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Rund um den Stillen Ozean

Die chinesisch-japanischen Friedensbedingungen werden in unseren Zeitungen so betrachtet, als ob sie Deutschland nur wirtschaftlich interessieren könnten, während das politische Interesse daran sich auf die drei an China grenzenden Mächte Rußland, England und Frankreich beschränke. Zu wenig wird beachtet, daß die Angelegenheit auch eine europäische Seite hat, bei deren Würdigung es gar nicht auf den Kolonialbesitz in Asien ankommt und auch nicht in erster Linie auf die Summen des Handelsverkehrs zwischen einer europäischen und den drei ostasiatischen Mächten. Der neue Zustand, dessen Grundlagen in Shimonoseki [1895] gelegt wurden, kehrt sich gegen das europäische Übergewicht im ganzen und beginnt einen Gedanken zu verwirklichen, der in Nordamerika zuerst ans Licht trat und als dessen Träger Senator Foster an den Friedensverhandlungen teilgenommen hat. General U. S. Grant hat auf seiner Weltreise, als er sich 1878 längere Zeit in China und Japan aufhielt, mit der großen Autorität, die ihm dort eingeräumt wurde, den Staatsmännern Ostasiens diesen Gedanken ans Herz gelegt, und der frühere Gesandte der Vereinigten Staaten in China, Russell Young, hat ihn noch 1889 in die Worte gefaßt: »Zeigen wir China, daß wir westlich von den Sandwich-Inseln kein politisches Interesse im Stillen Ozean haben, daß seine Unabhängigkeit wesentlich ist für unsere wirtschaftliche Stellung im Stillen Ozean; wir haben nur die Monroe-Doktrin für den Osten zu verkünden, so wie sie von Quincy Adams für den Golf von Mexiko und Südamerika ausgesprochen ist, um ein moralisches Gewicht in seinen Angelegenheiten zu gewinnen.« Ostasien ebenso selbständig gegenüber Europa zu machen wie Mittel- und Südamerika und auf diesem Wege unseren alten Erdteil in seine engen natürlichen Schranken zurückzudrängen, ist der Sinn dieser Politik, die, wenn sie gelingt, praktisch allerdings zunächst nichts weiter bedeutet, als daß die führende Stellung in der Weltpolitik und im Welthandel von dem europäischen Zweig der angelsächsischen Rasse auf den amerikanischen übergeht, entsprechend einem Satze des ruhmredigen Greater-Britain -Dilke: »Durch den Mund Amerikas wird England zur Welt sprechen.« Ihre Folgen würden aber viel weiter reichen, als wir heute ermessen können.

Vergessen wir nicht, daß die Vereinigten Staaten seit der denkwürdigen Erschließung Japans durch Admiral Peary folgerichtig die Politik der Verdrängung des sehr früh übermächtig gewordenen europäischen Einflusses, ob im deutschen oder im englischen Gewande, aus Ostasien sowohl in Tokio als auch Peking vertreten.

Wir nehmen natürlich nicht an, daß Japan sich rein aus pazifischem Nachbargefühl und antieuropäischem Mitempfinden den Vereinigten Staaten an den Hals werfen werde. Es kann aber die amerikanische Hilfe für die nächste Aufgabe brauchen, den bedrohlich übermächtigen Einfluß Europas in Ostasien zurückzudrängen, um dort einst die Rolle Englands zu übernehmen, gegen dessen Suprematie im Stillen Ozean es keinen überzeugteren, ja leidenschaftlicheren Verbündeten finden kann als die Vereinigten Staaten. Vielleicht wird es der Diplomatie des kontinentalen Europas sogar Dank wissen, wenn diese sich bemüht, den japanischen Sieg über China nicht in einen Sieg Amerikas über Europa auslaufen zu lassen.

Das einzige Stück der politischen Rüstung Japans von sicherer Stärke bleiben die geographischen Vorteile des japanischen Archipels. Er hat dieselbe Lage auf der Ostseite des größten Erdteils wie die, von der aus auf der Westseite England seine Weltmacht ausgebreitet hat. Er hat den Vorzug vor dem britischen, daß er dem größten Meer der Erde angehört und tiefer gegen die Tropen hinabgerückt ist. Daß diese Inseln großenteils fruchtbarer sind, wiegt vielleicht zum Teil ihren geringeren Kohlen- und Eisenreichtum auf. Die Vorzüge einer solchen Lage sind ein im Laufe der Geschichte oft und in den verschiedensten Meeren erprobtes Gut. Die unbefangene Beurteilung, die in Japan nur eine junge, werdende Größe sieht, muß die Inselnatur des Landes als eine politisch und wirtschaftlich sehr bedeutsame und möglicherweise auch sehr folgenreiche Eigenschaft bezeichnen. Schon erkennt man die Impulse zur Expansion und Seeherrschaft, durch die in allen Perioden der Geschichte Inselmächte zu unverhältnismäßig frühen und großen Wirkungen gelangt sind.

 


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