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Siehe, schon war die Stunde der heißersehneten Landung Jetzt an dem Abend genaht; schon rief, vom Borde Karthago's, Schimmernd, die Kaiserflagge zum Kampf! Von dem Zug' an den Küsten Kehrte Ulloa zurück', ein Trauernder, ob des Gefährten, |
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5 | Der, mit dem Schiff' in den Grund gebohrt, dem Heere geraubt ward. Selber bewegt, rief doch den am Bord versammelten Feldherrn, Wo er des Angriffs Weise berieth, der Kaiser, erheitert: »Jetzo, das Höchst' im Blick, laßt uns die Trauer beherrschen, Die uns die Brust erfüllt – jetzt muthig und rasch an die Landung! |
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10 | Gegen Zafrano hinaus, an der Meer'sbucht östlichem Saum hin Schiffen, den Feind zu täuschen, wir erst; dann, kehrend im Eilflug, Bleib' uns zur Linken der Wasserthurm, zur Rechten der Salzthurm: Wir erring das Ziel, wo Ulloa erspähte die Anländ. Segen mit euch im schrecklichen Sturm und Drang der Entscheidung!« |
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15 | Jen' enteilten. Ihm trat, voll demuthheuchelnden Mißtrau'ns, Muley Hassan entgegen im Raume des Schiffs, und begann so: »Herr, dich dränget dein Herz in den Kampf! Der Weltenerschaffer Gebe dir Ruhm; doch soll ich, indeß du im Felde dich abmühst, Müßig weilen am Bord? Gewähre mir eines der Schiffe, |
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20 | Das mich schnell nach der Meeresbucht von Kabesch, dem Städtchen Führe, wo mir, zum Trost, die tapfern Bewohner noch treu sind, Auch das kühne Gebirgsvolk dort schon harret des Aufrufs: Abzuschütteln das Joch von Hairaddins grausamer Herrschaft. Dorther schaff' ich dir bald Hülfsvölker, und schaffe dir reichlich |
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25 | Mundvorrath für das Heer, das solchen entbehrt in Karthago's Wüstem Gefild, wenn fern des Krieges ersehnetes Ziel winkt.« Sagt' es mit scheuverwendetem Blick'. Ihm entgegnete jener: »Hassan, du bebst, und starr'st umher im zweifelnden Mißtrau'n? Fasse nur Muth! Gleich soll das schnellhinsegelnde Schiff dich |
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30 | Führen nach Kabesch hinauf; dann kehr' im Glücke mir wieder.« Also der Kaiser, und sah dem raschenteilenden Fürsten, Sinnend, nach: er hatt' ihn errathen. Doch jetzt ihn zu rüsten Trug ihm mit heiterer Stirn' Ernest, der grauende Reiter, Den der herrliche Max, sein ruhmvollthronender Vorfahr, |
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35 | Liebte mit Vaterhuld, das treffliche Schwert und die Spornen, Auch den Harnisch und Helm aus dem hüllenden Schranke herüber. Silbern strahlte die Wehr', umrändert mit goldenem Laubwerk, Ihm von der Brust; hell blitzte der goldene Kamm von dem Helm her, Deß' stahlblinkendes Dach kein damaszenischer Säbel |
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40 | Je durchhieb', und das Schwert umfaßte des Wehrgehängs Purpur, Funkelnd von Perlenreih'n, und blitzend in Edelgeschmeides Wechselndem Farbenglanz. So stieg er, gerüstet, zum Bord' auf. Dort entblößt' er den Stahl: ein Ruf erscholl aus dem Schiffsraum, |
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45 | Wetterschweres Gewölk' auffleugt: da regt sich kein Lüftchen; Brüllend kehren die Heerden heim; die kreischenden Vögel Flieh'n zum Gehölz', und es fährt die häusliche Schwalb' in dem Hofraum, Wechselnden Fluges, umher, dem Boden nah', und die Lachen Streifend mit fächelndem Fittig – der Mensch, im Busen beklommen, |
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50 | Stehet verstummt; doch jetzt aufblitzet es, kracht es herunter: Flammen entprasseln dem Dach', und fernher sauset der Hagel: Also die Stille zuvor, eh', landunggebiethend, der Ausruf, Donnernd, erscholl, und d'raus, wie ein Strom entstürzet der Schleußen Weiteröffnetem Thor', und Wogen auf Wogen sich drängen: |
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55 | Also strömten vom hohen Verdeck' in die flachen Galeeren Drängende Scharen herab, und ordneten schnell sich in Reihen, Während der Reiter das Roß festhielt an dem Zaum: denn gewahrend Drüben das Land, umtobt' es im Raum des engenden Fahrzeugs. Gegen Zafrano hinaus, dem spähenden Feinde zur Täuschung, |
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60 | Strebten sie erst, und eilig dahin entsandt' er die Horden Seines Volks: da flog an dem fernen Gestade der Staub auf (Aehnlich dem Nebel, der, nach dauerndem Regen des Herbstes, Dicht am Gebirg fortwallt) durchblitzt von den Waffen der Krieger, Und verwirrtes Getös', und Geschrei, und das Wiehern der Rosse |
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65 | Brausete laut von der staubverhülleten Küste herüber. Wieder ertönt' ein donnernder Ruf vom Borde des Kaisers: Siehe, und dieser galt, zum Sturm' aufbiethend die Krieger! All' aufschrie'n zugleich vor jubelndem Muth', und, die Seiten Wendend, flogen vereint die Galeeren zum herrlichen Ziel hin. |
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70 | Von den Rudern gepeitscht, aufschäumte das Meer, und der Fahrwind Saust' in dem Segelgewölk der dichtnachfolgenden Schiffe. Solches gewahrend, sandte der Feind unzählige Kugeln Von dem fernen Gestad' und den Wällen der Veste Goletta. Schrecklicher Donner erscholl. Doch als die Gegner, dem Salzthurm |
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75 | Nah', vorstürmten im eilenden Lauf: da wendete blitzschnell Wechselnd, der Steuermann die räumigen Seiten des Schiffes Nach dem bevölkerten Land. Sie spie'n aus flammenden Schlünden, Wie der Hagel prasselt, und saust, die Saat des Verderbens, Brüllend, hinaus: von nah' und fern aufbrannten die Hütten, |
