte zu Boden. Georg drehte nervös den Schnurrbart zwischen den Fingern, und der Notar fuhr nach kurzer Pause fort:
– Natürlich Herr Du Roy, kann Ihre Ehefrau ohne Ihre Zustimmung das Legat nicht annehmen.
Du Roy stand auf und sagte trocken:
– Ich möchte Bedenkzeit haben.
Der Notar lächelte, verneigte sich und antwortete in liebenswürdigem Ton:
– Ich verstehe wohl das Bedenken, das Sie vielleicht haben. Und ich möchte noch hinzufügen, daß der Neffe des Grafen Vaudrec, der heute früh den letzten Willen seines Oheims eingesehen hat, bereit ist, ihn anzuerkennen, wenn ihm die Summe von hunderttausend Franken überlassen wird. Meiner Ansicht nach ist das Testament nicht anzufechten; aber ein Prozeß würde Lärm machen, den Sie vielleicht vermeiden möchten. Die Menschen sind oft scharf in ihrem Urteil. Jedenfalls können Sie mir wohl Ihre endgiltige Antwort bis Sonnabend zukommen lassen?
Georg verbeugte sich:
– Jawohl Herr Doktor.
Dann machte er eine förmliche Verbeugung, ließ seine Frau, die kein Wort gesagt hatte, vorangehen, und schritt so steif hinaus, daß der Notar nicht mehr lächelte.
Sobald sie zu Hause waren, schloß Du Roy heftig die Thür und warf seinen Hut aufs Bett:
– Du bist Vaudrecs Geliebte gewesen, sagte er.
Magdalene, die den Schleier ablegte, wandte sich heftig herum:
– Ich? Oh!
– Ja, Du! Man vermacht doch nicht einer Frau sein ganzes Vermögen, ohne daß . . . .
Sie zitterte und brachte es nicht fertig, das durchsichtige Gewebe abzustecken, dann sagte sie nach kurzer Überlegung stammelnd und mit erregter Stimme:
– Hör mal, Du bist . . . Du bist . . . verrückt! Hast Du . . . hast Du . . . hast Du . . . denn nicht vorher selbst gehofft, daß . . . er . . . er Dir etwas vermachen würde?
Georg blieb neben ihr stehen und verfolgte ihre erregten Gebärden wie der Richter, der die geringsten Blößen des Angeklagten zu erspähen sucht. Er sagte und betonte jedes einzelne Wort:
– Ja, mir konnte er etwas hinterlassen, mir, Deinem Gatten . . . mir, . . . seinem Freund, aber nicht Dir, . . . Dir, seiner Freundin, . . . Dir meiner Frau. Das ist ein sehr wesentlicher, ein sehr bedeutender Unterschied vom Standpunkt des Taktes und der öffentlichen Meinung.
Nun blickte ihm Magdalene fest in die Augen, forschend und eigentümlich, als wollte sie darin etwas lesen, als wollte sie darin das Innerste dieses Wesens entdecken, das man nie durchdringt, das man höchstens einmal eine kurze Sekunde flüchtig sieht, in jenen unbewachten Augenblicken des Sichgehenlassens, der Unaufmerksamkeit, die wie halb geöffnete Thüren sind zu den Geheimnissen der Seele. Und sie sagte langsam:
– Ich denke doch, daß wenn . . . . . daß man ein so großes Legat an Dich mindestens ebenso seltsam gefunden haben würde.
– Warum?
– Weil . . . . Sie zögerte, dann fuhr sie fort: – Weil Du mein Mann bist, weil . . . Du ihn eigentlich nur wenig kanntest, . . . weil ich seit langer Zeit seine Freundin bin, . . . weil schon sein erstes Testament noch zu Lebzeiten Forestiers, zu meinen Gunsten war.
Georg lief mit großen Schritten hin und her und erklärte:
– Du kannst es nicht annehmen!
Sie antwortete gleichgiltig:
– Schön, dann brauchen wir nicht bis Sonnabend zu warten, das können wir dem Notar gleich mitteilen.
Er blieb vor ihr stehen, und wieder blickten sie sich einen Augenblick in die Augen, bemüht bis in die tiefsten Geheimnisse ihrer Seele zu dringen und ihre letzten Gedanken zu erraten. Sie versuchten in stummer brennender Frage ihre Seelen bloß zu legen: ein geheimer Kampf von zwei Wesen, die Seite an Seite leben und sich doch immer fremd sind, sich beargwöhnen, sich auflauern und spionieren, aber sich doch nie kennen lernen bis in den schlammigen Grund ihrer Herzen.
