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XVI. Die »Roosevelt«

siehe Bildunterschrift

Die »Roosevelt« auf ihrer Probefahrt im Juni 1905.

Im Juli 1904 fand in einer reizenden Villa, die auf die Stadt Bar Harbour herabschauen, eine Versammlung statt, die trotz der geringen Anzahl der Teilnehmer für die Angelegenheiten des Peary Arctic Club von der höchsten Bedeutung war. Denn in dieser Versammlung wurde der entscheidende Beschluß für den Bau der »Roosevelt« gefaßt.

Vier Leute waren bei der Zusammenkunft zugegen: Morris K. Jesup, sein Anwalt Lewis L. Delafield, Kapitän Charles B. Dix und ich.

Herr Morris K. Jesup hatte vor einiger Zeit erklärt, wenn die Subskriptionsbeiträge für den Peary Arctic Club eine Höhe von 50 000 Dollar erreichen würden, einschließlich seines eigenen hochherzigen Schecks über nicht weniger als die halbe Summe, so wolle er für die noch nicht aufgebrachten Kosten einstweilen gutsagen. Auf diese Weise könne das Schiff rechtzeitig fertig werden, um im Jahre 1905 die Reise nach Norden anzutreten, und es blieb beinahe ein Jahr Zeit, um die noch notwendigen Gelder aufzubringen.

Bis zu dieser Zeit war das Interesse nicht besonders weit verbreitet gewesen. Die gezeichnete Summe stand noch hinter 50 000 Dollar zurück, aber die Zeit drängte, und das Material mußte sofort bestellt werden, wenn das Schiff einigermaßen zur rechten Zeit fertig werden sollte.

Persönlich hegte ich keinen Zweifel, daß sich der ganze Betrag aufbringen lassen würde, und doch mußte ich zugeben, daß die Aussichten keineswegs allzu günstig waren. Auch schien die Diskussion die Lage nicht genügend zu klären.

Herr Morris K. Jesup war ebensosehr interessiert wie ich selbst und war nicht nur bereit, sondern hegte auch den dringenden Wunsch, alles was in seiner Macht stand zu tun, um die Sache durchzusetzen. Aber er trug Bedenken, eine zu große Verantwortung auf sich zu nehmen. Denn wie er mir offen sagte, so gern er es auch tun wollte, könnte er nicht gut die ganze Last der Expedition allein tragen.

Schließlich schlug Kapitän Dix vor, er wolle auf eigenes Risiko das Holz für den Bau der »Roosevelt« bestellen. Er sei der Ansicht, daß das Geld zusammenkommen werde, andernfalls sei er bereit, alle Kosten, die hieraus entstehen würden, zu tragen. Sein Vorschlag war ein Sonnenblick für Herrn Morris K. Jesup und mich: Denn wir erkannten daraus, daß in dem Plan etwas wäre, das Geschäftsleute mit weitem Blick unwiderstehlich mit sich fortriß.

siehe Bildunterschrift

Die »Roosevelt«, das Schiff des Peary Arctic Club.

Die nächste Szene, an die ich mich deutlich erinnere, fand in einer schönen Villa in Vermont statt, die meilenweit die schönste Landschaft beherrschte und hinter sich ein wundervolles Berg- und Waldgebiet hatte. Es war kurz vor dem 1. August, dem Termin, an dem die 50 000 Dollar gezeichnet sein mußten, um die Unterzeichnung des Schiffsbaukontraktes zu sichern. Es fehlten noch mehrere Tausende an der notwendigen Summe. Herr Colgate hatte sich schon für eine große Summe verpflichtet, dabei aber die Andeutung gemacht, er wäre bereit, sie zu erhöhen, falls es notwendig sein sollte.

An dieser Zusammenkunft nahmen nur drei Herren teil: Herr Colgate, Richter Darling, der Unterstaatssekretär der Marine, und ich. Wir setzten Herrn Colgate die Lage auseinander, und mit der für ihn charakteristischen Bereitwilligkeit und Hochherzigkeit erhöhte er die von ihm gezeichnete Summe um soviel, daß die 50 000 Dollar voll wurden. Damit wurde der Bau der »Roosevelt« zur Gewißheit.

Ein Schiff, das arktischen oder antarktischen Zwecken dienen soll, darf natürlich nur gerade so groß sein, daß es die Mitglieder, Vorräte, Ausrüstung und Kohlen der geplanten Expedition zu tragen imstande ist.

