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Jetzo ersah das streitende Volk vom fernen KairwanKairvan (Cairoan, Carvan), eine Stadt im Gebiethe von Tunis nicht ferne von dem Meerbusen von Kabesch. Sie war die erste, welche die Muhamedaner in Afrika, unter dem dritten Kalifen in Syrien, Ottmann, gegründet hatten, und wegen ihrer hohen Schule berühmt. Doch wurde sie, bald nach der Heimkehr Carls V. von Tunis, mit diesem Königreiche vereinigt. (Marmol. Africae L. 6.) Und ConstantinaConstantina (Cuguntina), die Stadt, nach Einigen das alte Cirtha, in Nord-Afrika, liegt auf einem hartzugänglichen Felsengebirge, weßwegen sie überaus fest ist, und gehört nun zu Algier. Zu Anfange des vierten und fünften Jahrhunderts sind da zwei Concilien gehalten worden, von welchen in den Werken des h. Augustinus die Acta aufbewahrt sind. herauf, des wildempörten Hamaddans |
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360 | Dräuenden Flug, und bebte. In tausend gewirbelten Säulen Eilte die Wüst' ihm vor: im Knistern des Feuergewölkes Deckend des Himmels Bläue mit Grau'n und Entsetzen. Die Sonne Blinkete trauernd aus ihr, und goß nur düstere Dämm'rung Ueber die Welt. Ein flammendes Meer aus den schwärzlichen Lüften, |
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365 | Und dem Boden nah', anstürmend, der prasselnde Gluthstrom, Drohte den Lebenden rings urplötzliche, schnelle Vernichtung. Doch zu den Kriegern gewandt, rief laut der erhabene Kaiser: »Sollt' uns der Samyel nah'n, der flammende Menschenerwürger, Da gedenket des warnenden Winks: zur Erde geworfen, |
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370 | Hüll't in Gewande das Haupt, und harr't an dem Boden, nicht athmend, Einige Zeit. Bald tobt der Unhold vorüber – ihr lebet.« Dann noch rief er, den flehenden Blick zum Himmel erhebend: »Allmacht fleugt vor deinem Hauche daher, du Erbarmer; Nah' uns mit Huld, und errett' uns jetzt vor des Samyels Wuth dort!« |
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375 | Und aus dem Aethergefild flog nun, dem strahlenden Blitz gleich, Seraph Eloa herab, den Christen zur Rettung gesendet. Sonst sein Auge so mild wie des Himmels Bläu', und die Stimme Sanft wie Harfengetön, war jetzt entsetzlich zu hören, Furchtbar zu schau'n. Er rief dem Samyel: »Halt, und entweiche!« |
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380 | Und der Schreckliche floh. Auch kehrten die wirbelnden Säulen, Seinem Winke gehorchend, zurück in die einsamen Wüsten. Dann auf Muhamed, der zuvor in dem furchtbaren Gluthwind Nahte, voll heißer Gier, die Christen vernichtet zu schauen, Warf er einen der Blicke herab, der thürmende Felsen |
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385 | Hüb' aus den Vesten der Erd', und aus Nachtabgründen die Meersfluth. Jener entwich. Wie dürres Laub verweht von dem Sturmwind, Schwindet: so schwand er mit seinem Volk. Auch Attila folgte, Schreckenbetäubt, ihm nach; aufheulten die flüchtenden Scharen. Sinam drängete zweimal schon die Christen vom Blachfeld |
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390 | Bis an des Grabens Rand, und so oft, nur schrecklicher warf ihn Ludwig wieder dahin, wo, umhügelt von starrenden Leichen, Giaffar lag, und im Blutbad schwamm: denn heißer entflammte Dort des Getöteten Schau in dem Busen der Seinen des Nordens Schreckliche Gier, daß sie standen im Kampf der Entscheidung, und furchtbar |
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395 | Wüthete jetzo der Tod auf der siegverherrlichten Stelle. Als der Samyel erst, des Seraphs Stimme gehorchend, Heim in die Wüste floh, da weckte sein brausender Odem Hoch in der Luft und im Schooße der Erd' Aufruhr und Empörung. Plötzlich thürmte Gewittergewölk am bläulichen Himmel |
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400 | Furchtbar sich auf, und goß ein mitternächtliches Dunkel Ueber das Waffenfeld, daß der Gegner dem Gegner entrückt schien. Nur das Blitzen des Feuerrohr's erhellte zuweilen Noch das umnachtete Volk, entflammte des starrenden Kriegers Aug', und Harnisch, und Helm, und wies auf dem Feld des Entsetzens |
