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In der guten Absicht, meine Kenntnisse auf jedem Wege zu erweitern, und des Vorsatzes voll, mit aller Unparteilichkeit einige Erfahrungen niederzuschreiben, welche ich die Zeit her durch den beinahe täglichen Umgang mit dem Grafen Cagliostro gemacht habe, will ich nichts als lautere Wahrheit von dem, was ich sah und hörte, hier aufzeichnen.
Ich will einige magische Experimente des Grafen und die Veranlassung, sie vor uns zu machen, niederschreiben, nebst einigen Gesprächen über Magie oder, wie Cagliostro sich ausdrückt, über die höheren Kräfte der Natur, welche einzelnen Menschen von der Vorsehung mitgeteilt werden, um so wie Christus, Moses und Elias für Tausende Gutes zu wirken.
Wenige Tage nach seiner Ankunft meldete sich Cagliostro bei meinem Vaterbruder als Freimaurer, der von seinen Oberen wichtiger Angelegenheiten halber nach Norden gesandtWenn ich jetzt (1787) den Blick auf Cagliostros Betragen zurückwerfe, so steigt die Vermutung, daß er ein Emissär der Jesuiten gewesen ist, in mir fast zur Gewißheit. Bei seinem hiesigen Aufenthalte suchte er sich Anhänger zu schaffen, deren größeren Teil er auf verschiedene Art hinzuhalten wußte, um durch diese mit desto mehrerem Glanze in St. Petersburg auftreten zu können, welches, wie aus der Folge zu urteilen ist, die Hauptabsicht seiner Reise nach Norden war. Auch bot er alle seine Schlauigkeit auf, um mich dahin zu bestimmen, daß ich ihn nach Petersburg begleiten sollte; denn er wußte es sehr wahrscheinlich zu machen, daß er die erhabene Monarchin aller Reußen als Beschützerin der Loge d'Adoption aufnehmen würde, und da sollte ich seinem Vorgeben nach in Petersburg die Stifterin dieser Loge werden. Die Vorteile, die er uns dabei für unser ganzes Land vorspiegelte, waren so groß und scheinbar, daß mein guter Vater als warmer Patriot und noch mehrere mich durchaus dazu aufforderten, mit dem Cagliostroschen Ehepaare die Reise zu machen. In der Folge werde ich sagen, wodurch ich von dem Unglück befreit wurde, die Begleiterin dieses irrenden Zauberritters zu werden, welches meine eigene Familie verlangte, ohne die Folgen eines solchen Schrittes einzusehen; so sehr hatte sich der Betrüger ihres Vertrauens zu bemeistern gewußt. Doch muß ich die Leser dieser Schrift nochmals bitten, Cagliostros eben angeführten Plan bei meinen Aufsätzen vom Jahre 1779 ja nicht aus den Augen zu verlieren; denn alsdann wird man es leicht begreiflich finden, warum er sein vorzügliches Augenmerk mit dahin richtete, meinen wohlgemeinten Hang zur Schwärmerei zu seinen Absichten zu benutzen, meine Seele immer durch höhere Erwartungen zu spannen und sich bei mir in dem Ansehen eines Wundertäters festzusetzen, weil sein Eingang in Petersburg bei denen, die Hang zum Wunderbaren haben, dadurch eklatanter geworden wäre, wenn, neben seinen Empfehlungen aus so manchen Freimaurerlogen, auch ein Frauenzimmer aus einem angesehenen Hause und zwar auf ausdrückliches Verlangen ihrer Familie, ihn dorthin begleitet hätte. So fest als ich damals davon überzeugt war, daß Cagliostro übernatürliche Kräfte besäße, so gewiß hätte ich ihm viele Jünger und Jüngerinnen zugeführt, weil, wie Wieland sagt – Schwärmerei wie der Schnupfen ansteckend ist; und weil, wenn eine gutmütige enthusiastische Seele etwas mit dem unverkennbaren Gepräge der Aufrichtigkeit behauptet, dieses sicher bei allen Seelen, die einen ähnlichen Hang haben, Glauben und Eingang findet. Zwar würde Cagliostro nie seinen Zweck erreicht haben, Katharina die Weise, der alle Schwärmerei zuwider ist, in Schwärmerei zu verwickeln; aber daß dies sein Plan gewesen, dies sieht man jetzt ziemlich deutlich. Wenn ich mir noch jetzt die Gefahr recht lebhaft denke, der ich, Dank sei es der Vorsehung entgangen bin, dann fühl' ich den unwiderstehlichen Drang, die Verwirrungen meiner Seele offenherzig zu bekennen, um jede gute Seele zu warnen, sich nicht dunklen Gefühlen in der Religion zu überlassen, nicht die Einbildungskraft anzuspannen, nicht nach Wundern lüstern zu sein, nicht Gemeinschaft mit Geistern zu suchen, welche die anbetungswürdige Vorsehung für diese Welt, wo uns unsere Pflichten zum Besten unserer Mitmenschen und zu unserer eigenen Verbesserung angewiesen sind, nicht nötig fand, und sie daher für einen künftigen vollkommeneren Zustand bestimmte. (1787.) und an ihn, an meinen Vater und Herrn Kammerherrn von der HowenNunmehriger Oberburggraf und Oberrat. (1787.) gewiesen wäre. –
In meines Vaterbruders Hause hatte ich Cagliostro einigemal gesprochen; den sonderbarsten Mann, den ich noch jemals gefunden, traf ich in ihm an. Er und seine Frau brachten meiner Tante, meiner Cousine und mir hohe Begriffe von einer Loge d'Adoption bei; auch äußerte er sich, er wolle diese Loge hier aus Freundschaft für uns stiften, weil er glaubte, wir könnten würdige Mitglieder dieser geheimen Gesellschaft werden, welche diejenigen zu höherer Glückseligkeit führe, die mit reinem Herzen nach Wahrheit strebten und voll Liebe zum allgemeinen Besten ihre Kenntnisse zu erweitern suchten. Uns gefiel die Idee, und wir entschlossen uns unter Cagliostros Anführung, in unserem Vaterlande Stifterinnen dieser Gesellschaft zu werden; doch machten wir die Bedingung, daß nur die von uns vorgeschlagenen Freimaurer zu dieser Gesellschaft treten und Mitglieder von selbiger werden sollten.
Hier zeigten sich Schwierigkeiten, die ich, um nicht weitläufig zu werden, nicht auseinandersetzen will. Selbst mein Vater, Herr von Howen, mein Vaterbruder und Herr Major Korff, die von Cagliostro eingenommen waren, wollten zuerst nicht der Stiftung der Loge d'Adoption beitreten, und nun baten wir den Cagliostro, seinen Vorsatz fahren zu lassen. Aber dieser sagte, er habe noch nie etwas unternommen, ohne es auszuführen, und er wolle der schlechteste Kerl heißen, wenn er die Loge hier nicht auf den glänzendsten Fuß setzen würde. Jene, seine Gegner, sollten am Ende seine größten Anhänger werden und ihn noch selbst in seinem Vorsatze ermuntern.Der sel. Hofrat Schwander, ein Mann, dessen Andenken jedem heilig ist, der diesen weisen und tätigen Menschenfreund kannte, ein Mann, der bei seinem Leben das Orakel nicht nur seiner Freunde, sondern beinahe unseres ganzen Landes war, warnte uns alle sogleich vor einer Verbindung mit Cagliostro und fand Bedenken, der von ihm zu errichtenden Loge d'Adoption beizutreten. Dieser mir unvergeßliche Mann war der Universitätsfreund meines Vaters und Vaterbruders. Er hatte sich es angelegen sein lassen, die Seelen der Kinder dieser seiner Freunde durch seinen Umgang zu bilden. Auf dem Pfade meines Lebens ist er der tätigste Freund für mich gewesen, dessen Vorsorge und Lehren bei mir auf eine frohe Ewigkeit Einfluß haben werden; denn er kannte und bestritt meinen Hang zur Schwärmerei. So sehr seine Regeln zur Glückseligkeit, die sich auf Reinheit der Seele und tätige uneigennützige Menschenliebe gründeten, bei mir Eingang fanden, so stimmte ich doch mit diesem weisen Freunde in den Grundsätzen der Religion nicht überein. Denn er glaubte nichts, was mit seiner Vernunft in Widerspruch stand, und ich hatte den vollen Glauben an noch immer fortdauernde Wunderkraft des Gebets frommer Christen und wünschte einen so verehrungswürdigen Mann allmählich zu diesem Glauben zu bekehren. Durch Cagliostro hoffte ich meinem Ziele näher zu kommen; und als dieser uns den Vorschlag zur Errichtung einer Loge d'Adoption machte, schlug ich Schwandern als Mitglied dieser Loge vor. Als Herr v. Howen, mein Vater, und mein Vaterbruder Schwandern unsere Absicht entdeckten, widersprach er der Stiftung dieser Loge durchaus und brachte seine Freunde so weit, daß sie seinen Vorstellungen Gehör gaben. Mich warnte er mit väterlicher Zärtlichkeit, nicht in die Falle hineinzugehen, die Cagliostro uns stelle; denn er erklärte unseren Helden für einen Scharlatan und Betrüger. Ich hielt Cagliostro aus einigen Gesprächen für einen Mann Gottes, dem höhere Geister dienstbar wären, und beweinte in der Stille den Unglauben meines Freundes, durch welchen ich um die Seligkeit, in Gemeinschaft mit überirdischen Wesen zu treten, gebracht werden sollte. Durch ein scheinbares Experiment der Verwandlung des Quecksilbers in Silber und das erste magische Experiment, welches Cagliostro machte, brachte er Herrn v. Howen, meinen Vater und meinen Vaterbruder dazu, daß sie einwilligten, die Loge d'Adoption zu stiften. Nun hatte Schwander einen harten Kampf mit mir: Er bot die ganze Gewalt, die er über meine Seele hatte, auf, um mich zurückzuhalten. Alle Gründe der Vernunft, die er mir mit hinreißender Beredsamkeit sagte, fanden keinen Eingang. Denn mein Glauben, durch die Verbindung mit höheren Geistern zu überirdischen Kräften zu gelangen, war zu fest, als daß ich seine mir anscheinende Irrtümer der Vernunft nicht im stillen beweint und gegen ihn selbst bemitleidet hätte. Auch erklärte ich mich mit fester Entschlossenheit: daß, wenn er nicht zu dieser Gesellschaft treten wollte, ich es sehr bedauern, aber dennoch ein Mitglied von selbiger werden würde. Unvergeßlich ist mir der Blick, der Ton der Stimme, mit welchem Schwander mir mit verhaltenen Tränen sagte: »Freundin! Ihr Hang zum Wunderbaren zerreißt mir mein Herz! Solange Sie diesen haben, sind Sie das Spiel eines jeden Betrügers, der es darauf anlegt, durch Scheintugend zu glänzen. Kann ich Sie von dem Abgrunde, an welchem Sie jetzt stehen, nicht zurückführen, nun, so will ich Sie begleiten, wohin Aberglauben und Schwärmerei Sie nur führen, um womöglich auch dort Ihr Schutz zu sein und Sie auf alles aufmerksam zu machen, was wider die Vernunft läuft, den Urheber alles Guten herabwürdigt und am Ende den edelsten moralischen Charakter verderben muß. Ich selbst will mich von Ihrem Geisterseher einweihen und dem Anscheine nach zum Narren machen lassen. Denn das nenne ich am Seile der Torheit tanzen, wenn man das glaubt, was Ihr Wundermann da lehrt.« – Freudevoll hoffte ich, daß er nun den ersten Schritt zu seiner religiösen Bekehrung gemacht habe. Er aber erwiderte mit traurigem Ernste: »Wenn ich einst tot sein werde und Umstände Sie von Ihrer Schwärmerei geheilt haben, dann erst werden Sie das Opfer ganz fühlen, welches ich Ihnen jetzt bringe.« – Dieser redliche Mann bewegte noch ein paar Freunde in gleicher Absicht, der Loge d'Adoption beizutreten. (1787.)
