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Hairaddins Völker umfing noch bleierner Schlaf und Betäubung, Wie aus dem dämmernden Saal, nach lautem Gelage der Fastnacht, Schleicht ermüdetes Volk; das schimmernde Licht von den Leuchtern Schwindet; Tanz und Getöne verstummt, und Getümmel verhallet; |
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5 | Also verhallte der Lärm in dem weitumkreisenden Lager Hairaddins; doch, vom Schlummer erquickt, und zum Kampfe gerüstet, Harrten die Christen schon des donnernden Zeichens zum Angriff. Siehe, der Morgen erhob die Stirn' an dem östlichen Himmel, |
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10 | Nach der Erde herab, die, sich des nächtlichen Grauens Arm entwindend, aus Wolkenhöh'n mit dem Jubel der Lerchen, Und in den Fluren rings mit schimmernden Thränen ihn grüßte! Jetzt, in des Morgens Hauch, zum Kampf entbiethend die Scharen, Schwang der Kaiser das Schwert in die Luft. Des Winkes gewärtig, |
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15 | Eilte der Wurfschütz vor, und senkte die Lunte mit Vorsicht Hin an des Zündrohrs dunkelen Rand: aufflammte das Pulver. Erst nur ein weniges vor – dann eilender wieder zur Stelle Rollte der eherne Schlund, und warf im Donnergetümmel Durch die Lüfte den Ball nach dem feindlichen Lager hinüber. |
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20 | Einst, wie zum Weltgericht die Posaun' erschallt in dem Luftraum, Schnell die Gebein' aus Staub und Moder zum Leben sich regen, Und in schaudernder Hast, dem Rufe folgend, die Todten Alle erstehen: so scholl, in der heiligen Frühe, des Schlachtrufs Donnergetümmel dem Feind'. Alsbald ergreifend die Waffen, |
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25 | Stürzeten alle zugleich mit Lärm und Getös' in die Reihen. Rings in die Umwelt flog auf den Fittigen säuselnder Lüftchen, Donnergetön, und traf in dem fernentlegenen Waldthal Abu-Sa-ids aufhorchendes Ohr. Er wähnte: begonnen Wüthe die Schlacht – besiegt von Hairaddin, fliehe der Fremdling |
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30 | Schon, dem er den schirmenden Wall zu entreißen herankam. Schnell entboth er sein Volk, und klomm an der ragenden Bergwand Aufwärts, keuchend vor Hast, und triefend von Schweiß an den Gliedern: Denn ihn drängte nach Beute die Gier, die Hairaddin gestern, Träumend von Siegen, ihm both. Er hieß die folgenden Scharen |
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35 | Leis' erklimmen den Berg, und winkte mit Augen und Händen; Zischt', und pressete fest an die Lippen den dräuenden Finger, Daß sie den wehrlosen Feind erwürgten im plötzlichen Anfall. Aber nicht achtlos saß auf dem buschigen Saume der Felshöh'n Salis, der Held. Im Kreise der ringsumspähenden Schützen, |
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40 | Sah er hinschwinden die Nacht, und jetzt vernahm er vom Wald her Nahender Laute Gezisch: denn unter den eilenden Füßen Rauschte das Laub, und verrieth die Kommenden. Muthigen Herzens Fuhr er vom Boden, und rief dem Volk: »Gebt Acht!« und die Schützen, Beugend das rechte Knie', an die Wange pressend des Rohres |
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45 | Zierlichen Schaft, mit gespanntem Hahn, scharf zielenden Augen Harrten des »Feuer!« gebiethenden Ruf's. Da faßte der Feldherr Selber den kunstgezogenen Lauf, den er auf dem Herweg Kaufte für blinkendes Gold von dem tridentinischen Meister, Stand, und zielete. Jetzt, in des dunkel'n Waldes Umlaubung, |
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50 | Schauend Abu-Sa-id, der stolz vor den Seinen daherkam, Ließ er erkrachen das tödliche Rohr. Die schmetternde Kugel Röthete schnell ihm die Stirn', und sterbend sank er zu Boden. Also birgt sich im Schooß des hundertjährigen Ahorns, Lauernd, der Luchs, da im Lauf hereilt der muntere Rehbock; |
