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Wie der Heuschrecken Heere, gejagt aus Syriens Wüsten Von zerstörender Gier, anstürmen im Sommer, daß weithin Sauset die Luft, und die Sonne verlischt in der Helle des Mittags: Also schwebten auch jetzt in zwei gesonderten Haufen, |
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5 | Brausend, die Geister heran, und jeglichem eilten die Herrscher, Muhamed erst, dann Attila vor: zwei finsteren Wolken Gleich, die donnerschwer, in dräuender Stille heraufzieh'n. Unmuth gohr in dem wilden Blicke des hunnischen Königs; Auch die glühende Stirn' und Wange des Koran-Verkünders |
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10 | Zuckte vor Wuth: nicht die Christen all' im Kampf der Entscheidung Schauend. Lechzende Gier nach Blut erfüllte die Furchtbar'n. Muhamed rief: »Erblick' ich dort Arabia's Krieger? Wehe, denn weder an Muth, noch an Thaten sind sie mir ähnlich Mehr, die Feig'umschwärmenden! Jetzt, und hinfort mir ein Liebling |
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15 | Seye der Türk'. Aus TurkestansTurkestan, das eigentliche Stammland der heutigen Türken, ist eine Landschaft in Mittel-Asien, die von dem Königreiche des großen Moguls, von der großen Tartarey, von Catay und Zagatey begränzt wird. Das Land ist sehr fruchtbar, dessen Einwohner Tartaren sind, und sich zur muhamedanischen Lehre bekennen. sandiger Flur sich erhebend, Kam er, ein brausender Sturm, und säte des heiligen Korans Samen aus in die Welt, und lenkt' an die Keime den Blutstrom, Daß er erwuchs, und die Ernt' in üppiger Fülle sich fortmehrt. Hebe dich, luftige Schar: dem Christen errege die Gegner, |
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20 | Daß er besiegt hinschwind', und nie rückkehre zur Heimath!« »Tapfere Scythen, ihr!« rief laut der Hunnen-Beherrscher, »Die, nach Attila's Wink, den allverheerenden Flammen Aehnlich, im Garbenfeld der schmachgereifeten Menschheit, Wüthetet, als uns Rom auf den sieben Hügeln erbebte – |
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25 | Byzanz neigte das Haupt: erhebet die lustigen Waffen, Weil, der sterblichen Hüll' entrückt, der Thaten Vollendung Nimmer den Busen uns labt, nicht der Sieg im Jauchzen der Mordlust; Auf, und dränget der Janitschar'n blutdürstende Rotten Rastlos vor zum Gewürg' in volkzermalmender Feldschlacht!« |
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30 | Jauchzend vernahmen des Herrschers Ruf die luftigen Scharen; Aber so laut und so mächtig sie schrie'n – es zischte nur leises, Schwaches Geflister herab. Wohl starrt' in der eilenden Heersmacht Mancher der Krieger empor; doch leer ihn dünkte der Luftraum. Leise, mit weitvorstrebendem Fuß, die klirrenden Waffen |
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35 | Pressend im Arm, und das Roß, daß es schweig', an den wallenden Mähnen Streichelnd, nahte der Feind in täuschender Stille vom Wald her. Doch als jetzt von den Felsenhöh'n das wichtige Zeichen Donnernd erscholl, und fern in des Lagers Mitte Verderben Säte der eherne Schlund: da jagten die listigen Scharen |
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40 | All', im geflügelten Lauf, im Getös' empöreter Mordwuth, Allah! Allah! brüllend, heran an des Lagers Umwallung: Denn urschnell und in wilder Verzweiflung sollte der Christen Schlummerndes Volk, so wähnete Hairaddin, Jammer ereilen. Siehe, und als dem Wald, wie am wetterverheißenden Morgen |
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45 | Zürnende Bienen dem Korb', entströmte sein lärmendes Kriegsvolk, Führt' ihm Mendoza, der Held, im Blitze des Waffengeschmeides Schon entgegen die reisige Schar: er selber den Kampfpreis Heischend vor ihm, und kühneren Blick's vorstürmend zum Angriff! Wie, wenn lechzend nach Blut, der schreckliche Tieger im Dickicht |