Darauf machte er einige chemische Versuche im Hause meines Vaters und im Beisein desselben und des Herrn Kammerherrn von der Howen, gab beiden die Versicherung, der neu zu errichtenden Loge einige dieser Geheimnisse mitzuteilen, und zum Beweise, daß höhere Kräfte in seiner Gewalt wären, wollte er Tages darauf im Beisein dieser Herren mit einem beinahe sechsjährigen Knaben ein magisches Experiment machen. Der Tag erschien. Mein Vater und mein Vaterbruder verfügten sich zu Herrn v. Howen, und der jüngste SohnÄhnliche Erscheinungen vermittelst eines Kindes ließ Cagliostro auch in Warschau sehen, wo auch der Betrug entdeckt ward. Hierüber kann man die schon oben angeführte Schrift nachsehen: Cagliostro in Warschau oder Nachricht und Tagebuch über dessen magische und alchimistische Operationen in Warschau im Jahre 1780, gedruckt im J. 1786. (1787.) meines verstorbenen Vaterbruders wurde zu diesem Experimente bestimmt. – Wie Cagliostro eigentlich bei diesem verfuhr, weiß ich nicht mit Zuversicht zu sagen, da ich kein Augenzeuge davon war; aber die Herren erzählten uns folgendergestalt die Sache. Cagliostro habe in die linke Hand und auf das Haupt des Kindes (nach Cagliostros Aussage) das Öl der Weisheit gegossen und so unter dem Gebete eines Psalms den Knaben zum künftigen Seher eingeweiht. Der Kleine wäre bei dieser Operation sehr erhitzt worden und in Schweiß geraten;Wahrscheinlich rieb er dem Knaben ein erhitzendes Öl ein, wodurch dessen Nerven gereizt wurden, wozu noch die Furcht kam, wovon hernach wird geredet werden. (1787.) darauf habe Cagliostro gesagt, dies wäre ein Zeichen, daß die Geister Wohlgefallen an dem Kinde hätten. Nun habe Cagliostro in des Knaben Hand und auf dessen Kopf Charaktere geschrieben, dem Knaben geboten, unaufhörlich in die gesalbte Hand zu sehen, und so habe er die Beschwörungen angefangen. Zuvor habe er meinen Vaterbruder gefragt, ohne daß das Kind es gehört, was er seinem Sohn für eine Erscheinung machen sollte. Mein Vaterbruder habe Cagliostro gebeten, er möge dem Kinde seine Mutter und die Schwester, die noch zu Hause sei, erscheinen lassen, damit der Knabe nicht erschrecke, wenn er die Erscheinung sehe. – Ungefähr zehn Minuten nach der Beschwörung habe das Kind gerufen, es sehe seine Mutter und Schwester; da habe Cagliostro gefragt: Was macht Ihre Schwester? und das Kind habe geantwortet: Sie greift sich nach dem Herzen, als wenn ihr da etwas wehe täte. Nach einer Weile habe der Kleine gerufen: jetzt küßt meine Schwester meinen Bruder, der nach Hause gekommen ist. Hier muß ich sagen, da die Herren aus dem Hause meines Vaterbruders zu Herrn v. Howen fuhren, um in dem Hause, welches einige Straßen von diesem entfernt liegt, das erste magische Experiment zu machen, war dieser Bruder meiner Cousine nicht in der Stadt; auch erwarteten wir ihn nicht den Tag und glaubten ihn über sieben Meilen weit von uns entfernt. Aber in eben der Stunde, da die Beschwörung gemacht wurde, kam mein Vetter ganz unerwartet zu uns, und meine Cousine hatte kurz vorher so starkes Herzklopfen, daß ihr ganz schlimm geworden war.Ich muß gestehen, daß die Erzählung von diesem ersten magischen Experimente den größten Eindruck auf mich machte und mich bei meinem damaligen Hange zum Wunderglauben dergestalt für Cagliostro einnahm, daß ich nachgehends keine ruhigforschende Untersucherin mehr sein konnte. – Daß gerade das Haus, wo dies Experiment vorgenommen wurde, vom Hause meines Vaters so weit entfernt war, daß dort keine Wirkung durch optische Spiegel hervorgebracht werden konnte, dies vergrößerte meine Idee von der Gewalt, die Cagliostro vorgab über die Geisterwelt zu besitzen; und ich führte in meinem Aufsatz vom Jahre 1779 diesen Umstand so ausführlich an, um ihn unserer mystischen Nachwelt dadurch als einen Mann darzustellen, der übernatürliche Wirkungen hervorbringen konnte. Wenn ich jetzt dies Taschenspielerstück von ihm nicht ganz aufdecken kann, so kann man doch mit Gewißheit behaupten, daß er auf die natürlichste Art betrogen hat, weil, wie die Folge es zeigen wird, alles Betrug und Verabredung mit ihm und dem Knaben gewesen ist. Wären wir gleich auf der Stelle nur unbefangene Beobachter gewesen, so hätte man Cagliostro sicher Schritt auf Schritt seinen Betrug nachweisen und es entdecken können, daß er vielleicht durch irgendeinen Helfershelfer die unerwartete Ankunft des ältesten Sohnes meines Vaterbruders erfahren und es schon zuvor gewußt habe, daß meine Cousine unpäßlich sei. – Aber nach acht Jahren ist es nicht mehr möglich, einem mit vorsichtiger List ausgesonnenen Betruge nachzuspüren. (1787.) Gleich nach der Beschwörung kam Cagliostro mit meinem Vaterbruder, Herrn von Howen und meinem Vater zu uns. Die drei Herren erstaunten nicht wenig, als sie meinen ältesten Vetter vor sich fanden und hörten, daß meiner Cousine nicht wohl gewesen sei. Nun betrieben sie selbst die Stiftung der Loge d'Adoption. Folgende Brüder wurden noch dazu erwähltDer Herr Oberburggraf von der Howen, dem ich diese Blätter als unserem Vorgesetzten vor dem Drucke zur Durchsicht gab, sagte mir, daß er Vorsteher unserer Loge geworden, sei bloß daher geschehen, um zu verhüten, daß Cagliostro nicht Profane mit zulassen möchte; denn er habe es einigen von uns abgemerkt, daß uns nichts von unserem Vorsatze abbringen würde, und so habe er, um mit anderen Freimaurern das Auge auf die Sache und das Heft in Händen zu haben, nicht nur die Stiftung dieser Loge bewilligt, sondern auch durchaus keine größere Anzahl von Brüdern und Schwestern aufnehmen lassen, um das Ganze allmählich und nach Zeit und Umständen der Vergessenheit zu überliefern. (1787.) . . . . . . .
Den neunundzwanzigsten März wurde unter dem Beistande dieser Brüder von Cagliostro unsere Loge gestiftet, und meine Tante, meine Cousine und ich waren die ernannten Schwestern. Aus Liebe zum allgemeinen Wohl und aus Eifer, unsere Kenntnisse zu erweitern, ließen wir uns ruhig alle die mannigfaltigen Urteile des hiesigen Publikums gefallen. Der Gedanke, daß wir tätiger für unsere Mitmenschen werden würden, gab uns Gelassenheit und Mut, alle Spöttereien mit Nachsicht zu tragen. Bis zur Stiftung unserer Loge hatte Cagliostro nur bisweilen in einem mystischen Tone über die verborgenen Kräfte der Natur mit uns gesprochen und uns einige Stellen der heiligen Schrift darüber erklärt; aber sobald ich in meinen Fragen weiter ging, sagte er: Nur Eingeweihte können über diese Dinge, und zwar nur nach Graden, Erläuterung haben.Jetzt ist es mir auffallend, daß Cagliostro, der seine Schüler zur strengsten Verschwiegenheit verband, selbst mit vieler Schlauigkeit dafür Sorge trug, bei der profanen Welt durch seine sogenannten Wunderkräfte Aufsehen zu erregen. Er unterschied sich hierin von anderen vorgeblichen hohen Geheimnisbesitzern, die gerade dadurch, daß sie ein strenges Inkognito zu beobachten scheinen, sich einen Anhang zu bilden wissen, über den sie eine völlige Herrschaft erlangen: weil selbst das geheimnisvolle Dunkel ihres Oberhauptes ihnen eine heilige Ehrfurcht einflößt, durch welche sie vorbereitet werden, alle Erzählungen von übernatürlichen Erscheinungen, die sich in unseren Tagen zugetragen haben sollen, ohne genaue Untersuchung zu glauben. Doch ich kehre wieder zu Cagliostro zurück.