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55 | Aber er sahet ihn nicht: denn drüben erkrachet des Hirsches Sechzehnendiger Krone bereits der hemmende Hochwald, Und er stürzt sich jetzt auf den harmlos Nahenden, Blutgier Athmend, herab, und zernagt den Hals und den Rücken des armen, Im verzweifelten Lauf, bis ganz ermattet er hinsinkt: |
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60 | Salis erlauerte so vor allen den Führer des Volkes, Abu-Sa-id, und warf ihn entseelt hinunter am Abhang. Schreckenbetäubt, nicht ahnend woher die entsetzliche Kugel Brausete, stand sein Volk, und starrt' umher in dem Dunkel; Doch als endlos fort vom Gebüsch der Büchsen Geschmetter |
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65 | Tobte; nach jeglichem Schuß Gejauchze des Schützen ertönte, Der, scharfzielend, durchbohrte die Brust des einmal Erkornen; Als die schreckliche Wucht entrollender Steine, des Berges Saum entlang, wo in dunkeler Nacht sie häuften die Schützen, Donnernd die Reihen begrub, und Reihen verwundet umherwarf: |
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70 | Da scholl Jammergestöhn' verwundeten – Lärm und Getümmel Flüchtenden Volk's, das schnell hinunter den stäubenden Abhang Stürmt' und von Schrecken gejagt, im Thal forteilte g'en Tunis. Stille herrschet rings, und so, wie berstende Wolken Brausen vom Hochgebirg in das Thal, die entwurzelte Waldung |
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75 | Schwindet, und kahl aufstarrt das Gefild: so brausten die Mauren, Flüchtend, im Waldthal fort, und rings verstummte die Gegend. Freudig erscholl fernher das Schmettern der Büchsen des Kaisers |
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80 | Eilender vor. Da flog, vom schnaubenden Rosse getragen, Guasto, der Greis, ihm entgegen, und rief, ein Flehender, also: »Herrlich dämmert dein Siegestag, erlauchter Gebiether; Laß dieß grauende Haupt mit dem schönsten der Kränze geschmücket, Kehren vom Kampf, so ich heut', beherrschend den muthigen Vortrab, |
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85 | Dir bereite die Bahn zu dem Sieg voll ewigen Nachruhms!« Als ihm des Herrschers lächelnder Blick die Bitte gewährte, Spornte das Roß Del-Guasto, und flog, wie Wettergewölk fleugt, Von dem Sturme gejagt, an die Spitze des muthigen Vor-Zugs, Wo des Fußvolks Reih'n, fünftausend erlesener Wälschen, |
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90 | Oestreichs tapferen Reitern gesellt, mit Jubel ihn grüßten. Jene lenkte Toledo zum Kampf, und die Reisigen Lichtstein: Beide Söhne des Ruhms, erzogen im Felde der Waffen. Wie in dem Sternenzelt, verherrlicht vor allen, des Morgens Glänzender Stern aufschwebt: so kam an dem Flügel zur Linken |
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95 | Ludwig, der siegverherrlichte Held, neuntausend der Krieger, Die aus Brabant, und mit ihm her aus Lusitanien zogen, Vorzuführen im Feld. So folgten zur Rechten die Deutschen Ebersteins Panier, der kühn, wie ein Eber des Waldes Sich auf den Gegner warf im Gefecht; wie ein Fels in dem Meergrund |
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100 | Stand im wilden Tumult umdräuender Todesgefahren, Und in dem Busen (den Edelstein) das edelste Herz trug. Hunyady eint' ihm die Macht roßtummelnder, kühner Magyaren Hier, voll Muths vorstürmend im Feld; dort nahte mit Ludwig Alba heran, der stets ein Schrecken der Feinde, der Heimath |