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80 | Und des Feindes Geschütz lag rings, vernichtet, im Staub dort; Seine Horden entfloh'n, und Goletta's Donner verstummte. Dreimal die Länge des Manns, schied noch ein Raum die Vereinten |
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85 | Allen zuvor, den feindlichen Boden errang, und es wähnten Dort die Krieger noch lang': es schwanke der Boden, und weiche Unter den Füßen zurück. Rasch hüpften die muthigen Rosse Nach dem Strande hinaus; der sandigen Bahn sich erfreuend, Hüpften, und sprangen, und schlugen sie aus, und wieherten laut auf. |
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90 | Scharen auf Scharen entstiegen dem Bord', und bedeckten das Ufer Weitumher, wie im Morgenwind' aus tieferen Thälern, Kräuselnd, der Nebel sich hebt, und des Bergs Abhänge verhüllet. Doch nun trat im schimmernden Waffenschmucke der Kaiser Freudig an's Land, und hob sich im kreisenden Schwung' auf das Streitroß, |
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95 | Das, von erles'nem Blut und Geschlecht', und herrlich gestaltet, Auf Andalusiens blühender Flur, freiweidend, heranwuchs. Als er, die Reihen entlang, hinflog auf dem schnaubenden Rosse, Tönte Gejauchz' ihm nach; er rief den Geordneten also: »Krieger, wir stehen auf Feindes Land, wo herrlich des Ruhmes |
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100 | Laufbahn glänzt, und Gott uns ruft zur Christenerrettung! Schweben die Sieg' euch vor entschwundener Jahre? Gedenkt ihr Eures errungenen Ruhms, nicht harrend entflammenden Ausrufs Tapfer zu seyn? Ihr denkt's: denn Muth in den glühenden Augen Seh' ich, der nur vorwärts strebt, und voll Todesverachtung |
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105 | Lächelt im brausenden Sturm der Donnergeschosse. Nur haltet Eisern auf Mannszucht stets, und auf Ordnung. Wer solche verschmähet, Schafft Unheil sich selber, und schafft dem Heere Verderben. Ha, schon nahet der Feind! Jetzt vor: in geschlossenen Reihen Greift die Unzähligen an, und erringt euch herrlichen Siegsruhm!« |
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110 | Sagt' es, und hieß nun links und rechts die Flügel des Heeres Rasch vorgeh'n, und eilen, gesondert, des Vorder- und Nachzugs Ordnungen, er in der Mitte zugleich mit dem tapferen Guasto, Ueber Hispania's Volk, und Oestreichs Scharen gebiethend. Siehe, den Vorderzug, der tausend tyrolische Schützen |
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115 | Zählete – sie, vor allen geübt, das Schwarz' in den Scheiben Und in dem Busen das Herz aus dem schmetternden Rohre zu treffen, Führete Lichtstein vor, und es folgten ihm, leuchtenden Blitzes, Tausend Reiter, Bohemia's Söhn', in Eisen gehüllet; Aber das Fußvolk, das in dem Heere das Leichte benennet, |
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120 | Und aus den Reih'n der allvereinten Völker erwählt war, Rief Toledo in's Feld: fünftausend erlesene Krieger. Links an dem Flügel des Heers, Lusitania's Krieger und Flanderns, Einend, schaltete Ludwig, der Held, und zehenmal tausend Krieger zu Fuß gehorchten ihm. Rechts, an der Zahl und an Kampfmuth |
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125 | Gleich, gehorchten Alarkous Ruf Italia's Völker. Diesem zur Seit', entboth dreitausend geharnischte Reiter Alba zum Kampfe und, jenem gesellt, beherrschte der Sprößling Hunyadis, gleich an der Zahl, roßtummelnde, kühne Magyaren. Aber im Nachhalt stand, mit dem tapfern Mendoza, der Ritter |
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130 | Edele Schar, und zugleich den Blick auf den Heldengebiether Eberstein, gerichtet, der Hauf' gewaltig Deutschen. Jetzo mit Allah-Geschrei und wildauftobender Mordgier |
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135 | Dunkel die Gluth aus dem saftigen Holz, nur qualmender Rauch steigt Auf in die bläuliche Luft: so umhüllte der Staub die Umgegend. Dragut jagte die Scharen heran. Voll glühender Mordlust Sah er nur Feindes Blut, und dachte, die landenden Haufen Schnell zu erwürgen im Kampf; doch jetzt, die Geordneten schauend, |
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140 | Saß er erstarrt, und stumm in dem Sattel: ihm stockte der Odem. Dann aufstöhnet' er laut, und rief zu den folgenden Scharen: »Mußte sie heute so bald entflieh'n die neidische Sonne, Uns nicht gönnend den Ruhm, des Feindes verächtliche Haufen Schnell mit würgender Hand vom Antlitz der Erde zu tilgen? |
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145 | Aber sie schaue noch hier mit den letzten, verlöschenden Blicken Unseren Sieg, und die Erde, von feindlichem Blute geröthet.« Und er entriß alsbald dem Numidier, fluchend, den Bogen, Zielte, und schoß: da schwirrte der Pfeil in der sausenden Luft hin, Und durchbohrte die Brust Waldsteins, des tapferen Feldherrn, |
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150 | Der aus den Mauern Prags, Bohemia's glänzender Hauptstadt, Kühn in den Kampf auszog, und daheim die Mutter und Gattinn, Jammernd, verließ. Sie harren, und schau'n durch quellende Zähren Oft nach der Straße hinaus, die er ging, und harren vergeblich Freudigen Wiederseh'ns: ihn decket die Erde von Tunis. |
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155 | Seitwärts sprang sein Roß, und er sank, festhaltend den Zaum noch, Häuptlings hinab, und färbte mit glühendem Blute den Boden. Draguts Hohngelächter erscholl; zu den Seinen sich wendend, Rief er grimmig: »Seht, der Himmel verkündigt den Sieg uns, Der die mordende Spitze gelenkt! Ein feindlicher Führer |
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160 | Schläft dort, blutend, im Staub', und wird wohl nimmer erwachen. Ha, nichts sehnlicher wünschte mein Herz, als alle mit einmal Also vernichtet zu schau'n, daß keiner entrönne dem Tod hier!« All' aufbrüllten zugleich: Numidier, Mauren, und Türken; Schwangen den ragenden Speer, und tummelten feurige Ross' um. |