Je kleiner ein Schiff, desto widerstandsfähiger ist es und desto leichter kann es manöverieren. Bisher sind nur von Schottland, den Vereinigten Staaten und Norwegen Eismeerfahrer erbaut worden und zwar zum Zwecke des Walfisch- und Seehundfanges. Dabei haben die Norweger die Meere um Spitzbergen, Jan Mayen, Ostgrönland und Nowaja Semlja im Auge gehabt, die Vereinigten Staaten die Hudson-Bai und die Bering-Straße, und die Schotten, abgesehen von vereinzelten Abstechern nach Ostgrönland und der Hudson-Bai, hauptsächlich die Davis-Straße, Baffin-Bai, den Lancaster-Sund und die anliegenden Gewässer.

Was die Norweger und Amerikaner antrafen, kann man im großen und ganzen als Schollen- und Treibeis in offenem Wasser bezeichnen, wodurch sich die Schiffe ihren Weg bahnen müssen.

Die schottischen Walfischfänger dagegen stoßen in der Melleville-Bai auf eine beinahe zusammenhängende Fläche von einjährigem Eis, und wenn diese passiert ist, auf das schwere Eis in den schmalen, von Land umschlossenen Kanälen, die wegen ihrer starken, dem Kurs der Walfischfänger entgegengesetzten Strömungen zu berücksichtigen sind.

Ein Schriftsteller hat einmal gesagt, die amerikanischen Walfischfänger brauchen ihren Dampf, um sich außerhalb des Eises zu halten, und die schottischen, um hinein- und durchzukommen.

Ein vergleich der vorhandenen schottischen, norwegischen und amerikanischen Walfischfänger ergibt, daß im Durchschnitt folgende Verhältnisse zwischen Breite und Länge bestehen: die schottischen 1:5,75, die norwegischen 1:4,7, die amerikanischen 1:4,5.

Man erkennt sofort, daß die Norweger und Amerikaner vom Modell des altmodischen Segelschiffs nicht abgewichen sind. (Das Durchschnittsverhältnis unsrer modernen, in Bath erbauten Schoner beträgt 1:4,78). Die Schotten haben ein schlankeres Modell, und dieses Modell ist allmählich von klugen Seeleuten und Baumeistern, die aus einer mehr als hundertundfünfundzwanzigjährigen Erfahrung schöpften, geschaffen. Es ist im Dienste eines Handelszweiges verwendet worden, in welchem der größte Gewinn den besten Schiffen zufällt. Die Meere, in denen diese Erfahrungen gesammelt sind, und für die jenes Modell bestimmt war, sind dieselben, die das in Aussicht genommene Schiff zu durchfahren hat. So ergab sich von selbst, daß wir das schottische Modell zum Ausgangspunkt unsrer Untersuchungen machten.

Das Problem der Größe stellte sich in dem vorliegenden Fall nicht ganz so dar wie bei Nansen und den englischen und deutschen antarktischen Expeditionen. Da in diesen Fällen die Anzahl der Teilnehmer und die Länge der Reise vorausbestimmt und der Kohlenverbrauch der Maschinen fixiert war, so wurde es leicht, die zu tragende Ladung zu berechnen, zu der man nur das tote Gewicht des Schiffes und der Maschinen hinzuzuaddieren brauchte, um ohne weiteres das Deplacement zu bekommen.

In unserm Fall hielt man es für ratsam, im voraus eine Größe und Gestalt des Schiffes festzusetzen, die annähernd die verschiedenen Zwecke erfüllen sollte, und die Differenz zwischen ihrem Deplacement und ihrem toten Gewicht als Tragfähigkeit gelten zu lassen. Davon mußte der größte Teil für Kohlen beansprucht werden.

Die Länge wurde im ganzen auf 184 Fuß festgesetzt, bei einer Breite von 35 und einem Tiefgang von 16 Fuß bei voller Ladung. (Wasserlinie des beladenen Schiffes 166 Fuß.) Das ergibt ein Schiff von beinahe derselben Länge, aber etwas größerer Breite als das englische antarktische Schiff, die »Discovery«, seinerzeit hatte. Das Verhältnis von Länge und Breite würde 1:5,26 sein; nicht ganz so schlank wie das schottische Modell, aber viel schlanker als das norwegische und amerikanische. Ein solches Schiff gehört derselben Klasse an wie die noch existierenden Walfischfänger »Terra Nova«, »Bär«, »Thetis« und »Neptun«, der untergegangene »Proteus« und das Forschungsschiff »Discovery«.