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105 | Schwergeharnischte, reisige Schar, entflammte zu Thaten. Doch, wie Sterne der Mond, den Mond, ausstrahlend, die Sonne Schnell verdunkelt an Pracht: so ragte der edelste Kaiser Vor in der Mitte des Heers. Ihm folgten aus jedem der Völker Tausend Erwählte zum Kampf, daß jegliches, gleich in Gefahren, |
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110 | Gleich in des Ruhms hochlohnendem Glanz, sich freue des Vorzugs. Aber im Nachhalt stand Aurel mit den Tapfern von Malta, Und, den Rittern gesellt, den furchtbarn, standen die Reiter, Die Hispania's Cortes entsandt' im rühmlichen Wettstreit: Doria's Heldenkraft vertraute der Kaiser die Scharen. |
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Jetzo herauf und hinunter im Feld, die Reihen zu mustern, |
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120 | Siehe, da fuhr an des Himmels Rand' im Osten die Sonne, Rosigschimmernd, herauf, und weckte den lieblichsten Morgen, Der sich je zur Erd' auf goldenen Fittigen senkte! Ringsum jauchzt' ihr entgegen die Welt: denn wonnige Kühlung Hauchte das Meer und der See von Tunis herüber, des Kriegers |
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125 | Busen erfüllend mit dauernder Kraft, und am blaueren Himmel, Dem erhabnen Altar des Herrn des kreisenden Weltalls, Schwamm ein zartes Gewölk umher, gleich duftendem Weihrauch, Der zum Dank aufwallt in der heiligen Stunde der Andacht. Als er entblößte das Haupt, da hellte die strahlende Sonne |
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130 | Ihm die erhabene Stirn'; er bethete laut vor den Scharen: »Herr, nun stärke dein Volk! Nicht trieb uns im dunkelen Schiffsraum Gier nach Beute heran; nur deinen Bekennern die Freiheit – Frieden dem raubgefährdeten Meer zu erkämpfen im Schlachtfeld, Ziehen wir freudig das Schwert. Von dir kommt Sieg und Errettung.« |
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135 | Dann aufschwang er den Stahl mit der Rechten; er barg mit der Linken Schnell das Haupt in den Helm, und rief, erschütternd, den Kriegern: »Golgotha's Hügel herab entströmte des sterbenden Mittlers Kreuze die knechtschafttilgende Huld: sie bracht' uns Erlösung. Christen, des Kreuzes gedenkt, und errettet die schmachtenden Brüder!« |
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140 | All' aufjauchzten dem Wort mit thränendem Blick, und im Sturmflug Ihres empöreten Muths erscholl ihr brausender Zuruf: »Fort, in die blutige Schlacht! Nicht allein auf dem Felde vor Tunis Streite dein Volk; auch fern an Jerusalems heiligen Mauern Stirbt es den Heldentod für dich, zu erringen der Kronen |
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145 | Erste dem edelsten Haupt. Jetzt hin, wo im Donnergetümmel Blitzt das würgende Schwert; wir schmettern die Feinde zu Boden!« Also erscholl's in dem Heer. Da flammte plötzlich der Luftraum Auf; die Wolken floh'n; laut rauschten des Meeres Gewässer, Und es erbebt die Erd', als sollte zerstieben das Weltall: |
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150 | Denn aus den glänzenden Höh'n der endlosen Räume des Himmels Kam Eloa herab: von den streitenden Heeren der Geister Wilden-Muth-empörende Schar zu entfernen. Sie bebten, Als er das flammende Schwert aufschwang, und mit dräuendem Blick rief: »Hör't, daß Keiner aus euch den Völkern: nicht diesem, nicht jenem, |
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155 | Nahe mit thatenerweckendem Hauch: denn selber bewähren Soll sich der Muth, der hier den Sclaven erringet die Freiheit!« Nun, da er fern' im bläulichen Aethergefilde dahinschwand, Sah'n sie trauernd ihm nach. Ihr Herz erfüllte die Sehnsucht Nach dem seligen Land: des Friedens ewiger Heimath. |
