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XV. Bericht von Commander Robert E. Peary über Unternehmungen im Polargebiet in den Jahren 1898-1902

siehe Bildunterschrift

Lotungen im Kane-Becken.

An
Präsident Morris K. Jesup und die Mitglieder des Peary Arctic Club.

Im Januar 1897 setzte ich ausführlich auseinander, welcher Mittel und Wege eine Polarexpedition sich zu bedienen habe, die darauf ausgeht, den Nordpol zu erreichen. Im Frühling 1897 gewann Ihr Präsident Morris K. Jesup Interesse für die Sache und regte die Gründung des gegenwärtigen Klubs an. Seinem Beispiel folgten andere hervorragende Männer, und Ende Mai bewilligte mir das Marineministerium infolge der unermüdlichen persönlichen Bemühungen von Chas. A. Moore die durch Briefe einer Reihe von einflußreichen Persönlichkeiten unterstützt wurden, einen fünfjährigen Urlaub, der mich instand setzte, meine Pläne zur Ausführung zu bringen.

Da der Sommer zu weit vorgeschritten war, um die Hauptexpedition auszurüsten, benutzte ich den Sommer 1897 dazu, eine vorläufige Reise nach dem Whale-Sund zu unternehmen, um die Eskimos mit meinen Plänen für das kommende Jahr bekannt zu machen und sie zu veranlassen, Vorräte von Fellen und Fleisch zu sammeln. Diese Vorbereitung wurde glücklich ausgeführt, und außerdem brachte ich den großen Meteoriten der Melville-Bai, Ahnighito, den größten bekannten Meteorstein der Welt, mit nach Hause.

Als ich im Dezember 1897 in London war, bot mir Alfred Harmsworth die Dampfjacht »Windward« an, die er auf seiner Franz Joseph-Land-Expedition benutzt hatte, und versprach, sie mit einer neuen Maschine zu versehen und sie mir in Neuyork überliefern zu lassen. Ich nahm dieses großmütige Anerbieten an.

Im Frühling des Jahres 1898 wurde der Peary Arctic Club ins Leben gerufen. Morris K. Jesup, Henry W. Cannon und H. L. Bridgman, alle drei meine persönlichen Freunde, bildeten den Kern, um den Sie, meine Herren, sich gruppierten. Im Mai kam die »Windward« an, aber zu meinem Bedauern und meiner Enttäuschung war sie wegen des Maschinistenstreiks in England nicht mit neuen Maschinen versehen worden, so daß sie im Grunde nur ein Segelboot war.

Wegen der vorgerückten Jahreszeit mußte ich mit der »Windward« so wie sie war vorlieb nehmen. Aber ihre geringe Schnelligkeit, unter günstigen Bedingungen etwas über drei Knoten, und das Eintreten eines störenden Faktors, nämlich die Aneignung meines Planes und meines Arbeitsgebietes durch einen andern, machten es notwendig, ein Hilfsschiff zu chartern, wenn ich mich nicht ausstechen lassen wollte. Die »Windward« fuhr am 4. Juli 1898 von Neuyork ab, und am 7. ging ich in Sydney an Bord der »Hope«.

 

1898–1899.

Wir strebten rasch nach Norden, unterließen es, den Häfen von Dänisch-Grönland den üblichen Besuch abzustatten, und erreichten Kap York nach einer verhältnismäßig ereignislosen Fahrt. Nur einmal waren wir in der Melville-Bai einer Eispressung ausgesetzt, bei welcher sich die »Hope« vollständig in die Höhe hob, so daß einige Stunden lang die Möglichkeit einer ernstlichen Gefahr nicht ausgeschlossen schien.

Die Walroßjagd begann sofort, und gleichzeitig bemühte ich mich, meine Eskimos so schnell als möglich zusammenzubringen. Bald holte uns die »Windward« ein, und die Jagd wurde von beiden Schiffen fortgesetzt bis zu dem schließlichen Rendezvous in Etah, das beide Schiffe Sonnabend den 13. August verließen, die »Windward«, um weiter nach Norden zu ziehen, die »Hope«, um die Heimreise anzutreten. Die »Windward« arbeitete sich vier Stunden lang ihren Weg durch eine Barriere von schwerem Eis, die sich mitten durch die Einfahrt des Foulke-Fjordes zog. Hier verließ uns die »Hope« und wandte sich südwärts, gerade auf Kap Alexandra zusteuernd, während die »Windward« den Kurs auf Kap Hawkes richtete, das jenseits von Kap Sabine deutlich sichtbar war.

Um 4 Uhr am Sonntagmorgen stießen wir auf der Höhe von Kap Albert auf treibendes Eis. Um die Mittagszeit blieben wir in der Nähe von Victoria Head im Eise stecken und wurden mehrere Meilen wieder mit zurückgetrieben. Schließlich gelang es uns um 6 Uhr nachmittags Victoria Head zu umschiffen und in die Prinzeß Marie-Bai hineinzukommen. Die Bai war mit noch nicht aufgebrochenem Eis vom letzten Winter angefüllt, das Kanebecken dagegen voll von schwerem, in Bewegung befindlichem polaren Packeis. Dazwischen zog sich nordwärts quer durch die Einfahrt der Bai eine Reihe kleiner Tümpel und Wasserrinnen, die sich mit den Bewegungen der Flut öffneten und schlossen. Um 11.30 am Abend des 18. hatte sich die »Windward« ihren Weg durch die Bai bis an eine kleine Stelle offenen Wassers am Fuße von Kap d'Urville gebahnt. Hier wurden wir durch eine große Scholle von mehreren Meilen im Durchmesser, die mit dem einen Ende gegen das Ufer stieß und mit dem andern in das schwere Eis hineinragte, am Weiterkommen gehindert. Beim Kreuzen der Bai hatten wir die wichtigeren Vorräte auf Deck verstaut, bereit, sie im Fall einer Pressung aufs Eis hinauszuwerfen. Zur Zeit der Ebbe ging ich, in der Hoffnung, die große Scholle würde sich fortbewegen und uns weiterziehen lassen, bei Kap d'Urville an Land, legte ein kleines Depot von Lebensmitteln an und kletterte auf die Uferterrasse hinauf, um die Gegend im Norden zu überblicken.

Am 21. August unternahm ich eine Rekognoszierungstour längs des Eisfußes ins Innere der Allman-Bai und in das dort sich öffnende Tal hinein. In der darauffolgenden Nacht bildete sich neues Eis, das nicht wieder schmolz. Am 28. machte ich den Versuch, mit dem Schlitten über das Meereis bis nach der Norman Lockyer-Insel zu fahren, fand aber zu viele offene Stellen und mußte wieder auf den Eisfuß zurückgehen. In der Nacht vom 29. fiel die Temperatur bis auf -15° F. -26 °C, und am 31. hatte das neugebildete Eis eine Dicke von 4¼ Zoll erreicht. An diesem Tage ging ich nach Kap Hawkes und erklomm seinen Gipfel, von dem aus ich draußen im Kanebecken offene Seen sehen konnte. Aber zwischen ihnen und der »Windward« war das Eis dicht zusammengeschoben – ein entmutigender Anblick! Nur ein starker und anhaltender Westwind würde mir ein Weiterkommen ermöglichen. Ich konnte das Schiff nicht verlassen, aus Unruhe, daß ich durch meine Abwesenheit eine Gelegenheit vorwärtszudringen verpassen könnte.

Am 2. September machte ich einen Schlittenausflug ins Innere der Prinzeß Marie-Bai. Bei Kap Harrison hatte sich das Eis wegen der starken Gezeitenströmung nicht geschlossen, so daß ich das Kap nicht umfahren konnte, und der Eisfuß war für Schlitten unpassierbar. Ich ging zu Fuß bis an den Eingang der Copes-Bai, und nahm bis dahin eine Vermessung der Küste vor. Nach viertägiger Abwesenheit kehrte ich zum Schiff zurück. Von diesem Ausflug brachte ich den englischen Bericht von der Steinpyramide auf dem Gipfel der Norman Lockyer-Insel mit, der zweiundzwanzig Jahre da gelegen hatte. Der Bericht war noch in demselben Zustand wie damals, als er niedergelegt wurde.

Am 6. September verließ ich das Schiff, um die Dobbin-Bai zu erforschen, deren oberes Ende nicht auf der Karte verzeichnet ist. Nach drei Tagen kehrte ich wieder zurück. Während dieses Ausflugs wehte der erste wirkliche Schneesturm; der Schnee lag danach 5½ Zoll hoch.

Am 12. September ließ ich ein Drittel meiner Vorräte, den reichlichen Vorrat eines Jahres für die ganze Expedition, bei Kap d'Urville an Land bringen. Meine Eskimos fuhren Schlittenladungen von 700 bis 1000 Pfund über das junge Eis. In der Nacht vom 13. fiel die Temperatur bis -10° F. -23º C und damit wurde alle Hoffnung auf ein Weiterkommen zerstört. Am 15. September ließ ich den Dampfkessel ausgehen, und wir fingen mit den Vorbereitungen für den Winter an.

Am 17. setzte ich folgende Pläne für den Winterfeldzug fest:

Die Herbstarbeit war einfach und ergab sich von selbst. Es handelte sich um zweierlei: einen Wintervorrat von frischem Fleisch zu schaffen und die Buchanan-Straße, den Hayes-Sund und die Prinzeß Marie-Bai zu vermessen. Ich hatte die feste Überzeugung, daß mir der erste Teil dieser Arbeit gelingen würde, wenn auch der Teil der Küste von Grinnell-Land, der unmittelbar in der Nähe der »Windward« lag, gänzlich verödet war und jede Spur tierischen Lebens zu fehlen schien. Die verschiedenen Rekognoszierungstouren, die wir bisher an der Nordküste der Prinzeß Marie-Bai unternommen hatten, waren nicht sehr ermutigend gewesen. Aber ich wußte, daß die Eskimos in früheren Jahren ein oder zwei Moschusochsen auf der Bache-Insel erlegten, und die Gegend schien mir auch für diese Tiere günstig zu sein. In dem Vorgefühl, daß die Vermessung mir größere Schwierigleiten bereiten würde, und ich gut daran täte, so früh als möglich damit zu beginnen, hatte ich den Versuch gemacht, ins Innere der Prinzeß Marie-Bai vorzudringen.

Die Wintermonde beabsichtigte ich zu Vorbereitungen für die Frühlingskampagne zu benutzen und Vorräte nach Conger zu schaffen. Anfang Februar wollte ich dann meine Leute dorthin bringen und bei der Wiederkehr der Sonne von dieser Station als Basis aufbrechen und via Kap Hecla einen Versuch machen, den Pol zu erreichen. Es konnte sein, daß mein Unternehmen trotz der niedrigen Breite meines Ausgangspunktes von Erfolg gekrönt wurde, und auf jeden Fall konnte ich bei meiner gründlichen Kenntnis der Küste und der Verhältnisse im Norden wieder zum Schiff zurückgelangen, bevor das Eis aufbrach.

Am 18. September verließ ich mit zwei Schlitten, meinen beiden besten Eskimos und Proviant für zwölf Tage das Schiff, um eine Rekognoszierungstour in das Innere der Prinzeß Marie-Bai zu unternehmen. Am 20. September erreichte ich das obere Ende eines kleinen Fjordes, der sich im Innern der Prinzeß Marie-Bai nach Südwesten abzweigt, und hier fand ich eine schmale, ungefähr drei Meilen breite Landzunge, die diesen Fjord von einem Teil der Buchanan-»Straße« trennte. Die Bache-»Insel« der Karte ist demnach eine Halbinsel und nicht eine Insel. Von einer dominierenden Anhöhe in der Nachbarschaft konnte ich erkennen, daß beide Arme der Buchanan-»Straße« im Süden meines Standortes endeten. Die »Strafte« ist also in Wirklichkeit eine Bai und den Hayes-Sund gibt es nicht. Am 21. und 22. drang ich in die Arme der Prinzeß Marie-Bai vor, die auf der Karte als Sawyer- und Woodward-Baien verzeichnet sind, und stellte fest, daß sie gänzlich geschlossen sind.

Am 23. September stieß ich ungefähr in der Mitte der Nordküste der Bache-Halbinsel in einer kleinen Bucht auf zwei Bären. Diese wurden von meinen Hunden ans Ufer gehetzt und hier festgehalten, bis ich hinkam und sie erlegen konnte.

Am 25. September durchkreuzte ich zu Fuß die Bache-Halbinsel und gelangte vom Bärenlager bis an die Kreuzungsstelle des nördlichen und südlichen Arms der Buchanan-Bai. Hier fanden wir zahlreiche Walrosse vor und konnten den südlichen Arm bis an den großen Gletscher an seinem oberen Ende überblicken. Verhältnismäßig frische Fährten überzeugten mich davon, daß es auf der Halbinsel Moschusochsen geben müßte. Am folgenden Tag kehrte ich nach der »Windward« zurück, um mich mit neuem Proviant zu versehen, und mich dann via Victoria Head und Kap Albert nach der Buchanan-Bai auf die Suche nach Walrossen und Moschusochsen zu begeben. Henson hatte in meiner Abwesenheit eine Rekognoszierungstour nach Norden unternommen, war aber nur wenig Meilen über Kap Louis Napoleon hinausgekommen, da das Meereis und der Eisfuß gleich unpassierbar gewesen waren. Ein oder zwei Tage nach meiner Rückkehr schickte ich ihn wieder aus, um es noch einmal zu versuchen.

Am 30. September brach ich nach der Buchanan-Bai auf. Zwischen Victoria Head und Kap Albert fand ich frische Spuren einer Moschusochsenherde und folgte ihnen, bis sie sich, vom Wind verweht, verloren. Am Abend des 4. Oktober erreichte ich die Walroßgründe in der Buchanan-Bai und erlegte am folgenden Tag ein Exemplar. In der Zwischenzeit war auch der Rest meiner Leute angekommen. Jedermann war nun auf der Suche nach Moschusochsen. Da aber in den hochgelegenen Teilen der Halbinsel sehr viel Nebel lag, kehrte ich nach dem Lager zurück und begab mich in die Buchanan-Bai, um nach Bären auszuspähen. In meiner Abwesenheit erlegte ein Eskimo einen Moschusochsen.

Am 7. sandte ich zwei Leute aus, um das Fleisch und das Fell zu holen. Ich selbst begab mich wieder ins Innere der Buchanan-Bai und fand bei meiner Rückkehr das Lager verlassen. Nach kurzer Zeit kehrten einige Leute zurück mit dem Bericht, eine Herde von fünfzehn Moschusochsen sei erlegt worden. Die beiden nächsten Tage vergingen damit, die Tiere zu zerlegen, das Fleisch aufzustapeln und die Felle und einen Teil des Fleisches ins Lager zu bringen.

Am 10. Oktober brachen wir nach dem Schiff auf, das wir spät am Abend des 12. erreichten. Das Eis in der Buchanan-Bai war sehr holperig, und ein Schneesturm am 11. hatte die Bahn sehr verschlechtert. Fünf Tage später, am 17. Oktober, versuchten ich und zwei meiner Leute, einen direkten Weg nach der Nordseite der Halbinsel zu bahnen, um das Fleisch dorthin zu schaffen, aber das Land erwies sich als unpassierbar, und wir kehrten am 21. unverrichteter Sache nach dem Schiff zurück.