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50 | Leises Geräusche vernimmt, und dort, nur scheue Gazellen Suchend, den Leu'n, den langvermied'nen, gewahret, da wankt' er Vor dem entsetzlichen Feinde zurück, und denket der Flucht schon; Doch bald kehrt ihm die Wuth: er senkt die Brauen ergrimmter Nieder, und fletschet die Zähn', ihm den letzten der Kämpfe zu biethen: |
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55 | So mit staunendem Blick sah Hairaddin jetzo die Gegner Kommen im Feld, die er, würgend, vom Schlaf zu erwecken gedachte. Aber er säumte nicht, trieb, und jagte die Zögernden vorwärts, Und der Geister aufjauchzendes Heer flog brausend hernieder, Nahte den Kriegern, und schrie in das Ohr dort Jeglichem: »Vorwärts!« |
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60 | Wie der Bremsen erboßter Schwarm in der Stunde des Mittags Rasch auf die Heerde des trägeren Hornvieh's, dann auf der Rosse Munt'res Gestütt' sich wirft, und all' in rasendem Taumel, Brüllen, wiehern, und flieh'n: denn, ob ein schwindliger Abgrund, Oder die tobende Fluth tief unten dräuet – sie stürzen |
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65 | Unaufhaltsam hinab; so drängten die luftigen Geister Hairaddins Volk an die Feind', und furchtbar tönte der Schlachtruf. Siehe, die Reiterschar der Araber tauchte vor allen, |
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70 | Dort in Mendoza's Reih'n. Da fiel Segorbia's Kampfheld, Aguillar, und mit ihm Morillo, den Murzia sandte, Fahnenjunker im Heer, mit dreißig erlesenen Kriegern, Und in dem Waffengemeng' erbebte Hispania's Jugend, Die zum ersten Male des Kriegs betäubendem Schrecken, |
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75 | Hier in dem Feld, entgegen sich warf, und dachte der Flucht schon. Doch jetzt nahte mit Sturmes Flug vor seinen Gefährten Hermann heran: ihn lockte des Kampfs erwachender Donner Fernher. Aehnlich dem Aar, der tief im schattigen Thalgrund Beut' ersehend, sogleich in sausender Schnelle herabfährt: |
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80 | Also fuhr er herab, und rief dem edlen Mendoza: »Sollten die Jünglinge flieh'n, ihr Ruhm ist gefährdet für immer. Schau in die Vorwelt auf, wie dort der Heldengebiether Hermann, den flüchtenden Kriegern zur Schmach und Wiederbesinnung, Muthig den Schild ergriff, vordrang, und so, mit den Scharen |
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85 | Wiedervereint, sich herrlichen Siegsruhm über des VarusVarus (Quintilius), unter Augusts Regierung erst Proconsul in Syrien, dann in denen, seit Julius Cäsar eroberten deutschen Provinzen, wurde durch das Haupt der Cherusker, Hermann, aus seinem verschanzten Lager bis in den Teutoburger-Wald, h. z. T. Grafschaft Lippe, gelockt und dort sammt seinen drei Legionen zu Grunde gerichtet. Varus entleibte sich selbst. August soll sich bei der erhaltenen Nachricht die Haare gerauft, und ausgerufen haben: »Varus, schaffe mir meine Legionen wieder!« (Tacit. Sveton. Velej. Pater. L. I. 2.) Drei Legionen errang in dem eisernen Felde der Waffen: Also mögest du jetzt den jüngst geworbenen Kriegern, Kämpfend, ein Leitstern seyn auf dem grau'numnachteten Schlachtfeld!« Glühende Röth' umzog Mendoza's Wangen; er dachte |
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90 | Seines errungenen Ruhms Verdunkelung; schrie, und begann so: »Spanier, kühn mir nach: nicht täuschet der edeln Cortezza Hohes Vertrau'n, die euch sandte zum Heer; nicht gewahre der Herrscher Euch unkriegerisch, feig; mir nach! Eh' treffe der Tod mich Selber durch Feindeshand, eh' hier die Schande mich treffe.« |