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160 | Dann, gesondert im Kreis', auf schimmernden Wolken sich lagernd, Ruheten all' umher, und blickten herunter auf's Schlachtfeld. Muhamed floh mit den Seinen davon: ihn schreckte des Seraphs Dräuender Blick, und Gram entflohener Hoffnung ergriff ihn. Sieh', auch Hairaddin trieb des brausenden Heeres Geschwader |
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165 | Wahllos gegen die Christen heran: so brauset des Meeres Sturmgeschaukelte Fluth in sausender Wogen Empörung! Erst die reisige Schar der Araber, feurige Rosse, Bändigend, und ermüdend im Kampf durch wechselnden Anfall, Flog den Numidiern vor, die rasch von der Sehne des Bogens |
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170 | Schnellen den schwirrenden Pfeil, und fern durchbohren den Gegner. D'rauf, wie die Schwärme der Kräh'n anstürmen im Herbst, und erfüllen Weit mit lautem Gekrächze die Luft: so folgte der Mauren Lanzengewaltiges Volk den Numidiern, und in dem Rücken Dieser Unzähligen kam, von schnaubenden Rossen gezogen, |
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175 | Rasselnd, im sanddurchpflügenden Zug, des schweren Geschützes Dräuende Macht. Nach jeglichem Donnerrohr', in der Rechten Schwingend die dampfende Lunte zur Luft, und den Helfern gebiethend, Schritt der Wurfschütz her, und siebenzig waren der Schützen: Dragut führte dieß Volk, dem Vorderzuge gebiethend. |
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180 | Aber die Janitschar'n, gewaltiger Thaten sich freuend: Jetzo des Feindes Reih'n mit des Säbels sausendem Mordschlag Niederzuwerfen, und jetzt, aus schmetternden Feuergewehren, Mitten in Feindesbrust zu entsenden die tödliche Kugel, Eilten im Nachzug vor. Da waren die Brauen der Krieger |
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185 | Tiefer gesenkt, das Auge geröthet vor Wuth, und die Lippen, Gleich dem gespannten Bogen gekrümmt, voll schrecklichen Ingrimms. Hairaddin spornte das Roß herauf und hinunter: von Unmuth Gohr ihm die Brust, daß er jüngst von Sinam bethöret, nicht würgte Dort die Sclaven gesammt, aufschleudernd die Burg in den Luftraum. |
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190 | Grimmig hing sein Blick an der Burg, und er wandte das Schlachtroß Nach den felsigen Höh'n, den armen verderbend zu nahen; Doch schon brausten die Christen heran, und heischten drometend, Trommeln wirbelnd, Kampf, und Gemenge der mordenden Waffen. Jetzt, wie im thauenden Lenz von zween aufstarrenden Bergen |
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195 | Plötzlich der Schnee sich lös't, und gegen einander gewirbelt, Links, und rechts herdonnern in's Thal die grausen Lawinen: Weit erbebet die Luft; zerschmetterte Wälder erkrachen, Und die Hütten umher mit den Lebenden deckt die Zertrümm'rung; Aber zugleich wie zween aufbrausende Ströme der Lava, |
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200 | Der aus Süden gejagt, und jener aus Norden, sich plötzlich, Tief in des Abgrunds Nacht begegnen im feindlichen Ansturz: Siehe, da zittert die Welt; im Beben der Erde versinken Mächtige Städt', und der berstende Berg speit Flammen zum Himmel: Also trafen dahier die feindlichen Heere zusammen: |
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205 | Da war Mordesgetös' und Geschrei, war Sausen der Lanzen, Zischen der Pfeil', und Klirren der Säbel umher in dem Blachfeld. Dragut stürmte zuerst mit einem erlesenen Haufen Kühner Araber vor, und hieb in den Reihen der Vorhuth Ein, wo Wälschlands blühendes Volk entgegen ihm kämpfte. |
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210 | Blut durchströmte den Sand: denn hundert blühende Krieger Lagen erwürgt, eh' noch mit verhängtem Zügel die Reiter Oestreichs nahten, und schnell für jeden erschlag'nen Gefährten Zween erlegten dem Feind' im Gemenge der blitzenden Säbel. Aber so tapfer die reisige Schar, vereint mit dem Fußvolk, |