Am 20. verließ uns die Sonne. In der folgenden Woche widmeten wir uns den Vorbereitungen für den Winter. Eine Rekognoszierung der Franklin Pierce-Bai brachte nichts als Hasenspuren zutage. Aber Henson kam aus der Copes-Bai mit einem großen Bären zurück, den er im Innern der Bai niederstreckte. Die Herbstarbeit war nun zu Ende. Wir hatten uns einen Vorrat von frischem Fleisch für den Winter verschafft und die geographische Beschaffenheit der Bache-»Insel«, der Buchanan-»Straße« und des Hayes-Sundes bestimmt.

siehe Bildunterschrift

Das Heck der »Roosevelt«.

Jetzt kam die Schlittenarbeit an die Reihe, die uns im Laufe des Winters beschäftigen sollte. Mein Pemmikanvorrat und verschiedene andere Dinge waren schon nach Kap Louis Napoleon und zwei Schlittenladungen nach Kap Fraser gebracht. Da das rasch abnehmende Tageslicht ein wirkliches Vorwärtskommen verhinderte, mußte ich auf den nächsten Mond warten, ehe ich persönlich eine Untersuchung der Küste nordwärts unternehmen konnte. Am 29. verließ ich mit Henson und einem Eskimo das Schiff. Der weiche Schnee, den die beiden letzten Stürme mit sich gebracht hatten, nötigte uns, in der Allman-Bai und an manchen Stellen des Eisfußes auf Schneeschuhen einen Weg für die Schlitten zu bahnen. Aber trotz dieser Verzögerung konnten wir nach einem langen Marsch bei Kap Louis Napoleon das Lager aufschlagen.

Hm folgenden Tag wurde Kap Fraser erreicht. Unterwegs waren wir durch die Flut aufgehalten worden, die bis über den Eisfuß stieg. Wir lagerten an Hensons höchstem Punkt, wo der Eisfuß unpassierbar zu werden schien. Es war indessen der einzig mögliche Weg um vorwärts zu kommen, da sich das Packeis im Kanal noch in Bewegung und in gänzlich unpassierbarem Zustande befand. Am folgenden Tag machte ich zu Fuß einen Vorstoß bis an die Scoresby-Bai. Obgleich der Eisfuß damals für Schlitten ungangbar war, hatte ich doch die Überzeugung, daß eine ernstliche Arbeit mit Pickeln und Schaufeln es mir ermöglichen würde, beim nächsten Mond beladene Schlitten hinüberzuschaffen, vorausgesetzt, daß mir die Springflut mit ihrem nivellierenden Einfluß zu Hilfe käme. Von Kap Norton Shaw aus sah ich, daß wir das schwere Packeis durch Hin- und Herkreuzen vermeiden könnten, wenn wir in einem Bogen in die Scoresby-Bai gingen.

Von Kap Fraser bis Kap Norton Shaw hat der Eisfuß einen völlig alpinen Charakter. Er besteht aus einer beinahe zusammenhängenden Reihe von gewaltigen Blöcken und einer Masse von Eisbergen und alten Schollen, die ganz aus dem Wasser heraus an den Felsen hinaufgepreßt sind. Bei Kap John Barrow war ein großer Eisberg bis auf die Höhe, die das Wasser bei Hochflut erreicht, auf den festen Felsen gedrängt worden.

Von dieser Rekognoszierungstour zurückgekommen, lagerte ich wieder bei Kap Fraser und errichtete hier den ersten Schnee-Igloo. Ich beabsichtigte, auf der ganzen Strecke bis Fort Conger in passenden Zwischenräumen eine Reihe Igloos zu bauen. Die nächsten drei Tage wurden dazu verwendet, die Vorräte von Kap Louis Napoleon nach Kap Fraser zu schaffen, und am 4. November kehrte ich wieder zum Schiff zurück.

Die Zeit bis zur Wiederkehr des nächsten Mondes war vollständig damit ausgefüllt, Schlitten herzustellen und zu reparieren, das Fleisch von dem Depot auf der Bache-Insel zu holen und Vorräte und Hundefutter über die schwere Bahn in der Allman-Bai bis nach Kap Hawkes zu schaffen. In dieser ganzen Zeit war die Temperatur meist etwa -40° F. -40 °C

Am 21. November brachen Henson und drei Eskimos mit Ladungen auf, und am 22. folgte ich mit drei Leuten nach, um mit der Arbeit des Novembermondes zu beginnen. Diese Arbeit wurde um Mitternacht des 4. Dezember vollendet, als die letzten Schlitten zurückkamen. Wir hatten 3300 Pfund Proviant und eine Menge Hundefutter nach Kap Wilkes auf der Nordseite der Richardson-Bai geschafft, und hätten dies alles bis nach Kap Lawrence bringen können, wenn nicht einer meiner Leute, durch die harte Arbeit beim Kreuzen der Richardson-Bai entmutigt, desertiert und umgekehrt wäre. Da ich wußte, wie wichtig es war, der Wiederholung eines solchen Falles vorzubeugen, legte ich die Strecke bis nach Kap Wilkes in Eilmärschen zurück, lagerte dort, begab mich nach einer vierundzwanzigstündigen Anstrengung zur Ruhe, schlief drei Stunden und machte mich dann mit einem leeren Schlitten, acht ausgewählten Hunden und einem Eskimo auf, um meinen Mann einzuholen. Ich fand ihn bei Kap Louis Napoleon, erteilte ihm eine Lektion und nahm ihn mit mir aufs Schiff.

Meinen Leuten hatte ich hinterlassen, sie sollten die Vorräte, die ich wegen Beschädigung der Schlitten an verschiedenen Stellen zurücklassen mußte, bis nach Kap Wilkes bringen, und dann, im Fall ich nicht zurückkehrte, den Eisfuß bis nach der Rawlings-Bai untersuchen und zum Schiff zurückkehren.

Die Entfernung von Kap Wilkes bis zur »Windward« betrug in der Luftlinie sechzig Seemeilen, mein Weg, der längs des Eisfußes und quer durch die Baien führte, an die neunzig gewöhnliche Meilen, und wurde in 23 Stunden und 20 Minuten zurückgelegt; davon entfielen 21 Stunden 30 Minuten auf den wirklichen Marsch. Die Temperatur auf dieser Fahrt war -50° F. -45 °C

Alle Schlitten wurden während dieser zweiwöchigen Kampagne mehr oder weniger beschädigt, und bei Kap John Barrow mußten wir Schlitten und Ladungen auf unsern Rücken über das Preßeis tragen. Die mittlere Minimaltemperatur in diesen 13 Tagen betrug -41,2° F., die niedrigste -50° F., -45° C die an vier Tagen hintereinander herrschte.

Die auf diesem Ausflug gewonnene Erfahrung ließ mich vermuten, daß die Verhältnisse im Norden von Kap Wilkes, wenigstens bis nach Kap Defosse nicht wesentlich anders liegen würden als auf der bisher zurückgelegten Strecke. So war es mir möglich, meine Pläne mehr im einzelnen auszuarbeiten. Bei dem Licht des Dezembermondes wollte ich mit solchen Ladungen nach Kap Wilkes vorrücken, daß ich stetig weiterziehen könnte, ohne mit Herbeischaffen neuer Schlittenladungen Zeit zu verlieren.

Dann wollte ich alles bis nach Kap Lawrence an der Nordseite der Rawlings-Bai schaffen, von da mit leichten Schlitten nach Fort Conger ziehen und die Beschaffenheit der hier zurückgelassenen Vorräte untersuchen, damit ich wüßte, worauf ich mich verlassen könnte, und schließlich wieder nach dem Schiff zurückkehren.

Beim Januarmond wollte ich mich mit meiner ganzen Expedition aufmachen, zunächst den Proviant von Kap Lawrence nach Fort Conger bringen und dort bis zum Februarmond bleiben, dessen Licht mit der ersten Wiederkehr des Tageslichtes zusammenfiel. Dann beabsichtigte ich, die Vorräte für die Polarexpedition auf Schlitten nach Kap Hecla zu schaffen und mich in Bereitschaft zu halten, von dort ungefähr Mitte März mit ausgeruhten und wohlgenährten Hunden aufzubrechen.

Diesem Plan gemäß wurden die zwei Wochen zwischen dem Schwinden des November- und Erscheinen des Dezembermondes eifrig dazu verwandt, die Schlitten auszubessern und fester zu machen, Kleidung und Ausrüstung anzufertigen und instand zu bringen, damit wir den Schwierigkeiten dieser langen und beschwerlichen Reise in der Mitternacht der »Langen Nacht« gewachsen wären. In dieser Zeit war die Temperatur meistens -51° F. -46,1 °C und noch niedriger.

Am 20. Dezember verließ ich beim ersten Licht des wiederkehrenden Mondes die »Windward« mit dem Doktor, Henson, vier Eskimos und dreißig Hunden, der ganze Rest, der mir von den sechzig, die ich vor vier Monaten gehabt hatte, geblieben war. Trübes Wetter, heftige Winde, die aus dem Kennedy-Kanal kamen, tiefer Schnee und ein fürchterlicher Eisfuß in der Rawlings-Bai hielten uns auf, so daß ich erst am 28. meine ganzen Vorräte bei Kap Lawrence auf der Nordseite der Rawlings-Bai versammelt hatte.

Kap Lawrence war so günstig gelegen, daß wir auf zwei verschiedenen Routen unsere Vorräte von hier nach Fort Conger transportieren konnten. Der eine Weg führte durch den Kennedy-Kanal, und den wollte ich diesmal einschlagen, der andere über Land und dann durch den Archer Fjord. Trotz der Verzögerungen war ich doch im großen und ganzen mit dem Erfolg der Arbeit dieses Jahres zufrieden. Ich hatte meine ganzen Vorräte auf halbem Wege nach Fort Conger und bei Kap Hawkes, Kap Louis Napoleon, Kap Fraser, Kap Norton Shaw, Kap Wilkes und Kap Lawrence bequeme Schnee-Igloos errichtet.

Am 29. Dezember brach ich mit leichten Schlitten von Kap Lawrence nach Fort Conger auf, in der Hoffnung, diese Strecke in fünf Tagen zurückzulegen. Auf dem ersten Marsch von Kap Lawrence war der Eisfuß ziemlich gut, obgleich die Schlitten auf der ein bis zwei Zoll dicken Schicht von Eiskristallen schleiften, als ob sie auf Sand führen. Aber beim Weiterziehen wurde der Eisfuß immer schlimmer, und als wir um Kap Defosse herumkamen, war er sogar für leichte Schlitten beinahe unpassierbar. Das Licht des Mondes dauerte jedesmal nur wenige Stunden, und selbst wenn er am hellsten schien, waren wir nicht imstande, eine Route auf dem Meereis ausfindig zu machen.

Südlich von Kap Defosse aßen wir unseren letzten Schiffszwieback und nördlich davon unsere letzten Bohnen. Auf dem nächsten Marsch fegte ein beißender Wind durch den Kanal und machte den Eskimo, der den vorhergehenden Winter in den Vereinigten Staaten zugebracht hatte, dermaßen erstarren, daß wir um ihn zu retten, oberhalb von Kap Cracroft halt machen und eine Höhle in einer Schneewehe graben mußten. Als der Sturm nachließ, ließ ich ihn mit einem andern Eskimo und neun der elendesten Hunde hier zurück und brach selbst wieder auf, um Fort Conger zu erreichen.

Jetzt hatte uns der Mond fast gänzlich verlassen, und der Eisfuß war völlig unpassierbar. Wir irrten und stolperten auf dem holprigen Meereis einher, bis wir nach Kap Baird kamen, um einige Stunden in einer Schneehöhle zu schlafen und setzten dann unsern Weg durch die Lady Franklin-Bai fort. In vollständiger Finsternis stolperten, fielen und irrten wir achtzehn Stunden lang in dem Chaos von aufgebrochenem und holprigem Eis umher, bis wir endlich den Eisfuß an der Nordseite erklommen. Hier wurde ein Hund getötet, um als Nahrung zu dienen.

Der gänzliche Mangel an passendem Schnee machte es uns unmöglich, an die Errichtung eines Igloo zu denken, und eine Art Höhle unter einer großen Eisscholle war so kalt, daß wir nur so lange bleiben konnten, bis der Tee getrunken war. Ein zerbrochener Schlitten und neun erschöpfte Hunde blieben hier zurück. Gerade im Osten von uns war eine Scholle ans Ufer getrieben und über den Eisfuß hinaufgezwängt worden, so daß die zertrümmerten Eisstücke bis in eine Höhe von hundert Fuß die Uferböschung bedeckten. Jede Passage schien ausgeschlossen, aber wir konnten uns gerade noch durch den Spalt am Rande des Eisfußes durchzwängen. Bald darauf kamen wir um die Landspitze herum, und ich fühlte mit Befriedigung, denn sehen konnten wir gar nichts, daß wir uns an einem der Eingänge des Discovery-Hafens befanden, konnte aber nicht bestimmen an welchem.

Nach einem mehrstündigen Herumirren erkannten wir, daß es die östliche Einfahrt war. Wir hatten die Mitte der Bellot-Insel passiert, und stolperten am 6. Januar um Mitternacht durch das verfallene Tor von Fort Conger. Ein kleiner Rest von Petroleum ermöglichte es mir, unsern Schlittenkocher anzuzünden und bei diesem Licht den Herd und den Ofen im Offiziersraum zu finden. Nach einigen Schwierigkeiten gelang es uns, in beiden Feuer anzumachen. Als diese Arbeit vollendet war, veranlaßte mich ein verdächtiges »steifes« Gefühl im rechten Fuß, meine Kamiks auszuziehen, und ich entdeckte zu meinem großen Schmerz, daß beide Füße erfroren waren.

Kaffee aus einer offenen Büchse in der Küche und Zwieback von dem Tisch im Mannschaftsraum, alles noch unverändert, wie es vor mehr als fünfzehn Jahren verlassen worden war, bildeten das Menü eines einfachen aber reichlichen Frühstücks. Da es bei einer hastigen Untersuchung nicht gelang, Feuerzeug, Lichter, Lampen oder Petroleum ausfindig zu machen, mußten wir in Eile, ehe das Petroleum zu Ende ging, eine Art von Licht erfinden. Eine halbe Flasche Olivenöl, eine kleine Schüssel und ein Stück eines Handtuches wurden benutzt, eine kleine, einfache Lampe herzustellen, die mit Schweinefett und Speck unterhalten wurde und uns mit Licht versah, bis wir Petroleum fanden. Nachdem alles mögliche für meine Füße getan worden war, warfen wir uns auf die Feldbettstellen in den Räumen der Offiziere und fielen in einen langen und festen Schlaf. Beim Aufwachen erkannte ich mit Sicherheit, daß ich Teile von mehreren Zehen oder vielleicht auch die ganzen Zehen verlieren würde und einige Wochen Ruhe halten müßte. Die mittlere Minimaltemperatur auf diesem Ausflug betrug -51,9° F., -46,6 °C die niedrigste -63° F. - 52,8 °C

Während der folgenden Wochen führten wir in Conger ganz das Leben eines Robinson Crusoe. Das Hervorsuchen von Sachen in der ununterbrochenen Finsternis der »langen Nacht« bei dem schwachen flackernden Flämmchen in der Schüssel kam dem Suchen einer Nadel im Heu sehr nahe. Allmählich wurden alle wesentlichen Dinge aufgefunden, und meine beiden treuen Eskimos brachten leere Kisten und Fässer herbei und brachen sie entzwei, um das Feuer damit zu unterhalten. Die Hunde, die wir auf der Bellot-Insel zurückgelassen, wurden geholt, mehrere davon starben aber, ehe sie sich an das gefrorene eingepökelte Schweine- und Ochsenfleisch, die einzige Nahrung, die ich ihnen geben konnte, gewöhnten. Die Eskimos machten zwei Versuche, die beiden bei Kap Cracroft zurückgelassenen Leute zu holen, wurden aber beide Male von der Dunkelheit und heftigen Winden zurückgetrieben. Endlich, ungefähr zehn Tage nachdem wir die Schneehöhle verließen, gelang es ihnen, hinzukommen, und da fanden sie, daß die beiden Leute einige Hunde geschlachtet und dann mit den wenigen übriggebliebenen zu Fuß nach dem Schiff aufgebrochen waren.