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95 | Jauchzend flog er dahin, und voll kühner Todesverachtung Sprengten die Reiter ihm nach. Entscheidend für kommende Zeiten Lenkt ein Held im Gefecht den neugeworbenen Krieger: Denn nicht weicht er, und fällt, besiegt, im rühmlichen Tod nur: Stets erfüllt ihm die Brust die erhabene Heldengesinnung. |
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100 | Jetzo die stürmende Lanz', und jetzt des sausenden Säbels Blitz und Schlag ereilte der Araber dichte Geschwader Mordend; es sank das Volk, und es sanken die Rosse getödtet. Assad riß sich hervor, der Emir. Einst Beduine,Beduinen, oder nomadische Araber, sind unabhängige, freie Stämme muhamedanischer Religion, die unter ihren Fürsten (Emir) oder Familienhäuptern (Scheich) die Wüste, größten Theils unter Zelten lebend, bewohnen. Sie sind Krieger und Hirten zugleich, und verachten stolz alle übrigen Beschäftigungen. Seit Jahrtausenden sind ihre Sitten dieselben geblieben, wie sie in den allerältesten Urkunden, nämlich in der h. Schrift, durch Moses, geschildert werden. (Niebuhr, Beschreibung von Arabien, S. 379 und f. – D'Arvieux III. 125.) |
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105 | Dort der Karavan' auflauernd im einsamen Hohlweg. Deß' sich zu freu'n, wohnt' er zu Tunis im stolzen Pallast nun: Seinem Volke verhaßt, dem stets das Leben in Zelten, Draußen im Steppengefild des Menschen würdiger dünket. Jetzo im sausenden Ritt Mendoza genaht, und vertrauend |
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110 | Eiserner Kraft, dacht' er, mit dem blinkenden Speer ihn zu tödten; Doch Mendoza riß an dem Zaum: sein mächtiges Streitroß Setzt', im kreisenden Sprung', ihn schnell an die Seite des Emirs, Und er jagt' ihm das Schwert mit festnachstürmender Rechte Tief in die Brust: er sank vom Sattel, und stöhnt' in dem Tod noch. |
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115 | Aber ihm naht' Abulkassem, sein Sohn, ein furchtbarer Rächer. Stöhnend vor Wuth durchrannt' er Mendoza's Arm mit dem Säbel, Als er, gewendet, die Reih'n aufboth zum stürmenden Angriff. Wieder erhob er den Stahl, und hätt' ihn getödtet, da sprengte, Rettend, Alonzo Cueva heran, der tapfere Hauptmann, |
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120 | Schrie, und scheucht' ihn zurück. Er barg sich schnell im Gewimmel Seines Volk's, das jetzt, des Feldherrn Wunde gewahrend, Muthiger vorwärts drang, und laut aufbrüllte vor Mordlust. Aber dem Schlachtengemeng' entrissen die Krieger den Helden; Eilten in's Lager zurück, daß dort heilkundig der Arzt ihm |
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125 | Stille das Blut, und träufle den weh'einschläfernden Balsam. Und er ermahnete scheidend noch mit blasserem Antlitz, Alle, zu folgen dem Wink des Helden Alonzo Cueva. Heißer entbrannte die Schlacht. Wie im Süd und Norden empöret |
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130 | Speien im Flammengezisch und im schrecklichen Hagelgeprassel: Also prallten die Araber an, und zugleich die Hispaner: Diese von Rach' entflammt ob ihres verwundeten Führers, Jene, voll Muths vorstürmend, und lautaufjubelnd im Vortheil. Als sich gemengt im Feld die Wüthenden trafen, da tönte |
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135 | Schrecklich der Mordausruf und das Schmettern der Waffen, dem Donner Eherner Schlünde vereint, und Blut beströmte den Boden. Schon warf zweimal der Christ des Mahoms Verehrer, im Sturmritt, Drängend, zurück; schon jauchzt' er des Sieg's aufstrahlender Hoffnung; Aber da warf, ergrimmt, auf Alonzo Cueva, den Dränger, |
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140 | Abu-Sa-id den Dolch, und durchbohrt' ihm den Hals und den Nacken, Solchem Kampfe geübt; er sank, und verhauchte das Leben. Siehe, den endlos Trauernden faßt' am dämmernden Morgen, Vor des Kampfes Beginn, heut' ahnungentsprossene Schwermuth So, daß ihm Jeglicher staunt'. Ach, seines erblindeten Vaters |
