Friedrich von Oppeln-Bronikowski
Der Schwarzkünstler Cagliostro
Friedrich von Oppeln-Bronikowski

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Bruchstücke aus Cagliostros magischer Philosophie, über welche er mit mir gesprochen hat. Auch im Jahre 1779 niedergeschrieben.

Moses, Elias und Christus sind die drei Hauptvorsteher unseres Erdballes und die vollkommensten Freimaurer, die noch bis jetzt gelebt haben. Obzwar sie sich von diesem Erdballe, nachdem sie hier ihr glorreiches Ziel glücklich vollendet, zu höheren Sphären hinaufgeschwungen haben und dort ihre Kräfte und Weisheit aufbieten, um Geschöpfe höherer Art zu beglücken, und obgleich sie nun schon selbst das unermeßliche Meer der Schöpfung durch neue Welten, die sie zum Preise des Urhebers aller Dinge hervorbringen, vermehren,In der Anmerkung auf Seite 82 habe ich einige Winke über Ideen dieser Art gegeben, die Cagliostro in mir hervorzubringen suchte. Bei diesen Vorträgen ging er so weit, daß er mich zu überreden wußte: Moses, Elias und Christus wären nun selbst Schöpfer so mancher Welten; und die treuen Schüler dieser Vorsteher unseres Erdballes könnten am Ende auch selbst Welten schaffen und beseligen. Vermutlich aber sollten diese drei Namen in geheimer Anspielung nichts anderes bedeuten, als drei geheime Aufseher über drei Zweige geheimer magischer Orden, welche in einem dirigierenden Hauptpunkte I. H. S. zusammentreffen, der durch diese von ihm gesetzte Vorsteher des Erdballs und ihre treuen Schüler auf unserem Erdballe für sich neue Welten schafft; das heißt, dem I. H. S. neue Besitzungen und neue Wirkungskreise erwirbt. Cagliostros ganze sogenannte magische Philosophie ist solche Anspielung, und so ist es auch wohl mit andern Magikern! (1787.) so dauert ihr Einfluß auf diesen Erdball und ihre Vorsorge für uns dennoch immer fort; und jeder von ihnen hat hier eine eigne unsichtbare Gemeinde, die aber insgesamt auf einen Hauptpunkt zusammentreffen und durch verschiedene Kanäle dem bösen Prinzipium entgegenarbeiten.

Die Freimaurerei ist die Schule, in welcher diejenigen erzogen werden, welche zur heiligen Mystik bestimmt sind; doch ahnen die unteren Klassen der Freimaurer nichts von diesen Gegenständen, und ihre Aufmerksamkeit wird auf verschiedene Wege gelenkt, damit ihre geheimen Oberen sie desto besser beobachten und die würdigsten unter ihnen zu höheren ZweckenSollten so viele edle, würdige Männer nicht endlich aufmerksam darüber werden, daß sie von unbekannten Leuten, die sich Oberen nennen, von Leuten, die einen solchen Menschen wie Cagliostro abschickten, ohne daß sie es selbst wissen, zu unbekannten Zwecken gebraucht werden sollen? Sollte diese Idee, die auch, wie ich in gedruckten Schriften, unter anderen im Anti St. Nicaise Teile II (z. B. S. 13, 28, 33, vorzüglich S. 42, 44, 49, 61, 69, 70 usw.) lese, auch von anderen Orten her in geheimen Zirkeln ausgestreut ward, nicht endlich ernsthafte Aufmerksamkeit erregen müssen? Einem edlen Manne, der durch Vernunft, Religion und echte wohldurchdachte moralische Prinzipien seine Handlungen regieren läßt, ist es doch nicht gleichgültig, ob unvermerkt seine Handlungen von andern gelenkt werden. Die vielen wirklich edlen rechtschaffenen Männer dieses Ordens bedürfen meinen Rat nicht. Sie werden es meiner Liebe zur Wahrheit vergeben, wenn ich sie auf das aufmerksam machen wollte, was mir, nachdem ich meine eigene Erfahrung und viele andere Vorfälle überlegte und verglich, in der sogenannten magischen Lehre des Cagliostro noch deutlicher zu liegen scheint. (1787.) brauchen können.

Der engere Ausschuß dieser Mitglieder wird von den drei Vorstehern unseres Erdballs gewählt. Diese Untergeordneten von Moses, Elias und Christus sind die geheimen Oberen der Freimaurer.