Am 18. Februar gewährte uns das Mondlicht und die zunehmende Dämmerung genug Licht, um an jedem Tag einen ganz guten Tagemarsch zurückzulegen; und wir traten den Rückmarsch nach der »Windward« an. Meine Zehen waren noch nicht geheilt, und ich war kaum imstande, einen Augenblick zu stehen. Ich hatte noch zwölf Hunde, aber sie waren so abgezehrt und der Weg befand sich in so schlechtem Zustande, daß niemand außer mir fahren konnte. Ich war auf dem Schlitten, dessen einzige Last ich bildete, festgebunden, und meine Füße und Beine wurden mit Moschusochsenfellen umwickelt. Der andere Schlitten trug die notwendigen Vorräte. Am 28. erreichten wir die »Windward«. Jedermann mit Ausnahme von mir hatte die ganze Strecke von nicht weniger als 250 Meilen in elf Tagen zu Fuß zurückgelegt. Zum Glück für uns alle und besonders für mich war das Wetter auf unsrer Rückfahrt zwar sehr kalt aber ruhig. Nur an einem Tag im Süden von Kap Cracroft wehte ein heftiger Wind, der uns in ein dichtes Schneetreiben einhüllte. Die mittlere Minimaltemperatur betrug auf unserm Rückmarsch -56,18° F., -49 °C die niedrigste -65° F. -53,9 °C an dem Tag, an dem wir zur »Windward« zurückkehrten.

Am 3. März sandte ich einen Eskimo nach dem Whale-Sund, um die Jäger dort aufzufordern, mit ihren Hunden und Schlitten zurückzukommen. Zwischen dem 3. und dem 14. kam eine Abteilung Eskimos unerwartet, brachte den letzten Rest des Moschusochsenfleisches von der Bache-Halbinsel ans Schiff und hatte noch einen Moschusochsen erlegt.

Am 13. März fand die endgültige Amputation meiner Zehen statt. Während ich auf die Ankunft weiterer Eskimos wartete, ließ ich ein kleines Boot nach Kap Louis Napoleon schaffen und dort deponieren. Außerdem schickte ich Hundefutter und die üblichen Vorräte nach Kap Fraser.

Am 31. kam eine Abteilung bestehend aus fünf Eingeborenen und siebenundzwanzig Hunden zurück. Mein Bote war durch heftige Winde und unebenes Eis aufgehalten worden, und die Verheerung, die Krankheit unter den Hunden anrichtete, hatte es notwendig gemacht, von den südlicheren Niederlassungen Hunde holen zu lassen.

Am 3. April brach Henson mit diesen Eingeborenen und fünfunddreißig Hunden auf. Er hatte den Befehl bekommen, die bei Kap Lawrence befindlichen Vorräte nach der Carl Ritter-Bai herüberzuschaffen, dann mit Ladungen, die er, ohne den Weg doppelt machen zu müssen, fortbringen konnte, nach Fort Conger zu ziehen, seine Hunde ausruhen und die Kleider trocknen zu lassen und, wenn ich ihn dann noch nicht eingeholt hätte, wieder nach dem Schiff zurückzukehren.

Am 19. April war mein linker Fuß geheilt, aber infolge der langen Entwöhnung zu schwach und zu steif, als daß ich mich ohne Krücken hätte bewegen können. An diesem Tag brach ich mit zehn Leuten, etwa fünfzig Hunden und sieben Schlitten, die mit Hundefutter und Proviant für anzulegende Depots beladen waren, auf und traf am 23. April Henson, der mit seinen Leuten nach Kap Lawrence zurückgekehrt war. Von hier aus sandte ich meine zeitweiligen Hilfsabteilungen und die geborgten Hunde zurück und zog mit einer Abteilung von sieben Mann, darunter fünf Eingeborene, weiter. Am 28. April erreichten wir Fort Conger.

siehe Bildunterschrift

Eskimohäuser bei Kookan.

Nachdem unsere Ausrüstung trocken geworden und die Schlitten ausgebessert waren, brach ich am 4. Mai auf, um eine Rekognoszierung der Nordwestküste Grönlands vorzunehmen. Infolge schlechten Wetters war mein Abmarsch um zwei Tage verzögert worden. Wir folgten dem sehr beschwerlichen Eisfuß bis an die St. Patricks-Bai und fanden sie voll von aufgebrochenem Packeis, das mit beinahe knietiefem Schnee bedeckt war. Vom Gipfel des Kap Murchison aus konnten wir trotz unsres guten Fernglases keine passierbare Route ausfindig machen. Am folgenden Tag sandte ich zwei Leute mit leeren Schlitten und einer starken Bespannung von Hunden nach Kap Beechy, um vom Gipfel dieses Berges aus Umschau zu halten. Ihr Bericht klang entmutigend. Bis hinüber nach der Küste von Grönland und nach beiden Seiten so weit das Fernglas reichte, war der Kanal mit aufgetürmten Schollenstücken angefüllt, die nirgends von jungem Eis oder großen Schollen unterbrochen wurden. Überall lag tiefer Schnee.

Für mich in meiner jetzigen Verfassung, der ich wie eine tote Last auf dem Schlitten lag, war ein solches Gebiet unpassierbar, das sah ich wohl ein. Wäre ich gesund gewesen und hätte ich meinen gewöhnlichen Platz an der Spitze der Schlitten einnehmen und ihnen auf Schneeschuhen Bahn machen können, so wäre es eine ganz andere Sache gewesen. Doch eine Möglichkeit blieb mir noch, vielleicht würden wir bei Kap Lieber einen Übergang nach der Grönlandseite ausfindig machen können.

Bei meiner Rückkehr nach Fort Conger sandte ich Henson und einen Eskimo sofort aus, um dies zu untersuchen, und schickte bald darauf zwei Leute nach der Moschusochsen-Bai, die nach Moschusochsen suchen sollten. Zwei Tage später kehrten sie mit der Meldung zurück, sie hätten sechzehn Moschusochsen erlegt. Henson kam am selben Tag nach Fort Conger und berichtete, die Verhältnisse im Kanal wären bei Kap Lieber und Kap Cracroft genau dieselben wie bei Kap Beechy und Kap Murchison, und es wäre ihnen nicht gelungen, sich durchzuarbeiten. Ich gab jetzt den Ausflug nach Grönland auf, und vielleicht tat ich gut daran. Denn die noch nicht geheilte Stelle an meinem rechten Fuß fing an aufzugehen und es hatte den Anschein, als wäre die harte Behandlung ihr schädlich. Sobald man die Felle und das Fleisch der Moschusochsen ins Quartier gebracht, brach die ganze Abteilung mit Ausnahme von mir selbst und einem Eskimo, nach dem Bellow- und Black Rock-Dale auf, um weitere Moschusochsen zu bekommen. Sie erlegten noch zwölf Tiere und brachten das Fleisch und die Felle nach Fort Conger.

Da ich es nicht für wünschenswert hielt, noch mehr Moschusochsen zu töten, und da es uns unmöglich war, nach Norden vorzudringen, sorgte ich dafür, daß die Felle und das Fleisch der schon erlegten Tiere in Sicherheit gebracht wurden. Dann suchte ich die Berichte und Papiere der Lady Franklin-Bai-Expedition der Vereinigten Staaten zusammen. Die Sachen und Vorräte, die dableiben sollten, brachte ich so gut es ging unter, und suchte überhaupt auf alle Weise das Haus für die Zwecke meiner Expedition bequem zu machen.

Am 23. traten wir den Rückweg zum Schiff an und nahmen nur die wissenschaftlichen Berichte der Expedition, die privaten Papiere der Mitglieder und die notwendigen Vorräte mit uns. Ich war immer noch genötigt, die ganze Zeit zu fahren. Das jetzt vorhandene reichliche Licht und andauernde ruhige Wetter brachten es mit sich, daß die Kräfte der Hunde bis aufs Äußerste angespannt wurden und die Rückfahrt zum Schiff, bei dem wir am 29. Mai ankamen, dauerte nur sechs Tage.

In meiner Abwesenheit hatte Kapitän Bartlett nach Plänen, die ich ihm gab bei Kap d'Urville ein bequemes Haus aus Vorratskisten gebaut, das ein doppeltes Dach aus Segeltuch hatte und mit Sand eingedämmt war.

Am 1. Juni sandte ich eine Schlittenladung mit Vorräten nach Kap Louis Napoleon und vier Ladungen nach Kap Norton Shaw. Am 6. Juni wurden drei Ladungen nach der Carl Ritter-Bai und zwei nach Kap Lawrence geschickt. Am 23. kehrten die letzten dieser Schlitten nach der »Windward« zurück, und damit war die Kampagne nach Norden für dies Jahr zu Ende. Die Rückfahrt von der Carl Ritter-Bai war verzögert worden, denn auf dem Eisfuß und auf dem Meereis der Baien befand sich eine große Menge Wasser und dadurch waren die Füße der Hunde wund geworden.

Am 28. hatten sich so viele Hunde von den Anstrengungen erholt, daß ich zwei Gespanne zusammenbringen konnte. Mit diesen Gespannen und einem Boot sandte ich Henson und vier Eingeborene direkt nach Etah, um mit dem Entsatzschiff gleich nach seiner Ankunft in Verbindung zu treten. Auf diese Weise würde das Schiff, auch für den Fall, daß die »Windward« erst spät aus dem Eis loskäme, nicht unnütze Seit verlieren.

Am 29. Juni machte ich mich mit zwei Schlitten und drei Eingeborenen auf, um die Vermessung der Prinzeß Marie- und der Buchanan-Bai zu vollenden und von dem Innern der Prinzeß Marie-Bai aus eine Rekognoszierungstour nach Westen zu unternehmen. Meine Füße, die ich seit meiner Rückkehr von Fort Conger gepflegt hatte, waren jetzt in guter Verfassung; nur eine ganz kleine Stelle am rechten Fuß war noch nicht zugeheilt. Wir marschierten und arbeiteten in der Nacht und schliefen am Tag, und so gelangten wir nach der Prinzeß Marie-Bai, kreuzten die schmale Landenge der Bache-Halbinsel und lagerten am Morgen des 4. Juli im Inneren des nördlichen Armes der Buchanan-Bai. Kaum war das Zelt aufgeschlagen, da erblickten wir einen Bären draußen in der Bai. Wir machten uns sofort daran, ihn zu verfolgen und hatten ihn in kurzer Zeit erlegt. Es war ein schönes, großes Exemplar.

Während ich dem Bären nachjagte, bemerkte ich einige Meilen weit im Inneren des Tals eine Herde Moschusochsen, denen, nachdem der Bär in das Lager gebracht und abgehäutet worden war und wir uns einige Stunden Schlaf gegönnt hatten, nachgestellt wurde. Unter den erlegten acht befanden sich zwei schöne Bullen, zwei lebende Kälber gingen freiwillig mit zum Lager. Die nächsten drei Tage verwandten wir dazu, das Fleisch ins Lager zu schaffen. Dann begaben wir uns nach dem südlichen Am der Buchanan-Bai, wo noch ein Moschusochse gejagt wurde, und kehrten dann wieder in die Prinzeß Marie-Bai zurück, um am Morgen des 14. an dem Gletscher, der im Inneren der Sawyer-Bai herabkommt, Halt zu machen.

Während der nächsten sechs Tage bestieg ich den Gletscher, überschritt die Eisdecke bis an ihre westliche Grenze und schaute von verschiedenen Höhen, die zwischen 4000 und 4700 Fuß schwankten, auf die schneefreie westliche Seite des Ellesmere-Landes und den eisfreien Fjord herab, der sich ungefähr fünfzig Meilen weit nach Nordwesten erstreckt. Die Jahreszeit war hier wenigstens um einen Monat weiter als auf der Ostseite, und der ganze Charakter des Landes erinnerte mich an die Gegend des Whale-Sundes in Grönland. An einem Tage war das Wetter eine Zeitlang so klar, daß ich eine Reihe Winkelmessungen vornehmen konnte, dann setzten wieder Nebel, Regen und Schnee ein. Mit Hilfe des Kompasses fand ich mich nach dem Gletscher zurück und wieder hinunter und lagerte am 21. an meinem Lagerplatz vom 15.

Der Rückmarsch von hier nach dem Schiff machte Schwierigkeiten, weil das Eis vom letzten Winter unsicher war und sich tiefe Tümpel und Wasserkanäle auf der Oberfläche der alten Schollen fanden. Dies stellte uns vor die Wahl, entweder endlose Umwege zu machen oder durch bis an die Hüfte reichendes Wasser zu waten. Sieben Tage lang waren Kleidung, Zelt, Nachtausrüstung und Nahrung ständig durchnäßt. Am 28. Juli erreichten wir die »Windward«.

Trotz der Unbequemlichkeiten und Widerwärtigkeiten auf diesem Ausflug, die eine Folge der späten Jahreszeit waren, fühlte ich mich durch den Erfolg belohnt. Erstens hatte ich die zur Herstellung einer Karte der Prinzeß Marie- und Buchanan-Bai-Gegend erforderlichen Aufzeichnungen vervollständigt und ferner die Eisdecke von Ellesmere-Land glücklich überschritten und seine westliche Küste erblickt. Die Jagdbeute dieses Ausflugs bestand in einem Eisbären, sieben Moschusochsen, drei Oogsook Bärtiger Seehund. und vierzehn gewöhnlichen Seehunden.

Als ich zur »Windward« zurückkehrte, befand sie sich auf der östlichen Seite der Franklin-Pierce-Lai. Eine Abteilung war vor zwei Tagen mit Hunden, einem Schlitten und einem Boot aufgebrochen, um den Versuch zu machen, mich zu treffen und mich mit Proviant zu versorgen. Drei Tage vergingen, bis wir uns mit ihnen in Verbindung setzen konnten und sie und ihre Ausrüstung wieder an Bord hatten. Darauf fuhr die »Windward« in ihr Winterquartier bei Kap d'Urville zurück, nahm die Hunde an Bord, und am Morgen des 2. August trat sie die Reise nach Etah an.

Während der nächsten fünf Tage legten wir ungefähr zwölf Meilen zurück. Dann preßte ein südlicher Wind das Eis zusammen und trieb uns nordwärts bis auf die Höhe unsres Ausgangspunktes. Am Dienstagmorgen, dem 8., machten wir einen neuen Anlauf, und da das Eis allmählich lockerer wurde, setzten wir unsere Fahrt fort und gelangten etwas südlich von Kap Albert in offenes Wasser. Um 10 Uhr abends kamen wir nach Kap Sabine.