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165 | Dicht, wie Flocken des Schnees herstürmt der heulende Nordwind, Flog ihr Geschoß: hellschwirrende Pfeil' und schmetternde Kugeln, Sausenden Lanzen vermengt. Da fiel in den Reihen des Vortrabs Mancher der Männer – es wälzten sich blutende Ross' in dem Staub dort. Doch schon brauste mit reisigem Volk' und verhängetem Zügel |
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170 | Lichtstein hin, um mächtiger, vorgebeugt aus dem Sattel, Einzuhau'n, links, rechts, in die wimmelnden Haufen, und Haufen Sanken in Ströme von Blut. Tyrols kampfrüstige Schützen, Mit Toledo's erlesener Schar den Reisigen folgend, Eilten im Sturmschritt vor, und feuerten rasch in die Reihen |
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175 | Tödliches Blei: nun einzeln, dann vereint, im Gekrach, hin. Hunderte stürzten, und jetzt, ergriffen von Angst und Entsetzen, Wandte den Rücken der Feind: er floh in dem stäubenden Feld fort. Bald schied unabsehlicher Raum die Streitenden. Guasto, Nahend dem Herrscher voll Hast, erhob die warnende Stimme: |
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180 | »Schnell entfloh der Feind; doch wie, so er, sinnend auf Unheil, Uns zu erlauern im Hinterhalt, den Rücken uns wendet? Hemme des Vortrabs Lauf, und gebiethe des Lagers Umwallung, Da noch Rogendorf an dem Strand des Meeres sich abmüht, Auszuschiffen die Wucht des ehernen Donnergeschützes, |
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185 | Auch die dunkele Nacht, gefahrendräuend, herabwinkt.« Also der Greis, und Gewährung ersah er im Auge des Kaisers. Einer der Herolde, die, rittfertig, und stets an der Seit' ihm Harrten des Winks, hinüber, herüber zu jagen im Schlachtfeld, Eilt' im Fluge hinaus, und rief sein »Halt!« an die Scharen, |
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190 | Die, an die Stelle gebannt, zugleich dem Worte gehorchten.
Drüben auf schmählicher Flucht riß Dragut den schnaubenden Läufer |
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195 | Daß er, des sterblichen Leibes beraubt, nicht lenkte die Feldschlacht Mehr, nicht Gemetzel geboth, und gräßliche Länderverheerung. Leise haucht' er ihm jetzt an die Seele den schmähenden Vorwurf: »Dragut, du fliehst, nicht erwägend den Ruhm des entschwundenen Lebens, Nicht die Worte voll Muths und glänzender Siegesverheißung? |
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200 | Kehr' in Eile zurück: so folgen die fliehenden Scharen Schamerfüllt, dir alle; wo nicht, so suche dir selber Ruhm in dem einzelnen Kampf. Vielleicht gelingt es dir heut noch, Glücklich bewahrt, hier deinen ergrimmtesten Gegner zu tödten.« Als er des Geisterruf's erregende Laute vernommen, |
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205 | Wüthete Dragut noch mehr: er spornte den fliehenden Haufen Oft sein Streitroß vor, und trieb noch diesen und jenen, Scheltend, zurück'. Ihm horchte der Maur' und muthige Türk nur: Denn der Numidier floh g'en Tunis in Eile hinüber. Sieh', oft naht in dem Feld der Furcht erstarrendes Schreckbild |
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210 | Nur dem Feigen: er wankt; dann fleugt es vom Gliede zum Glied hin, Und der Tapfere wankt mit dem Feigen: sie wenden den Rücken All', und entfliehn. Wie fern auf dem Meere der brausende Sturmwind Wogen auf Wogen wirft, und Schiff' an Schiffen zerschmettert: Also stürzen sie fort, verderbend, und weder des Führers |
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215 | Scheltender Ruf, noch Strafe dereinst hemmt jetzo die Flucht mehr: Denn unbändige Furcht ergriff die ausreißenden Scharen. Aber so weit wie ein Ball, vom schmetternden Rohre geschleudert, Fleugt, schied drüben ein Raum nur mehr Toledo's und Lichtsteins Krieger vom Feind', als Dragut, von starrendem Staunen gefesselt, |
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220 | Hemmte das feurige Roß. In fest geschlossenen Reihen Harrten die Christen sein, und der wahllosen Scharen, und standen Ruhigen Blicks. Da rief er die schmähenden Worte herüber: »Seh' ich vor Todesfurcht in Stein verwandelt die Helden? Kommt, wenn Einer es wagt, ja zehen, und dreißig, und fünfzig, |
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225 | Gegen mich anzukämpfen im Feld, wie dort auf Granada's Flur mein Volk, der Rittersitte wohl kundig, mit euch focht, Eh' uns Verrath und Uebermacht Hispania's Herrschaft – Fluch dem Frevel, entriß! Nun kommt, mir werde der Ruhm dann: Keiner obsiegte der Macht des Satanbändigers Dragut!« |
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230 | Schon aufbrauste zuvor des Prahlers Worten Toledo's Heldenbrust; doch, als ein Nahme von drüben heran scholl, Welcher der schrecklichst' ihm war, und verhaßteste aller auf Erden, Da hielt er sich nicht mehr; er spornte sein schnaubendes Reitroß Auf die Fläche hinaus, und schrie dem Wüthrich entgegen: |
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235 | »Ha, nur dich, den Räuber des edelsten Weibes, des meinen, Suchte mein glühendes Aug': nicht wirst du künftig mehr prahlen!« Also mit lautem Gejauchz' aufschwang er den blitzenden Degen Ueber des Gegners Haupt, und es wäre, zerschmettert, gesunken, Wenn nicht Attila schnell, wie ein Blitz, der oben im Nachtgrau'n, |
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240 | Leuchtend die Wolken durchzischt, heruntergezogen, sein Streitroß Drängte zum Seitensprung: denn fühlbarer nahen dem Thier noch, Und in den Nächten zumal, des Geisterreiches Bewohner, Bald vom Zorn gereitzt, und bald nur neckenden Launen Folgend: da schmiegt sich die winselnde Dogg' an die Fuße des Menschen, |