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405 | Leichen auf Leichen gehäuft. Nun schwankte, den Wellen des Meer's gleich, Unter den Füßen des Kriegers der Grund; des Kampfes Getümmel Schwieg, und »Erdbeben!« scholl's die zitternden Reihen hinunter. Grau'nvoll rauchte das Meer; das Schmettern der Schiff' an die Schiffe Tönete schrecklich, vereint dem Geheul aus der Veste, dem Brüllen |
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410 | Aus dem Gehölz, und rings dem Kreischen des kleinen Gevögels, Das dem erschütterten Wald entstürzte mit kläglichem Angstruf. Jetzt aufflammte der Blitz, und zerriß, von Osten bis Westen Strahlend, die finstere Wolkennacht: der furchtbare Donner Rollt' auf ehernen Rädern ihm nach, und krachte zum Abgrund |
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415 | Dumpf, und dumpfer hinab, an des Himmels drönendem Rand hin. Brausend erhob der Sturm die sandige Fläche; die Fahnen Haucht' er zum Himmel empor, und riß auch die Zelt' in dem Lager Von dem ragenden Pfahl, und wälzte sie fort auf dem Flugsand. Schreckenbetäubt entfloh der Feind; doch Ludewig folgte, |
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420 | Unerschütterten Muth's, dem Flüchtenden nach bis Goletta.
Guasto aufathmete tief; er hielt, von dem Sturme gewendet, |
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425 | Und ans dem Schooße des Abgrunds dräut? Auch stürzet des Regens Prasselnde Fluth nun bald aus dem berstenden Wettergewölk her; Eile nach deinem Gezelt: es trotzte dem schrecklichen Sturm noch, Festeren Bau's; schon fliehen die Feinde vor deinen Erwählten.« Weder der donnererweckende Blitz, noch der schwankende Boden |
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430 | Zog des Kaisers sinnenden Blick vom Kampfe der Helden Ab. Er lächelte sanft auch jetzt, und sprach zu Del-Guasto: »Laß mir den Frieden, o Greis! Ein Gleiches erduldet ihr Tapfer'n Alle mit mir. Wer schirmt vor Gefahr, die hoch aus den Lüften, Tief aus des Abgrunds Nacht uns dräut', als Er, der Erbarmer? |
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435 | Sein ist die Macht! Mir wohnt der Fried' im vertrauenden Herzen.« Doch nun flammte sein Blick, nun bebt' ihm die Rechte; den Harnisch Hob ihm die pochende Brust, und furchtbar scholl's, da er sagte: »Donner und Blitz sind mir die Stimme des Herrn, daß ich eile. Hebe dich nun, mein tapferer Held, an's Werk der Entscheidung: |
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440 | Lenke die Völker heran. Laut brülle sogleich von den Schanzen – Brülle vom Meer das Donnergeschütz zum endlichen Wallbruch, Daß wir jetzt in dem Sturm erringen die Veste Goletta!« Schaudernd blickte der Greis in die flammenden Augen des Herrschers, Horcht' ihm, schweigend, und ging, nun Jedes in Eile zu ordnen. |
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445 |
Schon entströmte der Wolkennacht unendlicher Regen, |
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450 | Starrt, daß auf ihm, lärmfroh, die muntere Jugend der Eisbahn Räume durchfleugt: so erstarrte der Sand, und brachte den Christen Frohen Gewinn: denn geübt, im ermattenden Sande zu laufen, Nahte der fliehende Feind den Thoren der Veste Goletta. Ihm nachbrauste der Sieger im Flug', und Sinam gewahrte, |
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455 | Bebend vor Schrecken und Angst, im nah'umzingelnden Vorsprung, Hier den Gedrängten vermengt die Dränger zugleich, und er rief nun, Rettung gebiethend, dem Volk'. Aufkrachten des mächtigen Thores Flügel, und d'rauf, wie ein Bergstrom braust, wenn hoch von dem Gletscher Niedergerollt, ein Block erfüllet die engere Thalschlucht, |
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460 | Bis er des Bergs Abhang, mit steigendem Grimme, durchwühlend, Bahn sich bricht, und die langgehemmten Fluthen zum Abgrund Wälzet in schäumender Hast: so stürzten die flüchtenden Scharen Sinams durch das geöffnete Thor, mit Lärm und Getümmel. Doch nun sandte der Feind, dem also die Rettung gelungen, |