Und plötzlich warf er ihr mit leiser Stimme ins Gesicht:
– Jetzt gesteh, daß Du Vaudrecs Geliebte gewesen bist.
Sie zuckte die Achseln:
– Das ist lächerlich! Vaudrec hat immer eine große Zuneigung zu mir gehabt, viel . . . . aber nie mehr, . . . nie!
Er stampfte auf den Boden:
– Du lügst, das ist unmöglich.
– Aber es ist so.
Er begann wieder hin und her zu gehen und blieb dann von neuem stehen:
– Dann bitte erkläre mir, wie er dazu kommt, Dir sein ganzes Vermögen zu hinterlassen. Dir?
Sie gab gleichgiltig und uninteressiert die Erklärung:
– Das ist sehr einfach. Wie Du vorhin gesagt hast, hatte er keine anderen Freunde als uns oder vielmehr mich, denn er kannte mich von Kindheit auf. Meine Mutter war Gesellschafterin bei Verwandten von ihm. Er kam immer hierher, und da er keine bestimmten Erben hatte, dachte er an mich. Vielleicht hat er auch ein wenig Liebe für mich empfunden, das ist wohl möglich, aber welche Frau ist nicht so geliebt worden! Und warum soll nicht diese geheime Zuneigung ihm meinen Namen, als er seinen letzten Willen aufsetzte, in die Feder geführt haben? Jeden Montag schenkte er mir Blumen, darüber bist Du nicht weiter erstaunt gewesen. Dir hat er doch keine gebracht. Heute vermacht er mir aus demselben Grunde sein Vermögen und weil er niemand hat, dem er es geben könnte. Es wäre im Gegenteil sehr sonderbar, wenn er es Dir hinterlassen hätte. Warum Dir? Was warst Du ihm denn?
Sie sprach so natürlich und ruhig, daß Georg zögerte zu antworten.
Endlich sagte er:
– Das ist ganz gleich, unter diesen Umständen können wir die Erbschaft nicht annehmen. Das würde einen sehr schlechten Eindruck machen. Alle Leute würden sich ihr Teil denken, alle Welt würde davon reden und mich auslachen. Die Kollegen sind so schon sehr eifersüchtig auf mich und warten nur auf den Augenblick mich anzugreifen. Gerade ich muß noch mehr als andere auf meine Ehre und auf meinen Ruf bedacht sein. Ich kann unmöglich zugeben, daß meine Frau ein Legat solcher Art annimmt von seiten eines Mannes, den der allgemeine Klatsch schon längst zu Deinem Liebhaber gemacht hat. Forestier hätte das vielleicht geduldet, aber ich nicht.
Sie sagte ganz leichthin:
– Aber, lieber Freund, da wollen wir eben nicht annehmen. Eine Million weniger in der Tasche, was macht das?
Er lief immerfort im Zimmer auf und ab und fing an laut zu denken, indem er für seine Frau sprach, ohne sich doch an sie zu wenden: – Nun schön! Eine Million, . . . meinetwegen. Er hat nicht daran gedacht als er das Legat machte, wie taktlos er war, wie er den Anstand verletzte, er hat nicht überlegt in welche falsche lächerliche Lage er mich dadurch bringen würde. Im Leben kommt es immer nur darauf an, wie etwas gemacht wird. Hätte er die Hälfte mir hinterlassen, wäre es am Ende gegangen.
Er setzte sich, schlug die Beine übereinander drehte den Schnurrbart, wie er es immer that, wenn ihm etwas Unangenehmes geschah, wenn er in Unruhe war, oder wenn er eine schwere Frage entscheiden mußte.
Magdalene nahm eine Stickerei vor, an der sie ab und zu arbeitete, und sagte, indem sie sich die Farben ihrer Wollfäden aussuchte:
– Ich kann nur schweigen. Du mußt Dir die Sache überlegen.
Er antwortete lange Zeit nichts. Dann sagte er zögernd:
– Die Welt wird nie verstehen, wie Vaudrec Dich zur Universalerbin hat einsetzen können und wie ich es habe zugeben können. Das Geld auf diese Art bekommen, heißt einfach soviel als eingestehen, . . . eingestehen: von Deiner Seite ein sträfliches Verhältnis, von meiner Seite ein niederträchtiges Augenzudrücken. Verstehst Du nicht, wie man die Annahme unsererseits deuten würde? Man müßte wenigstens ein Mittel finden, etwas vorzuschieben, die Geschichte zu bemänteln, verbreiten, daß er das Geld zwischen uns geteilt hat. Die Hälfte dem Mann, die Hälfte der Frau!