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145 | Greisengesicht, und das wankende Haupt, wie schneeiger Tauben Dunen, so weiß, schien ihm noch immer zu dräu'n ob dem Frevel Stürmischer Jugendzeit: da er leis' annahend, des Vaters Händen den Stab entwand, und der zürnende Greis, an der Schwelle Stolpernd, kopflangs stürzt', und blutete – Jammer zu schauen! |
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150 | Immer trübte die That ihm jegliche Freude des Lebens Seither. Aber der Vater horcht, vor dem Haus' auf der Bank sich Sonnend, dereinst begieriger auf, wenn kehrender Sieger Jauchzen, der Waffen Geklirr, und das Wiehern der Rosse herantönt; Ringsum Hast und Getös' die Heimgebliebenen aufregt, |
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155 | Und die Straßen entlang: »Willkommen uns in der Heimath!« Jubelnden Rufs erschallt in mancherlei Stimmen des Alters. Vor vom Sitze gebeugt, horcht er: ob endlich des Sohnes Gruß er vernehm', und harrt, hinzitternd, der frohen Umarmung: Ach, umsonst: ihm sank der Theuere kämpfend vor Tunis! |
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160 | Schrecken befiel die wiederverwaiseten Krieger: dem Unglück Bebt' ihr muthiges Herz, nicht den wildaufrasenden Gegnern. Also, verschüchtert, wichen sie nun, und ihnen im Rücken Brauste der Feind, und häuft' im Felde die blutigen Leichen. Sieh', welch tapferes Häuflein kommt, die schnaubenden Rosse |
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165 | Spornend, heran? Hell sprüht der zierliche Helm und der Harnisch Hüpfende Funken umher; vom hochaufragenden Speerschaft Blitzet der tödliche Stahl, und es blitzen die Augen der Männer. Fünfzig sind's der Edlen. Sie führt auf der rühmlichen Laufbahn Garzia Lasso, der Held, und Hispania's lieblichster Sänger. |
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170 | Jetzo, dem Feinde genaht, und vorgebeugt aus dem Sattel, Senkten die Kühnen den Speer, und warfen im sausenden Eilflug Fünfzig der Feind' in den Staub: da floh'n die entlasteten Rosse Wiehernd zurück: weit gähnte die Kluft im dichten Geschwader. Wie, wenn brückendes Eis auf dem breiten Rücken der Donau, |
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175 | Oder des Rheins, das heut' am Morgen noch eiserngefroren, Unter der Wucht des schweren Gespanns und der lastenden Wägen Drönete, nun ergriffen vom schmelzenden Hauche des Westwinds, Krachend zerbirst, und zertrümmert im Schwall der finsteren Fluthen Schwindet, daß links am Gestad', und rechts das schimmernde Landeis |
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180 | Aufragt: also standen die Reih'n, im entsetzlichen Durchbruch Weitgeschieden im Feld': sie blickten erstarrt in den leeren, Scheidenden Raum: ihr Mordruf starb auf den bebenden Lippen. Aber nicht rasteten dort die Scharenzertrümm'rer: sie würgten, Was entgegen sich warf, in siegbeflügelter Hast noch. |
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185 | Auch der Jünglinge Schar flog nun, um nimmer zu weichen, Wieder im Felde heran, und vereint den siegenden Rittern, Uebt' ihr blitzendes Schwert vergeltende Rach' an dem Gegner, Der, von Schrecken betäubt, mit verhängtem Zügel den Läufer Rückwärts trieb zu Hairaddins dichtannahender Heersmacht. |
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190 |
Unabsehbar herab vom Olivengehölz auf das Blachfeld |
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195 | Trennen die mittleren Reih'n, und erretten die flüchtenden Scharen, Jene gehorchten dem Wink: mit rückwärtsstrebenden Fersen Schwenkten die Reihen sich links und rechts: geräumigen Durchgang Oeffnend dem flüchtigen Volk. So, wie, gehemmt in den Schleußen Ruhet der brausende Strom, ein See, bis früh an dem Morgen |