Bei Kap Sabine legte ich ein Depot an, und dann fuhren wir nach Etah hinüber, das wir am 9. um 5 Uhr morgens erreichten. hier fanden wir Post vor und erfuhren, daß die »Diana«, die der Klub heraufgesandt hatte, um mit mir in Verbindung zu treten, auf die Walroßjagd ausgefahren sei. Am 12. August kehrte die »Diana« zurück und ich hatte das große Vergnügen, Sekretär Bridgman, dem Leiter der Klubexpedition, die Hand zu drücken.

Es war für uns alle ein Jahr harter und anhaltender Arbeit gewesen. In dieser Zeit hatte ich Material für eine authentische Karte der Gegend der Buchanan-Bai, der Bache-Halbinsel und der Prinzeß Marie-Bai gewonnen. Ich hatte die Eisdecke von Ellesmere-Land bis zur Westseite dieses Landes überschritten und eine fortlaufende Linie von Depots zwischen Kap Sabine und Fort Conger angelegt, die einige vierzehn Tonnen Vorräte enthielten. Dann hatte ich die Originalberichte und privaten Aufzeichnungen der Greely-Expedition an mich genommen, Fort Conger als eine Basis für zukünftige Unternehmen ausgestattet und mich und meine Leute mit der ganzen Gegend bis hinauf nach Kap Beechy vertraut gemacht.

Mit Ausnahme des Depots bei Kap d'Urville waren alle Vorräte, zugleich mit dem Proviant für den täglichen Bedarf und dem Hundefutter, ein gehöriger Posten, auf Schlitten transportiert worden.

So entmutigend auch das meinen Füßen zugestoßene Unglück sein mochte, so war ich doch seit meinem Versuch, die Nordwestküste von Grönland von Fort Conger aus im Mai zu erreichen, davon überzeugt, daß in diesem Jahr äußerst ungünstige Eisverhältnisse im Horden von Kap Beechy herrschten. Und ich zweifle daran, ob ich, auch wenn das Unglück nicht passiert wäre, es bei meiner Ankunft an Kap Hecla ratsam gefunden hätte, das letzte Stück der Reise zu wagen.

Zu dem Entschluß, nicht den Versuch zu machen, in Fort Conger zu überwintern, war ich nach reiflicher Überlegung gekommen. Zwei Punkte waren dabei für mich maßgebend: Erstens die Unsicherheit, die Hunde durch den Winter zu bringen, und zweitens die verhältnismäßige Leichtigkeit, mit der die Strecke zwischen Etah und Fort Conger mit leichten Schlitten zurückgelegt werden kann.

Nach dem Rendezvous mit der »Diana« ging ich an Bord dieses Schiffes und suchte alle Niederlassungen der Eingeborenen auf, um mich mit Fellen und Kleiderstoffen und Schlittenausrüstung zu versehen und meine Hundegespanne zu ergänzen.

Die »Windward« wurde, von der »Diana« unterstützt, während meiner Abwesenheit auf die Walroßjagd geschickt. Am 25. August trat die »Windward« die Heimreise an, und am 28. folgte ihr die »Diana«, nachdem sie mich mit meinen Leuten, meiner Ausrüstung und meinen neuen Vorräten in Etah an Land gesetzt hatte.

Die »Diana« schien das ganze gute Wetter gesammelt und mit sich genommen zu haben, und ließ uns eine fast ununterbrochene Folge von Wolken, Wind, Nebel und Schnee zurück, die wochenlang anhielt.

Nach ihrer Abreise gliederte sich die vor mir liegende Arbeit folgendermaßen: Die Vorräte mußten in Sicherheit gebracht und unser Winterquartier erbaut werden. Dann mußten wir damit anfangen, Schlitten herzustellen und Walroßfleisch zu Hundepemmikan für die Frühlingskampagne zu mahlen.

Im ersten Monat wurde eine Anzahl Walrosse in der Einfahrt des Fjords von den Booten aus erlegt. Dann brach der übliche arktische Winter für uns herein, dessen Eintönigkeit nur durch Besuche der Eingeborenen, gelegentliche Renntierjagden und im Dezember durch eine Schlittenreise nach den Eskimoniederlassungen im Whale-Sund bis nach Kangerdlookfoah unterbrochen wurde. Auf diesem neuntägigen Ausflug legten wir etwa 240 Meilen in sechs Tagemärschen zurück, auf dem ersten und letzten 60 bis 70 Meilen. Ich kam gerade rechtzeitig nach Etah zurück, um einem schweren Schneesturm zu entgehen, der jede Verbindung zwischen Etah und den anderen Eskimoniederlassungen vollständig abbrach, bis ich Leute auf Schneeschuhen mit einem besonders konstruierten Schlitten, der keine Ladung hatte und mit einem doppelten Gespann versehen war, aussandte, um Bahn zu machen.

In meiner Abwesenheit waren einige der Eskimos nach Steins Platz bei Kap Sabine hinübergegangen, und am 9. Januar fing ich die Arbeit des Jahres damit an, daß ich einige Schlittenladungen mit Hundefutter für die Frühjahrkampagne nach Kap Sabine schickte. Von dieser Zeit an wurden, so oft das offene Wasser im Smith-Sund es zuließ, weitere Ladungen von Hundefutter nach Kap Sabine gebracht, und als das Tageslicht allmählich zunahm, befanden sich einige meiner Eskimos ständig an der Sonntagbai, einige zwanzig Meilen weiter südlich und spähten nach Walrossen aus.

Mein Programm für die Frühjahrsexpedition war, drei Abteilungen von Schlitten nach Fort Conger vorrücken zu lassen. Die erste von diesen sollte unter Hensons Leitung stehen, während ich mit der dritten den Nachtrab bildete. Von Fort Conger wollte ich eine Anzahl Eskimos zurückschicken, einige in Conger lassen, und mit dem Rest je nach den Umständen von Kap Hecla oder der Nordspitze Grönlands aus nach Norden vordringen.

Ich hatte beabsichtigt, die erste Abteilung am 15. Februar abzuschicken, die zweite eine Woche später, und selbst am 1. März mit der dritten aufzubrechen. Aber ein heftiger Sturm brach das Eis zwischen Etah und der Littleton-Insel auf, und infolgedessen verschob sich die Abfahrt der ersten Abteilung, die aus sieben Schlitten bestand, auf den 19.

Die zweite Abteilung, aus sechs Schlitten bestehend, trat am 26. die Fahrt an, und am 4. März verließ ich mit dem Nachtrab von neun Schlitten Etah. Drei Märsche längs des gewundenen südlichen Eisrandes brachten uns nach Kap Sabine. Hier wurden wir zwei Tage lang durch einen Nordwind mit schwerem Schneetreiben zurückgehalten. Nach drei weiteren Märschen bei einer Temperatur von -40° F. -40 °C erreichte ich das Haus bei Kap d'Urville. Hier erfuhr ich durch die Aufzeichnungen, daß die erste Abteilung eine Woche lang durch stürmisches Wetter hier Aufenthalt hatte, und die zweite erst zwei Tage vor meiner Ankunft das Haus verlassen habe. Kaum angelangt, kamen zwei von Hensons Eskimos von der Richardson-Bai zurück, wo der eine unter einen Schlitten geraten war und sein Bein ernstlich verletzt hatte. Bei Kap d'Urville verbrachten wir einen Tag damit, unsere Kleider zu trocknen, und am 13. folgte ich mit sieben Schlitten den Spuren der andern Abteilungen, während der verletzte Mann mit der Hilfsabteilung nach Kap Sabine zurückkehrte.

siehe Bildunterschrift

Kap Jork 76º n. Br. (Nordgrenze der Melville-Bai und südlichste Ansiedlung der Whale-Sund-Eskimos.)

Ich hoffte Kap Louis Napoleon auf diesem Marsch zu erreichen, aber die Bahn war zu schlecht, und ich mußte ungefähr fünf Meilen vor dem Kap in der Dobbin-Bai lagern. Am nächsten Tag hoffte ich Kap Fraser zu streichen, wurde aber wieder enttäuscht. Ein schwerer Sturm zwang mich, etwas südlich von Hayes Point Halt zu machen und schleunigst mitten in einem wütenden Schneetreiben Schnee-Igloos zu bauen. Einen Tag und zwei Nächte hielt der Sturm an. Am 16. brachen wir früh auf und drangen bei ruhigem, aber sehr trübem Wetter nach Kap Fraser vor. Hier bekamen wir Wind und Schnee gerade ins Gesicht und zwar so heftig, daß das Vorwärtskommen von hier über den Eisfuß nach Kap Norton Shaw sehr anstrengend war.

Der Weg von dort über die Scoresby- und Richardson-Baien war nicht schlechter als im vorigen Jahr, und von Kap Wilkes nach Kap Lawrence so wie immer. Beide Märsche wurden bei klarem, aber sehr windigem Wetter zurückgelegt.

Bei Kap Lawrence hielt uns ein heftiger Südwind wieder einen Tag gefangen. Am 20. war das Wetter ebenso schlecht, der Wind wehte mit unverminderter Heftigkeit, aber die Futterfrage für meine Hunde ließ mir keine Wahl: ich mußte weiter. Nach vier Stunden waren wir gezwungen, um Schutz zu finden, uns in eine Schneewehe einzugraben und bis zum nächsten Morgen zu bleiben.

In drei weiteren Märschen erreichten wir Kap Leopold von Buch. Zwei weitere Tagemärsche bei gutem Wetter brachten uns nach einem Punkt einige Meilen nördlich von Kap Defosse. Hier wurden wir von neuem durch einen wütenden Schneesturm aufgehalten und zwei Nächte und einen Tag gefangen gesetzt.

Als wir am Morgen des 27. wieder aufbrachen, wehte der Wind noch bitterkalt von vorn, und der Eisfuß wurde schlimmer und schlimmer, bis wir bei Kap Cracroft in die schmale Gezeitenspalte an der Basis des Eisfußes hinuntergedrängt wurden. Dieser sehr schmale, gewundene und häufig zerklüftete Weg wurde für Mann und Schlitten äußerst anstrengend. Auf diesem Marsch erreichten wir Kap Lieber. Dort wehte die ganze Nacht ein wütender Wind, dessen Ende ich abwarten wollte, ehe ich den Versuch machte, die Lady Franklin-Bai zu kreuzen. Inzwischen kamen einige Eskimos der ersten und zweiten Abteilung zurück. Sie brachten die sehr willkommene Nachricht mit, es seien einundzwanzig Moschusochsen in der Nähe von Conger erlegt worden. Sie berichteten auch, der Wind wäre draußen in der Bai weniger heftig als am Kap.

Ich brach sofort auf und erreichte Fort Conger am 28. noch gerade vor Mitternacht. Wir hatten vierundzwanzig Tage von Etah gebraucht, an sechs davon hielten Stürme uns auf.

Die erste Abteilung war vier Tage und die zweite zwei Tage früher angekommen. Auf dieser Reise gingen wieder einige Schlitten in Stücke und unangenehme Verzögerungen entstanden dadurch, auch der Verlust einer großen Anzahl Hunde war leider zu verzeichnen.

Der Prozeß des Eingewöhnens der Sehnen und Muskeln meiner Füße in ihre neue Lage und das Festwerden der Amputationsnarben war bei dieser ersten wirklichen Anstrengung unangenehm gewesen, war aber, wie ich meinte, vollendet. Ich fühlte, daß ich keinen Grund hatte, mich zu beklagen.

Die Moschusochsenherde, die uns so gelegen in der Nähe der Station in die Hände fiel, und das Fleisch, das wir im vorigen Frühjahr hier zurückgelassen hatten, ermöglichten es mir, meine Hunde zu füttern und ausruhen zu lassen. Auf die Ankunft in Fort Conger folgte eine Periode trüben Wetters, und erst am 2. April konnte ich die Eskimos meiner Abteilung zurückschicken.

siehe Bildunterschrift

Hulda, ein Eskimomädchen aus Nain in Labrador.

Beim Verlassen von Etah hatte ich mich noch nicht entschlossen, ob ich von Conger via Hecla nach Norden ziehen oder den Weg längs der Nordwestküste Grönlands wählen sollte. Jetzt entschied ich mich für den letzteren. Die späte Jahreszeit und die Verfassung der Hunde sprachen gegen eine sehr lange Reise, und wenn ich die Heclaroute wählte und mein eigentliches Ziel nicht erreichte, so würde die Expedition vollständig mißglückt sein. Wenn ich dagegen die Grönlandroute einschlug und es sich als unmöglich herausstellen sollte, über das Packeis nach Norden zu ziehen, so würde ich noch eine unbekannte Küste zu erforschen und eine wertvolle Aufgabe zu erfüllen haben. Die späteren Ereignisse bewiesen, daß mein Entschluß der richtige war.

Ich beabsichtigte am 9. April von Fort Conger auszubrechen, aber infolge stürmischen Wetters konnte ich erst am 11. mit sieben Schlittert die Reise antreten.

In unserm ersten Lager nach Fort Conger wurde mein bester Eskimo krank, und am nächsten Tag brachte ich ihn nach Conger zurück. Die übrigen sollten unterdessen den Kanal bis nach der Küste von Grönland überschreiten, wo ich sie einholen wollte. Das tat ich auch zwei oder drei Tage später, und wir begannen unsern Marsch längs der Nordwestküste von Grönland. Bis nach Kap Sumner mußten wir uns fast beständig den Weg durch sehr holperiges Eis bahnen. Bevor wir dieses erreichten, sahen wir jenseits von Kap Brevoort eine dunkle Wasserwolke liegen und ersahen daraus, daß wir dort offenes Wasser finden würden.

Von Kap Sumner bis nach Polaris Boat Camp in der Newman-Bai mußten wir uns die ganze Zeit eine Straße bahnen. Hier wurden wir bis zum 21. durch ununterbrochene heftige Winde zurückgehalten, doch machten wir uns wieder auf, als sich der Sturm merklich gelegt hatte, und kamen bis an das offene Wasser, einige Meilen östlich von Kap Brevoort, wo wir lagerten. Dieses offene Wasser, das an der Küste von Grönland etwa drei Meilen breit war, erstreckte sich über den Eingang des Robeson-Kanals bis an die Küste von Grinnell-Land, wo es wieder von der Lincoln-Bai bis nach Kap Rawson reichte. Jenseits davon waren, soweit man nach Norden und Nordwesten sehen konnte, zahlreiche Wasserstraßen und Tümpel. Der nächste Tag wurde dazu verwandt, eine Bahn längs des Eisfußes bis nach dem Repulse-Hafen herzustellen, und am 23. drangen wir bei heftigem Wind, der Schneetreiben mit sich brachte, bis nach dem »Drift Point« von Beaumont (und später Lockwood) vor, der etwas westlich der Black-Horn-Klippen gelegen ist.

Trotz der am Tage vorher gemachten Bahn war der Eisfuß bis nach dem Repulse-Hafen für Schlitten, Hunde und Leute sehr anstrengend. Die glatten Seitenabhänge und die steilen Anstiege und jähen Abhänge ließen die Leute straucheln und sich abquälen und die Schlitten umfallen, entzweigehen und ihre Kufenbeschläge verlieren.