Cagliostro ist einer der Untergeordneten des Elias.Es tut mir jetzt, bei erlangter besserer Einsicht, sehr wehe, daß ein Mensch wie Cagliostro die Dreistigkeit haben können und vermutlich noch hat, sich als ein sogenannter Untergeordneter des Elias, für einen der geheimen Oberen der vielen edlen, redlichen, einsichtsvollen Leute auszugeben, die sich Freimaurer nennen. Es tut mir noch mehr wehe, wenn ich bedenke, daß er (wie S. 96 ff. sehr wahrscheinlich wird) ungeachtet seiner offenbaren Betrügereien in Mitau und in Warschau, dennoch nachher in Lyon zu einer höheren Stufe gestiegen ist. (1787.) Er ist schon zur dritten Klasse gelangt. Die Schüler des Elias sterben nie, wenn sie nicht zur schwarzen Magie hinübertreten; sondern sie werden, wenn ihre irdische Laufbahn gut vollendet ist, gleich ihrem erhabenen Lehrer lebendig gen Himmel gehoben. Doch werden sie, ehe sie zur Zahl zwölf kommen, einigemal durch einen anscheinenden Tod geläutert, aber leben sozusagen aus ihrer eigenen Asche immer auf; und so ist der Phönix das allegorische Bild dieser wohltätigen Magiker!

Aus der Pflanzschule der Freimaurer wird die erste geheime Klasse der Anhänger des Elias gewählt; die Anzahl dieser Jünger besteht aus zweiundsiebzig, und diese haben eine Arzenei, welche verjüngt und alle Kräfte der Natur in Gleichgewicht erhält, so daß diese oft Methusalems Alter erreichen. Doch dürfen sie diese Arzenei keinem ohne Vorwissen ihrer Oberen mitteilen.

Der zweite Grad wird nach und nach aus diesen gewählt und besteht aus neunundvierzig Mitgliedern. Diese haben das Geheimnis des roten Pulvers, oder, um die Sache bestimmter auszudrücken, sie haben das Mittel, alle Metalle zur Reife des Goldes zu bringen. Auch haben sie die Kraft, ihre Vorgesetzten auf mehr als hundert Meilen in einem Augenblicke das wissen zu lassen, was sie für nötig halten.

Aus diesen neunundvierzig werden die fünfunddreißig gewählt. Soweit hinauf war Cagliostro, wie er uns sagte, schon gerückt; und aus diesen werden die vierundzwanzig gewählt. Diese beiden Grade sind die gefährlichsten, weil alle böse Geister sich an diese Mitglieder der Magie machen, um sie vom guten Prinzipium abzulenken; wer aber zum fünften und letzten Grade gelangt, der nimmt in alle Ewigkeit an Vollkommenheiten zu.

In diesem letzten irdischen Grade sind nur zwölf Mitglieder. Jetzt sei der große Zeitpunkt vorhanden, da einer dieser zwölf, gleich Elias, zu höheren Regionen aufgenommen werden würde, um in anderen Welten zu wirken; und da sollten aus den vier Klassen die würdigsten Subjekte hinaufrücken.

Würden wir nach einiger Zeit hören, daß er gestorben sei, und dann wieder, daß er lebe, so könnten wir darauf rechnen, daß er den Versuchungen aller bösen Geister widerstanden habe und zum vierten Grade hinaufgerückt sei.Vor einiger Zeit, ehe Cagliostro seine Rolle in Paris zu spielen anfing, sagten die öffentlichen Blätter, er sei in Lyon gestorben. Mein vormaliger Glauben an ihn hatte sich zu der Zeit in die feste Überzeugung aufgelöst: daß er bei seinen Betrügereien einen weitaussehenden Plan habe, Aberglauben zu befördern, um dadurch einem Häuflein schlauer Menschen die Gewalt in die Hände zu spielen, allmählich über das ganze Menschengeschlecht zu herrschen. Ich stutzte nun über das feine and weit ausgedehnte Gewebe betrügerischer Bosheit ebensosehr, als ich mich bei dieser Nachricht gefreut haben würde, wenn mein Irrglauben an die höhere Beförderung unseres wundertätigen Untergeordneten des Elias fortgedauert hätte. Mir ist es mehr als wahrscheinlich, daß man in einigen mystischen Gesellschaften, wo Cagliostro ähnliche Erwartungen erregt hatte, Dankfeste für die höhere Beförderung dieses werdenden Heiligen angestellt hat.
Ich wiederhole, daß höchstwahrscheinlich alle diese vermeinten Nachrichten von der höheren Magie nichts als eine verabredete Chiffersprache der geheimen Gesellschaft und ihrer geheimen Oberen sind, welche den Cagliostro sendeten. Sterben scheint also in dieser geheimen Sprache eine Veränderung des Grades oder der Beschäftigung, oder eine Beförderung oder Fortschreitung in dem Innern dieser Gesellschaft anzudeuten. Diese Veränderung ging damals vermutlich mit Cagliostro in Lyon vor. Dies ward also in die Zeitungen gesetzt: teils den wenigen, die eine solche Sprache verstehen, zur Nachricht; teils damit von diesem Wundermanne immer nur gesprochen und dadurch Aufmerksamkeit auf ihn erregt werde. Wenn man mit dem wahrscheinlichen Schlüssel zu dieser geheimen Chiffersprache die magischen Lehren Cagliostros und so manche andere ähnliche Lehren liest und sie mit manchen Vorfällen vergleicht, so fängt an ein schreckliches Licht aufzugehen. Wenigstens kann man nun wohl merken, daß so vieles Treiben und Senden nicht von ungefähr kommt, und nicht umsonst geschieht. (1787.)