Nachdem die Länge und Breite bestimmt war, kam die Form des Rumpfes an die Reihe. Bei der Schiffahrt in den für die Expedition in Betracht kommenden Gegenden, ist ein geringer Tiefgang einem größeren vorzuziehen. Er ermöglicht dem Schiff, sich am Ufer zu halten und auf diese Weise eine Barriere zu umschiffen oder sich bis ans Ufer zurückzuziehen, um vorrückendem, schwerem Eis auszuweichen, so daß dieses auf Grund gerät, ehe es das Schiff erreicht. Ein geringer Tiefgang ist auch insofern wichtig, als ein wenig tiefgehendes Schiff sich leichter bei schweren Eispressungen heben kann. Je tiefer ein Schiff im Wasser liegt, desto schwieriger wird es ihm, sich zu heben und sich zu retten.

Obgleich man schon früher erkannte, daß es wünschenswert sei, dem Rumpf des Schiffes eine Gestalt zu geben, die es ihm ermöglicht, sich bei Eispressungen leicht und bequem zu heben, so ist doch dieses Erfordernis bei keinem Schiff vor der »Fram« erfüllt worden. Bei der »Fram« wurde dieser einen Forderung jede andere Rücksicht geopfert, auch die Seetüchtigkeit und wie die von der »Fram« auf ihren beiden Reisen gemachten Erfahrungen beweisen, auch die Fähigkeit, sich einen Weg durch das Eis zu bahnen.

Für den Zweck, dem sie dienen sollte, nämlich in das Eis einzudringen und sich mit ihm treiben zu lassen, ohne durch den Eisdruck zertrümmert zu werden, war sie wohl geeignet, aber wie die Erbauer des deutschen antarktischen Schiffes »Gauß« bei ihrer Besprechung des »Fram«-Modells sagten, würde sie sich noch besser dafür geeignet haben, wenn sie rund wie ein Zuber gewesen wäre.

Der allgemeinen Anschauung entgegen besteht die Arbeit, die ein arktisches Schiff zu leisten hat, nicht hauptsächlich darin, einjähriges Eis aufzubrechen, wie es z.B. mit Hilfe von Hafen- und Flußeisbrechern in den kanadischen und russischen Gewässern geschieht. Flächen von ebenem, unaufgebrochenem Eis von gleichmäßiger Dicke findet man nur auf der Hinreise in der Melville-Bai, wo man auf einjähriges Eis stößt, und dann später im Jahr, wenn das neue Eis sich zu bilden beginnt. Die Hauptaufgabe eines Polarschiffes ist, sich seinen Weg durch mehr oder weniger dichtes Treibeis mit Gewalt zu erzwingen und dabei schwere Schollen von zwanzig bis fünfzig oder siebzig Fuß Dicke, die zu durchbrechen kein Schiff imstande wäre, zu umfahren. Darum ist das gewaltige russische Schiff, der »Jermak«, ganz ungeeignet für eine Polarfahrt, und hier gar nicht erwähnt worden. Ein Schiff, fünfzigmal stärker wie der »Jermak«, wäre nicht imstande, diese Schollen zu durchbrechen, und wenn er um sie herumfahren wollte, könnte er nur für den halben Weg nach dem Pol Kohlen mit sich führen.

Kehren wir zu dem Rumpfmodell zurück. Bei der »Fram« war alles darauf angelegt, die Sicherheit des Hebens bei Pressungen zu gewährleisten. Die »Gauß« ist eine modifizierte »Fram«, das heißt die sechsunddreißig Fuß messende Breite der »Fram« ist beibehalten, aber das Schiff hat eine größere Länge bekommen, um für die lange Reise von Deutschland nach dem südlichen Polarkreis seetüchtiger zu sein. Breite und Länge verhalten sich bei ihr wie 1:4,25, bei der »Fram« 1:3,25. Die »Gauß« hatte indessen einen außerordentlich großen Tiefgang von neunzehn Fuß.

Wie gesagt ist ein großer Tiefgang ein Nachteil für die Polargegend, und jeder Zuwachs an Breite macht es unmöglich, Rinnen zu passieren, die sonst passierbar wären, und erfordert größere Kraft, die Widerstände zu überwinden und sich Bahn durch das lockere Eis zu machen.

Die englische »Discovery« wurde, wie zu erwarten war, nach dem Vorbild der schottischen Walfischfänger erbaut, nur etwas breiter. Breite zu Länge verhält sich wie 1:5,27. Ihr Tiefgang ist etwas geringer als bei den Walfischfängern. Sie war nicht besonders dafür eingerichtet, sich bei Pressungen zu heben, aber so konstruiert, was die »Fram« und die »Gauß« nicht waren, daß sie sich einen Weg durch das andringende Eis bahnen konnte.