Ich war nicht überrascht vom »Drift-Point«-Igloo aus zu sehen, daß vor den Black-Horn-Klippen offenes Wasser lag. Dos Packeis befand sich hier in Bewegung und hatte erst vor kurzem gegen den Eisfuß, auf dem unser Igloo stand, gepreßt. Ich glaubte, ich hätte meine Füße auf dem Marsch von Etah nach Conger einigermaßen eingelaufen. Aber nachdem ich den ganzen Tag meinen Schlitten über den Eisfuß bugsierte, bekam ich das Gefühl, als hätten sie nie vorher eine wirkliche Arbeit zu leisten gehabt. Am 24. zwang uns ein heftiger Schneesturm zur Untätigkeit. Am nächsten Tag unternahm ich eine Rekognoszierungstour nach den Klippen, und am übernächsten machte sich die ganze Gesellschaft ans Werk, um eine Bahn längs des Eisfußes auszuhauen. In der Nacht fiel die Temperatur auf -25° F. -31,7 °C und überzog das Wasser mit einer Decke von jungem Eis. Am Tag darauf drangen wir bis dicht an die Klippen vor, und dann untersuchte ich mit drei Eskimos das junge Eis. Ich fand, daß es uns an den meisten Stellen trug, wenn wir die äußerste Vorsicht gebrauchten. Der erfahrene Ahsayoo ging an der Spitze, fortwährend das Eis mit seiner Seehundsharpune prüfend, dann kam ich selbst, und hinter mir zwei Eskimos. Wir alle setzten die Füße weit voneinander, und stetig vorwärtsgleitend, gelangten wir an den Klippen vorbei. Bei unsrer Rückkehr entfernten wir mit den Füßen die dünne Schicht von neugefallenem Schnee vom Eis und legten auf diese Weise einen ungefähr vier Fuß breiten Streifen frei, um der Kälte Zutritt zu verschaffen.

Ich zitiere aus meinem Tagebuch vom 27.:

Endlich haben wir die Barriere überwunden, die die letzten zehn Tage vor uns gelegen hat – das offene Wasser bei den Black-Horn-Klippen. Ich habe zwei meiner Leute, deren Nerven den Anblick vor uns nicht ertragen konnten, nach Conger zurückgeschickt. Jetzt bin ich mit Henson und drei Eskimos allein. Meine Vorräte können eben noch von den übrigen Schlitten fortgeschafft werden. Das junge Eis vor den Klippen war durch die anhaltende niedrige Temperatur der letzten Nacht fester geworden und ließ sich ohne Gefahr überschreiten, wenn die Schlitten nur etwa hundert Fuß voneinander entfernt fuhren, nicht stehen blieben und ihre Führer sich einige Yards zur Seite hielten. Jenseits meines gestrigen Rekognoszierungsgebietes fanden sich Flächen von viel jüngerem Eis, die zu ernsten Befürchtungen Anlaß gaben. Das Eis bog sich unter den Hunden und Schlitten in geradezu beunruhigender Weise, und die Bewegung des angrenzenden Packeises hatte es teils zusammengeschoben, teils schmale Spalten in ihm geöffnet. Endlich erreichten wir zu meiner Erleichterung den Eisfuß hinter den Klippen und lagerten.

Am nächsten Tag zog sich über den Eisfuß bei unserm Lager eine zusammenhängende Wasserstraße von hundert Fuß Breite hin und vor den Klippen war wieder offenes Wasser. Wir waren gerade zur rechten Zeit herübergekommen.

Um nach Kap Stanton zu gelangen, mußten wir auf dem Eisfuß eine zusammenhängende Straße aushauen. Dann ging es besser bis nach Kap Bryant. An diesem Küstenstrich war das Packeis in ständiger Bewegung, und auf dem Eisfuß zog sich eine fast zusammenhängende Wasserstraße hin. Nach langem Suchen fanden wir endlich bei Kap Bryant die Überreste von Lockwoods Depot und Pyramide von Bären zerstört vor.

Drei Märsche, meist bei trübem Wetter und abwechselnd über blaues Hügeleis und tiefe Schneefelder, brachten uns am 4. Mai um 1 Uhr nachts nach Kap North, dem nördlichen Ende der Britannia-Insel. Von hier sandte ich, nachdem wir ausgeruht hatten, wieder zwei Eskimos mit den zwölf elendesten Hunden zurück. Ich selbst blieb mit Henson, einem Eskimo, drei Schlitten und sechzehn Hunden zurück, um unentwegt weiter vorwärtszudringen.

Von Kap North bot uns ein Streifen jungen Eises auf der sogenannten Gezeitenspalte, die sich längs dieser Küste hinzieht, eine gute Gelegenheit, beinahe quer über den Nordenskjöld-Inlet zu kommen. Dann wurde das Eis unsicher, und wir mußten über eine schwere Eisgeröllbarriere klettern, um auf das alte Scholleneis im Innern zu gelangen. Auf diesem blieben wir bis nach Kap Benêt, wo wir lagerten. Hier wurden wir wieder von einem Schneesturm überrascht.

Ein neuer Streifen jungen Eises brachte uns beinahe quer über den Mascart-Inlet, aber unterhalb Kap Paner war das Eis so aufgebrochen, daß zwei Schlitten und fast alle Hunde ins Wasser fielen, ehe es verhindert werden konnte. Schneemassen, in denen wir bis übers Knie und bis zur Hüfte einsanken, und die über zerklüftetem Eis lagen, hielten uns am Fuß des Kaps auf. Ich schlug das Zelt auf, machte die Hunde fest, und wir verwandten den Rest des Tages dazu, mit unsern Schneeschuhen einen Weg durch den Schnee zu stampfen. Trotzdem mußte ich beim Aufbruch am nächsten Tag vor jeden Schlitten zwei Gespanne schirren, um sie vorwärts zu bringen.

siehe Bildunterschrift

Hopedale. Herrnhuter Missionsstation an der Küste von Labrador.

Kap Payer war eine harte Aufgabe. Auf der ersten Hälfte unseres Weges um das Kap mußten wir eine Straße hauen, und auf der zweiten zwölf Hunde und drei Männer jeden Schlitten wie einen Schneepflug durch den tiefen Schnee stoßen und pressen.

Distant-Kap war Beinahe ebenso unwirtlich, und es gelang uns nur nach langer und sorgfältiger Rekognoszierung unsere Schlitten auf dem schmalen Kamm des gewaltigen Eiswalles, der an den Felsen heraufgepreßt war, an dem Kap vorbeizubringen. Dann hatten wir einigermaßen gute Bahn, vorbei an Kap Ramsay, Dome-Kap, und durch den Meigs-Fjord bis nach der Mary-Murry-Insel. Dann kam eine Zeitlang schwere Bahn, und am 8. Mai um 11.40 abends erreichten wir Lockwoods Pyramide am Nordende der Lockwood-Insel. Dieser Pyramide entnahm ich den sehr gut erhaltenen Bericht und das Thermometer, die Lockwood hier vor achtzehn Jahren zurückgelassen hatte.

Von dort brachte uns ein Marsch nach Kap Washington. Gerade um Mitternacht erreichten wir das niedrige Vorgebirge, das von der Lockwood-Insel sichtbar ist, und meine Freude war groß, als ich um dieses Vorgebirge herumkam und auf der andern Seite einer dazwischenliegenden Bucht eine schöne Landspitze mit zwei herrlichen Gletschern erblickte, die hier herabfielen. Ich wußte jetzt, daß Kap Washington nicht der nördlichste Punkt von Grönland war, wie ich gefürchtet hatte. Nachdem ich so weit vordrang, wäre es eine große Enttäuschung für mich gewesen, wenn eines andern Augen den meinen zuvorgekommen wären und den ersehnten nördlichsten Punkt erschaut hätten.

Hier ging meine ganze Schlafenszeit mit astronomischen Beobachtungen und Winkelmessungen drauf. Das Eis im Norden von Kap Washington war fürchterlich und gänzlich unpassierbar. Von Kap Washington aufbrechend, zogen wir quer über die Mündung des Fjords, der mit blaugipfeligen, flachgründigen Eisbergen angefüllt war, und kamen an den westlichen Rand des einen gewaltigen Gletschers. Dann überschritten wir das äußerste Ende desselben und lagerten in der Nähe des andern, hier befanden wir uns an der Geburtsstätte der flachgründigen Eisberge, die auf allen verschiedenen Entwicklungsstufen zu sehen waren. Diese Eisberge sind nichts anderes als Eisberge in verkleinertem Maßstab, das heißt, es sind solche von geringer Höhe, die sich von dem äußersten Ende eines Gletschers, der sich ein Stück weit auf einigermaßen ebenem und seichtem Meeresboden vorgeschoben hat, losgelöst haben.

Von diesem Lager aus überschritten wir den zweiten Gletscher und dann einen kleinen Fjord, wo wir einen Eisbären erlegten.

Es war mir jetzt nicht zweifelhaft, daß wir dem nördlichsten Punkte des Landes sehr nahe waren, und als wir des nächsten Vorgebirges vor uns ansichtig wurden, fühlte ich, daß meine Augen endlich auf dem arktischen Ultima Thule (Kap Morris K. Jesup) ruhten. Das Land vor uns schien mir auch die Charakteristika einer Moschusochsengegend auszuweisen.

siehe Bildunterschrift

Das Einhängen des neuen Ruders in Hopedale.

Wir erreichten dieses Vorgebirge auf dem nächsten Marsch, und ich machte Halt, um die magnetische Abweichung und die Breite zu bestimmen. Mein Eskimo schoß hier einen Hasen, auch sahen wir eine Wolfsfährte und Spuren von Moschusochsen. Von einer hundert Fuß hohen Erhebung aus untersuchten wir das Packeis im Norden sorgfältig mit den Ferngläsern. Das Eis machte hier einen weniger unpassierbaren Eindruck als im Norden von Kap Washington, auch Wolken, die wie Wasserwolken aussahen, waren deutlich am Horizont sichtbar. Diese Wasserwolken bemerkte man, seit wir Kap Washington verließen, die ganze Zeit, und einmal nahmen sie solche Formen an, daß ich beinahe dazu verleitet wurde, sie für Land zu halten. Fortgesetzte sorgfältige Beobachtungen machten diese Täuschung zunichte. Als ich meine Messungen beendet hatte, traten wir den Marsch nordwärts über das Packeis an und lagerten einige Meilen vom Land entfernt.

siehe Bildunterschrift

Zersägen von Holz für die Feuerung auf der Fahrt längs der Küste von Labrador.

Die beiden nächsten Märsche wurden bei dichtem Nebel zurückgelegt. Wir tasteten uns nach Norden vorwärts über aufgebrochenes Eis und durch gigantische, wellenförmige Wehen von hartem Schnee. Dann kam ein Marsch bei klarem Wetter auf fürchterlicher Bahn, über Bruchstücke von alten Schollen, über Preßeis, das sich bis zu einer Höhe von fünfundzwanzig bis fünfzig Fuß auftürmte, über Spalten und Löcher, die mit Schnee überdeckt waren, und über schmale, offene Wasserrinnen, die das ganze Gebiet durchschnitten. Dieser Marsch brachte uns am 16. Mai um 5 Uhr morgens an den nördlichen Rand einer alten von Wasser begrenzten Scholle. Eine Untersuchung von der Höhe eines fünfzig Fuß hohen Gipfels der Scholle aus ergab, daß wir uns an der Grenze des unzusammenhängenden Packeises befanden und eine dichte Wasserwolke in unmittelbarer Nähe hatten.

Hier verwandte ich meine Schlafenszeit dazu, die Breite zu bestimmen und die östlich von Kap Washington gelegene Nordküste anzupeilen.

Am nächsten Tag kehrten wir wieder zum Land zurück, das wir nach einem einzigen langen Marsch erreichten.

Ungefähr eine Meile weit von unserm nächsten Lagerplatz stießen wir auf eine Herde von fünfzehn festschlafenden Moschusochsen. Ich ließ sie ungestört liegen. Auf den nächsten drei Märschen legten wir auf guter Bahn große Entfernungen zurück. Die ganze Seit war blendender Sonnenschein und ein Ostwind, der gerade von vorn kam, brannte auf unsern Gesichtern wie ein Schirokko.

Der erste Marsch brachte uns an das herrliche Kap Bridgman, bei dem die Nordküste des Landes nach Südosten abbiegt und das dieselbe Breite wie Kap Washington hat. Auf den nächsten beiden Märschen gelangten wir an der Ostküste bis auf den 83. Breitengrad herunter. Auf dem ersten Marsch überschritten wir die Mündung eines großen Fjordes, der in südwestlicher Richtung tief ins Land einschneidet, auf dem nächsten hatte ich durch den Nebel einen flüchtigen Blick auf einen herrlichen Berg mit eigenartigem Profil, den ich als den Gipfel erkannte, den ich im Jahre 1895 von der Höhe der inneren Eisdecke im Süden der Independence-Bai gesehen hatte und der sich so stolz über dem Land im Norden erhob. Diesen Berg habe ich damals Mt. Wistar genannt. Schließlich wurde der Nebel so dicht, daß wir an dem äußersten Ende eines niedrigen Vorgebirges halt machen mußten. Das Vorgebirge bestand ganz aus einer feinerdigen glacialen Aufschüttung und schien mir eine kleine, in der Mündung eines großen Fjordes gelegene Insel zu sein.

Von meinem letzten Lager aus hatte ich diese Insel bemerkt, und hinter und über ihr einen massiven Gebirgsstock, der das Kap auf der andern Seite des Fjords bildete. Dahinter zeigte sich in der Ferne ein drittes Kap. Wenige Meilen von der Küste war deutlich offenes Wasser zu sehen, und weiter draußen erstreckten sich dunkle Wasserwolken nach Südosten.

Hier blieb ich zwei Nächte und einen Tag, in der Erwartung, daß der Nebel sich verziehen sollte. Da er keine Miene machte, das zu tun, und meine Vorräte erschöpft waren, trat ich am 22. Mai 3.30 morgens die Rückreise an. Vorher errichtete ich ein Steinmal und legte folgenden Bericht darin nieder:

 

Bericht in der Steinpyramide auf Clarence Wyckoff Island.

Ankunft hier 20. Mai, 10.30 N., von Etah via Fort Conger über die Nordspitze von Grönland. Von Etah 4. März. Von Conger 15. April. Ankunft an der Nordspitze von Grönland 13. Mai. Am 16. Mai auf dem Packeis 83° 50' nördl. Breite erreicht.

Habe noch Rationen für einen weiteren Marsch nach Süden. Zwei Tage dichten Nebels haben mich hier zurückgehalten. Bin jetzt auf dem Rückweg.

Mit mir sind mein Diener Matthew Henson; Ahngmalokto, ein Eskimo; sechzehn Hunde und drei Schlitten.

Diese Expedition ist unter den Auspicien und mit den Mitteln des Peary Arctic Club in Neuyork ausgeführt worden.

Mitglieder dieses Clubs sind: Morris K. Jesup usw.

R. E. Peary, Civilingenieur.

Auf unserm Rückmarsch hatten wir, bis wir die Lockwood-Insel passierten, beinahe beständig Nebel. Aber da wir eine Fährte hatten, der wir folgen konnten, hielt er uns nicht so sehr auf, wie der mehrere Zoll tiefe Schnee, der bei einem Blizzard fiel, der vom Polarbecken kam und uns zwei Tage bei Kap Bridgman gefangenhielt.