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215 | Drängte des Drängers Macht, so vieler Getödteten Blut floß, Dennoch siegten sie nicht: denn zahllos stürmten die Mauren, Mit den empörten Numidiern vor, und stärkten des Vor-Zugs Wankende Reih'n. So stemmen umsonst des berstenden Eises Tausendfältiger Macht die Pfähl' in dem Strom sich entgegen: |
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220 | Krachend thürmen die Schollen sich auf, und über den Damm hin Braust ihr verheerender Zug: wie hier den wimmelnden Scharen Guasto's tapfere Krieger umsonst entgegen sich stemmten. Doch schon nahte der Greis. Er führte die Scharen vom Nachzug Eilig im Sturmlauf vor, und die ehernen Kriegesdrometen |
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225 | Schmetterten heller, und lauter erscholl im Sturme der Trommeln Wirbelnder Ruf; empöreter stets aufjauchzten die Krieger, Stöhnten die Rosse hinan zum entsetzlichen Kampf der Entscheidung. Wer durchsprengt im sausenden Flug die Reihen, vor allen |
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230 | Dragut, dem Schrecklichen? Wer, als Toledo, der edelste Feldherr? Fröhlich umgab er sich heut' am dämmernden Morgen die Rüstung, Die ihm der Kaiser gab zum Geschenk, und trat aus dem Zeltthor Heiteren Blickes zu Kurd, dem treubefundenen Freund hin. Schüttelnd ihm traulich die Hand, begann er mit sanfterer Stimme: |
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235 | »Kurd, in der Blüthe der Jahr', im Rosenschimmer des Morgens, Goß ein Gewittersturm urplötzlich ein nächtliches Dunkel Um mich her; zerknickte voll Wuth die Blüthen mir alle: Hinschwand jegliches Licht, und ich taumelte fort an des Abgrunds Schwindligem Rand; doch jetzt erseh' ich des schöneren Morgens |
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240 | Hellaufdämmernden Strahl, und die hehren Gefilde des Friedens, Wo des Dulders lohnendes Ziel, Mathilde, mir winket, Ewig beglückt! Leb' wohl, und fall' ich, so denke mit Sorgfalt Hugo's, des treuen, und werd' ein Tröster dem trauernden Vater!« Ach, der arme, nicht ahnt' er's nun, daß der trauernde Vater, |
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245 | Ob des Sohnes Geschick, erst jüngst verhauchte das Leben, Und ihn deckte das Grab mit tiefumnachtenden Schauern! Also sprach er dem Freund, in den Sattel sich schwingend, und horchte Gierig des schlachtgebiethenden Ruf's. Die Kriegesdrometen Schmetterten kaum, so flog er hinaus, und stürmte die Reihen |
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250 | Seiner Erlesenen durch. Er hatte Dragut ersehen. Aber auch Dragut sah ihn schon fern', und dachte, Verderben Ahnend, der Flucht; doch, ach, wie ertrüg' er Hairaddins Ingrimm, Wie den höhnenden Blick des feindlichgesinneten Sinam! Zweifelnd wankt' ihm die Hand an dem leitenden Zaum; vor den Augen |
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255 | Dunkelte rings ihm die Welt, und auf seinen erblassenden Lippen Stöhnte die Wuth; doch sieh', nun rafft' er in seinem Vermögen Nur ergrimmter sich auf, und warf mit umschwingender Rechten, Zielend, den blinkenden Dolch dem furchtbar'n Rächer Mathildens Weit entgegen! Er traf, im sausenden Fluge, Toledo |
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260 | Meidend, den tapferen Kurd, der rasch dem Freunde gefolgt war: Lautlos sank er vom Sattel herab, in die Stirne getroffen, Und verhauchte den Geist. Toledo, vor allen den Einen Nur im Aug': denn rach'entflammt, gewahrte des Freundes Schrecklichen Unfall nicht. Er spornte den schäumenden Läufer |
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Dicht an das Schlachtroß Draguts hin, daß die wallenden Mähnen |