Das für die »Roosevelt« gewählte Modell sollte folgenden Anforderungen genügen: es sollte sich bei Pressungen heben, kurz genug sein, um leicht zu manöverieren, und fähig, sich mit Kraft und Ausdauer durch schweres Eis Bahn zu brechen. Diesen Zwecken dienten folgende Einzelheiten: Für die Hebung während der Eispressung stahlgepanzerte, gegen den Kiel zu abgerundete Seiten, flacher Boden, der verhütet, daß das Schiff, wenn es gehoben wird, sich stark auf die Seite legt, glatter Steven und Kiel, überhängender Steven, überhängendes Heck. Um durch lockeres Eis zu dringen, volle Gillung, die das Eis von der Schraube abhält. Zur Brechung des Eises ein scharfer, überhängender, stahlgepanzerter Steven.

Aus dieser allgemeinen Beschreibung geht hervor, daß die Form des Schiffes keine starke Abweichung von früheren Modellen, wie die »Fram« und die »Gauß«, bedeutet; denn die Form des Rumpfes schließt sich im wesentlichen an frühere Vorbilder an. Man kann es eher als eine besonderen Zwecken angepaßte Modifikation bezeichnen.

Was die Triebkraft betrifft, so gingen wir vollständig von der für arktische Schiffe geltenden Tradition ab und nahmen die bei der Handelsmarine übliche Form an. Bisher hatten die Polarschiffe volle Segelausrüstung (eine als Vollschiff getakelte Bark war am beliebtesten) und Hilfsmaschinen von oft erstaunlich geringer Kraft. Man konnte dabei Kohlen ersparen, und doch in langsamer Fahrt lange Strecken zurücklegen und jahrelang wegbleiben.

Die »Roosevelt« ist ein kräftiger Dampfer mit der größtmöglichen Maschinenkraft und einer nur geringen Segelfläche. Es ist meines Erachtens keine Frage, daß dies das richtige Prinzip ist, nach dem ein modernes Schiff, um mit Nutzen für polare Zwecke verwendet zu werden, gebaut werden muß. Der Smith-Sund oder die »amerikanische« Route eignet sich besonders für diese Methode. Es ist eine Küstenreise, es ist leicht, Kohlendepots anzulegen, die ganze Schwierigkeit konzentriert sich auf eine wenige hundert Meilen lange Fahrt durch schweres Eis, und es besteht jederzeit die Möglichkeit, auf der ganzen Route Kohlen in Bereitschaft zu halten.

Die »Roosevelt« hat Maschinen, die tausend Pferdekräfte entwickeln können. Es sind Compoundmaschinen, die eine Schraube von elf Fuß Durchmesser treiben. Der Dampf wird in zwei Röhrenkesseln und einem schottischen Kessel erzeugt. Die Takelage, die den Vorzug der Leichtigkeit besitzt, ist die eines leichten amerikanischen Dreimast-Schoners. Man darf nämlich nicht vergessen, daß jedes Pfund, das an Takelage und Ausrüstung gespart wird, ein Pfund mehr im Kohlenraum bedeutet. Sie bietet ferner bei Gegenwind nur wenig Widerstand, genügt aber doch, bei günstigem Wind die Maschinen kräftig zu unterstützen und dem Schiff die Heimfahrt zu ermöglichen, falls der Kohlenvorrat erschöpft sein sollte.

Nun die Konstruktion! Die Festigkeit des Schiffes muß so groß sein, daß es der fürchterlichsten Eispressung Widerstand leistet und seine Form beibehält. Es darf keinen Schaden leiden, ob es nun mitten im Rasen der Schollen nur an beiden Enden oder in der Mitte aufliegt, oder ob es auf das Eis hinaufgeschoben und auf seinem Boden ruht. Das Eis zu brechen, ohne daß die Nähte und Verbolzungen gesprengt werden, muß es jederzeit imstande sein.

Es ist ein allgemein verbreiteter Irrtum, daß Stahl das geeignete Material für den Bau eines Polarschiffes sei. Ein Stahlschiff wird trotz seiner festen Struktur durch die rauhen, felsähnlichen Zacken und Ecken des schweren Polareises merkwürdig leicht verletzt. Die Elastizität, Zähigkeit und Biegsamkeit der Schiffsseiten aus dicken Holzplanken sind wesentlich für ein Polarschiff. Aber die hölzerne Beplankung muß von außen durch Stahlplatten geschützt sein, um dem Eis nirgends einen Angriffspunkt zu bieten. Die Methode des Kompositschiffsbaues soll auch im Innern des Schiffes Verwendung finden, um das Gewicht zu verringern und gleichzeitig die Festigkeit zu erhöhen, ohne daß das feste Gefüge der inneren Verankerung leidet.