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465 | Hagelnde Donnergeschoss' und befiederte Pfeile vom Wall her, Jubelnd, und warf aus der Schar der raschnachstürmenden Christen Manchen Tapferen todt in den Staub. Da dachte des Heimzugs Ludwig, der Held, und hieß im drometenden Rufe die Krieger Kehren. Nicht folgte des Feldherrn Ruf Diego Davila, |
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470 | Fahnenjunker im Heer, entsprossen aus Lissabons Mauern, Trotzend auf Jugendkraft, und kühnerer Thaten sich freuend. Als er das Jubeln der Feinde vernahm: da ergrimmt' er im Herzen, Eilte zurück, und klomm, ein kundiger Kletterer, jauchzend Auf an dem Wall', und erhöhte die Fahn' auf den Zinnen der Festung. |
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475 | Jene wehrten es nicht, von erstarrendem Staunen gefesselt; Doch bald wühlten in seiner Brust unzählige Lanzen. Sinkend faßt er die Fahn', und warf sie herab von der Mauer, Sie zu entreißen dem Feind'. Er rief dem getreuen Gefährten: »Albin, rette die Fahne. Sie stand erhöht auf dem Wall hier: |
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480 | Herrlichen Siegesruhm winkt' euch ihr wehender Schimmer; Rette sie kühn, und jenseits noch dir dankt es Davila!« Sieh', er lächelte sanft, und freute sich sterbend der That noch! Aber der Muthige kam, ergriff, von sausenden Kugeln Rings umstürmt, die Fahn', und brachte sie freudig in's Lager. |
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485 | Diesem entströmten jetzt die Tapferen, herrlich geordnet. Rechts hin führete Guasto die Macht hispanischen Fußvolks, Wälschen vereint, und Eberstein, in der Mitte, die Heerschar, Die er in Deutschland warb, nun endlich zu Thaten gerufen. Aber die Macht lusitanischen Volks und brabantischer Scharen, |
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490 | Führete drüben der Held, der Giaffarn siegend erlegte.
Laut erkrachten die Schlünd' und Mörser zum endlichen Wallbruch. |
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495 | Aber entsetzlicher noch, mit den Schrecken der Lüfte vermenget, Scholl das Krachen der Schlünd' umher an der Veste. Der Wurfschütz Rührte des Brändchens Rohr mit der Lunt': im bläulichen Rauch flog Flamm' empor; zurück, dann eilender wieder zur Stelle Rollte der eherne Schlund, und warf durch Feuer und Flammen, |
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500 | Donnernd, im Bogenwurf, die Kugel zur Veste hinüber. So von den Schanzen, und so von dem Meer hinsausten die Kugeln; Aber nicht minder zurück von dem Wall der trotzenden Festung, Sausten im Donnerlaut die schrecklichen her, und hinüber. Rings erbebte der Grund, als sollten die Vesten des Erdballs, |
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505 | Von den Orkanen der ewigen Nacht erschüttert, versinken, Und die Gefild' umher nachstürzen in wüster Zertrümmrung. Drüben umfing sie am Meer, dem silbergehorneten Mond gleich, Doria's wogende Macht. Aus ihres verehrten Gestirnes Bild ihr kam der Jammer gesandt, und die grause Vertilgung. |
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510 | Immer entfuhr die Volle LageDie volle Lage geben, heißt das schnelle Abfeuern aller Kanonen auf der Seite eines Kriegsschiffes. dem Raume des Schiffes, Das sich der furchtbar'n, eiserne Last, aus Rauch und aus Flammen Schleudernden Donnergewalt nachbog, und mit sinkendem Rand noch Streifte die Fluth. Die sanftergossene Fläche des Meeres Rauscht' aufbrandend empor. Bald schäumten die bläulichen Wogen, |
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515 | Bald erglühten sie tief im Glanze des röthenden Feuers, Welches im Flug durchzuckte die Luft. Die Mauern erkrachten – Sanken in Schutt, und dumpf ertönte der Steine Gerassel. Sieh', die Malta gesandt, die nächsten dem felsigen Ufer, Schleuderten sonder Rast nach dem Thurm, der hoch aus dem Vorgrund |