Auf Kap Morris K. Jesup, der Nordspitze von Grönland, errichtete ich eine hohe Steinpyramide, in der ich folgenden Bericht niederlegte:

 

13. Mai 1900, 5 Uhr V.

Soeben von Etah via Fort Conger hier angekommen. Verließ Etah am 4. März, Conger am 15. April.

Mit mir sind mein Diener Henson, der Eskimo Ahngmalokto, sechzehn Hunde und drei Schlitten; alle in guter Verfassung. Trete heute den Marsch direkt nach Norden über das Packeis an. Schönes Wetter.

Ich mache diese Expedition unter den Auspicien und mit den Mitteln des Peary Arctic Club in Neuyork.

Mitglieder dieses Klubs sind: Morris K. Jesup usw.

R. E. Peary, Civilingenieur.

 

17. Mai.

Hierher zurückgekehrt. Gerade nördlich von hier eine Höhe von 83° 50' nördlicher Breite erreicht. Wurden durch sehr holpriges, von Wasserrinnen durchschnittenes Eis aufgehalten. Im Norden Wasserhimmel. Gehe jetzt an der Küste entlang nach Osten. Schönes Wetter.

 

26. Mai.

Bin wieder hierher zurückgekehrt, habe an der Ostküste ungefähr den 83. Breitengrad erreicht. In einer Entfernung von einigen Meilen zieht sich längs der ganzen Küste offenes Wasser hin. Weder im Norden noch Osten ist Land zu sehen. In den letzten sieben Tagen beständiger Nebel, Wind und Schnee. Jetzt starker Westwind und Schneefall. Temperatur 20° F. -6,7 °C Östlich von diesem Punkt sind zehn Moschusochsen erlegt worden. Beabsichtige morgen nach Conger aufzubrechen.

Bei Kap Washington deponierte ich eine Kopie von Lockwoods Bericht, den ich der Pyramide auf der Lockwoodinsel entnommen hatte, und fügte noch folgende Nachschrift hinzu:

 

29. Mai 1900.

Die Kopie des Berichtes, die J. B. Lockwood und D.L. Brainard am 16. Mai 1882 in der Pyramide auf der südlich von hier gelegenen Lockwood-Insel zurückgelassen haben, ist heute von mir in dieser Pyramide an dem höchsten Punkt, den sie erreichten, niedergelegt worden, als ein Zeichen der Dankbarkeit gegen zwei tapfere Männer, von denen der eine sein Leben der Polarforschung zum Opfer gebracht hat.

Auf einem der nächsten Märsche hob sich der Nebel für einige Minuten, und wir hatten einen herrlichen Blick auf die Berge der Nordküste. Sie sahen sehr düster und wild aus, wie sie von dem neugefallenen Schnee marmorweiß hinter dem niedrigen, drohenden Baldachin von bleifarbigen Wolken emporragten. Zwei Moschusochsenherden kamen uns vor Augen, die eine zählte fünfzehn, die andere achtzehn Stück; außerdem sahen wir noch ein paar einzelne Tiere, Wir erlegten vier Moschusochsen als Futter für die Hunde, und das Fell eines Ochsen, der weniger als eine Meile von dem nördlichsten Punkt entfernt geschossen worden war, nahmen wir als Trophäe für den Klub mit uns zurück.

Als wir endlich in der Nähe der Mary Murry-Insel aus dem Nebel herauskamen, ging unser Marsch rasch vonstatten, und wir erreichten von Kap Washington aus Kap North in vier Tagemärschen. Bei dem klaren Wetter sahen wir, daß sich wenige Meilen von der Küste entfernt offenes Wasser vom Domkap bis nach Kap Washington erstreckte und fanden auch beim schwarzen Kap (Black Cape) einen breiten Streifen offenes Wasser, der sich von der Küste nach Norden ausdehnte, überall an der Küste erkannte ich deutliche Spuren des heftigen Blizzard, der hier vor einigen Tagen gewütet hatte. Das Packeis des Polarbeckens war widerstandslos gegen die feste Küste getrieben und hatte sich am Außenrand des Eisfußes an jeder vorspringenden Spitze in Kaskaden von gewaltigen Blöcken bis zur Höhe der alten Preßeishügel emporgetürmt. An einigen Stellen hatten diese Berge von zertrümmertem Eis eine Höhe von hundert Fuß und darüber hinaus erreicht. An dem Außenrand des alten Eises hatte sich ein ungeheurer Preßeisrücken gebildet, und das Eis selbst war durch die heftige Pressung mit gewaltigen Spalten und Rissen durchsetzt worden. All das junge Eis, das uns auf unserm Hinmarsch so gute Dienste leistete, war in unzählige Stücke zertrümmert und in dem allgemeinen Chaos mit verschlungen worden.

Obgleich durch Nebel aufgehalten, legten wir, die Pausen abgerechnet, die Strecke von Kap North bis Kap Bryant in fünfundzwanzig und einer halben Stunde zurück. Am 16. Juni um 7 Uhr morgens lagerten wir am äußersten Ende des Eisfußes an der Ostseite der Black-Horn-Klippen. Von einem Punkt der etwa hundert Fuß hohen Uferterrasse aus sahen wir, daß das Gebiet vor den Klippen gänzlich von aufgebrochenem altem Eis angefüllt war, das durch den Druck des außenliegenden Packeises gegen die Küste gepreßt wurde. Dies verhieß im besten Fall einen äußerst schwierigen Übergang, und außerdem mußten wir damit rechnen, daß, sobald die Pressung aufhörte, das Eis sich davonmachen würde.

Wir hatten am nächsten Tag ungefähr den dritten Teil des Überganges hinter uns, als das Eis anfing, sich zu spalten. Es gelang uns erst nach einem raschen und gefährlichen Marsch, bei dem wir von Scholle zu Scholle springen mußten, eine alte Scholle zu erreichen, auf der wir uns nach einer mehrstündigen Anstrengung bis an den Eisfuß an der Westseite der Klippen vorwärtsarbeiten konnten.

Von hier aus ging es wieder rasch weiter, und nach drei Märschen erreichten wir am 10. Juni um 1.30 morgens Conger, obgleich wir durch das offene Wasser zwischen dem Repulse-Hafen und Kap Brevoort, das sich jetzt bis südlich von Kap Sumner in den Robeson-Kanal hinein erstreckte, und durch das unsichere Eis unterhalb Kap Sumner sehr aufgehalten wurden. Ich kam an der Steinpyramide im Repulse-Hafen vorbei und nahm eine Abschrift von Beaumonts englischen Berichten mit, um sie dem Archiv des Klubs einzuverleiben. Die Geschichte der Polarforschung kennt kaum ein schöneres Beispiel von unerschrockenem Mut, Tapferkeit und Ausdauer unter den schwierigsten Umständen.

Auf dieser Expedition hatte ich die Nordgrenze des Archipels oder der Landgruppe im Norden von Grönland endgültig bestimmt und die Küste südwärts bis zur Independence-Bai erforscht, so daß nur der verhältnismäßig kleine Teil der Peripherie Grönlands, der zwischen der Independence-Bai und Kap Bismarck liegt, unbestimmt blieb. Das Fehlen von Land in einer ziemlich großen Entfernung nach Norden und Nordosten war auch ermittelt worden; und alles deutete darauf hin, daß die Küste, die wir entlang gefahren waren, das Ufer eines zusammenhängenden zentralen Polarmeeres war, das sich bis zum Pol und auf der andern Seite bis an die Ländergruppe von Spitzbergen und Franz Joseph-Land der entgegengesetzten Hemisphäre erstreckt.

Der Ursprung der flachgründigen Eisberge und des paläokrystischen Eises war mit Sicherheit festgestellt worden. Ein weiteres Resultat der Reise war, daß sich diese Route als ungeeignet und unzweckmäßig für ein Vordringen nach dem Pol erwiesen hatte. Die Unwegsamkeit des Eises, die große Menge von offenem Wasser und die verhältnismäßig rasche Bewegung des Eises, da wo es um die Nordküste herumbiegt und in die südlich gerichtete Strömung an der Ostküste Grönlands gerät, waren lauter ungünstige Faktoren.

In meiner Abwesenheit hatte man etwa dreiunddreißig Moschusochsen und zehn Seehunde in der Umgebung von Fort Conger erlegt. Ferner waren im Thank-God-Hafen, bei Kap Lieber und der Lincoln-Bai Depots für meine Rückreise angelegt und Zucker, Milch und Tee von den verschiedenen Niederlagen zwischen Conger und Kap Louis Napoleon dorthin geschafft worden.

Ein Teil der Mitglieder verbrachte den Juli in der Gegend westlich vom Discovery-Hafen im Black Rock Vale und am Hazen-See, wo sie an die vierzig Moschusochsen schossen.

Im August und Anfang September unternahmen wir noch eine Reihe Jagdausflüge von kürzerer Dauer, mit einem Erfolg von ungefähr zwanzig Moschusochsen.

 

1900–1901.

Mitte September brach ich mit Henson und vier Eskimos nach dem Hazen-See auf, um Moschusochsen für unsern Wintervorrat zu schießen, da es klar war, daß mein Schiff uns nicht erreichen würde. Wir gingen bis zum Tal des Very River nach Westen und hatten bis zum 4. Oktober zweiundneunzig Moschusochsen erlegt, später noch neun, so daß im ganzen hundertundein Tiere die Ausbeute der Herbstjagd bildeten.

Den größten Teil der Zeit von Anfang November bis zum 6. März verbrachten wir damit, in der Nähe des erlegten Wildes an verschiedenen Stellen der Route zwischen dem Discovery-Hafen und dem Ruggles River Igloos zu bauen.

Am 5. April trat ich mit Henson, einem Eskimo, zwei Schlitten und zwölf Hunden meinen Ausflug nach dem Norden an. Gleichzeitig brachen die übrigen Mitglieder der Expedition mit zwei Schlitten und sieben Hunden nach Süden nach Kap d'Urville und Kap Sabine auf, um Nachforschungen nach meinem Schiff anzustellen und eventuell mit ihm in Verbindung zu treten. Bei meiner Ankunft in der Lincoln-Bai waren Leute und Hunde in einer solchen Verfassung, daß ich den Gedanken, mit ihnen den Pol zu erreichen, aufgab und, wenn auch widerstrebend, umkehrte.

Nach achttägiger Abwesenheit nach Fort Conger zurückgekehrt, fand ich den Rest der Expedition dort noch vor. Sie waren nach vier Tagen zurückgekommen, nachdem von ihnen die Franklin-Bai zu einem Drittel überschritten worden war. Zum Glück hatte ein Eskimo in der Nacht, ehe ich zurückkam, oberhalb der St. Patricks-Bai mehrere Moschusochsen geschossen. Das ermöglichte mir meine Hunde zu füttern, bevor ich am 17. April mit allen Mitgliedern der Expedition nach Süden aufbrach.

Am 30. April stieß ich auf eine Abteilung von der »Windward«, die den Versuch machte, Fort Conger zu erreichen, erhielt meine Post und erfuhr, daß die »Windward« mit meiner Frau und unsrer kleinen Tochter an Bord im Payer-Hafen lag. Nach einer Rast im Kistenhaus Bei Kap d'Urville setzten wir den Marsch zur »Windward« fort und erreichten das Schiff am 6. Mai.

Nach einigen Tagen der Ruhe fingen wir an, neue Depots längs der Küste nordwärts bis Conger anzulegen und setzten diese Arbeit bis Mitte Juni fort. Dann gingen wir dazu über, unser Winterquartier im Payer-Hafen einzurichten, aber am 3. Juli kam die »Windward« aus dem Eis los, und wir fuhren nach der Grönlandseite hinüber. Der Juli war der Walroßjagd gewidmet. Hundertachtundzwanzig wurden erlegt und nach dem Payer-Hafen geschafft.

siehe Bildunterschrift

Ooblooyah (23jähriger Eskimo).

Am 4. August kam der »Erik«, der unter dem Oberbefehl des Sekretärs H.L. Bridgman vom Klub hierher gesandt war, um sich mit mir in Verbindung zu setzen, in Etah an. Wir machten die übliche Besuchsrunde bei den Niederlassungen der Eskimos. Dann betrieben beide Schiffe mit Eifer die Walroßjagd, bis die »Windward« am 24. August nach Süden fuhr, während der »Erik« mit mir, meinen Leuten und den erlegten Walrossen nach dem Payer-Hafen aufbrach.

Da eine Masse schweren Eises den Weg nach dem Payer-Hafen versperrte, ersuchte ich Sekretär Bridgman, mich mit meinen Leuten und dem Walroßfleisch in einer kleinen Bucht zwölf bis fünfzehn Meilen im Süden von Kap Sabine an Land zu setzen, von da aus würde ich bei gegebener Gelegenheit leicht mit den Booten oder Schlitten den Payer-Hafen erreichen können. Dies geschah, und am 29. August trat der »Erik« die Heimreise an.

 

1901–1902.

Am 16. September gelang es mir, den Payer-Hafen zu erreichen, nachdem ich die Roß-Bai teils mit Schlitten, teils mit Booten durchkreuzt und dann den Landweg über die Bedford-Pim-Insel eingeschlagen hatte.

Bald darauf begannen meine Eskimos zu kränkeln, und bis zum 19. November waren sechs von ihnen gestorben. In dieser Zeit schaffte ich persönlich viele Vorräte auf Schlitten vom Erikhafen nach dem Hauptquartier, und Henson war mit einigen Eskimos im Innern der Buchanan-Bai, wo sie zehn Moschusochsen schossen.

Der Winter verging ruhig und behaglich. Zwei weitere Moschusochsen wurden in der Buchanan-Bai und sechs Renntiere bei Etah erlegt.

Am 2. Januar machten wir uns im Ernst an die Vorbereitungen für die Frühjahrskampagne, die am 11. Februar begann. An dem Tage sandte ich sechs Schlitten mit leichten Ladungen aus, um eine Route quer über die Mündung der Buchanan-Bai ausfindig zu machen und einen Igloo auf der Höhe von Kap Albert zu bauen. Am 12. gingen zwei meiner besten Jäger auf eine kurze Rekognoszierungstour in die Gegend von Kap Louis Napoleon, wobei sie gleichzeitig nach Bären ausspähen sollten.

Am 13. fuhren acht Schlitten ab, um Hundefutter in die Nähe von Kap d'Urville zu schaffen. Am 16. kehrten die beiden Kundschafter mit einem günstigen Bericht zurück, und am 18. wurden zehn Schlitten mit Ladungen von Hundefutter nach Kap Louis Napoleon abgeschickt. Diese Abteilung kam am 22. zurück. Am Abend des 28. hatte Henson alles in Bereitschaft, um am nächsten Tag aufzubrechen. Es war meine Absicht, ihn mit drei ausgesuchten Leuten und leichten Ladungen vorauszuschicken, um den Weg bis Conger zu bahnen; ich selbst wollte mit der Hauptabteilung einige Tage später nachfolgen. Ein Nordwind verzögerte seine Abfahrt bis zum 3. März, wo er am frühen Morgen mit sechs Schlitten und etwa fünfzig Hunden aufbrach. Zwei dieser Schlitten sollten bis Kap Lawrence als Hilfsabteilung dienen. Am 6. März um 9 Uhr morgens fuhren vierzehn Schlitten vom Payer-Hafen ab und um Kap Sabine herum, die Fahrt nach dem Norden anzutreten, und um Mittag folgte ich ihnen mit meinem großen Schlitten, der »langen Schlange«, der von zehn schönen grauen Hunden gezogen wurde. Zwei weitere Schlitten schlossen sich mir an. Die Temperatur betrug um diese Zeit -20º F. Die Minimaltemperatur der vorhergehenden Nacht war -38º F. gewesen. Wir holten die andern an den Igloos bei Kap Albert ein und lagerten dort während der Nacht. Die Temperatur betrug -43º F. Am folgenden Tag legten wir die Strecke nach Kap d'Urville bei Temperaturen zwischen -45º und -49º F. zurück.