Mit vieler Schlauigkeit wußte dieser zuerst nur diejenigen an sich zu ziehen, die den meisten Hang zu übernatürlichen Geheimnissen hatten; und nachdem diese schon voll Enthusiasmus für ihn waren, dann erst ließ er diejenigen zu seinen Geheimnissen gelangen, die minder Hang zum Wunderbaren und zum Glauben hatten. Mit meiner verstorbenen Stiefmutter und noch zwei Mitgliedern unserer Gesellschaft machte er die Ausnahme, daß er sie, bevor sie noch Ordensschwestern wurden, seine mystischen Vorlesungen hören ließ; und meine verstorbene Stiefmutter wohnte sogar vor ihrer Aufnahme in der Loge d'Adoption einem magischen Experimente bei. Da ich ihn fragte, warum er hier von seiner uns gegebenen Regel abgewichen sei, erwiderte er: jedes Mitglied müsse nach einer eignen Art behandelt werden, und er habe die Gewalt, von den ihm gegebenen Vorschriften abzuweichen, doch stünde er unter großer Verantwortung, sobald er diese Macht mißbrauche. (1787.)
Seit dem Stiftungstage unserer Loge hatte er täglich Gespräche über Magie und Nekromantie mit uns. Obgleich er uns vorschrieb, nach seiner Abreise nie als an Logentagen über diese Sache und zwar nur im engsten Kreise der Eingeweihten zu sprechen, so sollte doch jeder von uns unaufhörlich für sich forschen, und sich der ewigen Quelle alles Guten zu nahen suchen.Wie schlau dies Gebot ist, wird jedem Denker sogleich auffallen: denn was kann die gespannte Einbildungskraft mehr erhitzen, als solch ein in sich verschlossenes Hinbrüten über mystische Dinge? (1887.)
Den zehnten April, am Tage, da unserer Loge der letzte Grad gegeben wurde, sagte Cagliostro zu meinem Vaterbruder und zu mir, nachdem er sich auf eine halbe Stunde von uns entfernt gehabt, und in einem einsamen Zimmer geschrieben hatte: Er käme aus wichtigen Unterhandlungen mit seinen Oberen,Weiterhin eröffnete Cagliostro mir, daß er unter Elias stehe. Kophta, einer der mächtigsten Geister, sei ihm vom guten Prinzipium als Schutzgeist gegeben, unter diesem stehe er auch; doch habe er schon einige Geister unter sich, die ihm dienstbar wären und unsere Schutzgeister werden sollten. (1779.) die ihm nun seine hiesigen Geschäfte noch näher bestimmt, und den Ort angezeigt hätten, wo die wichtigsten magischen Schriften vergraben lägen. Nämlich in Wilzen, auf dem Landgut meines Vaterbruders, habe vor sechshundert Jahren ein großer Magiker gelebt, der dort – weil seine Nachfolger Hang zur Nekromantie gehabt – in einem Walde wichtige magische Instrumente nebst sehr großen Schätzen vergraben habe; und diese würden nun auch von den Anhängern des bösen Prinzipiums, oder um deutlicher zu reden, von den Nekromantisten gesucht. Einer dieser NekromantistenCagliostro zielte hierdurch auf Herrn Doktor Stark, der von sich hat glauben lassen, daß er auch Oberhaupt einer geheimnisvollen Gesellschaft gewesen, die er, es sei nun in welcher Absicht es wolle, mit hohen Erwartungen hingehalten habe. Er lebte damals hier als Professor der Philosophie schon seit länger als einem Jahre. Cagliostro erklärte ihn für einen Abgesandten des bösen Prinzipiums und für den besagten Nekromantisten, der auch von seinen Oberen gesandt wäre, im Norden den verborgenen magischen Schatz zu heben. Wir bekamen die strengsten Verbote, nie Herrn Doktor Stark oder einem seiner Eingeweihten unsere durch Cagliostro gemachten Erfahrungen mitzuteilen. Dagegen erklärte Herr Doktor Stark unseren Wundermann in der Stille für einen schwarzen Magiker. Der eine warnte seine Schüler vor den Beschwörungen, welche durch Räuchern bewirkt werden, der andere vor denen, bei welcher der Degen gebraucht wird. Herr Doktor Stark könnte den Wahrheitsfreunden den Zusammenhang dieser Sache am besten erklären; und wie vielen Dank verdiente er sodann von ihnen! Ist er selbst hintergangen worden, so wünschte ich, daß er mit eben der Offenherzigkeit wie ich, ebenfalls seine Verirrungen anderen Betrogenen zur Warnung ausführlich erzählen wollte. Wenn der Anti-St. Nikäse die Vermutung nicht bestätigt hätte, die man von dem Herrn Doktor Stark hegte, so würde ich seinen Namen hier nicht genannt haben. Hat Herr Doktor Stark die Glieder seiner geheimen Gesellschaft mit hohen Erwartungen hingehalten und seine Vorspiegelungen nicht erfüllt, so werden diese vielleicht auch hierdurch aufmerksamer auf seinen Gang und seine Lehren werden. Hat er hingegen nichts Mystisches und nichts Magisches gelehrt, keine hohen Erwartungen von übernatürlichen Kräften und Verbindungen in seinen Schülern erregt, nun so kann ihm dies hier von Cagliostro angeführte Zeugnis keinen Schaden tun, weil alsdann keiner von denen mit ihm Verbundenen zwischen ihm und Cagliostro eine Parallele ziehen wird. (1787.) sei schon seit einiger Zeit in Kurland, nur hätten dessen dienstbare Geister den Ort noch nicht ausfindig machen können, wo der große Magiker (der jetzt in anderen Regionen vollkommenere Wesen beglücke) diese für das Wohl der Menschheit so interessante Sachen vergraben habe. Er hoffte, der große Baumeister der Welten werde seinen Fleiß segnen und ihn den Glücklichsten sein lassen, der diese für die Menschheit so interessante Schätze hebe. Er müsse es gestehen, daß dies Unternehmen eines der gefährlichsten Dinge dieser Welt sei; denn alle böse Geister seien in Aufruhr und machten sich nun an ihn, um ihn zur Nekromantie überzuführen und dadurch das böse Prinzipium die Oberhand behalten zu lassen. Denn sobald die magischen Schätze in die Hände der schwarzen Magiker kämen, würde es die traurigsten Folgen für die Welt haben, und Jahrhunderte würden verfließen, bevor unser Erdball von den Plagen, die mit dieser Revolution verbunden wären, gesäubert würde. Wir sollten also unsere Gebete mit den seinigen vereinen und vom ewigen Urheber des Guten Stärke für ihn erflehen, den Versuchungen der bösen Geister zu widerstehen und treu im Glauben zu verharren. –
Nachdem er uns diese Entdeckung gemacht hatte, zeichnete er auf einem Papiere die Gegend ab, wo diese Sachen vergraben lägen, und beschrieb uns mit Worten genau die Lage des Waldes, ohne je in Wilzen gewesen zu sein. Mein Vaterbruder erstaunte nicht wenig, daß Cagliostro so genau einen Ort kannte, den seine Augen nie gesehen und seine Füße nie betreten hatten. Da sagte uns Cagliostro: In der halben Stunde, da er allein gewesen und vorgegeben habe, daß er schreibe, habe er durch Kraft seiner Geister und auf Geheiß des großen Kophta sich nach Wilzen versetzt, alles in Augenschein genommen und das uns eben Anvertraute von dem Geiste erfahren, der die Schätze und magischen Sachen dort bewachte.Wer von allem Hange zum Wunderbaren frei ist, wird es gewiß unbegreiflich finden, wie es möglich gewesen sei: im Ernste zu glauben, daß Cagliostro sich auf Geheiß des großen Kophta nach Wilzen habe versetzen können. Aber da viele von uns den Glauben hatten, daß Swedenborgs bekannte Erzählung mit dem Brande in Stockholm wahr sei, so waren wir sehr geneigt, unserem Helden keine geringere Kraft zuzutrauen. Wenn andere Leser es unerklärlich finden, wie Cagliostro diesen Ort so genau habe abzeichnen können, so ist darauf zu antworten: daß solch ein abgefeimter Bube, ehe er sein Schauspiel hier anfing, gewiß durch Emissäre über alles unterrichtet gewesen ist; auch kann er selbst durch Gespräche mit meinem Vaterbruder schlauerweise die ganze Lage dieses Waldes, ohne daß jener darauf geachtet hat, einige Tage vorher erforscht haben. Denn schon zu den Zeiten der Kindheit meines Vaterbruders und Vaters ist etwas von einem in eben besagtem Walde vergrabenen Schatze und allerlei Spukgeschichten daselbst gefabelt worden. Freilich fand diese Schatz- und diese Gespenstergeschichte vorher gar keinen Eingang. Nachdem aber Cagliostro solch ein Märchen zusammengefädelt und unsere Seelen in die Zauberwelt hineingeführt hatte, nun machte es auf meinen guten Vaterbruder einen starken Eindruck, als er ihm auf einem Papier schnell die Gegend hinzeichnete, wo auf seinem Gute die wichtigsten Dinge vergraben sein sollten, und er in dieser Zeichnung die Stelle erkannte, auf welcher er oft als Knabe gespielt und gehört hatte, daß Gespenster wegen eines vergrabenen Schatzes daselbst ihr Wesen trieben. (1787.) Meinem Vaterbruder gab er die Versicherung, daß die Schätze, die er dort heben würde, für ihn sein sollten. Aber die magischen Sachen wären für ihn selbst, oder vielmehr für seine Oberen.