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520 | Ragte, Verderben! Er neigte das Haupt, sturzdrohend, ein paar Mal; Zitterte jetzt, und sank mit grausem Gepolter zusammen: Staub flog auf, und Geschrei, wehklagend, und jubelnd ertönte. Aber der Kaiser rief: »Verdoppelt das Feuer!« So riefen Guasto, und Rogendorf, und jeglicher Schanze Gebiether, |
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525 | Und noch schrecklicher tobte die Wuth des ehernen Feldzeugs. Doria brach von dem Meer' her donnernd, das eiserne Seethor So, daß des Feindes Geschütz dort schon auf dem Walle vernichtet Lag, und verstummt'. Dann öffnete dicht am Thor von Buschatter Ludwig aus seiner Schanz', urplötzlich nach jenem, den Wallbruch, |
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530 | Weit, daß ein Wagen durchfuhr, der heim die Garben vom Feld führt; Aber die breitere Kluft, daß zwanzig der Krieger, gereihet Aneinander, sie leicht durcheileten, sah nach dem Oehlwald, Gähnend hinaus: eröffnet mit Macht aus der Schanze der Wälschen, Die von Toledo verwaist, nun Guasto's Winken gehorchten. |
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535 | Vorwärts stürzte der Wall und die Mauer, und ebnete weithin Dort die ersehnete Bahn den Stürmenden, füllend den Graben. Nun verstummte zugleich am Himmel das grause Gewitter, |
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540 | Fächelnd, erhob. Aus zerriss'nem Gewölk sah bläulich der Himmel Her auf das regenerfrischte Gefild, und die scheidende Sonne Goß aus dem rosigen Duft des Abends Schimmer herüber, Und erhellte gar wunderbar die belagerte Festung. Lauter pochte die Brust des edelsten Kaisers; ihm rief nun |
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545 | Ahnend das Herz: schon sey die entscheidende Stunde gekommen. Jetzt erhob er das Schwert, den Feldherrn Thaten gebiethend, Und sie gehorchten dem Wink'. Auf dem Land und im wogenden Schiffsraum Schwieg, verhallend umher, der ehernen Schlünde Getümmel. So an dem felsumstarreten See verhallet des Waldhorns |
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550 | Klang, den fern im Ruderschiff erweckte der Künstler, Horchenden Freunden zur Lust: nun da, nun dort am Gebirg hin, Tönt er im Widerhall, bis er dann, stets leiser, dahinstirbt. Aengstliche Stille herrschte rings, und beklemmendes Schweigen. All' aufmerkten dem Wink: da zogen in brausendem Eilflug |
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555 | Scharen auf Scharen dahin, und jauchzten der rühmlichen Arbeit. Dort an den Mauerbruch, der weit aufgähnte zum Oehlwald, Eileten Wälsch' und Hispaner, zum Thor von Buschatter die Deutschen; Doch Lusitania's Volk, den Niederländern und Malta's Muthigen Kriegern vereint, erreichte das eiserne Seethor. |
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560 | Tausend ergriffen bei jeglicher Schar die ragenden Leitern: Kühneres Volk, zu erklimmen den Wall im stürmenden Anlauf. Welches der Völker kam dem andern zuvor in dem Wettlauf? |
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565 | Nicht vor allen zuerst? Sie hemmte der kühne Cherusker, Hermann: denn, sein edeles Volk vor Tücke zu wahren, Schwang er in Hast nach Eberstein sich herunter, und rief ihm: »Hemme den rascheren Lauf, vorschauend, und Tücke vermeidend: Weit durchhöhlte der Feind, vor deinem Ziele, des Erdreichs |
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570 | Dunkelen Schooß; ihm nahet die Lunt', und donnernd erhebt sich Bald entsetzlicher Rauch, und Feuer, und wilde Zertrümm'rung.« Jener hemmte sein Volk. Zwar ächzte der Krieger, und Thränen Netzten sein glühendes Aug', im Vorsprung schauend die Fremden; An dem Gewehr' ihm bebte die Faust, und die strebenden Fersen |
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575 | Bohrten tiefere Spur unwilliger Rast in den Sand ein. Doch nun schwankte der Grund: aufflog, die Lüfte verfinsternd, Qualmender Rauch, und Loh', und Wust des berstenden Erdreichs Ueber den Flatterhöhlen umher, die rings an dem Wall sich Kreuzten, erfüllt mit der Last des entflammenden, schrecklichen Zündstaubs. |