Hier machte ich, ungefähr fünf Meilen von Kap Louis Napoleon entfernt, einen Tag halt, um unsere Fußbekleidung zu trocknen, und setzte am Morgen des 9. den Marsch fort, nachdem ich einige Vorräte aus dem Kistenhaus mitgenommen hatte. Zwei Schlitten kehrten hier um. Der nächste Marsch brachte mich nach Kap Fraser und der übernächste nach Kap Collinson. Es war jetzt das vierte Jahr, in dem ich diese Route zurücklegte, und diesmal konnte ich zum erstenmal einen ziemlich direkten Kurs quer über die Mündung der Scoresby-Bai einschlagen, anstatt wie sonst immer einen langen Umweg ins Innere der Bai machen zu müssen.

siehe Bildunterschrift

Seitenansicht.                    Vorderansicht.

Kopf von Rangifer Pearyi, Allen, erlegt bei Kap Joseph Henry, Oktober 1905.

Ein Marsch brachte mich von Kap Collinson nach Kap Lawrence an der Nordseite der Rawlings-Bai. Beim Kreuzen dieser Bai konnten wir zwar einen direkteren Weg als gewöhnlich einschlagen, kamen aber über äußerst unebenes Eis. Als ich aus Hensons Brief bei Kap Lawrence erfuhr, daß ich ihm um einen Tag näher gekommen war, blieb ich, um ihn nicht einzuholen, einen Tag hier, ehe ich nach Conger kam. An diesem Rasttage wurden mehrere Schlitten, die auf dem letzten Marsch beschädigt worden waren, ausgebessert. Fünf Leute kehrten mit den schlechtesten Schlitten und den erschöpftesten Hunden von hier aus zurück. Nach drei weiteren Märschen gelangten wir nach Kap L. von Buch auf der Nordseite der Carl Ritter-Bai. Die Temperatur wechselte zwischen -35º und -45º F. An manchen Stellen war schwere Bahn.

Zwei weitere Märsche brachten uns nach dem ersten Küstental im Norden von Kap Defosse. Ich war jetzt der ersten Abteilung um zwei Tage näher gekommen. Da die Beschaffenheit des Kanaleises es uns ermöglichte, den fürchterlichen Eisfuß zu vermeiden, der sich von hier nach Kap Lieber erstreckte, und meine Hunde in guter Verfassung waren, legten wir die Strecke bis Conger in Eilmärschen zurück, so daß wir nur ein und eine halbe Stunde später als Henson und seine Abteilung ankamen.

Ich hatte den Weg vom Payer-Hafen nach Conger, eine Strecke von ungefähr 300 Meilen, in zwölf Tagemärschen bezwungen.

In Conger verbrachten wir vier Tage damit, die Schlitten und Geschirre zu reparieren, unsere Kleider zu trocknen und auszubessern und die Gegend bis nach »The Bellows« nach Moschusochsen zu durchsuchen. Wir fanden keine, erlegten aber in den vier Tagen circa hundert Hasen. Die Temperatur schwankte in dieser Zeit zwischen -40º und -57º F. Sieben Eskimos traten hier die Rückreise an und nahmen die Instrumente und andere der Regierung gehörige Dinge mit, die die Lady Franklin-Bai-Expedition im Jahre 1883 hier zurückgelassen hatte.

Am Morgen des 24. brach ich mit neun Schlitten nach Norden auf. Wir lagerten die erste Nacht in »Depot B«. Am nächsten Tag hatte ich beabsichtigt, bis an die Lincoln-Bai zu kommen, aber gerade ehe wir die Wrangel-Bai erreichten, erhob sich plötzlich ein heftiger Schneesturm, der uns zwang, am Südende der Bai zu lagern, hier wurden wir auch am 26. vom Sturm festgehalten, Aber am Morgen des 27. setzten mir unsern Marsch fort und drangen bis nach Kap Union vor. An diesem Teil der Küste stießen wir auf steile, mit hartem Schnee bedeckte Abhänge, die für Leute, Hunde und Schlitten gleich anstrengend sind.

Von unserm Lager an der Wrangel-Bai aus hatten wir Wasserwolken gesehen, und jetzt war unser Igloo kaum hundert Yards von offenem Wasser entfernt, das sich, wie es mir schien, nordwärts bis über Kap Rawson hinaus, wie im Jahre 1900 durch den ganzen Kanal bis an die grönländische Küste bei Kap Brevoort erstreckte.

Zum Glück gelang es uns unter Anwendung der äußersten Vorsicht die Schlitten mit wirklicher Gefahr und großer Anstrengung auf dem schmalen und gefährlichen Eisfuß bis nach dem schwarzen Kap und um das Kap herum zu schaffen.

Der Eisfuß war an diesem Küstenstrich genau so, wie ihn Egerton und Rawson im Jahre 1876 und Pavy im Jahre 1882 vorfanden; es machte sich fast die ganze Zeit notwendig, eine Straße auszuhauen. Aber eine Anzahl williger und gewandter Eskimos verrichteten diese Arbeit, die für zwei oder drei Weiße eine angreifende und langwierige Plackerei bedeutet hätte, mit verhältnismäßiger Leichtigkeit. Jenseits vom schwarzen Kap wurde der Eisfuß besser, und ich eilte weiter in der Absicht, beim Winterquartier der »Alert« zu lagern. Im selben Augenblick, wo wir die Steinpyramide der »Alert« erblickten, sahen wir weit im Innern des Landes drei Moschusochsen, die wir dann erlegten. Die Tiere waren sehr mager und gaben nur eine sehr kärgliche Mahlzeit für meine Hunde.

Ein Marsch brachte uns von hier nach Kap Richardson und der nächste bis in den Schutz von View Point, wo uns einer der bekannten arktischen Stürme überraschte und wir so schnell als möglich unsern Igloo bauen mußten. Längs der ganzen Küste gab es junges Eis und Wassertümpel, und fast überall sahen wir Wasserhimmel vor uns.

Da der letzte Marsch durch tiefen Schnee führte, wagte ich es nicht, den Richtweg der Engländer quer durch die Fielden-Halbinsel hinter Kap Joseph Henry einzuschlagen, sondern zog es vor, auf dem Eisfuß um das Kap herumzuziehen.

Die erste Strecke war das schlimmste Stück Eisfuß, auf das ich je gestoßen bin. Infolge des Ausgleitens meines Schlittens hätten zwei meiner Leute beinahe ihr Leben verloren. Sie wurden durch einen bloßen Zufall gerettet, als sie schon mit den Füßen über dem Kamm der steilen, fast fünfzig Fuß hohen Eiswand hingen, An dem äußersten Ende des Kaps mußten die Schlitten über eine noch nicht drei Fuß breite Eisplatte gezogen werden, die in einer Höhe, die ich damals auf fünfundsiebzig Fuß schätzte, an die Felswand geklebt, über den zerklüfteten Schollen hing. An der Westseite des Kaps wurde der Eisfuß breiter und beinahe eben, aber er war mit solchen Massen von lockerem Schnee bedeckt, daß wir darin stecken blieben und zu lagern beschlossen. Am nächsten Tag erreichten wir die Crozier-Insel.

Am 2. und 3. April wurden wir hier durch einen Weststurm festgehalten, und den 4. und 5. widmeten wir der Moschusochsenjagd. Wir schossen drei Tiere, darunter zwei sehr kleine. Von hier sandte ich drei Eskimos zurück und behielt Henson und vier Eskimos bei mir.

Vom Gipfel der Insel und von Kap Hecla aus untersuchten wir mit den Ferngläsern das vor uns liegende polare Packeis.

Das Packeis war sehr uneben, aber anscheinend nicht so unwegsam wie das Eis, das ich vor zwei Jahren im Norden von Kap Washington gesehen hatte. Wenn das Vorwärtskommen auch zweifellos äußerst schwierig werden würde, so sah es doch aus, als ob ein Vordringen möglich sei, falls der Schnee nicht zu tief und zu locker wäre. Das ließ sich jedoch nicht durch die Ferngläser feststellen.

Am 6. April morgens verließ ich die Crozier-Insel. Einige Stunden später schwenkten wir an der Landspitze von Kap Hecla mit unseren Schlitten scharf nach rechts und setzten über den Eisfußwall, um auf das polare Packeis zu gelangen. Als die Schlitten vom Eisfuß herunterkamen, sanken sie mit dem Vorderende tief ein, die Hunde wälzten sich bis an den Bauch im Schnee vorwärts, und wir begannen, uns nach Norden vorwärtszuarbeiten.

Gerade einen Monat waren wir jetzt draußen gewesen und hatten nicht weniger als vierhundert Meilen auf dem schwierigsten Terrain bei Temperaturen von -35 ° bis -57 ° F. -37,2 – 49,4 °C zurückgelegt, und doch waren wir eben erst im Begriff, mit unsrer eigentlichen Arbeit zu beginnen, das heißt, mit der Überwindung des polaren Packeises, was als das schwierigste Unternehmen in der ganzen arktischen Welt gilt.

Einige Meilen vom Kap entfernt gab es einen Gürtel von ganz jungem Eis, der mit der allgemeinen Richtung der Küste parallel lief. Darin eingeschlossene Flächen von rauhem Eis zwangen uns, Zickzackwege einzuschlagen, und verdoppelten die Länge des Weges. Es war leichter einen Bogen von einer Meile auf dem jungen Eis zu machen als mit den Schlitten einen Übergang über diese Inseln zu erzwingen.

Der nördliche Rand des neuen Eises war ein hoher Wall von schwerem altem Eisgeröll, durch den wir uns nach einigem Suchen einen Weg nach einer alten Scholle bahnten, wo ich einen Igloo bauen ließ. Wir waren jetzt etwa fünf Meilen vom Land entfernt.

siehe Bildunterschrift

Ahngmalokto.                            Pewahto.
Pewahto.                            Panikpah.
Die Eskimos, die mich bis zum höchsten Punkt begleitet haben.

Der Morgen des 7. brachte uns schönes Wetter. Beim Übergang über die alte Scholle stießen wir auf eine Zone tief im Schnee eingebetteter Bruchstücke alter Schollen und versuchten mit Anspannung aller unserer Kräfte dieses Hindernis zu überwinden. Die Hunde mühten sich fast vergeblich ab, und hin und wieder verschwand einer für einen Augenblick gänzlich im Schnee. Wir selbst mußten bald den Schnee um einen Schlitten herum feststampfen, um diesen aus einem Loch, in das er eingesunken, wieder auszugraben, bald die Schlitten über eine Barriere von Eisblöcken herüberheben. Dabei mußte jeden Augenblick nach rechts oder links abgeschwenkt, derselbe Weg wieder zurückgelaufen und die ganze Zeit mit den Schneeschuhen und Eispickeln Bahn gemacht werden.

Später am Tag bot uns eine überfrorene Rinne eine Zeitlang Gelegenheit, vorwärtszukommen, dann folgten ein oder zwei kleine Stellen mit ebener Bahn, dann zwei oder drei kleinere alte Schollen, die, obgleich mit tiefem Schnee bedeckt, uns im Rückblick auf die vorhergehende Gewaltanstrengung wie eine Gottesgabe erschienen. Wir lagerten im Schutz eines großen Preßeishügels am nördlichen Rand einer kleinen, aber sehr schweren alten Scholle. Jedermann war völlig erschöpft, und die Hunde fielen regungslos in den Schnee, sobald die Peitsche aussetzte.

Wir waren jetzt gerade nördlich von Hecla, und ich schätzte, daß wir ungefähr sechs Meilen zurückgelegt hatten. Vielleicht waren es sieben, vielleicht auch nur fünf. Bei einem so anstrengenden Terrain ist es schwierig, die Entfernungen abzuschätzen. Immerhin eine gute Probe unserer Tagesarbeit.

Am 12. wurden wir durch einen Weststurm zurückgehalten, der sogar die Hunde, die ganz nahe an unserm Igloo festgebunden waren, unsern Blicken verbarg. Während des Aufenthaltes hier spalteten sich die alten Schollen, auf denen wir lagerten, mit lautem Getöse in zwei Stücke, und das Eis ächzte, stöhnte und donnerte fast ununterbrochen.

Auf dem ersten Marsch von diesem Igloo aus veranlaßte uns eine Rinne, nach Westen auszubiegen, da die dünne Schicht von jungem Eis, die sich darüber gebildet hatte, nicht einmal einen Hund tragen konnte. Kurz darauf zwang uns ein breiter Kanal mit offenem Wasser erst eine nordwestliche und dann eine westliche Richtung einzuschlagen, bis ein Gebiet von äußerst rauhem Eis uns daran hinderte, diesem Kanal weiter zu folgen. Von der Spitze eines hohen Hügels aus sahen wir, daß sich dieses Gebiet, so weit das Auge reichte, auf beiden Seiten des Kanals hinzog. Es blieb mir nichts anderes übrig, als zu lagern und darauf zu warten, daß sich der Kanal, der sich augenscheinlich durch den gestrigen Sturm verbreitert hatte, schließen oder zufrieren würde. In der ersten Nacht in diesem Lager war eine schwache Bewegung im Eis, die aber nicht genügte, die Rinne zu schließen. Von hier aus sandte ich wieder zwei Eskimos zurück.

Spät am Nachmittag des 14. begann die Rinne sich zu schließen. Wir packten schleunigst unsere Schlitten und eilten über das in Bewegung befindliche Eis. Jetzt befanden wir uns in einer Zone von hohen parallelen, mit tiefem Schnee bedeckten Preßeisrücken. Diese Rücken waren dadurch entstanden, daß sich die Rinne abwechselnd öffnete und schloß. Als wir nach einiger Seit eine Passage über diese Barriere fanden, tauchte eine Reihe sehr kleiner aber äußerst schwerer und holpriger alter Schollen vor uns auf und der Schnee war hier noch tiefer und lockerer als auf der südlichen Seite der Rinne. Nach einem sechzehnstündigen Tagemarsch gebot ich halt, obgleich wir nur zwei oder drei Meilen nördlich von der großen Rinne waren.

Der nächste Marsch führte uns anfangs über Fragmente von schweren alten, sich langsam nach Osten bewegenden Schollen. Häufig mußten wir warten, bis die Stücke so nahe zusammenstießen, daß wir von einem zum andern springen konnten. Später mußte der Marsch gerade nach Osten gerichtet werden, da sich im Westen, Nordwesten, Norden und Nordosten, so weit wir sehen konnten, ein unpassierbares Gebiet ausdehnte. Kaum war dieses umgangen und wieder die Richtung nach Norden eingeschlagen, da wurden wir durch eine ungefähr fünfzig Fuß breite Rinne aufgehalten. Von da an war ein Tag gleich dem andern, der eine ein wenig besser, der andre ein wenig schlechter, aber die Strecke, die wir täglich gewannen, nahm stetig ab. Nebel und stürmisches Wetter taten auch das ihre, uns aufzuhalten.

siehe Bildunterschrift

Eskimofrauen.