Tags darauf machte er im Beisein meines Vaterbruders, dessen Gemahlin, seiner eigenen Frau und des Kammerherrn von der Howen ein magisches Experiment. Alles, was ich von selbigem weiß, ist: daß das Kind den Wald, der die Schätze in sich faßt, gesehen hat; dann ist dem Kinde ein anderes Kind erschienen, welches im Walde die Erde geöffnet und da viel Geld, Silber, Papiere, magische Instrumente, und ein Kästchen mit rotem Pulver gezeigt hat. Darauf hat die Gräfin Cagliostro von ihrem Vater Nachricht gewünscht, und da hat Cagliostro dem Kinde seinen Schwiegervater zitiert, der Knabe hat bald darauf gesagt: – »Nun seh ich einen langen hagern Mann, der wie die Gräfin aussieht, er hat einen Orden und sieht vergnügt und gesund aus.« – Darauf hat Cagliostro gesagt: er solle ihn fragen, ob er auf dem Lande oder in der Stadt wäre, und ob er den bewußten Brief schon erhalten habe. Das Kind hat erwidert: – »Er ist auf dem Lande und hat den Brief erhalten.«Erst seit meiner Rückkunft in mein Vaterland bin ich imstande, dem Publikum zu sagen, wie Cagliostro durch ganz natürliche Mittel seine uns damals unbegreiflichen Gaukeleien mit dem Kinde dergestalt zu spielen gewußt hatte, daß selbst diejenigen, die überzeugt waren, daß er ein Betrüger war, sie nicht zu erklären wußten. Anfänglich, solange die mehrsten von uns noch im Zustande der Gläubigen waren, wagte keiner, Cagliostros Gebot zu überschreiten, und man wird weiterhin aus meinem Aufsatze vom Jahre 1779 sehen, wie unser Held es zu seinem Vorteile zu benutzen wußte, da Herr Hinz es gewagt hatte, meinen kleinen Vetter (der so wohl abgerichtet war) über diese Sache zu befragen. In der Folge, da wir zu der Überzeugung kamen, daß Cagliostro uns betrogen, nahm jeder von uns das Kind in acht, daß es über alle diese sogenannten magischen Operationen ja nicht befragt würde; denn wir schämten uns und wünschten, daß das Kind alles vergessen möchte. Es war uns zu verzeihen, daß wir die Aufklärung dieser Sache bis jetzt selbst unterdrückten; denn wir konnten es nicht vermuten, daß in diesen Alfanzereien solch fein gesponnener und weit ausgedachter Plan verborgener Arglist versteckt sei. Erst seit einigen Monaten ist mir es durch das Geständnis meines kleinen Vetters klar, wie Cagliostro den Hokuspokus mit ihm eingefädelt hat. Bald nach seiner Ankunft, nachdem er im Hause meines Vaterbruders Eingang und herzliche Aufnahme gefunden, hatte er sich viel mit meinem kleinen Vetter, der ein witziger und gesprächiger Knabe war, zu tun gemacht, uns allen gesagt, daß zu seiner Glückseligkeit nichts fehle, als daß er Vater eines solchen Kindes wäre. Der Knabe, der uns alle Cagliostro so verehren sah und von uns zur Liebe gegen ihn ermuntert wurde, schmiegte sich nun auch an den Mann, der oft mit ihm seinen Zeitvertreib hatte. Unter diesen Zeitvertreiben hat Cagliostro ihm allerlei gezeichnete Bilder vorgezeigt, Fragen darüber gemacht, Antworten gelehrt und den Knaben gelehrig befunden, dem Kinde gesagt, daß er seinen Vater, seine Mutter, seine Geschwister, sogar seinen treuen Diener, ihn selbst und alles, was er liebte, glücklich machen könne, wenn er alles tun würde, was er ihm heiße, und nie über Dinge, die er mit ihm spräche, gegen irgend jemand laut würde, wohl aber müsse er ihm alles sagen, was jeder von uns von ihm urteile. Auch hat er dem Knaben gedroht, ihn mit dem Degen, den er in der Hand hatte, Glied vor Glied zu zerschneiden, wenn er über die Sache plaudern und sich nach seinen Vorschriften nicht richten würde. Hieraus kann man es sich leicht erklären, woher der Knabe nach jeder Operation so erhitzt ausgesehen hat; denn die Angst, seine Lektion nicht gut aufzusagen, hat dem armen Kinde das Blut in die Wangen getrieben. Der Kleine, der von seinen Eltern und von uns allen, wie gesagt, unaufhörlich ermuntert wurde, sich um Cagliostros Liebe zu bewerben, tat alles, was unser Wundermann ihm hieß.
Vor der ersten sogenannten magischen Operation versprach Cagliostro dem Kinde eine schöne Uniform, wenn er seine Sache gut machen würde; und tags darauf ließen die Eltern dem Knaben auf Cagliostros Bitte eine Uniform machen.
Nun wurde der Knabe immer dreister. Unter dem mit Charakteren beschriebenen Bogen Papier war ein anderes Papier, wo alle die vorgeblichen Erscheinungen nach der Reihe, wie Cagliostro sie fragte, abgezeichnet waren. Der Knabe sah dies, und da hat er denn immer auf die allernatürlichste Art antworten können: Jetzt sehe ich einen Wald, jetzt dies und das. (1787.)
Oft schon hatte ich mit Cagliostro über die Verbindung der Geister und Körperwelt, über Erscheinungen, über die Kraft des Gebets und über die Gabe der Apostel, Wunder zu tun, gesprochen, und manches Wunderbare gehört; auch hatte ich ihm gestanden, daß seit dem Tode meines Bruders diese Welt für mich nur wenig Interesse mehr habe, und daß nur der Gedanke, tätig für viele sein zu können, mir dies Leben wieder lieb mache. Ich sagt' ihm offenherzig, daß ich nach der Verbindung mit verklärten Geistern gestrebt und manche Nacht in stiller Meditation und im Gebete auf Kirchhöfen verbracht habe, um des Glückes der Erscheinung meines seligen Bruders gewürdigt werden zu können; aber noch habe mir die Vorsehung dieses Glück nicht gewährt. Durch ihn hoffe ich meinen Wunsch zu erreichen; der größte Beweis, den er mir von seinen gütigen Gesinnungen gegen mich geben könne, sei, wenn er mir meinen Bruder zitieren würde. Da erwiderte Cagliostro: Er habe keine Gewalt über die Verstorbenen; nur die mittleren Geister der Schöpfung, die, wie die Schrift sage, zum Dienste der Menschen ausgesandt sind, wären ihm untertan. Durch diese könne er – der schon ein lange Eingeweihter der heiligen Mystik sei, des belehrenden Umganges mit höheren Geistern genießen; doch sei die Kraft nicht sein, erwachsenen Personen Erscheinungen zu verschaffen.Man bemerke, wie listig Cagliostro sich herauszureden wußte, um mir nicht eine Erscheinung meines Bruders vorzumachen, dessen Gesichtszüge ich genau kannte, und er nicht. Ebenso schlau wußte er auch die Gelegenheit zu benutzen, mir eine Ursache anzugeben, warum er sich eines Kindes bediene, um jedem Mißtrauen, das sich etwa finden könnte, vorzubeugen. (1787.) Überdem dürfe er nie bloß zum Spaße eine Zitation vornehmen; nur wichtige Gründe könnten dies Unternehmen bei seinen Oberen rechtfertigen und ihn seinen dienstbaren Geistern gefällig machen. Wenn er seine Beschwörungen nur zur Befriedigung der Neugier anderer, oder aus eigenem Stolze, um seine Größe zu zeigen, machen wollte, dann würden sich unter seinen dienstbaren Geistern bald die bösen einschleichen, von denen die Schrift sage, sie schleichen umher, die Menschen zu verführen: und am Ende könnte es ihm so als Schröpfern gehen, der, weil er seine Gaben gemißbraucht, von den bösen Geistern, die ihn dazu verführten, solange geplagt wurde, bis er sich hatte erschießen müssen.Der Spiritist, Freimaurer und Kurpfuscher Schröpfer entleibte sich am 8. Oktober 1774 zu Rosenthal. – v. O. B. Da ich sagte: dies wäre doch nicht der listigste Streich gewesen, den die Dämonen gemacht hätten; sie hätten einen Mann wie Schröpfer sich ganz zu eigen machen und zum weiteren Werkzeuge ihrer bösen Absichten brauchen, nicht aber zum Selbstmorde treiben und so sich selbst um einen würdigen Gesellen dadurch bringen sollen, sah Cagliostro mit durchdringenden Blicken mich an und sagte mit ernsthaftem Tone: »Ist's leichtsinniger Spott, der aus Ihnen spricht, so sind Sie keiner Antwort würdig. Ist's aber die spitzfindige Grüblerin, die mir diese Frage vorlegt, so muß ich Ihnen sagen: Hüten Sie sich, wenn ich nicht mehr an Ihrer Seite bin, immer das pourquoi du pourquoi erforschen zu wollen!Auch hier wird man bemerken, wie schlau er meiner Forschungsbegierde Einhalt zu tun wußte, die mich auf den Grund der Sache hätte bringen können. (1787.) Christus schon sagte seinen Schülern – ich habe euch viel zu sagen, aber ihr könnt es nicht ertragen! – Eva, die durch den Apfelbiß fiel und das ganze Menschengeschlecht zum Falle brachte, ist nichts als eine magische Parabel, daß Neugier, Eitelkeit und Herrschsucht bis ins tausend und tausendste Glied Unglück bringen können. – Die Bahn der Magie, die Sie zu betreten denken, und zu der Sie nunmehr durch die Aufnahme als Ordensschwester eingeweiht sind, ist höchst gefährlich. Wenn nicht bloß Wunsch, Gutes zu wirken, Sie der Mystik zuführt, so gehen Sie ja nicht weiter, sonst wird zeitliches und ewiges Elend Ihr Teil werden.« – Ich beteuerte ihm: daß nichts als die Vervollkommnung meiner selbst und der Wunsch, womöglich nach Christi Beispiel für das Wohl von Tausenden tätig sein zu können, mich auf diese Wege führten. – »Gut,« sagte er, »bin ich jetzt in diesem Augenblicke von der Lauterkeit und Wahrheit Ihrer Gesinnungen nicht ganz überzeugt, so werde ich doch in wenigen Stunden durch meine Oberen wissen, wie Sie denken, und dann werde ich weiter mit Ihnen sprechen.