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580 | Bebend stürzten die Reihen zurück; aus den Augen der Krieger Glänzte dem Feldherrn Dank, der so sie entriß dem Verderben. Aber er wandte sich nun, und rief mit gewaltiger Stimme: »Dort das herrliche Ziel, wo Siegespalmen dir winken, Schaue, mein edeles Volk – nicht des Todes gähnenden Abgrund! |
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585 | Schwer ist die That; die Stelle gefahrvoll; aber uns ehrte Deutschlands edelster Hort, da er Deutschen das Höchste vertraut hat. Tapferer Radburg, vor mit den muthigen Bayern, und Stollberg Vor mit den Sachsen zum Sieg! Du, Römhild, entflamme die Helden Schwabens, und jene aus Brandenburg ermuthige, Siegfried, |
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590 | Jetzo dein Ruf. Vereint erringet den Preis der Entscheidung.« Hermanns luftige Schar aufjauchzte des Heldengebiethers Worten, und kam, und mehrte den Muth ruhmdürstender Männer, Dort zu erstürmen den Wall, wo am blutigsten winkte des Sieg's Preis. Sinams Riesenkraft rang dort den Stürmern entgegen. |
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595 | Ihm war Hannibal brausend genaht: denn mächtig erschreckt' ihn Drüben das Stürzen der Wäll' und das Jauchzen der kommenden Sieger, Ringsum. Listengeübt haucht' er ihm jetzo den Rath ein: »Ha, nun gilt's mit festausharrendem Muthe des Feindes Wuthandrange zu steh'n, und nicht entehrender Feigheit |
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600 | Heute zu opfern den Ruhm entschwundener Jahre! Wohlan, horch! Schafft der gewichtige Ball, vom Donnerrohr in die Haufen Wimmelnder Feinde geschleudert, schon entsetzliches Unheil: Welch' entsetzlicher's noch ersähst du mit staunenden Blicken, Wenn, umhüllt von geplättetem Eisen, die Büchsengeschosse |
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605 | Mit zertrümmertem Blei in die nah'anstürmenden Gegner Wütheten? Auf, und gebiethe den Mord und die grause Vernichtung!« So rief Hannibal; doch nun sah, voll Zorn in dem Busen, Hermann zugleich, wie schnell, dem listigen Gegner gehorchend, Sinam die Donnerrohr' in der Breite des gähnenden Wallbruchs |
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610 | Pflanzen hieß, daß im kreuzenden Feuer der gräßliche Hagel Tilge des Feindes Reih'n. Er jammerte laut und begann so: »Schmacherfindende Zeit! Daß nichts mehr gelte des Tapfer'n Eigene Kraft; daß nimmer das Aug' in das Auge des Gegners Schleudre des Todes Blitz', und, heimgekehrt, der Krieger |
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615 | Nimmer weise mit Stolz dem grauenden Vater, der Mutter, Oder der Gattinn die ehrende Narb' an der Brust und der Scheitel, Und erzähle zugleich, wie solche der Feind ihm geschlagen Dicht im Gemeng', wo jener ihm sank, in dem Kampfe getödtet – Nein, daß er dort: ob feig', ob tapfer, ein elender Krüppel |
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620 | Arm- und beineberaubt, umhinke, den Seinen zur Trauer, Hast du das Scheusal erzeugt, die Würgerinn heißend Kartätsche!« Sieh', Ursini der Greis, flog hin, wie ein feuriger Renner |
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625 | Ueberschneiet der Schaum ihm die Brust; er schnaubet, und sprühet Gluth aus der starrenden Nas', und ihm blitzen die spähenden Augen Feuriger stets, da er jetzt mit lauterem Hufesgerassel, Sprung auf Sprung, im Galopp vorbraust zum winkenden Ziel hin; Fern ihm folgen, gespornt von den Reitern, die schwächeren Rosse: |
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630 | Also strebte der Greis im edelen Muthe des Herzens Gegen den Wall, wo Darjuh, an Giaffars Stelle der Aga, Nach den Gefahren des Kampf's und glänzenden Thaten sich sehnte. Als er den Greis ersah, da entriß er das mächtige Schießrohr, Doppelhaken genannt, den Händen des Kriegers, und jagte, |