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245 | Der mit Verwunderung horcht, und hinaus in das schweigende Nachtgrau'n, Schaudernd, starrt; im Gehöft' aufflattern die kreischenden Hühner; Laut mit Geschrei entstürzen die Vögel dem Wald', und die Hirschkuh Fährt aus dem rauschenden Laub' in die Höh', und horchet mit Beben: Denn hell blitzte der Geist an dem Auge des schlummernden Thier's hin: |
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250 | So, von dem Geiste geschreckt, aufsprang der schnaubende Rappe Draguts. Ihm zerhieb Toledo's sausender Mordstahl Nur die bärtige Wang', und sie blutete. Siehe, nicht säumte Dragut, und vorgebeugt, durchrannt' er die Linke Toledo's Jetzt mit dem mächtigen Speer, daß schnell der leitende Zügel |
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255 | Ihr entsank! Ein schrecklicher Kampf, und im Kampfe der Tod nur, Hätte die beiden getrennt: da flog, gesendet von Lichtstein, Hanno, der Stabs-Herold, an die Seite Toledo's; er faßte Dort sein Roß an dem Zaum', und führt' es zurück' in die Reihen. Jammernd folgt' ihm der Held: er dachte den Gegner zu tödten. |
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260 | Dragut knirschte vor Wuth, und entwich: das Strömen des Blutes Raubt' ihm die Kraft. Nun rief er dem maurischen Scharengebiether: »Muhamed Temtes, ein Hort sey du des tapfersten Volkes, Und ein Zeuge vor Hairaddin mir: nicht erbebend in Feigheit War' ich gewichen dem Feind. Die blutende Wunde zu stillen, |
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265 | Eil' ich zur Stadt, wo mir der kräuterkundige Diener, Hugo, umhüllen sie soll mit dem weheinschläfernden Balsam, Und bald kehr' ich zurück', allwärts ein Schrecken der Gegner.« Also jagt' er davon: doch jener den kommenden Scharen Kühn entgegen zu kämpfen, bereit, sah forschend zum Rückhalt: |
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270 | Denn er hörete dort unfreundlichen Donner; vernahm auch Würgender Feinde Geschrei, und ihm pochte das Herz in dem Busen. Doch, wer ordnete dort die entscheidende Rückenbestürmung? |
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275 | Mächtig bestreichen ließ aus ehernen Schlünden und Mörsern! Donnergebrüll' erscholl ringsum; aufwirbelte Sandstaub Nah' und fern', und die Feind' entstürzten vor Schrecken den Reihen. D'rauf verließ er den Bord mit fünfzig der tapfersten Ritter, Tausend Kriegern gesellt, drang vor, und wüthete, mordend |
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280 | Jetzt in dem Rücken des Heer's. So wüthet die nächtliche Windsbraut Durch das Föhrengehölz: der Eigner jammert am Morgen, Schauend die Stämm' auf Stämme gehäuft, in grauser Verwüstung. So im Gesicht von Lichtstein, so in dem Rücken von Malta's Kühnem Helden bekämpft, ausriß in wilder Verwirrung |
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285 | All' das unzählige Volk, und wandte nach Tunis den Lauf hin.
Hairaddin trabte den stäubenden Weg mit den Schrecklichen näher: |
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290 | Denn wo es galt, und, gehemmt, die Wage des Schlachtengeschickes Schwankte, da mußten sie vor, zu erringen des eisernen Feldes Herrlichen Preis, und zu steh'n, muthfest, im Kampf der Entscheidung. Als er den wirbelnden Staub, und im Staube die fliehenden Haufen Gegen sich kommen sah: da erwog er im Herzen, noch zweifelnd: |
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295 | Ob er den Schrecklichen erst die Losung gebe zum Morden, Um in dem Blute der Feigen den Grimm zu sänftigen; oder, Scheuend den Wankelmuth der Tunisier, heute noch schone? Gleichwie im Aethergefild der schiffaufstürmende Luftball, Jählings vom Flammenhauche gerafft, des mächtigen Windes |
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300 | Wechselndem Strom' zu Beut' umfleugt, und nimmer des Schiffers Leitung gehorcht, nun hier- nun dorthin schwebend im Luftraum So, daß Grauen ihn faßt, und sinnverwirrender Schwindel: Also wankt' er umher. Ihm nahete Muhamed Temtes Jetzt mit dem flüchtenden Volk'. Er riß sich, ergrimmter, den Säbel |
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305 | Von der Hüft', und schlug mit der Breite der Klinge den Feldherrn Ueber die Stirne, daß ihm aus den Augen sprühten die Funken. Aber der Sclave lächelte nur, und folgte von weitem: Denn auch Hairaddin floh, und das Volk nachbrausete zahllos. Schon sank tiefer die Nacht; schon gaukelten kühlere Lüftchen |
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310 | Ueber die See, und ringsumher aus unzähligen Augen Sah der funkelnde Himmel, als die Reisigen Lichtsteins, Kehrend, mit Staunen ersah'n, wie sie, nur im Blute zu ernten, Hier die Garben gehäuft in des Todes entsetzlichem Saatfeld. Auch die Helden des Felseilands mit dem kühnen Gebiether, |
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315 | Kehreten heim in die meerumwogte Behausung (am Bord nur Schlummert der Seemann süß) und dort aufzählend die Scharen, Mißten sie dreißig, im Streit gefallene Krieger mit Wehmuth. Also rang in dem Vorkampf jetzt der erhabene Kaiser Gegen Hairaddins Macht, und der treffliche Lagergebiether, |
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320 | Guasto, begann, im vereinten Müh'n unzähliger Krieger, Dort die schirmenden Wälle zu bau'n, wo er forschenden Blickes, Erst die Stell' erkor, auf welcher Karthago gestanden: Auf daß ihr herrliches Bild, aus Schutt und Trümmern sich hebend, Waffne des Kriegers Herz mit eisernem Muth' in der Feldschlacht. |
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325 | Gegen den Salzthurm hin, im sternnachbildenden Vorsprung Hob erlesenes Volk mit schimmernder Haue das Erdreich, Dämmend, zum Wall. Vor ihm aufgähnte der dunkele Graben, Und das ehrne Geschütz, von schnaubenden Rossen gezogen, Rasselte näher, und stand alsbald, in gemessenen Fernen, |