Im Interesse der Festigkeit erhielt die »Roosevelt« dreifache Spanten, und Kiel, Kielschwein, Vorder- und Hintersteven von außergewöhnlicher Stärke. Die Beplankung ist eine doppelte. Die Decksbalken und besonders die Zwischendecksbalken, die gerade unter der Wasserlinie liegen, sind außergewöhnlich schwer und liegen dichter als üblich. Zahlreiche Seitenstützen und starke, die Balken mit dem Kielschwein verbindende Pfosten, in der Längslinie verbundene Platten an den Wassergängen und den Oberdecksbalken und Querschotten dienen dazu, das Schiff noch fester zu machen. Im Interesse der Leichtigkeit gibt es keine Zwischendecksbeplankung, keine überflüssige Ausrüstung im Innern, und Spieren und Takelwerk sind so leicht wie möglich. Kiel, Loskiel und die Kielschweine bestehen aus Eichenholz und bilden ein festes, sechs Fuß hohes Rückgrat für das Schiff. Der Vordersteven ist ebenso wie der Ruder- und Schraubensteven aus massivem Eichenholz, und der erstere hat in der Achse des Schiffes eine Tiefe von sieben bis zehn Fuß, um beim Rammen des Eises die Stöße aufzufangen. Die eichenen Spanten stoßen fast aneinander, und bestehen aus einer dreifachen Holzlage, die untereinander durch Bolzen verbunden sind, damit sie an Widerstandsfähigkeit gewinnen. Auf die Spanten wurden von außen zwei Plankenlagen gelegt, die innere aus Yellow Pine, die äußere aus Eiche. Die Schiffsseiten haben eine Dicke von vierundzwanzig bis dreißig Zoll.

Um diese schweren Seiten vor Zertrümmerung zu schützen, waren sie durch schwere Decksbalken, die ungewöhnlich dicht gelegt wurden, und eine tiefere Lage von schweren Balken gerade unter der Wasserlinie versteift, die mit Stahlstreben, Kniestützen und Pfosten nach den Schiffsseiten und Kimmen starke, sich in Abständen von vier Fuß über die ganze Länge des Schiffes wiederholende Verbände bilden.

Die Unterbringung der Teilnehmer der Expedition in leichten Bauten auf Deck, was nach meiner persönlichen Erfahrung viel einfacher und besser ist als unter Deck, läßt eine stärkere und wirksamere Verteilung dieser Verbände zu, als bei früheren Schiffen möglich war. Das Innere des Bugs, der für das Schiff das ist, was für den alten Gladiator der Cestus war, besteht aus massivem Holz und Eisen.

Das Heck und der Steven sind mit Eisenplatten belegt, und der Ruderpfosten, die Achillesferse der Eismeerfahrer, ist von außergewöhnlich fester Konstruktion. Das Ruder ist so angebracht, daß es auf Deck gehißt werden kann, um wenn notwendig der Macht des Eises entzogen zu werden, und die Schraube ist so eingerichtet, daß sie als zweiflügeliger oder vierflügeliger Propeller verwandt werden kann. Kräftige Ankerwinden, Dampfgangspills und Winden ermöglichen es dem Schiff, sich selber von einen gefährlichen Platz wegzuwarpen und selber wieder loszukommen, wenn es auf Grund geraten ist.

Der Entwurf des Schiffes ging darauf aus, Widerstandsfähigkeit, Triebkraft, Gewicht, Tragkraft, alles unter das Hauptdeck zu legen, und auf Deck Häuser, Verschanzung, Spieren, Segel, Takelung, Boote und Ausrüstung so leicht als möglich herzustellen, um desto mehr Kohlen mitführen zu können. Ferner sollte kein Dollar für unnötige Ausschmückung ausgegeben werden, sondern alles dazu dienen, Widerstand, Tragkraft und Aktionsfähigkeit zu erhöhen.