Sie sagte:
– Ich weiß nur nicht, wie man das machen sollte, da das Testament doch vorliegt.
Er antwortete:
– Ach, das ist ganz einfach. Du kannst mir die Hälfte durch Schenkung bei Lebzeiten übertragen. Wir haben keine Kinder, da ist das möglich. So würde den bösen Zungen das Maul gestopft.
Sie antwortete etwas ungeduldig:
– Aber ich sehe noch immer nicht ein, wie man dadurch den bösen Zungen das Maul stopfen kann, denn das Testament ist doch da, von Vaudrec unterzeichnet.
– Wir brauchen es doch nicht zu zeigen und nicht gerade an alle Mauern anzuschlagen. Du bist doch zu schwerfällig! Wir sagen einfach, daß Graf Vaudrec sein Vermögen zwischen uns geteilt hat. Na, übrigens kannst Du das Legat ja ohne meine Zustimmung gar nicht annehmen, und ich gebe sie Dir nur unter der Bedingung, daß wir teilen, damit ich nicht zum Gespött der Menschen werde.
Sie blickte ihn wieder durchdringend an:
– Wie Du willst, ich bin einverstanden.
Da erhob er sich und begann wieder seinen Rundgang, es schien, als zögerte er von neuem, und nun vermied er den forschenden Blick seiner Frau. Er sagte:
– Nein, es ist doch vielleicht besser die Geschichte nicht anzunehmen, das ist ehrenhafter, korrekter, und so würde kein Mensch irgend etwas reden dürfen, und die korrektesten Menschen müßten vor uns den Hut ziehen.
Er blieb vor Magdalene stehen:
– Liebes Kind, wenn Du willst, werde ich allein zum Notar gehen, ich werde ihn nochmals um die Sache befragen und ihm unsere Ansicht auseinander setzen. Ich werde ihm meine Zweifel nicht verheimlichen und hinzufügen, daß wir schließlich uns auf den Gedanken einer Teilung aus Taktgefühl geeinigt haben, damit niemand das Maulreißen kriegen kann. Von dem Augenblick an, wo ich die Hälfte der Erbschaft annehme, ist es doch ganz klar, daß niemand mehr das Recht hat, auch nur ein abfälliges Wort zu äußern. Das heißt, laut erklären: »Meine Frau nimmt an, weil ich annehme, ich ihr Mann, der zu beurteilen hat, was sie thun kann ohne sich zu kompromittieren.« Sonst wäre ein Skandal nicht zu vermeiden.
Magdalene sagte einfach:
– Wie Du willst.
Und er fing wieder an Reden zu schwingen:
– Ja, bei einer Teilung ist das klar wie der Tag. Wir erben von einem Freund, der zwischen uns keinen Unterschied machen, der nicht sagen wollte: »Ich ziehe den einen dem andern vor nach meinem Tode, wie ich es während meines Lebens gethan.« Allerdings mochte er die Frau lieber, aber indem er sein Geld beiden gelassen hat, hat er klar ausdrücken wollen, daß seine Vorliebe rein platonisch gewesen ist. Du kannst ganz sicher sein, wenn er sich das überlegt hätte, hätte er es auch gethan. Er hat einfach darüber nicht nachgedacht, er hat sich die Folgen nicht klar gemacht. Du hast vorhin sehr richtig gesagt, Dir brachte er jede Woche Blumen: Dir sollte auch sein letzter Gedanke gelten, nur machte er sich nicht klar . . . . . .
Sie fiel ihm etwas erregt ins Wort:
– Einverstanden! Ich habe es kapiert, Du brauchst gar nicht so viel Worte zu machen. Geh sofort zum Notar.
Er stammelte errötend:
– Du hast recht.
Er nahm seinen Hut, dann sagte er, als er das Zimmer verließ:
– Ich will doch versuchen die Geschichte mit dem Neffen mit fünfzigtausend Franken abzumachen.
Sie antwortete stolz:
– Nein, gieb ihm die hunderttausend Franken, die er haben will. Wenn Du willst, kannst Du sie von meiner Hälfte nehmen.
Er antwortete sofort beschämt:
– O nein, wir teilen, wenn wir jeder fünfzigtausend Franken abziehen, bleibt uns immer noch eine glatte Million. Dann schloß er:
– Auf Wiedersehen meine kleine Magda!