« – Des anderen Tages sagte Cagliostro mir: seine Oberen hätten ihn versichert, daß meine Absicht, mich der Magie zu weihen, edel sei, und daß ich es sehr weit in dieser hohen Wissenschaft bringen würde, wenn ich immer mit gleichem Eifer und gleicher Treue meinen Oberen folgen wollte. Er würde eben daher bei seinem hiesigen Aufenthalte mich zum vorzüglichsten Augenmerke seiner Sorgfalt machen, nur sollte ich ihm aufs neue geloben, seinen Vorschriften unbegrenzt zu folgen. – Ich sagte: das Wort unbegrenzt müßte die Einschränkung noch haben, daß ich ihm in allen Fällen folgen wollte, wo meine Vernunft mir sagte, daß nichts gegen mir heilige Pflichten liefe; aber Gott selbst könne mich dazu nicht bringen, wider meine Überzeugung von Recht und Unrecht zu handeln. »Ei,« sagte er, »würden Sie, wenn Gott sich Ihnen offenbarte, nicht nach Abrahams Beispiel den Liebling Ihres Herzens opfern können, wie er im Begriff war, seinen einzigen Sohn dem Tode zu opfern?« – Ich dachte eine Weile nach, erforschte mich und konnte, wenn ich die Wahrheit sagen sollte, nichts anderes antworten: »Bei Gott! Nein! Ich an Abrahams Stelle hätte meinen Sohn nicht opfern können! Ich hätte gesagt: O Gott! Töte meinen Sohn durch einen Blitz, wenn du es forderst, gebiete mir andere Opfer, und ich werde willig folgen; aber heiße mich nicht, selbst meinen ärgsten Verfolger töten, ohne daß ich ihn des Todes schuldig finde.« Hier sagte Cagliostro: »Aus dieser Antwort schließe ich, daß Sie bei solchen Grundsätzen und der festen Handlungsart sich desto getroster der heiligen Mystik weihen können, weil Sie so der Versuchung aller bösen Geister widerstehen und nie zur schwarzen Magie übertreten werden. Aber ich bin es gewiß, wenn Sie durch Streben nach Vollkommenheiten, wie Christus und seine Apostel zu höheren Kräften gelangen, dann werden Sie auch die Stärke haben, wie Petrus mit einem Worte – ›Ananias, du leugst‹ – den tot zu Boden stürzen zu lassen, von dem Sie es übersehen, daß er Tausende unglücklich machen und der erhabenen Absicht des großen Baumeisters der Welten entgegen arbeiten werde.Welche abscheuliche Grundsätze hier Cagliostro verrät, darf ich nicht erst sagen. Indessen war ich damals noch zu sehr für ihn eingenommen, um weiter zu denken. (1787.) Doch will ich vorderhand, um Sie schneller der heiligen Mystik zuzuführen, womöglich Ihnen diese Nacht durch einen magischen Traum mit dem Geiste Ihres verstorbenen Bruders eine wichtige Unterredung über die heilige Mystik zu verschaffen suchen. Nur müssen Sie, indem Sie schlafen, den Vorsatz fassen, sobald Ihr Bruder Ihnen im Traum erscheint, über Magie mit ihm zu sprechen. Ich werde Ihrem Vater ein versiegeltes Papier abgeben, in diesem wird eine Frage stehen, über welche ich durch Ihren Traum Aufschluß bekommen werde. Behalten Sie nur, soviel Sie können, die Unterredung, welche Sie mit Ihrem Bruder im Traume haben werden.«
Den Abend sprach Cagliostro, als wir bei meinem Vaterbruder zusammen waren, noch viel über den Zweck und über die verschiedenen Zweige der Magie mit mir.Dies war sehr schlau. Er wollte auf diese Art verschiedene Ideen von Magie in meinem Geiste so lebhaft werden lassen, daß ich in dieser Nacht davon träumen müßte. (1787.) Ehe wir auseinandergingen, nahm Cagliostro mich und meinen Vater bei der Hand, gab diesem ein versiegeltes dreieckiges Papier und sagte, er solle ihm geloben, dies nicht eher zu erbrechen, als wenn ich den Traum, den er mir von meinem Bruder verschaffen würde, gehabt und diesen und meine Unterredung mit ihm unserem eingeweihten Kreise in seinem Beisein erzählt hätte. Mich ermahnte er noch, alles eh' ich mich zur Ruhe legte, wohl zu überdenken und unter ernsten Gebeten einzuschlafen. Nun schieden wir voneinander. Als ich nach Hause kam, überdacht' ich alles genau, worüber wir gesprochen hatten, legte mich unter andächtigem Gebete zu Bette; aber der Schlaf floh mich, und ein Gedanken folgte dem anderen. Der Morgen brach an, ohne daß ich einen Augenblick geschlafen hatte. Da ich mich in der Frühstunde zu Cagliostro begab, fand ich schon einige aus unserem Kreise bei ihm; ich sagte ihm sogleich, was sich zugetragen habe. Er antwortete, ich hätte meine Seele mehr zur Ruhe bringen und mich nicht mit solchem inneren Ungestüme dem Wunsche, von meinem Bruder zu träumen, überlassen sollen. Den folgenden Abend ermahnte er mich, meinen Traum mit mehr Ruhe zu erwarten. Ich bemühte mich, soviel ich konnte, einzuschlafen, um den so gewünschten Traum zu haben. Aber ein lebhaftes Bild nach dem anderen stieg in meiner Seele auf, ein Gedanke kettete sich an den anderen, der Schlaf war mir fern; Hoffnung und Sehnsucht, mit höheren Geistern in Verbindung zu treten, erregten kalte Schauer in mir; der Wunsch, einzuschlafen und die Entfernung des Schlafes wollten mich ungeduldig machen. Da wendete ich mich in Gebeten an Gott, und meine Seele ward ruhig; aber mich floh dennoch der Schlaf. – Als ich des anderen Morgens wieder zu Cagliostro fuhr und ihm offenherzig sagte, daß ich gar nicht hätte einschlafen können, sagte er etwas im Zorn, er habe mir größere Fähigkeiten zur Mystik zugetraut, als ich besäße, und ich solle nun auf diesen Traum nicht mehr rechnen. Dies tat mir weh, doch schwieg ich still. Aber zu meinem Vater und †† selbst sagte Cagliostro, er hätte, um mich zum Schlaf zu bringen, meiner Seele die Erwartung nehmen müssen, den Geist meines Bruders im Traum zu sprechen; aber er hoffte, in der kommenden Nacht werde er mir den magischen Traum geben können. Diesen Tag sprach Cagliostro weniger als gewöhnlich mit mir. Als wir den Abend auseinanderfuhren, bestellte er auf den anderen Morgen um 9 Uhr Herrn v. Howen, meinen Vater, Herrn Major v. Korff, meinen Vaterbruder und †† zu sich und sagte beim Abschied zu mir, auch ich könne kommen, obzwar die Barba JovisMit der Benennung Barba Jovis belegte Cagliostro eine Arzenei, die nach seiner Aussage alle Kräfte der Natur im Gleichgewicht erhalte und das Ziel der Menschen auf Jahrhunderte hinaus setze, wenn sie diese nach seiner Vorschrift brauchten. Wie weit man es allmählich im Glauben an unglaubliche Dinge bringen kann, davon gibt meine eigene Erfahrung mir redende Beweise; denn dies Märchen, daß Menschen viele hundert Jahre leben könnten, schien vielen von uns nicht einmal unwahrscheinlich. Es war aber weder die Barba Jovis noch das rote Pulver mein Steckenpferd, indem meine Seele nur bloß von einem einzigen Gegenstande, nämlich von der Gemeinschaft mit höheren Geistern voll war, und ich eben daher alle anderen Verheißungen Cagliostros übersah. Ich schweige also hierüber, weil ich mich nur berechtigt fühle, dem Publikum über den Hang meiner eigenen Seele Aufschluß zu geben. Aber so schlau Cagliostro sich gegen mich zu betragen wußte, ebenso aufmerksam benutzte er die Neigung und Erwartungen seiner anderen Schüler. (1787.) nicht zu meinem Fache gehöre; aber er wolle mich dennoch alles beobachten und an allem Anteil nehmen lassen, damit ich wenigstens in keinem Teile der Science occulte ganz fremd sein sollte. Wir fuhren auseinander und kaum hatte ich mich, nachdem ich einige Blätter im Swedenborg gelesen hatte, zu Bette gelegt, so schlief ich ein. Gegen die Mitte der Nacht bekam ich die ängstlichsten Träume, Bangigkeiten, Hitze, Herzpochen und solch eine krampfhafte Bewegung in allen Gliedern, daß ich nicht Hand, nicht Fuß rühren konnte und kraftlos und ermattet dalag. Da ich morgens aufstehen wollte, fand ich mich so schwach, daß ich mich kaum mit Mühe von einer Seite zur anderen im Bette wenden konnte. Und ich fiel wieder in einen halb schlafenden, halb wachenden Zustand, in welchem ich die heftigsten Beängstigungen hatte und oft aus halbem Schlafe mit einem Schrei auffuhr. Da die Herren sich am Morgen bei Cagliostro versammelten, sagte Cagliostro denselben: daß meine Nerven und mein Körper zu schwach wären, als daß er mir den magischen Traum hätte geben können, ohne mein Leben in Gefahr zu bringen. Er hätte seine wichtigsten Geister aufgeboten, um auf meine Organisation zu wirken und mich zu einer Unterredung im Traume mit meinem Bruder vorzubereiten; aber mein Körper wäre so beschaffen, daß ich immer nur bei allen Beschwörungen die ängstlichsten unzusammenhängendsten Träume gehabt hätte und jetzt noch, wie seine Geister es ihm sagten, von dieser Beschwörung ganz matt und krank wäre. Hätte er seine Zitation noch weiter getrieben, so hätte mein organischer Bau ganz aufgelöst werden können. Der würdige Greis †† wurde von ihm zu mir abgeschickt, um mich zu ihm zu berufen; doch sagte er noch: »Sie werden die gute Frau sehr krank, und wie meine Geister mir versichern, im Bett und außerstand, jetzt herzukommen finden. Doch ist die Krankheit von keiner Bedeutung, auch wird sie gegen drei nach Tische wieder wohl sein. Sagen Sie ihr unterdessen nichts von dem, was ich Ihnen jetzt gesagt habe; fahren Sie zu ihr, tun Sie, als wenn Sie von ihrer Krankheit nichts wüßten; sagen Sie ihr, ich wundere mich, daß sie noch nicht hier sei, da sie mir gestern doch versprochen hat, um 9 Uhr morgens herzukommen.