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270 | Schwärzlichen Strom zur Erd' ergeußt; dann folgend dem Blutstrom, Sank er vom Sattel hinab, und röchelte sterbend im Sand dort. Doch nun wandte das schnaubende Roß der Rächer Mathildens Von dem Todten, und rief zu vereintem Gewürge den Freund auf. Wehe, er lag entseelt auf dem Sand'! Er blickte verstummend |
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275 | Auf ihn nieder: nur zwei, im Sturz, hellschimmernde Thränen Weihet' er, hingebeugt, dem Theuern; drückte die Spornen Dann in des Rosses Bauch, und schwang, vor entsetzlicher Rachgier Stöhnend, das Schwert: um ihn her, zur Sühne, die Leichen zu häufen. Wie der schreckliche Wolf, vom wüthenden Hunger getrieben, |
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280 | Weder der nahenden Hunde Gebell, noch drüben der Hirten Lautes Geschrei, die gern von der Heerde der Lämmer ihn scheuchten, Achtet: denn er würgt voll Hast die in Haufen Gedrängten Links und rechts, und nach jeglichem Mord noch nächst ihm die Blutgier: Also rächt' er den Freund in des Feindes Blut. Abdorrahman |
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285 | Sank ihm zuerst, der laut mit Geschrei vordrängte die Mauren: Dann Ben-Esrid, der Scheik arabischer Horden (im Schlachtgrau'n War er den Reisigen stets ein Leitstern) ihn aus dem Sattel Riß er behend', und hieb, mit kräftigem Schwunge des Degens, Ihm die Scheitel entzwei, daß lautaufstöhnend er hinsank. |
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290 | Wie auf der Heid', im Herbst, das Feuer die bärtigen Disteln Tilgt, vom Sturme gejagt; so tilgte sein Eisen die Gegner. Nahend dem Vorderzug gewahrte der Kaiser Toledo's |
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295 | Ha, der sank, und dort auch jener, und nimmerermüdend Würgt dein schrecklicher Stahl? Nie welkenden Lorber erringt dir Heute dein Muth: er reißt im Sturm die Helden zum Sieg fort!« Aber wie Glockengeläut' im Sturm bald näher und näher, Heller und lauter erschallt, bald wieder vom wechselnden Windschwall |
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300 | Ferne verweht, in der sausenden Luft verhallet den Ohren: So verschlang das Getös' des Kaisers lohnenden Zuruf. Jetzo nach Rogendorf, dem tapferen Meister des Feldzeugs, Sah er zurück, und erhob, zum verständlichen Wink ihm, den Degen. Jener entschwand auf dem feurigen Roß, und, als er vom Nachhalt, |
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305 | Gegen den Vorderzug die Donnerrohre zu führen Nahete, rief er noch laut den Feuerwerkern, im Vorgeh'n: »Schaffet mir Ruhm! Euch winkt im Feuer mein blitzender Degen Heute zum letzten Mal. Mit trauerndem Herzen des Freundes, Salm, gedenkend, will ich hinfort in der einsamen Kammer |
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310 | Weilen daheim, und harren des Tag's ersehnter Vollendung.« Also entflammt' er das Volk, und, schnell zur Stelle gefahren, Schleuderten jetzt die Donnerrohr' in den Reihen des Feindes Tod und Verderben umher: obsiegend dem donnernden Feldzeug Hairaddins. Denn wie ein Sturm, der, plötzlich die Lüfte verfinsternd, |
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315 | Saust, entschüttelt das Eis, und die wogenden Saaten zerschmettert, Warf des Kaisers Geschütz im dichten Gedränge der Gegner Hunderte nieder, da hier in den Reih'n der tapferen Christen, Jenes nur wenige traf, durch Schuld unkundiger Schützen. Hairaddin bebte vor Wuth, und fluchte laut vor den Scharen |
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320 | Auf das schwere Geschütz, das dort im Donnergetümmel Weder verstummen hieß das feindliche, noch in dem Blutfeld, Jenem gleich, vertilgte das Volk: ihm schrecklich zu schauen! |