Er ging zum Notar, um ihm die Abmachung auseinander zu setzen, von der er behauptete, seine Frau hätte sie sich ausgedacht.
Am andern Tage unterzeichneten sie eine Schenkungsurkunde über fünfhunderttausend Franken, die Magdalene Du Roy ihrem Mann überließ. Als sie das Bureau verließen, schlug Du Roy vor, da es schönes Wetter war, zu Fuß bis an die Boulevards hinunter zu gehen. Er war liebenswürdig, aufmerksam, voller Rücksichten und Zärtlichkeiten gegen seine Frau. Er lächelte, war glücklich über alles, während sie etwas ernst blieb.
Es war ein ziemlich kalter Herbsttag, die Leute schritten eilig ihres Weges, Du Roy führte seine Frau an den Laden, wo er den ersehnten Chronometer gesehen.
– Soll ich Dir einen Schmuck kaufen?
Sie sagte gleichgiltig:
– Wie Du willst!
– Was möchtest Du lieber? Ein Halsband, ein Armband oder Ohrringe?
Der Anblick der Goldsachen und Edelsteine verscheuchte ihre gewollte Kälte, und sie überflog mit lebhaftem neugierigen Blick die mit Kostbarkeiten gefüllten Glaskästen, und plötzlich kam ihr ein Wunsch:
– O, das ist ein hübsches Armband!
Es war eine Kette von eigentümlicher Arbeit, und jedes Glied trug einen anderen Stein.
Georg fragte:
– Was kostet das Armband?
Der Juwelier sagte:
– Dreitausend Franken.
– Wenn Sie es mir für zweitausendfünfhundert lassen, nehme ich es.
Der Mann zögerte, dann sagte er:
– Nein, das ist unmöglich.
Du Roy antwortete:
– Wissen Sie was, ich nehme noch diesen Chronometer dazu für eintausendfünfhundert Franken, das macht zusammen viertausend. Ich zahle bar. Sind Sie einverstanden? Wenn Sie nicht wollen, gehe ich wo anders hin.
Der Juwelier war erstaunt und nahm endlich an:
– Nun meinetwegen.
Und der Journalist fügte hinzu, nachdem er seine Adresse angegeben:
– Lassen Sie auf den Chronometer meine Initialen gravieren G. R. C. in verschlungenen Buchstaben und darüber eine siebenzackige Krone.
Magdalene war erstaunt, lächelte, und als sie hinaus gingen, hing sie sich mit einer gewissen Zärtlichkeit an seinen Arm. Sie fand ihn doch geschickt und unternehmend. Es war ganz richtig, jetzt wo er Geld hatte, mußte er auch einen Titel besitzen. Der Kaufmann verneigte sich vor ihnen:
– Sie können sich darauf verlassen, Donnerstag ist es fertig, Herr Baron!
Sie kamen am Vaudeville vorüber, wo ein neues Stück gespielt wurde:
– Wenn Du willst, gehen wir heute abend ins Theater, wir wollen versuchen eine Loge zu bekommen.
Es war noch eine zu haben, er nahm sie und sprach:
– Wollen wir nicht im Restaurant essen?
– Ja, mir ist es recht.
Er war glücklich wie ein König und überlegte, was er noch loslassen könnte.
– Wir wollen doch Frau von Marelle abholen, um den Abend zusammen zu sein; ihr Mann ist hier, hab ich gehört, ich möchte ihm gern guten Tag sagen.
Sie gingen hin, und es war Georg ganz angenehm, – da er das erste Wiedersehn mit der Geliebten fürchtete, – daß seine Frau dabei war, sodaß jede Auseinandersetzung wegfiel. Aber Clotilde schien gar nichts mehr davon zu wissen und zwang sogar ihren Mann, die Einladung anzunehmen.
Das Diner war heiter und der Abend reizend. Georg und Magdalene kehrten spät heim, das Gas war schon ausgelöscht, und um die Treppe hinauf zu leuchten, entzündete der Journalist ab und zu einen Fünfminutenbrenner.
Als sie auf den Treppenabsatz des ersten Stockes kamen, erblickten sie, als plötzlich das Streichholz aufflammte, im Spiegel ihre beiden erleuchteten Gesichter, vom sonstigen Dunkel scharf abgehoben. Sie sahen aus wie zwei plötzlich erschienene Gespenster, die wieder in die Nacht verschwinden.
Du Roy hob die Hand, um ihre Gesichter recht hell zu beleuchten, und sagte mit triumphierendem Lächeln:
– Da gehen sie hin, die Millionäre!