« †† kam zu mir und fand mich, wie Cagliostro es gesagt hatte, zu Bette und außerstande hinzufahren. Er ließ sich von dem, was Cagliostro gesprochen hatte, nichts merken, sondern sagte: Er wolle mich nach Tische wieder besuchen, ich solle mich nur ruhig halten. Auch würde er mich bei Cagliostro über mein Außenbleiben entschuldigen. Ich verfiel bald darauf in einen ruhigen Schlaf, gegen drei wurde mir wirklich besser, und da verließ ich mein Bett und ging ziemlich munter nach meinem Schreibzimmer, woselbst ich etwas schrieb.Jedem, der diesen Vorgang liest, wird es einleuchtend sein, daß Cagliostro meine Einbildungskraft so hoch zu spannen suchte, um mich womöglich durch diese Anstrengung von meinem Bruder träumen zu lassen; und würd ich erst den Traum gehabt haben, so hätte er es schon dergestalt zu drehen gewußt, daß das, was er in dem versiegelten Papiere aufgeschrieben hatte, zu seiner Absicht anpassend gewesen wäre. Da er aber merkte, daß meine Einbildungskraft nicht dahin zu spannen war, daß ich den verheißenen, magischen Traum bekommen hätte, so hat er mir wahrscheinlich unvermerkt eine Arzenei beigebracht, durch welche er mich auf einige Stunden krank machen konnte. Was mir diese Vermutung jetzt noch mehr bestätigt und bei einigen schon dazumal Mißtrauen erweckte, ist, daß er mich und eine Freundin zwang, oft wider unseren Willen von seinem Tabak zu schnauben. Bei einem Menschen wie Cagliostro ist es nicht unwahrscheinlich, daß er sich auch feiner Gifte bedient hat, um seine Absicht zu erreichen, und um dies zu verstecken, mag er diesen unanständigen Schritt mit dem Tabak getan haben. Genug, es gelang ihm, dadurch seinem Häuflein Staub in die Augen zu streuen, daß er sagte: »Die arme Frau hat zu schwache Nerven, als daß meine Geister auf ihre Organisation wirken können, sie ist durch die magische Operation, die ich vorgenommen habe, recht krank gewesen, und Sie werden sie noch im Bette finden, aber um 3 Uhr wird sie wieder munter sein.« – Daß †† mich um diese Stunde außer dem Bette und gerade wie Cagliostro es gesagt hatte, in meinem Schreibzimmer fand, dies hat er auch durch sehr natürliche Mittel wissen können; denn sobald ich nicht recht krank bin, kann ich, wie er wußte, keinen Augenblick im Bette verweilen, und mein Schreibzimmer war mein gewöhnlicher Aufenthalt, zu der Zeit aber noch mehr, weil ich immer alles, was sich in unseren magischen Kreisen zutrug, gelegentlich niederschrieb. Dies wußte Cagliostro; und so konnte er, weil er es berechnet hatte, daß die Wirkung seiner Arzenei nachgelassen haben würde, bestimmt sagen, der †† würde mich in meinem Schreibzimmer finden. (1787.) Cagliostro hatte um diese Zeit zu dem alten ehrwürdigen †† gesagt: »Fahren Sie jetzt zur Frau v. d. Recke, Sie werden sie in ihrem Zimmer am Schreibtische ziemlich munter finden, führen Sie sie nun zu uns, aber sagen Sie ihr nichts von allem, was ich gesagt habe.« †† kam zu mir und wunderte sich nicht wenig, mich so munter und gerade in meinem Schreibzimmer am Schreibtische zu finden, da ich doch am Morgen um 9 Uhr so krank im Bette gelegen hatte. Ich fuhr nun, da ich mich wieder gesund fühlte, mit †† zu Cagliostro, woselbst ich meinen Vater und Herrn v. Howen fand. Cagliostro reichte mir, als ich in das Zimmer trat, die Hand und sagte: »Gutes Kind! Sie haben diese Nacht gelitten und sind zum Teil selbst daran schuld gewesen. Weil Sie durchaus den Geist Ihres verstorbenen Bruders im Traume haben sprechen wollen, so bot ich meine Kräfte auf, um diesen Ihren Wunsch zu erfüllen. Hätten Sie stärkere Nerven und nicht eine beinah übertriebene Liebe zu Ihrem Bruder, so hätte ich Ihnen den Traum bewirken können, der uns näher an das Ziel gebracht und Sie tiefer in die heilige Mystik hätte hineinschauen lassen. Nun aber müssen wir den gewöhnlichen Gang gehen, und wenn Sie in Ihrem Eifer nicht ermüden, so werden Sie mit Ihren Fähigkeiten doch am Ende zum Ziele kommen. Nur muß ich Sie noch warnen. Hannachiel, der Schutzgeist, den ich Ihnen zugesellt habe, und der Sie, seit Sie in meinen Bund getreten sind, beobachtet und mir von Ihren Gedanken und Handlungen Rechenschaft bringt, versichert mich, daß mehrenteils der Schmerz über den Tod Ihres Bruders Sie jetzt der Mystik zugeführt,Cagliostro war sehr schlau, dieses so im Gespräche wie von ungefähr fallen zu lassen. Er hatte in Unterredungen mit mir genugsam erfahren, wodurch mein erster Hang zur Mystik zuerst rege gemacht ward. (1787.) und daß die Lage Ihres Schicksals den ersten Samen zum Hange der Magie in Ihre Seele gepflanzt habe. Daher können die guten Geister noch nicht auf Sie wirken, weil Sie die Magie nicht bloß um der Magie willen, sondern darum lieben, weil der Tod Ihnen das genommen hat, woran Ihre Seele vorzüglich hing.Wie schlau wußte Cagliostro jede Kleinigkeit zu seinem Vorteil zu gebrauchen! So klar mir es jetzt ist, daß er den Hang meiner Seele durch sehr natürliche Mittel erforscht hat, ebenso sehr erstaunte ich damals über seine Kraft, in meiner Seele zu lesen, und mein Glaube an seine Gemeinschaft mit höheren Geistern wurde dadurch noch immer mehr befestigt. (1787.)
Doch sollen Sie heut abend einem magischen Experiment, das ich machen muß, beiwohnen, und, wie ich hoffe, allmählich selbst zu ähnlichen Arbeiten reifen.« – Von meinem Vater forderte Cagliostro das versiegelte Papier, weil ich den Traum nicht gehabt hatte, zurück und verbrannte es augenblicklich ungelesen und unentsiegelt.
Diesen Abend machte Cagliostro folgendes Experiment im Hause meines Vaterbruders und im Beisein einiger Mitglieder unserer Loge. – Zuvor fragte er mich um die Taufnamen des Herrn N. N., den ich recht wohl kannte, und um die Taufnamen meines verstorbenen Bruders. Er schrieb, nachdem ich sie ihm gesagt hatte, die Anfangsbuchstaben aller dieser Namen und zwischen jeden Buchstaben Charaktere, die ich nicht kannte. Darauf blieb er noch eine Weile allein im Zimmer, schrieb allerlei, verbrannte einiges, kam zu uns und sagte, wir sollten das Kind anstiften, ihn zu bitten, daß er ihm wieder allerlei in der Kammer zeigen möchte.Wenn man die jetzige Aussage des Kindes mit der Geschichte der Beschwörung vergleicht, so wundere ich mich, wie keiner auf den Gedanken geriet, daß dies alles durch Bilder, die hinter dem mit Charakteren beschriebenen Bogen Papier gezeichnet waren, bewerkstelligt werden könnte. Erwäge ich aber die Kraft der Schwärmerei und des Enthusiasmus, dann befremdet mich es nicht, daß man sich in dieser Stimmung der Seele, wo sie durch Erwartungen so gespannt ist, zum Glauben der abenteuerlichsten Dinge geneigt fühlt. Auch bekenne ich hiermit, daß, wenn damals ein unbefangener Zuschauer gegenwärtig gewesen wäre und den Einfall gehabt hätte, in das Zimmer hineinzudringen, wo das Kind die gemalten Bilder vor sich hatte, um aus diesen alle sogenannte Beschwörungen herzusagen, diese Entdeckung mich von meinem Glauben an Cagliostros Wunderkraft nicht zurückgebracht, sondern mich in dem Wahn bestätigt haben würde, daß wir, zur Strafe unseres Ungehorsams, durch böse Geister getäuscht worden wären, die uns von Cagliostro hätten abziehen wollen. Vielleicht dient dies offenherzige Geständnis meiner Leichtgläubigkeit dazu, andere, die auch in den Glauben an Geisterbeschwörungen und an die Wunderkraft des Magnetismus dergestalt versenkt sind, daß sie den magnetisierten Personen prophetischen Geist zutrauen, auf den Gang ihrer Ideen aufmerksam zu machen und aus meiner Erfahrung zu zeigen, wie leicht Betrügereien für Wunder gehalten werden können, zumal bei den krassen Begriffen, die uns von unbekannten Kräften in der frühesten Jugend eingeflößt werden. (1787.) Die Mutter bat den Knaben, Cagliostro dazu zu bewegen, daß er ihn den Wald, den er ihm vor einigen Abenden schon gezeigt hätte, oder was er sonst wolle, sehen lassen möchte. Cagliostro nahm den Knaben auf den Schoß, rieb ihm mit den vorhin verbrannten Papieren den Kopf, küßte ihn und sagte: »Kind, auch du kannst noch einst ein großer Mann werden! Komm, lieber Junge, du sollst Dinge von großer Wichtigkeit sehen.«Hierbei muß ich erinnern, daß das Kind weder Geschriebenes noch Gedrucktes lesen konnte, und es nach jeder Operation sehr erhitzt aussah und schläfrig war. Auch hatte Cagliostro es uns allen zum Gesetz gemacht, mit dem Kinde nicht über die Erscheinungen zu sprechen, weil es irregemacht werden könnte, wenn es, ohne durch magische Zirkel und Charaktere gedeckt zu sein, von diesen heiligen Dingen sprechen sollte. Auch sagte Cagliostro mir, daß das Kind in der Zeit der Beschwörung eigentlich nicht selbst spräche, sondern daß der Geist der Magie auf ihm ruhe und ihm oft Dinge zu sagen eingäbe, die es nicht sähe. Ebenso hätten die Apostel die mannigfachen Sprachen am Pfingstfeste gesprochen, ohne einer dieser Sprachen mächtig zu sein.