Der Kiel der »Roosevelt« wurde am 15. Oktober 1904 auf der Werft von Mc Kay & Dix in Bucksport, Maine, gestreckt, und das Schiff lief am 23. März 1905 vom Stapel. Frau Peary zerschlug beim Stapellauf einen im Innern eine Champagnerflasche enthaltenden Eisblock an dem stahlgepanzerten Vordersteven des Schiffs und taufte es »Roosevelt«. Der Einbau der Maschinen begann zwei Tage später zu Portland in Maine und war in weniger als zwei Monaten vollendet.

Die wichtigsten Dimensionen des Schiffes sind folgende:

Länge 184, Breite 35,5, Tiefe 16,2 Fuß; Bruttoraumgehalt 614 Registertonnen; größtes Deplacement bei voller Ladung ungefähr 1500 Tonnen. Das Rückgrat des Schiffes, nämlich Kiel, Mittelkielschwein, Vorder- und Hintersteven, ferner Spanten, Schandeck, Wassergänge und Kielgang bestehen aus weißer Eiche. Balken, Seitenkielschwein, Deckwegerung, Zwischendeckwassergänge, Kimmgänge, Garnierung und Innenbeplankung aus Yellow Pine. Außenbeplankung aus weißer Eiche und die Decks aus Oregonkiefer. Sowohl die Innenbeplankung wie die eichene Außenbeplankung vom Bug bis zum Heck und vom Schandeck bis zum Kielgang sind verklinkt. Für die Verbolzung sind galvanisierte Eisenbolzen verwendet, die durch beide Plankenlagen und die Spanten gehen und an der Innenseite der Wegerung auf Unterlegscheiben vernietet sind.

Von besonderen Eigentümlichkeiten des Schiffes sind zu erwähnen:

An der Form: ein stark überhängender Vordersteven und ein keilförmiger Bug; scharf abfallende Seiten, die dem Eis keinen genügenden Angriffspunkt bieten; eine volle Pik, um das Eis von der Schraube fernzuhalten; ein stark überhängendes Heck, um den Propeller noch weiter zu schützen, und ein überfallender Hintersteven.

Besonderheiten der Konstruktion: die obenerwähnten ungewöhnlichen Vernietungen; der außergewöhnlich starke Einbau von Balken und die Verstärkung der Seiten, um Pressungen Widerstand zu leisten; die Einführung ineinander verschränkter Eisenbänder, um das Schiff gleichsam zusammenzubinden; die Verlegung der Zwischendeckbalken und Wassergänge in die Wasserlinie anstatt in die Schandecklinie; ferner die durchgehende Innenbeplankung von den Seitenkielschweinen nach den Oberdecksklampen und die Anbringung der Zwischendeckgänge, Wassergänge, Decksklampen und Kimmgänge im obern Teil der Verkleidung; der fast massive Bug, da, wo er dem Anprall des Eises ausgesetzt ist; die kräftige und ungewöhnliche Verstärkung des Ruderpfostens, um eine Verbiegung zu verhüten; die Möglichkeit, das Ruder aufzuhissen, wenn ihm vom Eise Gefahr droht; der Schutz des Vorderstevens und Bugs durch schwere Stahlplatten; der Schutz der äußeren Beplankung durch eine zwei Zoll dicke Eisenhaut.

Besonderheiten der Takelung: die Masten bestehen aus einem Stück; ganz kurzes Bugspriet, das an Deck geholt werden kann, wenn das Schiff durch Eis von bedeutender Höhe fährt; die Takelung ist die eines Dreimast-Schoners mit großen Ballon-Stagsegeln. Die »Roosevelt« trägt vierzehn Segel, einschließlich der Sturmstagsegel, und ihre Segelfläche ist etwas geringer als die eines dreimastigen Küstenschoners von gleicher Größe.

Besonderheiten der Maschineneinrichtung: das Schiff enthält eine Compoundmaschine von fester Konstruktion, eine ungewöhnlich schwere Welle aus Schmiedestahl von zwölf Zoll Durchmesser, eine kräftige Schraube von elf Fuß Durchmesser, deren Flügel eine große Oberfläche haben und die im Fall eines Bruches auswechselbar sind, eine dreifache Kesselanlage, Einrichtungen, um in den Niederdruckzylinder Dampf einzulassen, wenn die Dampfkraft für kurze Zeit bedeutend erhöht werden soll. Der Schornstein ist von elliptischem Querschnitt, wie auf Kreuzern gebräuchlich, um dem Wind geringeren Widerstand zu bieten.

Mit dem besten Material und der größten Sorgfalt ist das Schiff erbaut worden, und es hat die Erwartungen erfüllt und sich als das geeignetste erwiesen, das je in den Dienst der Polarforschung gestellt worden ist.


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