Ich zitiere aus meinem Tagebuch:

21. April. Das Spiel ist aus. Der Traum meiner letzten sechzehn Jahre ist zu Ende. Es klärte in der Nacht auf, und wir zogen heute morgen weiter. Tiefer Schnee. Zwei kleine alte Schollen. Dann kam wieder eine Strecke mit altem Geröll und tiefem Schnee. Eine Umschau von der Höhe eines Hügels ergab, daß sich dies Gebiet nach Norden, Osten und Westen, soweit das Auge reichte, erstreckte. Die beiden alten Schollen, über die wir eben gekommen, waren die einzigen sichtbaren. Jedes Weiterkommen war ausgeschlossen, und ich ließ das Lager aufschlagen. Ich habe so lange gekämpft wie ich konnte, und ich glaube, es war ein guter Kampf. Aber ich kann das Unmögliche nicht vollenden. –

Einige Stunden, nachdem Halt gemacht worden war, kam von dem Eis im Norden ein Ton wie von einer schweren Brandung, der, solange wir in diesem Lager waren, andauerte. Augenscheinlich stießen die Schollen in dieser Richtung unter dem Einfluß des Windes gegeneinander, oder was nach der langen Dauer des Geräusches wahrscheinlicher war, das ganze Packeis befand sich in einer langsamen Bewegung nach Osten. Das klare Wetter ermöglichte es mir, die Meridianhöhe aufzunehmen, die 84 ° 17' 27'' nördl. Breite und eine magnetische Mißweisung nach Westen von 99 ° ergab. Ich machte einige photographische Aufnahmen vom Lager, kletterte und arbeitete mich durch die aufgebrochenen Fragmente und den bis an den Gürtel reichenden Schnee etwa hundert Yards weit nach Norden, gab den Hunden eine doppelte Ration und legte mich nieder, um wenn möglich einige Stunden zu schlafen, ehe wir den Rückmarsch antraten.

Kurz nach Mitternacht am 21. machten wir uns auf den Rückweg. Nebel, Westwind und Schnee begleiteten uns. Ich beschleunigte unseren Abmarsch, in der Absicht, die Spur soviel als möglich auszunutzen, ehe sie verwischt würde. Es war sehr schwierig, bei dem unsichern Licht und dem Schneetreiben die Spur zu behalten. Wir verloren sie wiederholt und mußten das Terrain wie Jagdhunde absuchen. Nachdem wir die Stelle erreichten, wo uns auf dem Hinweg die letzte große Rinne aufgehalten hatte, fanden wir jetzt statt des offenen Wassers einen ungeheuren Preßeisrücken, dessen Höhe ich auf fünfundsiebzig bis hundert Fuß schätzte. Unsere Spur war hier durch die Bewegung der Schollen vernichtet worden, und wir verloren Zeit damit, sie auf der andern Seite ausfindig zu machen.

Das war für mich ein sehr anstrengender Marsch. Ich hatte in der Nacht vorher nicht geschlafen, und zu der physischen Anstrengung, meinen Schlitten vorwärtszubringen, kam noch die geistige Anspannung, die Spur zu behalten, hinzu. Als wir endlich lagerten, war es nur für wenige Stunden, denn ich erkannte, daß sich das ganze Packeis in langsamer Bewegung befand und unsere Spur überall verwischt und durch neue Preßeishügel und Rinnen unterbrochen wurde. Infolgedessen war unser Rückmarsch beinahe, wenn nicht gerade so langwierig und beschwerlich wie der Hinmarsch. Die folgenden Märsche erforderten ganz ähnliche Anstrengungen, beim Kreuzen einer Rinne hätte ich beinahe zwei Schlitten mit den davorgespannten Hunden verloren. An dem großen Kanal, so nannte ich die große Rinne, an der ich die beiden Eskimos zurückgesandt hatte, angekommen, fanden wir solche Veränderungen vor, daß wir die Gegend fast nicht wiedererkannten.

Zwei Tagemärsche südlich vom großen Kanal waren in der Zeit, die zwischen unserm Hinmarsch und der Rückkehr der beiden Eskimos vom Kanal lag, solche Veränderungen im Eis vor sich gegangen, daß sie sich trotz ihrer großen Erfahrung in allem, was mit dem Eis zu tun hat, hoffnungslos verirrt hatten und anscheinend wenigstens einen Tag lang herumgewandert waren, ohne die Spur wiederzufinden. Seitdem sie diese Gegend passierten, hatten abermals Veränderungen stattgefunden, und infolgedessen schlug ich nach dem Kompaß die Richtung aufs Land ein und begann einen neuen Weg zu bahnen. Auf dem nächsten Marsch fanden wir unsere alte Spur wieder.

Früh am Morgen des 22. erreichten wir den vorletzten Igloo vor Kap Hecla und lagerten bei heftigem Schneesturm. In diesem Igloo wurden wir noch am 27. und 28. vom Sturm festgehalten und brachen erst am 29. bei dichtem Nebel auf, nach dem Kompaß den direktesten Weg dem Lande zu einschlagend. Wir kämpften uns durch Eis und tiefen Schnee vorwärts, vor unangenehmen Zufällen nur durch den Instinkt der Hunde geschützt, und erreichten die Crozier-Insel nach einem langen und ermüdenden Marsch. Der Streifen von jungem Eis, der sich parallel dem Ufer hinzog, war verschwunden und zu einem wirren Haufen unregelmäßiger Blöcke zusammengepreßt worden.

Die Scholle, auf der wir in der Höhe der Insel gelagert hatten, hatte sich in zwei Stücke gespalten. Der Riß ging mitten durch unsern Igloo, so daß sich die beiden leeren Hälften über den Schlund herüber angähnten. Dieser Marsch machte zwei von meinen Hunden den Garaus, und drei oder vier andere pfiffen anscheinend auf dem letzten Loch. Wir hatten nicht gemerkt, wie müde wir waren, bis wir die Insel erreichten. Das Barometer unsres Befindens war durch das warme nebelige Wetter und den anstrengenden letzten Marsch um mehrere Grade gefallen.

Da wir jetzt leichte Schlitten hatten, wagte ich es, den Rückweg quer über die Basis der Fielden-Halbinsel einzuschlagen und lagerte in jener Nacht unter dem Schutz von View Point. In vier weiteren Märschen erreichten wir Conger, wo wir drei Tage blieben, um unsere Kleider zu trocknen, die Schlitten auszubessern und den Hunden die sehr notwendige Ruhe zu gewähren. Wir verließen Conger am 6. Mai und gelangten am 17. nach elf Märschen nach dem Payer-Hafen. Einige Tage später ging ich nach Norden, um die Vermessung der inneren Teile der Dobbin-Bai zu vollenden, und war zehn Tage vom Hauptquartier abwesend. Offenes Wasser hinderte mich daran, den im Juni beabsichtigten Ausflug ins Innere der Buchanan-Bai und bis an die Westküste von Ellesmere-Land zu unternehmen. So widmeten wir den Rest der Zeit der Jagd, um für den Fall, daß kein Schiff ankäme, einen Fleischvorrat für den Winter zu sammeln.

Am 5. August fuhr die neue »Windward«, die vom Klub nach Norden gesandt war, in den Hafen ein, mit meiner Frau und meiner kleinen Tochter an Bord. Leute und Vorräte wurden in größter Eile an Bord gebracht, und das Schiff fuhr quer durch den Sund auf die Grönlandseite hinüber. Hier wurden meine treuen Eskimos an Land gesetzt. Nachdem wir ungefähr eine Woche dafür geopfert hatten, eine genügende Anzahl Walrosse zu schießen, um meine Eskimos gut durch den Winter zu bringen, trat die »Windward« die Reise nach Süden an und erreichte nach einer ereignislosen Fahrt am 17. September Sydney. Hier hatte ich das Vergnügen, den Sekretär des Klubs, Herrn Bridgman, zu treffen und übersandte demselben durch ihn einen kurzen Bericht meiner Unternehmungen im vergangenen Jahr.

 

Ein neues Caribou (Renntier) von Ellesmere-Land von J. A. Allen.

Bulletin Am. Museum of Nat. History Vol. XVI, Article XXXII.

Unter dem wertvollen naturhistorischen Material, das der Polarforscher Commander R. E. Peary, bei der Rückkehr von seiner letzten langen Expedition im hohen Norden dem amerikanischen naturhistorischen Museum mitgebracht hat, befinden sich fünf Caribou-Exemplare, die im Juni 1902 auf dem 79. Breitengrad in Ellesmere-Land erlegt worden sind. Es sind vier Felle ohne Kopf von ausgewachsenen Tieren, mehr oder weniger beschädigt, und ein vollständiges Fell eines jungen Kalbes. In der Färbung unterscheiden sie sich auffallend von allen bekannten Caribou-Arten. Sie sind rein weiß mit Ausnahme eines großen dunkeln Flecks auf dem mittleren und hinteren Teil des Rückens.

 

Ellesmere-Land-Caribou

Rangifer Pearyi, sp. nov. Type, No. 19231 männlich ad., Ellesmere-Land, 79 ° n. Br., 15. Juni, 1902, Commander Robert E. Peary.

Das ganze Tier ist rein weiß mit Ausnahme eines ovalen, graubraunen Flecks auf der Hinteren Hälfte des Rückens, der allmählich in der Schultergegend in Weiß übergeht. Die Haare sind bis an die Wurzel weiß, oder an den Spitzen weiß, nehmen aber nach der Wurzel zu einen leisen Anflug von Lila an. Der dorsale Fleck umfaßt ein Gebiet von etwa 67 cm Länge und 35,5 cm Breite, ist schmutziggrau und in der Mitte durch eine schmale weiße Linie geteilt. Die Beine und Füße sind ganz weiß, die Ohren haben eine leichtgraue Färbung, da die Haare an der Wurzel bleifarbig sind und dies leise durchscheint. Das Geweih ist im Sprossen und wird durch kleine Protuberanzen markiert, die ungefähr anderthalb Zoll hoch und mit kurzen Härchen bedeckt sind. Die ganze Länge des Felles beträgt 166 cm. Eine korrespondierende Messung von Fellen der dunkeln Caribouart von Grönland ergab 182 cm.

Ein weibliches Tier ist ähnlich; nur erstreckt sich der dunkle Fleck etwas weiter nach vorn und ist etwas dunkler. Wie beim männlichen Tier geht der Fleck in der Schultergegend allmählich in Weiß über. Die Länge des Fells beträgt 156 cm.

Zwei weitere weibliche Tiere sind ähnlich gezeichnet, aber der dunkle Fleck ist bei beiden von dunklerer Färbung, annähernd von einem dunklen Schiefergrau. Die Ansatzgegend des Geweihs und der Ohren ist wie die Ränder der Ohren mit Grau untermischt. Die Vorderfläche der Vorderbeine ist dunkel graubraun, und die der Hinterbeine von einem schwachen leberfarbigen Graubraun, das an Umfang und Intensität vom Fußwurzelgelenk nach den Hufen zunimmt. Diese Felle haben eine Gesamtlänge von 161 bzw. 157 cm. Bei dem einen Tier bildet das Geweih ein bis zwei Zoll hohe Sprossen, die mit kurzen Härchen bedeckt sind. Ein Kalb, wenig Wochen alt, ist an Kopf, Ohren, Nacken, Gliedern, Bauchfläche und Seitenteilen grauweiß. Die Haare sind unten dunkel und oben weiß, wobei aber der dunkle untere Teil genügend durchschimmert, um im ganzen einen dunkelfarbigen Eindruck hervorzubringen. Die Nasenspitze und ein schmaler Streifen, der sich um die Nüstern herumzieht, sind schwärzlich und gehen nach hinten in dem oberen Teil des Rostrum in dunkelbraun über. Ein breiter Streifen, der sich von der Nase bis beinahe an die Ohren mitten durch das Gesicht zieht, ist dunkler oder schmutziger als die beiden Seiten des Gesichts. Ein rostbrauner Fleck markiert die Stelle, wo das Geweih herauskommen soll, und eine schwache rostfarbige Färbung befindet sich auf beiden Gesichtsseiten vor und hinter dem rostfarbigen Geweihfleck. Der Rücken ist mit einer deutlich abgegrenzten eisenrostfarbigen Linie gezeichnet, die vom Nacken bis an die Schwanzwurzel läuft und die in der Mitte des Rückens etwas breiter wird und einen tiefdunkeln eisenrostfarbigen Ton annimmt. Die ganze Rückenpartie von der Schultergegend bis zum Steiß hat eine schwache hellbraune Färbung, die in der Mitte am dunkelsten ist und nach den Seiten in ein schwaches lederfarbiges Weiß übergeht. Diese Partie korrespondiert in Lage und Konturen mit dem dunkeln dorsalen Fleck der ausgewachsenen Tiere. Ein schmaler, undeutlich abgegrenzter Streifen von dunklem Kastanienbraun umsäumt die Hufe der Füße und ist an den Hinterfüßen eher breiter und deutlicher als an den Vorderfüßen. Der Schwanz ist wie bei den ausgewachsenen Tieren bis zur Spitze ganz weiß.

Die ausgewachsenen Tiere haben, obgleich sie im Juni geschossen sind, ihr Winterfell. Die Haare sind lang, dicht und sehr weich, viel weicher und feiner als beim Caribou von Grönland, die Felle überhaupt viel dünner und weicher. Das Fell des Kalbes war in Salzwasser aufbewahrt worden, was dazu beigetragen haben mag, die lederfarbigen Schatten des Rückens etwas intensiver oder dunkler zu machen.

Rangifer Pearyi ist augenscheinlich eine besondere insulare Art, die sich in Färbung und zweifellos auch in anderen Zügen vom Rangifer Groenlandicus wesentlich unterscheidet. Leider stehen einer Untersuchung nur Felle zur Verfügung. Exemplare des Rangifer Groenlandicus im korrespondierenden Pelz sind oben dunkelschieferbraun, und diese Farbe geht an den Seiten allmählich in das Weiß der Bauchfläche über. Das Caribou von Grönland war in seinem Winterpelz bedeutend dunkler als das Caribou von Neufundland, das bisher die weißeste bekannte Spezies der Caribous gewesen ist.

Ich verdanke Commander Peary folgenden Aufschluß über das Vorkommen von Caribous in Ellesmere-Land. In einem Brief, datiert Philadelphia, 13. Oktober 1902, schreibt er: Auf Ihre Anfrage teile ich Ihnen mit, daß Überreste und Spuren von Renntieren von früheren Polarforschern an folgenden Punkten von Ellesmere-Land und Grinnell-Land beobachtet worden sind: In Alexandra-Hafen, Ellesmere-Land; in der Rawlings-Bai, Grinnell-Land, und in der Gegend von Fort Conger, Grinnell-Land, und ein Geweih ist von einem Mitglied meiner Expedition im Sommer 1901 im Erik-Hafen, etwa zwölf Meilen südlich von Kap Sabine, aufgefunden worden. Die veröffentlichten Berichte von Sverdrups Expedition geben an, daß er eine Menge Renntiere an der Westseite von Ellesmere-Land gefunden hat. Er sagt: »Ich habe viele Winterfelle vom Grönland-Caribou gesehen, und sie sind ausgesprochen dunkler als die Ellesmere-Exemplare.«

siehe Bildunterschrift

Kapitän Chas. B. Dix, Erbauer der »Roosevelt«.


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