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330 | Aufgefahren umher, zu wehren dem feindlichen Andrang. Schnell erfüllten des Lagers Raum die jauchzenden Krieger, Dort zu erhöhen in Hast die luftigen Zelte. Sie bohrten Pfähl' in den Grund; dann spanneten sie die schimmernde Leinwand Vom Querbalken des Daches hinab, an haftenden Pflöcken, |
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335 | Gegen der Stürme Gewalt sie festigend, dieß- und auch jenseits. Tausende standen erhöht, und flatterten, tönend, im Nachtwind. Aber vor allen ragte das Zelt des edelen Kaisers, Hochgewölbet, empor. Des höckergestalteten Lastthiers Wolle schirmte von außen das Zelt g'en Wetter und Regen; |
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340 | Innen deckte die Wände Damast, und ein eisernes Feldbett Stand in dem Hintergrund', umhüllt vom seidenen Vorhang. Aber mit Lächeln im Blick, der, rühmend, des Werkes Vollendung Würdigte, sprach der Kaiser, erfreut, zu Guasto, dem Feldherrn: »Herrlicher, so geling' es dir auch am kommenden Morgen, |
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345 | Schnell die Schanzen umher an Goletta zu bauen! Für jetzo Heiß' das Volk ausruh'n in des schirmenden Lagers Umwallung; Nach gehaltener Rast empöre der fröhliche Krieger Zahllos Flammen im Feld, bereite sein Mahl, und gedenke Heiterer Lust: nur möge der Wall nicht ermangeln der Wachen; |
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350 | Auch den Graben entlang mit hellumschauenden Blicken Forschend, die Vorhuth stehen. Ermüdet will ich hier schlummern, Wenn nicht feindlich Geschrei mich weckt im nächtlichen Anfall.« Sagt' es, und ließ sich, gehüllt in den wolligen Mantel, im Sandstaub Nieder. Weder den schwellenden Pfühl, noch köstliche Speisen |
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355 | Kannt' er im Feld': erduldend jegliche Noth und Entbehrung Froh mit den Kriegern. Er lag in dem Kreis' umlärmenden Volkes Dort auf dem Sand', und bald umfing ihn der liebliche Schlummer. Gleich dem brausenden Sturm flog jetzt der Römerbesieger, |
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360 | Denn ihn lockte des Kampfes Getös' mit freundlichem Wohllaut. Wie der muthige Falk', auf Beut' erpicht, in des Himmels Blauem Gezelt nun auf sich schwingt, nun eilender abwärts Fleugt, im wogenden Gras' und im schaurigen Dunkel des Fruchthains Sie zu erspäh'n: so erforscht' auch Hermann das Lager. Sein Haupthaar |
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365 | Quoll aus dem duftigen Helm ihm golden herab auf den Nacken, Und des Ur's aufstarrende Mähn' umfing ihm die Schultern. Muthig schwang er die Keul', und aus trotzigbläulichen Augen Sah er herab, die jetzt, gleich flammenden Sternen, erglänzten: Schauend Germania's Volk und den schlummernden Kaiser, des Volkes |
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370 | Edelsten Hort. Er haucht' ihm, genaht, die erregenden Wort' ein: »Ruhig schlummerst du hier im Kreise der Helden, Erzeugter Meines gewaltigen Stamms! Von den fernen Meeren herüber Kommen die Bothen des Siegs dir spät. Ich künde den Sieg dir Nun zur Freud', und zugleich den Jammer der Wilden, zur Trauer. |
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375 | Dein ist die Herrschaft der Welt: nie wendet die leuchtende Sonne Mehr die Blicke von deines Reichs endlosen Gefilden. Schon dient Mexiko dir; nun bändigt Peru, das Goldland, Deß' unschuldiges Volk der Sonne Kinder sich dünket, Dein Pizarro.Pizarro (Francisco), ein Spanier, von unbekannter Herkunft, ging mit noch andern Abenteurern nach der neuen Welt, verband sich im J. 1524 mit Diego d'Almagro, und eroberte Peru, nachdem er den Inca Atahualba auf eine grausame Art hatte hinrichten lassen. Er war schon früher zum Statthalter der neu zu entdeckenden Länder ernannt worden, und er traf wirklich sehr viele Vorkehrungen zum Besten jener Länder, die um so mehr in Erstaunen setzen, da er nicht einmal des Lesens und des Schreibens kundig war. Er wurde im Jahr 1541 durch einen Anverwandten Almagro's getödtet, nachdem früher dieser von Pizarro zum Tode verurtheilt werden war. Die Stadt Lima verdankt ihm ihre Gründung. Sonst ist sein Nahme mit der Beigabe eines grausamen Eroberers auf die Nachwelt gekommen. (Siehe W. Robertson History of America in II Volumes London 1777) Er nahm Atahualba gefangen, den Inca, |
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380 | Und erwürgt ihn vielleicht: nicht hunderttausende scheuend, Nicht Millionen Volkes, von wenigen Tapfer'n umgeben, Wild, und grausamgesinnt. O, hemme die wüthende Blutgier Jener Verblendeten, die in dem Wahn, Halbmenschen zu würgen, Also freveln! Ich sehe dein Herz erbeben dem Jammer, |
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385 | Den die Ferne dir birgt. Ein gottbegeisterter Priester Deines Volks,Casas (Bartholomeo de las), Bischof von Chiapa in Mexico, im J. 1471 in Sevilla geboren. Schon in seinem 19. Jahre reiste er mit dem Weltentdecker Columbus nach St. Domingo, kehrte aber von dort wieder nach Spanien zurück, um sich im Orden der Dominikaner zum Missionär vorzubereiten. Voll glühendem Enthusiasmus für ein wichtiges Anliegen der Menschheit, stand er beinahe durch 50 Jahre als ein Anwald der mißhandelten Einwohner der neuen Welt da, und schrieb, und unternahm häufige Reisen nach Europa, sie vor dem Throne zu vertreten; doch war das Interesse so vieler Großen dabei gefährdet, und er starb im Jahr 1556 zu Madrid, ohne daß er bedeutende Vortheile für jene erwirkt hätte. Unter seinen Schriften (gedruckt Sevilla im J. 1552) ist auch eine Geschichte von Westindien. (Siehe Perez del Castillop Mex. Hist.) der Kränz' erlesensten würdig, bewaffnet Sich mit erhabenem Muth, die armen, ein rettender Anwald, Kühn zu beschirmen: ihn höre: so wird unsterblicher Ruhm dir. Schlummere ruhig und süß, in dem Kampf dir nah' ich ein Helfer!« |