Wie schlau diese Wendung von Cagliostro war, wird jedem einleuchtend sein. Denn, hätte das Kind sich gegen einen Ausfrager verraten, so hätte Cagliostro gesagt: »Ich habe es euch schon vorher wissen lassen, daß, wenn das Kind nicht durch magische Charaktere und den magischen Kreis gedeckt ist, es nichts von dem wisse, was sich zur Zeit der Beschwörung zugetragen hat. Warum habt ihr das Kind ausgefragt? Ihr habt den bösen Geistern dadurch die Macht gegeben, euch zu täuschen!« (1787.) Darauf führte er ihn in das Zimmer, wo er zuvor geschrieben hatte. In dem Zimmer war nichts als die gehörigen Möbel; nur standen zwei Lichter auf dem Schreibtische meines Vaterbruders, und zwischen den Lichtern lag ein mit Charakteren beschriebener Bogen Papier. Als nun das Kind im Zimmer war, machte Cagliostro die Türe zu und sagte dem Kinde, es solle nur ruhig warten, bis die schönen Sachen, die er versprochen hätte, ankommen würden, es solle sich vor nichts fürchten, selbst wenn im anderen Zimmer Lärm wäre, so hätte dies nichts zu bedeuten. Wir alle saßen im Vorzimmer, der zugemachten Tür gegenüber, in einem Kreise. Cagliostro stand mit einem bloßen Degen in der Hand in der Mitte des nämlichen Zimmers, gebot uns allen Stillschweigen, Ernst, Andacht und Stille. Darauf machte er mit seinem Degen einige Charaktere an der Tür des Zimmers, in welchem das Kind war; dann stampfte er mit den FüßenAls ich ihn nachher fragte, warum er bei dieser Operation so heftig mit dem Fuße gestampft habe, gab er mir zur Antwort: Das kann ich Ihnen alles nicht sagen; aber wissen Sie den Spruch nicht: des Weibes Samen wird der Schlange den Kopf zertreten und du wirst ihn in die Fersen stechen? So wußte sich dieser Scharlatan immer mit einigen Worten herauszuhelfen, und wir waren zufrieden mit dem, was er sagte. (1787.) bald auf die Erde, bald an die Tür, schrieb mit dem Degen Charaktere in die Luft, sprach allerlei Namen und Worte aus, die wir alle nicht verstanden, aber die drei Ausrufungen kamen am öftesten vor: Helion, Melion, Tetragrammaton. – Mitten in diesen Arbeiten schickte meine Tante ihren ältesten Sohn nach dem anderen Zimmer, um zu sehen, ob auch die anderen Türen fest wären. Da sagte Cagliostro mit erstaunendem Affekte: »Um Gottes willen, was macht ihr? Seid stille, seid stille, rührt euch nicht, ihr seid in der größten Gefahr, und ich mit euch.« Er verdoppelte sein Fußstampfen, schrie mit entsetzlich starker Stimme einige unbekannte Worte und Namen aus, machte allerlei Figuren in der Luft und zog nun von neuem einen Kreis mit seinem Degen um uns alle. Er blieb im Kreise stehen, sagte unter schrecklichen Drohungen, daß wir alle unglücklich werden würden, wenn einer von uns sich rühren oder auch nur sachte sprechen würde;Soviel ich Gelegenheit gehabt habe, den sogenannten Geisterbeschwörern nachzuspähen, so geben alle dies wohl ausgesonnene Gebot: sich während der Operation nicht zu bewegen, nicht zu sprechen, und sich ja nicht mit anderen Gedanken zu beschäftigen. Welchem unbefangenen Denker fällt es nicht auf, daß diese Betrüger die Seelen der Zuschauer nur mit ihren Gaukeleien so hinhalten und anziehen wollten, daß diese für nichts als ihre Gebote Sinn und Gefühl haben und eben daher den Betrug nicht so leicht entdecken sollen! (1787.) und nun fing er von neuem seine Beschwörungen an, gebot dem Kleinen, der bis dahin ganz still gewesen und im Zimmer verschlossen war, niederzuknien, ihm alles nachzusprechen, was er ihm vorsagen würde und nicht eher von seinen Knien aufzustehen, als bis er eine Erscheinung gehabt hätte. Darauf stampfte Cagliostro wieder mit den Füßen, machte mit dem Degen allerlei Bewegungen und fragte das Kind: »Was sehen Sie jetzt?«
Das Kind. Ich sehe den kleinen schönen Jungen, der mir das letztemal im Walde die Erde öffnete.
Cagliostro. Gut, bitten Sie nun den Jungen, daß er Ihnen den Herrn v. N. N. vorzeige, und zwar mit Ketten um den Hals, an Händen und Füßen.
Das Kind. Ich sehe Herrn v. N. N., er sieht sehr verdrießlich aus und ist an Händen und Füßen, auch am Halse gekettet.
Cagliostro. Was sehen Sie jetzt?
Das Kind. Der kleine schöne Junge zieht die Kette um seinen Hals immer fester zusammen.
Cagliostro. Wo ist Herr v. N. N. jetzt?
(Hier nannte das Kind das Landgut dieses Herrn, welches einige Meilen von der Stadt entfernt liegt.)
Cagliostro. Gebieten Sie, indem Sie mit dem Fuße auf die Erde stampfen, daß Herr v. N. N. verschwinden soll, und bitten Sie den schönen Knaben, daß er Ihnen den seligen Bruder Ihrer Cousine von der Recke zeige.
Das Kind. Der Bruder ist da!
Cagliostro. Sieht er munter oder traurig aus, und wie ist er gekleidet!
Das Kind. Er sieht vergnügt aus und hat eine rote Uniform an.
Cagliostro. Sagen Sie ihm, er soll Ihnen auf meine Gedanken durch ein Zeichen ja oder nein zu erkennen geben.
Das Kind. Er sagt ja.
Cagliostro. Was tut er jetzt!
Das Kind. Er legt die Hand auf das Herz und sieht mich freundlich an.
Cagliostro. Was wollen Sie jetzt sehen?
Das Kind. Das kleine Mädchen, welches wie Ihre Gemahlin aussieht, und welches Sie mir das letztemal zeigten.
Cagliostro. Was sehen Sie jetzt?
Das Kind. Das kleine Mädchen ist da.
Cagliostro. Fassen Sie das Mädchen um, küssen Sie es, und bitten Sie es, daß es Ihnen den Wald zeige.
(Darauf hörten wir, wie daß Kind die Erscheinung küßte. Der Herr Major v. Korff und mein Onkel behaupteten, daß sie auch den Kuß der Erscheinung gehört hätten; ich aber habe nur einen Kuß gehört.)
Das Kind. Ich sehe den Wald und darin einen abgehauenen Baum.
Cagliostro. Bitten Sie das Mädchen, daß die Erde sich öffne.
Das Kind. Die Erde ist offen; und ich sehe fünf Leuchter, Gold und Silber, allerlei Papiere, rotes Pulver und auch Instrumente von Eisen.
Cagliostro. Nun lassen Sie die Erde wieder zugemacht werden, den ganzen Wald verschwinden, das Mädchen auch, und dann sagen Sie mir, was Sie da sehen.
Das Kind. Alles ist verschwunden, und jetzt seh' ich einen schönen langen Mann, er hat ein weißes, sehr langes Kleid an und ein rotes Kreuz auf der Brust.
Cagliostro. Küssen Sie die Hand dieses Mannes und lassen Sie sich von ihm küssen.
(Wir hörten beide Küsse, und darauf gebot Cagliostro dieser Erscheinung, der Schutzgeist des Kindes zu bleiben.)