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200 | Oeffnen sie heißt der Schwemm' erfahrener Meister: da stürzen Wog' auf Wog' und Schwall auf Schwall, im Gebrause des Donners, Zur verschlingenden Kluft die langegehemmten Gewässer: Also stürzten, gedrängt, und drängend, mit wildem Getümmel Durch den geöffneten Raum zugleich die erretteten Scharen: |
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205 | Denn nachjagte der Feind, und rastete nicht; in dem Rücken Sauste des Säbels Schlag und der Lanz' einstürmender Mordstoß. Aber die Janitscharen, die erst, sie schirmend, im Rückschritt Wichen, kehrten zurück, und heischten, geordnet, den Angriff. Hairaddin flog die Reihen entlang, und schrie im Getös' hin: |
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210 | »Söhne des großen Propheten, des Muths und der flammenden Kühnheit, Denket, welch' ihm die Erde, besiegt, gleich niedrigem Schämel, Unter die Ferse gestellt: sie lag, und schmiegte sich duldend Ihrem Druck. O dessen gedenkt! Ihr sehet die Gegner Seines Nahmens vor euch; vernichtet sie, würgt sie gesammt hin.« |
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215 | Muhamed, der ihn stets umschwebte mit liebender Sorgfalt, Hörte mit Lächeln es an, wie er ihm vor glaubigen Moslems Ruhm und Ehre gezollt; er selber, die Pfade des Lichtreichs Fliehend, warnete nicht die Verblendeten, lächelte stolz noch! Doch nun sah er erstaunt, daß Attila selbst, vor Entsetzen |
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220 | Bebend, ihm nahte mit Sturmes Flug', und rief ihm entgegen: »Haben die furchtbar'n Mächte gesiegt? Soll Schreckliches kommen, Fallen vom Himmel der Mond mit den glänzenden Sternen; die Sonne Ausgebrannt hinschwinden in ewige Nacht und Zerstörung, Spurlos? Attila bebt, der nie zu erschütternde Krieger? |
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225 | Jener wiegte das struppige Haupt, und als er noch einmal Nach den felsigen Höh'n aufsah, entgegnet' er grimmig: »Sieh', dort fleugt ein Mann g'en Hairaddin! Angst und Verzweiflung Trägt er im Busen: er kommt, Unheil zu verkünden dem Herrscher. Willst du vernehmen die That, die entsetzliche, der ich erbebte?« |
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230 |
Doch was kündet der Bote voll Angst? . . . Daß der tapfere Feldherr, |
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235 | Heut' in dem eilenden Ritt dem Reiter und Roß in die Ohren; Doch, als jetzt Medscherda, mit lautaufrauschenden Wogen, Ihnen am Felsengestad' entgegen sich dämmte, da hoben Eilig die Brückner die Fähren herab von den knarrenden Achsen; Warfen sie all' in die Fluth, versenkten die zackigen Anker, |
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240 | Gegen den Strom mit Tau'n sie festigend, und in des Bogens Krümmung einete Fähr' auf Fähr' die gesonderten Ufer. D'rauf hinreihend das lange Gebälk', und quer auf die Balken Breitend die Bohle, besiegten sie schnell die hemmenden Fluthen. Unter des Rosses Huf und den Füßen der eilenden Krieger |
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245 | Drönete fort und fort die schwankende Brück' auf dem Strom hin. Aber drüben vom schroffen Gestad' erhob sich die Felsbahn Schroffer noch himmelwärts. Der Reisige stieg aus dem Sattel, Führte das Roß am Zaum', und keucht', und strauchelte häufig, Ganz unkundig des Kletterns, und fremd in der hehren Gebirgswelt. |
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250 | Aber es klomm, wie die Gemse, der Schütze Tyrols an der Felswand, Tapferen Hessen vereint, und Spessartern, auf zu den Höhen. Also errungen waren sie jetzt, und die Scharen geordnet. Lichtsteins Ruf erscholl: »Hinan, tyrolische Männer! Spessarter, vor mit den Hessen! Euch folge das Reiter Geschwader |