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390 | Dann aufschwang er sich rasch in die Lüfte: das tosende Lager Hier zu erforschen, und dort des Feindes gewaltige Heersmacht. Aber der Kaiser stöhnt in dem Schlaf'; erhob von dem Boden, Staunend, das Haupt, und sprach halbleise die Worte des Kummers: »Künden, düsterer Ahnung vereint, auch Träume so schrecklich, |
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395 | Meiner Krieger unmenschliche Wuth? Führ't, günstige Wind', ach, Schnell das ernste Geboth der Schonung und christlicher Sanftmuth, Das ich gesandt in dem eilenden Schiff, zu dem fernen Gestad hin!« Lispelte so, und versank von neuem in lieblichen Schlummer. Jetzt nach gehaltener Rast erhoben sich wieder die Krieger: |
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400 | Dürres Reis, und die Trümmer längstgestrandeter Schiffe, Tragend herbei, unzählige Flammen im Feld zu empören. Wie die Sternenheer' erglüh'n am nächtlichen Himmel, Glänzten die Lagerfeuer umher. Da knüpfte der Reiter Sorglich das Pferd an den Pflock, und both ihm den Hafer im Vollmaß; |
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405 | Oder er brachte vom rieselnden Born, in räumigen Kübeln, Ihm die erfrischende Fluth. Nicht enthob er ihm jetzo den Sattel, Wie daheim, als ihm versiegte der Schweiß nach dem Ritte: Denn in dem Felde gebeut des Augenblickes Entscheidung, Fertig zu stehen zur Wehr' und zum raschvorstürmenden Angriff. |
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410 | Andre besorgten den Brüdern das Mahl. Des eisernen Kessels Rußigen Bauch umschlang die Loh', und die emsigen Krieger Hatten das Reismus gar gekocht, die Hammel gebraten, Und vertheilet den Wein mit dem wohlernährenden Kornbrot Jeglichem treu und recht. Bestrahlt von der freundlichen Flamme, |
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415 | Schmaus'ten sie dort, und wechselten stichelnden Scherz und auch Possen, Lautem Gelächter vermengt, und kriegerischtönenden Liedern. Also war auftobender Lärm und Getös' in dem Lager. Aber, gesondert im Kreis', kaum achtend des Mahles und Trunkes, Oder des herzerfreuenden Worts, ergaben die Einen, |
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420 | Heißerpicht auf Gewinn, sich dem trüglichen Locken der Würfel: Schüttelten erst in der hohlen Hand die klingenden lang' fort, Warfen sie dann querhin auf den weitgebreiteten Mantel, Sah'n, und zähleten laut die gewinnaufweisenden Augen. Andre langten die Karten hervor, vieljährigen Ansehns |
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425 | (Hätt' ein Fremder doch kaum den Buben vom König, die Grünen Kaum von den Rothen erkannt) vertheilten die klebenden Blätter, Netzend oft mit der Zunge den Daum, von der Linken zur Rechten, Allen umher, und spieleten Brand, und Bettel, und Mordbrand, Mit aufschlagender Faust und fröhlichem, lautem Gelächter. |
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430 |
Sieh', in dem einsamen Zelt, entfernt von fröhlichen Menschen, |
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435 | Grimmig umdrängten sie ihn, und weckten in seinem Gemüth nur Angst und Verzweiflung: er lag, erblindet bei offenen Augen, Dort auf dem Lager, und starrt' in die Nacht, und stöhnte vor Jammer. Jetzt anlandete Kurd mit dem Kahn, und flog nach dem Lager, Eilenden Laufes, herab. Ein »Wer da?« scholl ihm entgegen: |
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440 | »Gut Freund« gab er zurück, und frug nach Toledo, dem Feldherrn. Aber gewahrend des Mauren Tracht, und feindlicher Arglist Denkend, führeten ihn zwei tapfere Krieger mit Vorsicht Nach Toledo's Gezelt. Nun, dort den Leidenden schauend, Wollten von seiner beklommenen Brust sich die Worte des Trostes |
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445 | Lange nicht lösen. Er stand, erschüttert, und leise begann er: »Hugo's Worte vernimm. »»Wenn hoch an dem Himmel der Vollmond Strahlt, da berg' ich in Grabesnacht, errettet, Mathilden!«« Und ich lenke dich dann zur Felsenhöhle des Oehlwalds.« Forschend irrte Toledo's Aug' an dem seltsamen Fremdling |
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450 | Auf und nieder: er sann, in düstere Träume verloren; Aber ein leuchtender Blitz auf des Jammers nächtlichem Irrpfad War ihm die Vollmondsnacht, der Fels, und die Höhle des Waldes. Stöhnend hob er sich auf, und hing am Halse des Fremdlings, Lautaufweinend. Ein Strom von glühenden Thränen benetzte |
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455 | Diesem die Brust; er floh zum Strand', im gleitenden Fahrzeug Heimzuschiffen, und dort der rettenden Stunde zu harren. Sinam sah schon lang vom ragenden Thurme Goletta's |
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460 | Sturmempöreter Fluth die, aus Wolken brechende Sonne, Plötzlich die Wogen entflammt, daß sie endlos, hüpfend, erblitzen: Also erschienen ihm dort die Lagerfeuer, unzählbar, Und er dachte für heut' auf keine entscheidende That mehr. Unmuthsvoll erforschte sein Herz der Hunnen Beherrscher |
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465 | Attila; flog um ihn her, und reitzt' ihn mit stachelnden Worten: »Sinam, unkriegerisch, träg' und feig', erbebst du den Feinden? Wie, ist dem furchtbar'n Ueberfall nicht günstig die Nachtzeit, Der, verderbender oft als blutige Schlachten, dem Gegner Jammer gebiert? Wie schwach erscheinst du dem Volke; wie haßt dich |
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470 | Hairaddins Seele hinfort, der dir vertraute mit Unrecht!« So vernahm, im Geist, die dräuenden Worte des Geistes Sinam, und blickte verwundert, umher: wer also gesprochen? Doch er fand sich allein; besann sich der Angst, und es färbte Schnell sein blasses Gesicht der Scham hellröthendes Feuer. |
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475 | Jetzo murmelt' er leis': »Ich, Thor, vergrüble die Zeit hier Müßig. Wohlan, der kühne Gedank' – er werde zur That jetzt!« Sagt' es, und kam, und sprach zu Giaffar glühenden Blickes: »Giaffar, stets entflammt dir die Brust die Heldengesinnung, Daß du nicht Tausende scheu'st, wenn rings umdrängender Gegner |