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635 | Schmetternd, verdoppeltes Blei in die Stirne des tapferen Feldherrn. Lautlos sank er zur Erd': ihm färbte das silberne Haupthaar Quellendes Blut. Ach, nimmer bewirthet der freundliche Greis mehr Fremd' in seinem Palast, die aus nahen und fernen Gefilden Heilige Sehnsucht trieb, der ewigen Roma zu nahen, |
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640 | Und im Schutt noch die Wunder zu schau'n gewaltiger Vorzeit: Denn er stürzte verwundet zur Erd', und verhauchte das Leben. Aber Ludewigs Schar rang dort am zertrümmerten Seethor, Schnell zu erklimmen den Wall, wo, empört durch Attila's Ingrimm, Und durch Hannibals Muth, das Volk in grausamer Nothwehr |
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645 | Wüthete. Pech, noch siedend, und Oehl, noch wallend der Flamme Goß, erbittert, der Feind auf die Stürmenden – wälzte der Mauer Lastende Blöcke herab, und solch' unrühmlichem Tod, ach, Sanken die Tapfersten schon! Auch tödtete Manchen der Speerstahl, Manchen das krachende Rohr, wenn, kühnerhöhend, die Leitern, |
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650 | Sie aufrangen zum Wall aus der Tiefe des dunkelen Grabens. Doch weit schrecklicher noch, und entsetzlicher, scholl vor Buschatters Thor Mordruf und Gewürg', wo Deutschlands herrlichvereinte, Siegsruhmdürstende Schar, im Auge den Heldengebiether – Muth und Gluth in der Brust, und des kreuzenden Feuers nicht achtend, |
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655 | Vorwärts drang. Schon dreimal flog, mit dem kühnen Geschwader Brandenburgs, dort Siegfried hinan, den Wall zu erklimmen, Und er kehrete stets erbitterter, ähnlich dem Rüden, Der, vom Jäger gedrängt, dem verwundeten Bären genaht ist – Doch bald flieht, bald kehrt: denn immer scheuchen die Klauen |
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660 | Und das Gebrülle des Thiers ihn fern: so wüthete jener. Jetzt, im erneueten Lauf, durchbohrte das muthige Herz ihm Schmetterndes Blei, und er sank. Auch blutete neben ihm Hinkmar, Strebend mit matter Hand, den Pfeil aus der Lunge zu reißen. Eberstein sah dort hinsinken die tapferen Helden |
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665 | Brandenburgs; alsbald entriß er die Fahne dem Junker, Schwang sie empor in die Luft, und rief hellleuchtenden Blickes: »Jetzo mir nach, wem deutsches Blut in der Ader und Kampfgier Glüht in der männlichen Brust! Wir löschen das feindliche Feuer, Das entsetzlich die Unser'n tilgt aus der grausen Kartätsche, |
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670 | Nur mit des Feindes Blut; mir nach! Nie sterben die Tapfern!« Sagt' es, und drang, wie ein Pfeil, in sausender Eile zum Wall hin. Aber Stollberg zog mit kräftiger Rechten den Helden Wieder zurück, und rief: »Nicht dir – uns werde die Stelle!« Also jubelten laut wohl tausend Stimmen auf einmal. |
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675 | D'rauf, erklimmend den Wall, und durcheilend die Tiefe des Grabens, Drangen mit Lärm und Getös' Germania's tapfere Völker Ein in den Mauerbruch, wo erlesene, muthige Gegner Standen zur Gegenwehr, der sinkenden Brüder nicht achtend, Und zu sterben bereit, ein Jeglicher – alle für Einen. |
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680 | Wenn dem Donnergewölk' entstürzen die Fluthen, und plötzlich Ueberschwemmen die Stadt, daß laut in den engenden Gassen Brauset der Strom, aufschäumt die Wog' an die Fenster: da flüchtet Volk auf die Berge hinaus, und Volk auf die luftigen Zinnen: Also erklommen auch hier die muthigen Deutschen die Höhen – |
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685 | Stollberg allen zuvor; dann Scharen auf Scharen, und würgten, Racheschnaubenden Grimm's, die Kämpfenden rings auf der Mauer. Sinam entfloh. Nicht mied er zuvor des wüthenden Kampfes Schrecknisse, fest, wie ein Fels, die Stirn' darbiethend den Feinden; Doch, als jetzt im Sturm eindrangen die Deutschen: da wankte, |