Nachgehends sprach Cagliostro wieder arabisch,Wir glaubten nämlich, es wäre arabisch. Oben in dem Briefe aus Straßburg kann man sehen, daß Cagliostro mit dem Professor Norberg, der aus dem Orient kam, nicht arabisch sprechen konnte. (1787.) stampfte mit den Füßen an der Tür, machte endlich die Türe auf, ließ das Kind herauskommen, sagte, wir könnten nun unsere Plätze verlassen, schalt noch, daß mein Vetter aus dem Kreise getreten wäre, und fiel in dem nämlichen Augenblicke in eine Art von konvulsivischer Ohnmacht. Wir ermunterten ihn; und da er nun wieder zu sich selbst kam, gebot er uns allen Stille und Ernst und ging in das nämliche Zimmer, wo das Kind die Erscheinungen gesehen hatte, schlug die Tür hinter sich zu, und wir hörten ihn da aus voller Stimme eine fremde Sprache sprechen. Zuletzt hörten wir ein dumpfes Getöse, darauf kam er wieder ganz ruhig und wohl aus dem Zimmer heraus und sagte mit einer triumphierenden Miene: Er wäre Herrn v. N. N. eine Strafe schuldig gewesen und hätte diesen nun hart gestraft. Wir würden es morgen hören, daß N. N. in der Stunde, da das Kind die Erscheinung gehabt und ihn in Ketten gesehen hätte, an Würgen im Halse und heftigen Gliederschmerzen sehr krank gewesen wäre. Auch nannte er uns den Arzt, der noch die Nacht zum kranken N. N. hinausgeholt werden sollte. Und des anderen Morgens hörten wir, daß alles so, wie Cagliostro es uns gesagt hatte, eingetroffen war.Daß Herr v. N. N. gerade um die Stunde, da Cagliostro es sagte, auf seinem unweit der Stadt gelegenen Landgute krank geworden, ist wahrscheinlich, wie schon damals von den Ungläubigen unter uns behauptet wurde, durch eine Arzenei geschehen, die er ihm unvermerkt entweder durch Schnupftabak (s. S. 59) oder auf eine andere Art beigebracht hat. Denn den Tag vorher speiste Cagliostro mit Herrn v. N. N. zu Mittag und glaubte sich durch ihn beleidigt. Da er von Herrn v. N. N. zu uns kam, sprach er mit einer Art Wut über ihn und sagte: Dieser sollte schon seine Macht fühlen und von ihm gestraft werden. Daß Cagliostro den Arzt des Herrn v. N. N. bestimmen konnte, war sehr natürlich, weil derselbe nie einen anderen Arzt als diesen brauchte.
Mit dem Kusse des Kindes und der vorgeblichen Erscheinung ist es folgendermaßen zugegangen. Das Kind hat seine eigene Hand so oft geküßt, als jedesmal Küsse gegeben werden sollten; und Cagliostros eigene Bekenntnisse über seine sogenannten Geisterbeschwörungen stimmen auch mit der Aussage meines Vetters ziemlich überein.
Die vorgebliche Ohnmacht, die Cagliostro so natürlich nachzuahmen wußte, wurde wahrscheinlich von ihm nur daher gespielt, um uns in Furcht zu setzen und uns aufs künftige an unsere Plätze, die wir als Zuschauer seiner Geisterbeschwörungen einnahmen, zu fesseln, damit wir solchergestalt außer Stand gesetzt würden, als ruhige Beobachter seinen Betrug zu entdecken. Denn da die Dämonen sogar den Geisterbeherrscher so plagten, so sollten wir es uns wohl denken, was unser Schicksal gewesen sein würde, wenn er uns nicht durch seine Macht errettet hätte; denn er versicherte, daß er stark gegen die bösen Geister zu kämpfen gehabt und diese konvulsivische Ohnmacht für uns erlitten habe, weil wir sonst alle unglücklich geworden wären. Durch diese Gaukeleien gelang es ihm, daß wir seiner Vorschrift in ähnlichen Fällen strenger folgten und daher seinen Betrug nicht sogleich auf der Stelle entdecken konnten. Um es zu beweisen, daß diese Ohnmacht keine Folge von der Plage böser Geister, sondern nur Verstellung gewesen, muß ich eine ähnliche Geschichte hersetzen, die sich kurz vor seiner Abreise von Mitau zutrug.
In einer seiner magischen Vorlesungen, in welcher er uns mit seinem Degen in der Hand Ernst, Andacht und Stille geboten, nachdem er den magischen Kreis um uns gezogen hatte, versuchte Herr Hinz, der ihn schon damals für einen Betrüger hielt, mit lautem Seufzen und in einem komischen Tone alles, was Cagliostro sagte, nachzusprechen. Cagliostro sprang auf, warf den Tisch und die Stühle um, gebot uns allen, das Zimmer zu verlassen, wenn wir durch böse Geister nicht zerschmettert werden wollten; er selbst stürzte sich aus dem Zimmer hinaus, wir flohen ihm nach. Er warf sich konvulsivisch in einen Lehnstuhl, behielt seinen Degen wohlbedächtig in der Hand, gebot unter fürchterlichen Drohungen, daß alle sich von ihm entfernen sollten, weil der, der sich ihm nahe, durch Dämonen unglücklich werden würde. Wir verließen ihn insgesamt; nur Herr v. Medem aus Tittelmünde trat ganz nahe an ihn, blieb vor ihm stehen und faßte ihn an der Hand, in welcher er den Degen hielt, um seiner auf alle Fälle mächtig werden zu können. Cagliostros Frau beschwor Herrn v. Medem, wenn er nicht des Todes sein wollte, ja hinaus zu kommen; dieser aber erwiderte, er wolle sich den guten und bösen Geistern überlassen, denn er würde nicht von Cagliostro weichen, bevor er sähe, wie es mit ihm und seiner Ohnmacht ablaufen würde. Herr v. Medem übertrat also das so strenge Gebot, er folgte den dringenden Warnungen des Cagliostroschen Ehepaares nicht und blieb bei unserm Wundermanne stehen, bis dieser es für gut befand, aus seiner Ohnmacht zu erwachen. Dennoch wurde diesem mutigen Schüler von den Dämonen kein Haar gekrümmt. Auch der Spötter Hinz litt durch die bösen Geister nichts. Dies zeigt genugsam, daß Cagliostro uns nur mit leerem Vorgeben in Furcht erhielt, damit wir seinen groben Betrug nicht merken sollten; und es sahen ihn viele von uns damals auch noch nicht ein. (1787.) Die Ohnmacht, die er gehabt, sagte er, wäre eine Plage der bösen Geister gewesen und daher entstanden, weil mein Vetter den Kreis, der uns eingeschlossen, übertreten hätte; denn bei jeder Zitation regten sich die bösen Geister und wären wider den in Aufruhr, der auf Geheiß des guten Prinzipiums die Zitation machte. Durch den magischen Kreis wären sie gefesselt und ihrer Wirkung beraubt. Da ich sagte, daß mir es unbegreiflich sei, wie ein bloßer Strich mit dem Degen die Geister so im Zwange halten könne, erwiderte er: Die Wirkung des Magnetes sei noch unerklärlicher; aber der magische Zirkel und die Kraft, die er habe, wäre dem verständlich, der durch diesen die bösen Geister zwingen könne. Diese Erklärung gab uns freilich kein helleres Licht; aber vielleicht fassen wir sie dann, wenn wir weitere Schritte in dieser erhabenen Wissenschaft tun.Man sieht aus dieser meiner Anmerkung, die ich unverändert abdrucken lasse, wie groß mein blinder Glauben an Cagliostros Wunderkraft war, so daß ich meinen Zweifel daran durch die unbedeutendste Antwort und durch bloße leere Worte unterdrücken ließ. (1787.) Was mich bei dieser Zitation vorzüglich in unangenehmes Erstaunen gesetzt hatte, war: Daß Cagliostro seine Kraft zum Schaden seines Nebenmenschen gebraucht und Herrn v. N. N. Leiden gemacht hatte. Ich faßte das Herz, ihm darüber Vorstellungen zu tun. Er klopfte mir auf die Achsel und sagte: »Gutes weichherziges Geschöpf! wie wenig kennst du doch den rechten Standort und die Pflichten eines wahren Magikers! Ich und meinesgleichen hängen weniger von uns, als die andern alltäglichen Menschen ab. Wir stehen unter Oberen, denen wir unbedingten Gehorsam schuldig sind. Wenn Sie nur wüßten, wie mir das Herz wehe tut, wenn ich bisweilen meinen Mitmenschen Leiden antun muß! Aber wenn ich bedenke, daß ich dadurch oft Länder und Völker vom Verderben rette, und daß selbst der, welcher meine Züchtigung fühlt, dadurch vielleicht vom ewigen Verderben befreit werden kann; dann bekomme ich den Mut, den Willen meiner Oberen getrost auszuführen. Solange Sie, gutes Kind, nicht die Stärke haben, zum Nutzen Ihrer Nebenmenschen, wenn es nötig ist, züchtigen und strafen zu können, solange werden Sie nur in den Vorhöfen der Magie bleiben, nie aber bis zum Heiligtum dringen.«
Ich fuhr fort: »Wenn Sie mir es verzeihen wollen, so hätt' ich wohl eine Frage an Sie.«
»Fragen Sie nur!« erwiderte er.
Ich. Sie schienen mir es mit einer Art frohtriumphierender Miene zu sagen, daß Sie Herrn v. N. N. gestraft und von hier aus durch Ihre Geister krank gemacht hätten. Ist dies einem Menschenfreunde anständig?
Cagliostro. Ich hätte Ihnen mehr Scharfsinn zugetraut! Kann ich denn an meinem Standorte immer ich selbst sein? Muß ich nicht, um meine Schüler kennen zu lernen, mannigfaltige Charaktere annehmen?
Ich. Aber warum brauchen Sie das, Sie können uns ja durch Ihre dienstbaren Geister erforschen.
Cagliostro. Gutes Kind, du urteilst wie ein Blinder von der Farbe! Jeder Tag hat nur seine gewissen Stunden, da ich magische Operationen vornehmen kann, und da sind mir schwere und wichtige Arbeiten angewiesen. Unter euch hab' ich mir drei ausgesucht, welche ich von meinen dienstbaren Geistern beobachten lasse; die andern muß ich so im geselligen Leben prüfen, um ihre Herzens- und Geistesfähigkeiten zu erforschen und sie so gehörig in ihren Wirkungskreis zu stellen. Wären Sie nicht schon seit einiger Zeit von einem meiner Geister beobachtet, so hätt' ich heute mein Augenmerk auf Sie gerichtet; denn die Dreistigkeit, mit welcher Sie mich zur Rede stellen, und das unverdorbene Menschengefühl, welches dabei aus Ihnen spricht, würde mich haben ahnen lassen, daß in Ihnen tiefe Fähigkeiten zur Magie verborgen liegen. –