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480 | Schlachtruf schallt, und, empört, der Waffen Getümmel ertönet! Siehe, schon schwinden umher die Lagerfeuer des Feindes, Und schlaftrunken, vom Weine betäubt, hinsinken die Feigen! Auf, wir stürmen in Hast mit den Janitscharen das Lager, Und erwürgen das wehrlose Volk in dumpfer Betäubung!« |
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485 | Jener begann: »Ha, nicht unwichtige Thaten ersinnst du, Schlachtenerfahrener Greis! Bald tilgt, entsetzlich, im Nachtgrau'n Unser Eisen die Schlummernden. Zwar in der Helle des Tages Mir ersehnt' ich den Kampf, nicht auf nachtumhülleten Pfaden; Dennoch will ich dir folgen: gebieth', und ich ordne die Scharen.« |
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490 | Sinam geboth: aufflogen die mächtigen Thore Goletta's, Und die gerüstete Schar zehntausend muthiger Krieger Drang, von Sinam geführt, und Giaffar, eilenden Laufes, Jetzt an die Wälle heran. So weit, als ehrner Drometen Klang dem Horchenden tönet im Feld, noch waren die Krieger |
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495 | Von dem Lager entfernt: da duckten sich alle zum Boden (Sinam geboth's) und schlichen, gebückt, gleich listigen Füchsen Welch', einkrümmend die Ruthe, mit weitvorgreifenden Pfoten So, daß am Gras' ihr Bauch hinstreift, den stillen Gehöften Nahen bei Nacht, um dort die befiederten Schläfer zu fahen. |
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500 | Jetzo, der Vorhuth nah', aufsprangen die Scharen, und furchtbar Tönete Allah-Geschrei, entsetzlich der Stürmenden Schlachtruf, Und, dem Säbelgeklirr vermengt, das Schmettern der Büchsen. Aber nicht schliefen die Schützen Tyrols: sie wachten, der Pflicht treu, Als die erlesene Huth an dem Graben, und weckten im Lärmschuß |
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505 | Eilig, den Wall entlang, die kühnen Gefährten zum Kampf auf.
Giaffar stürmte der erst', und hieb dem kühnen Ramiro, |
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510 | Reichthum die Fülle gehäuft, der köstliche Waaren des Ostlands Vom venediger Freunde bezog, und versandte nach Deutschland; Aber ihn lockte zum Kampf gar mächtig der Kriegesdrometen Schmetternder Klang, auf Afrika's fernen Gefilden, und freudig Hofft' er, mit Siegeslorbern geschmückt, die heimischen Fluren |
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515 | Wieder zu schauen, und dort die Tage der schöneren Zukunft; Doch ihn ereilte des Todes Geschick, und lachenden Erben Wurden die Güter zu Theil des, in Gram hinschwindenden Vaters. Giaffars schreckliche Kraft, verstärkt von kühnen Gefährten, Würgt' auf dem Wall noch drei tyrolische Schützen vom Innthal – |
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520 | Brüder, und stets in dem Heere genannt »das rühmliche Kleeblatt«: Denn, als Jörg, der jüngste, zu FreundsbergsFreundsberg (Georg von Frundsberg, Frondsberg &c. Herr von Mindelheim, geb. 1475 und gest. 1528 daselbst), kaiserlicher Feldherr, wegen seiner persönlichen Tapferkeit und Leibesstärke berühmt, da er ein wildanlaufendes Pferd sogleich fest halten, und den stärksten Mann mit einem Finger von der Stelle drängen konnte. Er bildete sich unter Max I. und Carl V. in der Kriegskunst aus, half dem Letztern die Schlacht von Pavia (im J. 1525) gewinnen, und führte auch das folgende Jahr 12,000, auf eigene Kosten geworbene Krieger, dem kais. Feldherrn Carl von Bourbon, gegen Clemens VII. nach Italien zur Verstärkung zu, wo ihn bei Ferrara, bei einem Aufstand der Krieger wegen rückständiger Löhnung, der Schlag traf, und dann zwei Jahre darauf sein Tod erfolgte. (Siehe Herrn Georgen und Kasparn von Frundsberg ritterliche Kriegsthaten. – Jov. in Elog. Hist.) Fahne geschworen, Eilten auch Günther und Jost ihm nach, zu schwören den Kriegseid Vor dem Vater des Volks, Freundsberg, dem Jeglicher hold war. Immer hielten sie treu und fest zusammen im Leben, |
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525 | Und wo im eisernen Felde Gefahr den einen bedrohte, Bothen die andern die Brust zum Schilde dem Bruder, und dachten, Liebend, des Bruders allein. Am herrlichen Tag vor Pavia Knüpft' an die Heldenbrust der Tapfern ein ehrendes Zeichen Freundsbergs Hand; doch jetzt im nächtlichen Grau'n, in des Grabens |
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530 | Weitaufgähnendem Schlund verhauchten sie, kämpfend, das Leben. Also hätt' in dem Ueberfall noch viele der Christen Tod und Verderben ereilt, und der Feind erstiegen die Wälle; Aber da brach Hardwin, der tapfere Führer der Schützen, Hohes beschließend im Geist, durch Reihen der Gegner. Er hatte |
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535 | Sinam erseh'n, der vor die Würgenden trieb. Ihn zu tödten – So von den Brüdern zu fernen die Noth, vorbraust' er, und zückte Rasch auf Sinam das Schwert. Doch Giaffar, schauend des Feldherrn Grause Gefahr, entboth die Seinen sogleich, und sie flogen Jenem zu Hülf'. Zwar fiel der Schützen gewaltiger Feldherr, |
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540 | Salis, mit eiliggeordneter Macht dem Feind in den Rücken – Drängt' ihn zurück von dem Wall, und häufte Leichen auf Leichen; Aber es wühlten in Hardwins Brust unzählige Säbel Schon: der Tapfere sank, und lächelte heiter im Tod noch. Rogendorf, der stattliche Feldzeugmeister des Heeres, |
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545 | Hörte des Kampfes Getös'. Er saß in dem einsamen Kriegszelt, Trauernd noch stets um den Freund, den ihm entriß das Verhängniß; Doch, wenn Schlachtruf scholl, und ihn hieß, unzähligen Feinden Kühn entgegenzusteh'n: da blitzt' aus den finsteren Wimpern Ihm der Muth, da brachte sein Wink dem Feinde Verderben. |