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690 | Bebte der tapfere Greis, und floh, das heimliche Pförtchen Oeffnend am Damme des See's, mit tausend Gefährten nach Tunis. Dorther naht' ihm unzähliges Volk, von dem Herrscher gesendet; Aber mit Thränen im Blick, erhebend die Rechte, geboth er Allen errettende Flucht aus den Händen des schrecklichen Feindes. |
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695 |
Schon war Siegesgejauchz' am Seethor, schon an dem Wallbruch |
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700 | Nun verklang das Getös'; nur Jubel des Kriegers ertönte, Der von den Wällen herab in den Graben den finsteren Roßschweif Warf, und dort aufpflanzte mit Stolz die Fahne der Heimath. Lieblich flog sie umher in dem Abendwind, und erregte, Ruhmausstrahlend, in jeglicher Brust noch höhere Wonne. |
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705 | Durch das hallende Thor, umjauchzt von unzähligen Stimmen, Kam in die Veste der Kaiser heraus. Stets enger, und enger Schloß sich der Lärmenden Kreis um ihn her, und, als sie verstummten, Hob er die Händ' empor zu dem Himmel, und stimmte das Loblied: »Herr, dich loben wir!« an. Ein heiliges Feuer entflammte |
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710 | Jegliches Herz. Erschütternd zu schau'n: wie aus Tausender Augen Stürzen die Thränen zugleich; wie Tausender Hände zum Himmel Fleh'n, und zu hören erschütternder noch: wie Tausender Stimmen Wirbeln empor in die Luft, und sie all' Dank rufen im Einklang. Hassan, der König, erschien. Er war an dem dämmernden Abend |
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715 | Gestern gelandet, und barg sich scheu in der einsamen Herberg, Die Zafrano ihm both, von schattenden Cedern umfangen. Weder gerüstetes Volk, noch Mundvorrath, in des Krieges Zehrenden Tagen ersehnt, bracht' er dem Bundesgenossen: Denn er lauerte nur, ob Hairaddin, oder der Christen |
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720 | Mächtiger Herrscher erringe den Sieg? in den Mauern von Kabesch. Tief sich beugend zuvor, begann er jetzt vor dem Herrscher: »Gott ist mit dir, und Segen die Fülle: des herrlichsten Sieges Ruf verkündet es bald den fernsten Völkern zum Staunen. Ach, nicht bieth' ich dir Mundvorrath und tapferes Hülfsvolk, |
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725 | Wie ich's verhieß! Nicht horchte der Muselman mehr dem König, Der sich dem Christenvolke verband: hier steh' ich als Bettler!« Und er sank auf die Knie'; da sah der edelste Kaiser, Wie der Mond, umflort vom Regengewölk auf den Hügel Heftet den Schwermuthsblick, nach dem Flehenden trauernd hinunter, |
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730 | Hob ihn empor, und rief ihm mit trostverheißendem Lächeln: »Sieh' eröffnet des Reiches Thor, das Hairaddins Herrschgier Dir entriß;»The Emperor marched into the Goletta through the breach; and turning to Muley-Hassan, who attenden him, »Here« – Says he – »is a gate open to you, by which you shall return to take possession of your dominions.« (Robertson Histor. of Charles V. III. T. Book V.) dein sey's mit jeglichem Segen des Himmels!« Hassan stammelte Dank; laut zollt' ihn der Kaiser den Helden Allen umher, die im Sturm errangen die trotzende Festung. |
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735 | Aber zu Stollberg sprach er dann mit lohnendem Blick so: »Werde Goletta's Hort und Vertheidiger; ordne der Mauer Feind'abwehrenden Bau; doch jetzt gebiethe mit Sorgfalt, Daß die Verwundeten all' errettender Hülfe sich freuen! Morgen am Tage des Herrn, das Denkmaal unseres Heiles |
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740 | Feiernd, gedenken wir auch, zu bestatten die Todten, und dankbar Ihnen die Maale des Ruhm's zu erhöh'n für die kommende Zeit noch.« Jetzo führt' er die Scharen zurück in des Lagers Umwallung, Sie zu erquicken durch Rast; doch Stollberg ging, daß er übe Alles und Jedes sogleich nach dem Willen des gütigen Herrschers. |
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745 | Und die Schatten der Nacht umhüllten den schlummernden Erdkreis. |