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255 | Dann, in gemessener Fern', entscheidend zum blutigen Angriff.« Jauchzend, im Sturmlauf ging's an den Wall. Kaum trauend den Augen, Sah der staunende Feind den Scharen des Feindes entgegen. D'rauf erhob er Geschrei, und hieß des eh'rnen Geschützes Donnergebrüll' mit dem Schmettern der Büchsen erschallen, und säte |
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260 | Saat der Vernichtung. Da fiel Arnulf, der kühne Passeyer, Der sich am Ortheles einst, dem felsaufklimmenden Steinbock Folgend, verstieg, wo ihm bald der Strahl der Lebenserrettung Völlig erlosch. Erhob er die Blicke: da wölbte die Steinwand Ueber ihm thürmend sich auf, und senkt' er sie nieder, mit Vorsicht |
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265 | Fassend den zackigen Fels: da bebt' er, vom Schwindel ergriffen, Zitternd wieder zurück: denn weit hinaus auf den Abgrund Bog sich die Wand, und eingekrümmt entschwand ihm die Mauer. Kaum erspähte sein Aug' des Waldstroms Schimmer; verhallt war Ihm sein Gebraus', und verstummt das Leben im einsamen Luftraum. |
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270 | Dort sich mit reuigem Sinn, zum Hungertode bereitend, Sah er schon zweimal des Tages Licht aufdämmern im Osten, Zweimal erblassen im Abendroth; doch sieh', ihn vermißte Jetzo der redliche Freund! Er wagte den Gang auf dem Felsgrath Muthig, und schrie, und Geschrei vernehmend, senkt' er das Bastseil |
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275 | Nieder vom jähen Geklipp', und rettete so den Gefährten. Wie der Fischer empor zum Gestad', der Ruth', und des Fadens Leises Zucken gewahrend, schnellt das zappelnde Fischchen: Also entriß er den Freund, lautjubelnd, dem schrecklichen Tod dort, Den er dahier nicht mied, durchbohrt von der schmetternden Kugel. |
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280 | Neben ihm sank auch Eberhard, der erste der Schützen: Nie verfehlt' er das Schwarz' in der kreisenden Scheib', und er both sich Selber dahier zum Ziel', in des Herzens Mitte getroffen. Feuriger: denn der Getödteten furchtbare Rächer, bestürmten Ihre Gefährten den Wall, und rastlos krachten die Büchsen, |
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285 | Rastlos tönte Geschrei, zu wecken den Muth der Entscheidung. Weder die Spessarter, noch die gleichgewaltigen Hessen Weileten fern', einmüthig rang dem Helden der Held nach. Wo die sternnachbildende Schanz' im engeren Vorsprang Ragt', aufdrangen zuerst die muthigen Führer der Deutschen, |
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290 | Werner und Wittekind, vom Graben. Erbebend der Kühnheit, Wichen die Feinde zurück: da both Abdallah, des Bollwerks Hort, im drometenden Ruf Stillstand, und rief im Getös' her: »Stillstand bieth ich euch an: wir räumen den Wall und die Schanzen Eurer Gewalt, so ihr Abzug gönnt in würdiger Freiheit; |
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295 | Oder, wollen wir erst den Wink der Herrscher erkunden?« »Hör't,« schrie Lichtstein aus, »euch täusche die feindliche List nicht! Muthig hinan: ihr kämpfet hinfort um den leichteren Sieg nur!« Rascher eilten die Reih'n auf Reih'n jetzt vor, und erstiegen Kämpfend den Wall: denn schrecklich erwies sich der Feind in der Nothwehr. |
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300 | Werners Arm erlag Abdallah, der Schirmer des Bollwerks; Aber ihm bohrte zugleich ein Derwisch, Fluch und Verwünschung Brüllend gegen das stürmende Volk, den Dolch in den Nacken So, daß dem Sinkenden schnell das Blut und das Leben entströmte. Schwer vermißt ihn daheim die liebende Mutter, in Kummer |
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305 | Lebend, seit ihr der Gatte versank in den Fluthen des Mainstroms, Wo er vom berstenden Eis lautjammernde Menschen gerettet. Nur ihr Einziger war ihr Trost in der schrecklichen Trennung Von dem Gemahl, und Ernährer: denn stets heimbrachte der Sohn ihr, Frommgesinnet, den Sold, und küßt' ihr die Hände mit Ehrfurcht: |