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550 | Eilig erstieg er den Wall. und geboth dort jeglichem Wurfschütz, Fertig zu harren des Winks zu feuern, mit mächtiger Stimme: »Männer, vor allem gebeut uns die Nacht, dem Donnergeschütz erst Ein untrügliches Ziel zu ermessen im finsteren Blachfeld. Werf't aus dem Haubitzrohr Leuchtkugeln, sausenden Fluges, |
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555 | Ueber die Feinde hinaus, zu erhellen die Gegend, und furchtbar Wüthe sogleich das Donnerrohr in die wimmelnden Scharen.« Sinnig erfand erst jüngst die erleuchtenden Kugeln der Feldherr: Mengte den Salzen Harz, und Schwefel und Kohle dem Spießglas; Dann umhüllt' er mit Werg das Gemeng', und rundete solches. |
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560 | Jetzo des Brandrohrs Saum mit der brennenden Lunte berührend, Warf der Schütz aus dem Haubitzrohre die leuchtenden Kugeln Weit in die dunkeln Gefilde hinaus: sie erhellten, dem Mondlicht Aehnlich, die Nacht. Wie entzündete Luft, urplötzlichen Fluges, Schimmernden Sternen gleich, durchzieht den nächtlichen Himmel; |
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565 | Oder vom lärmenden Kreis' der Jünglinge, tönend dem Faustschlag, Ein gewaltiger Ball, den Rindesblase geschwellt hat, Stolz in die Luft sich erhebt, dann senket: so flogen die Kugeln Ueber dem Feinde dahin. Er staunte dem Wunder, und jetzo Faßt' ihn erschütternde Furcht, als rings erhellet die Nacht war, |
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570 | Die verräterisch ihn preisgab nie geahntem Verderben. Doch schon winkete Rogendorf: da brüllten auf einmal Dreißig Schlünde vom Wall. In die wimmelnden Haufen geschleudert, Warf der Achtzehnpfünder entsetzliche Wucht auf den Gegnern Hundert zu Boden: die andern entfloh'n nach der Veste Goletta, |
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575 | Schreiend, in keuchender Hast, nicht hörend die Stimme der Führer – Sinams Stimme nicht mehr, nicht Giaffars, die in dem Nachzug, Einend das kühnere Volk, dem raschverfolgenden Gegner Bothen die Stirn': denn Salis, der kühnen tyrolischen Schützen Tapferer Hort, nachbrauste den fliehenden Feinden, dem Sturm gleich, |
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580 | Der auf der Heid' im Herbst die bärtigen Disteln dahinjagt, Und er kehrte nur spät von der blutigen Feindesverfolgung. Jetzt, vom Schlummer geweckt durch Kampfgetümmel und Schlachtruf, |
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585 | Sandte des Todes Geschoss'. Er winkt' ihm lohnenden Beifall, Und begann vor Salis, und seinen Gefährten voll Huld so: »Eure Stirn' umkränze des Ruhms niewelkender Lorber! Muthig hab't ihr gekämpft: vor euren zerschmetternden Büchsen Floh'n in Eile die Feinde davon. Zum Lohne des Sieges |
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590 | Sollt' ihr auf jenen, so stolz sich erhebenden felsigen Höhen, Wo in Karthago's rühmlicher Zeit die mächtige Hochburg, ByrsaByrsa hieß die Burg von Karthago, auf dem Gipfel eines steilen Felsens, um welchen ringsher die einst mächtige Stadt Karthago erbaut war. Dort befand sich der herrliche Tempel des Aeskulap, zu welchem man auf 50 Stufen hinanstieg, und in dessen Flammen die Gattinn Hasdrubals, der zu dem Zerstörer Karthago's, Scipio, überging, sich stürzte, nachdem sie vorher im Angesichte der Römer und ihres feigen Gemahls, ihre beiden Kinder ermordet hatte. J. 146 vor Chr. G. (Siehe Vierthalers phil. Gesch. der Menschen und Völker. V. Band.) stand, aufpflanzen die Fahn', und den Lagergenossen Stehen zur Huth auf der weitumschauenden Warte des Landes.« Und er kehrt' in das Lager zurück. Doch jauchzenden Rufes |
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595 | Klommen, von Salis geführt, die tapferen Bergebewohner Jetzo die Felsen hinan. Gern weilt der sinnige Bergfreund Auf den luftigen Höh'n, wo er all' dem niedrigen Treiben, Drängen, und Sorgen der Erd' entrückt, des Himmels Gefilden Näher, so frei und selig sich fühlt; wo das sehnende Herz ihm |
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600 | Höher im Busen schwillt: da er bald des wölbenden Aethers Dunklerer Bläue staunt, bald tief in den schwindligen Abgrund Starrt, und, mit Thränen im Blick des Waldstroms silberne Fluthen Eilen sieht, und des schnellentfliehenden Lebens gedenket. Ach, der Gebirgssohn hängt mit kindlicher Lieb' an der Heimath! |
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605 | Wie, den Alpen geraubt, hinwelket die Blume: so welkt er, Ihr entrissen, dahin. Stets sieht er die trauliche Hütte, Die ihn gebar, im hellen Grün umduftender Matten: Sieht das dunkele Föhrengehölz, die ragende Felswand Ueber ihm, und noch Berg' auf Berg' in erschütternder Hoheit |
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610 | Aufgethürmt, und glühend im Rosenschimmer des Abends. Immer schwebt es ihm vor – verdunkelt ist alles um ihn her! Aengstlich horcht' er. Ihm däucht: er höre vom nahen Gehölz her Wieder das Muhen der Küh', und hoch von den Alpen herunter Glöcklein klingen. Ihn däucht: er höre das Rufen der Hirten, |
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615 | Oder ein Lied der Sennerinn, die, mit umschlagender Stimme, Freudig zum Wiederhall aufjauchzt Melodieen des Alplands. Immer tönt es ihm nach. Ihn fesselt der lachenden Ebnen Anmuth nicht; er fliehet der Städt' einengende Mauern, Einsam, und schaut, aufweinend, vom Hügel die heimischen Berghöh'n: |
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620 | Ach, es zieht ihn dahin mit unwiderstehlicher Sehnsucht!
Aber im Osten schwebte der Mond mit strahlendem Antlitz |
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625 | Dufte gewoben, umher auf den sanftentschlummerten Erdkreis. |