Welcher von uns am treuesten und rechtschaffensten wäre, wessen Seele der Magie bloß um guter Zwecke willen ergeben sei, der könne sich – sei es Mann oder Weib – die Aussicht machen, zu den zweiundsiebzig bei der ersten Vakanz hinaufgerückt zu werden.Cagliostro gab mir die Hoffnung, daß ich zu den zweiundsiebzig hinaufgerückt werden sollte, und sagte mir: er wäre seit der Zeit, da er mich während der Beschwörung die magische Uhr habe halten lassen, überzeugt worden, daß ich zu diesem Glücke bestimmt sei. Was uns und unsern Lieblingsneigungen schmeichelt, findet mehrenteils Eingang, und so träumt' ich mir aus der schmeichelhaften Hoffnung, bald mit höheren Fähigkeiten ausgerüstet zu werden, eine volle Gewißheit. Die Freude, die ich bei dieser Vorspiegelung fühlte, war über allen Ausdruck; und es kostete mir manchen harten Seelenkampf, ehe ich alle diese Träumereien fahren ließ, zur Vernunft zurückkehrte und mir daran genügte, in meinem eingeschränkten Wirkungskreise als Mensch, mit den Rechten und Pflichten der Menschheit zufrieden zu sein. Wenn ich jetzt nachdenke, was Cagliostro unter den zweiundsiebzig kann verstanden haben, nämlich bloß Werkzeuge einer unbekannten höheren Macht, wovon nach seiner sehr deutlichen Lehre I. H. S. die Quelle ist, so danke ich Gott, der mich davor behütet hat, ein solches Werkzeug zu werden. (1787.)

Die Königin Saba, deren Geschichte im Alten Testament ganz in magische Bilder gehüllt und nur zum Teile dargestellt wäre, hätte die höchste Stufe der Magie erreicht, zu der noch je eine weibliche Seele gelangt sei. Aber am Ende wäre sie zu schwach geworden, den Versuchungen der bösen Geister zu widerstehen, und da sei ihre Geschichte, nur den wahren Magikern verständlich, in der Geschichte der Kalypso vorgetragen worden.

Sowohl die Götterlehre der Griechen, als der Zendavesta, die Edda und die Bibel sind der Magie geheiligte Bücher.

Der Zirkel und das Dreieck sind magische heilige Figuren. Drei und neun, zwei und sieben sind heilige Zahlen. Wer die Kraft dieser Zahlen und Figuren versteht, ist der Quelle des Guten nahe. Das Wort Jehova faßt zweimal drei in sich und hat eine unermeßliche Kraft.

So wie es heilige Zahlen gibt, so gibt es auch heilige Buchstaben. Die Buchstaben I. H. S. muß man nie ohne die tiefste Ehrfurcht anblicken, nennen oder an sie denken, denn sie schließen alle Weisheit und die Quelle der Glückseligkeit in sich. Wer die wahre Würde dieser Buchstaben versteht, ist der ewigen Quelle alles Guten nahe.

Drei Kapitel fehlen aus der BibelMan bedenke, was dieses Vorgeben von einem Menschen wie Cagliostro, unter dem Scheine geheimer Weisheit, in geheimen Gesellschalten fortgepflanzt, für die echte christliche Religion für schädliche Wirkungen haben muß. Die Bibel ist Gottes Wort und die Quelle unserer Religion. Wenn uns nun die vermeinten Magiker, die mit dem I. H. S. zusammenhängen, erst einbilden, sie besäßen von Gottes Wort mehr als alle Christen, und noch dazu etwas, wodurch übernatürliche Kräfte erlangt werden können, so können sie uns im Namen Gottes zu allem bereden. (1787.) und sind nur in den Händen der Magiker. Der, welcher nur eins dieser Kapitel besitzt, dem schon stehen übernatürliche Kräfte zu Gebote.

Wer I. H. S., die Sonne, Zirkel und Dreieck, 2 und 7, 3 und 9 und das Wort Jehova nicht in Ehren hält und nicht zur wahren Kenntnis dieser Buchstaben, Zahlen und Worte gelangt ist, wird zum Besitze dieser fehlenden Kapitel aus der Bibel nicht gelangen. Diese enthalten die höchste Weisheit, durch welche die Welt beherrscht wird.«Sollte dies nicht sehr deutlich gesagt sein, daß es die Weisheit ist, wodurch die Welt von den I. H. S. beherrscht wird? Verdient diese Weisheit, daß man sich ihr weihe? Ich glaube, man sieht hier sehr deutlich, was die Absicht aller Magie ist, die seit einiger Zeit so geflissentlich befördert wird und die Absicht der Emissarien, die sie befördern; und ich danke Gott, der es so geleitet hat, daß ich ganz von meinem ehemaligen Glauben an die sogenannte Magie zurückgekommen bin. (1787.)

 


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