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310 | Dankbar sorgend für jene, die ihn mit Schmerzen geboren, Oft den Schlummer entbehrt', und viel herznagenden Kummer Duldet' um ihn mit Lieb', in hülfebedürftiger Kindheit. Ach, nun harrt sie umsonst des Guten! Ihn tödtet' ein Derwisch Hier auf dem Wall. Doch Wittekind ereilte den Meuchler |
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315 | Schnell; erhob den Degen, und traf ihn mit kräftiger Rechten Tief in's Genick, daß er röchelnd sank, und im Blute sich wälzte. Ihn umhäufeten bald, ringsher, die tapfersten Krieger. Rasch umlenkend das Roß, aufschwang der Scharen Gebiether, Lichtstein, jetzo das Schwert: verständlich blitzt' es dem Volk' auf. |
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320 | Alsbald rief die Dromet' in hellerklingenden Tönen Roß und Reiter zum Sturm, und zugleich, dem Sporn in den Seiten Stöhnend, flogen die Läufer gestreckt an den Graben. Sie setzten Ueber ihn hin, und klommen, daß fest an dem Hals' und den Mähnen Pochte des Reiters Brust, an dem sandgehügelten Wall auf. |
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325 | Dort war jetzt ringsum Gewürg', und Gemetzel, und Wuthschrei: Denn nicht der Hagel prasselt so laut aus berstenden Wolken Nieder auf's Breterdach (der Wandrer bebt vor Entsetzen, Der sich unter ihm barg, zu entflieh'n dem grausen Gewitter) Als der sausende Stahl, entlang den Wällen, auf Stirnbund, |
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330 | Tulban, Harnisch, und Helm herrasselte, mordend die Scharen.
Mechmet entrann. Nun beugt' er die Stirne vor Hairaddin dreimal |
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335 | »Herr, stets glänze dein Ruhm, wie, strahlend, die Sonne vom Aufgang Glänzet zum Niedergang, und mögen die Feinde, vernichtet, Schwinden vor ihm! Doch weh'! Entsetzliches muß ich dir künden – Zittern vor deinem Zorn. Vernimm's! Die Schanz ist erstürmet. Keiner der Unsern lebt; ich allein entrann dem Gemetzel, |
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340 | Dir zum Wohl: denn siehe, dein Sclav' entriß sich dem Kampf nur, Daß du es hörest von ihm: dir nahen die Feind' in dem Rücken!« Und er stieß sich den Dolch in die Brust. Da floß an den Wangen Hairaddins wohl die Thräne herab, als dort in dem Sandstaub Jener verhauchte den Geist? Ach, niemals hoben sich Thränen |
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345 | Ihm aus der Brust empor zu den grimmgerötheten Augen; Ihnen entstrahlte kein Mitgefühl, kein himmlisches Mitleid! Schweigend starrt' er umher; dann, so, wie ein Blitz in der Sturmnacht Durch das finst're Gewölk hinfleugt, umröthete plötzlich Tiefaufgährender Zorn ihm die blassergewordenen Wangen, |
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350 | Und er rief, daß Muhameds Aug' erglänzte vor Wonne, Grimmig den Janitschar'n entgegen, und schrie im Getös' hin: »Mögen sie immer im Rücken uns nah'n. Nicht eher verlassen Wir die dürstende Heide, bis satt mit feindlichem Blut wir Sie getränkt, und genügend ihr tischten das schreckliche Schlachtmahl.« |
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355 | D'rauf, wie dort in des Waldthals Schlucht, aus berstenden Wolken Niedergestürzt, ein Strom entgegen sich dränget dem ander'n, Laut mit wildem Geräusch', und im schrecklichen Wogengewirbel, Tief aus dem Grunde gewühlt, die Vesten der Berge versinken Links und rechts: da rollen die Felsen, da stürzen die Wälder |
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360 | Gegen einander hinab in den brausenden Schaum der Gewässer: Also stießen auch hier die feindlichen Heere zusammen. |