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Der Prinz Mulai, Sohn des Königs von Marokko, befand sich einst des Nachts auf der Jagd verirrt, ganz allein zwischen den Felsen, nahe an der felsigen afrikanischen Küste, ungefähr eine Stunde weit von der Stadt Fez. Der Himmel war ganz klar, das Meer still und der Mond und die Sterne spiegelten sich darin; es war eine von den schönen Nächten der heissen Länder, weit angenehmer als die schönsten Tage unserer kälteren Gegend. Der maurische Prinz galoppierte längs dem Ufer hin und belustigte sich mit Mond und Sternen, die sich auf der Oberfläche des Meeres wie in einem Spiegel zeigten, als plötzlich ein erbärmliches Geschrei zu seinen Ohren drang und ihn bewog, nach dem Ort hinzureiten, wo er glaubte, dass es herkäme. Er ritt also darauf zu und fand zwischen den Felsen ein Weib, das sich aus allen Kräften gegen einen Menschen verteidigte, der ihr mit Gewalt die Hände binden wollte, während eine andere Frauensperson sich bemühte, ihr den Mund mit einem Tuch zu verstopfen. Die Ankunft des jungen Prinzen verhinderte sie, ihre Gewaltsamkeit fortzusetzen, und gewährte derjenigen, der sie so übel begegneten, einige Ruhe. Mulai fragte, warum sie so sehr schrie, allein statt der Antwort ging der Mensch mit dem Degen auf ihn los und versetzte ihm einen Hieb, der ihn gefährlich verwundet hätte, wäre er ihm nicht durch die Geschwindigkeit seines Pferdes ausgewichen. »Schuft!« rief Mulai, »unterstehst du dich, den Prinzen von Fez anzugreifen?« – »Ich habe dich wohl dafür erkannt,« antwortete der Maure; »aber eben deswegen, weil du mein Fürst bist und mich strafen kannst, muss ich dir entweder dein Leben nehmen oder das meinige verlieren«, und ging mit solcher Wut auf Mulai los, dass der Prinz, so tapfer er auch war, mehr darauf denken musste, sich gegen einen so bösen Feind zu verteidigen, als ihn selbst anzugreifen. Die beiden Frauenzimmer wurden unterdessen mit einander handgemein und diejenige, die sich einen Augenblick vorher für verloren glaubte, hielt die andere nun fest, als wenn sie gar nicht zweifelte, dass ihr Verteidiger den Sieg erhalten würde. Verzweiflung stärkt den Mut und flösst oft denjenigen welchen ein, die am wenigsten haben. Obgleich der Prinz weit tapferer war als sein Gegner und eine nicht gemeine Stärke und Geschicklichkeit besass, machte doch die Furcht vor der Strafe den Mauren alles wagen und gab ihm so viele Stärke als Mut, dass der Sieg zwischen ihm und dem Prinzen lange zweifelhaft blieb. Allein der Himmel, welcher immer die beschützt, die er über andere erhoben hat, führte glücklicherweise die Leute des Prinzen noch früh genug nahe, dass sie den Lärm der Streitenden und das Geschrei der Weiber hören konnten. Sie liefen also herbei und erkannten ihren Herrn in dem Augenblick, als er den, der mit dem Schwert gegen ihn stand, mit einem Stoss zur Erde warf, weil er ihn nicht töten, sondern einer exemplarischen Strafe aufbewahren wollte. Er befahl seinen Leuten, ihm nichts weiter zu tun, als ihn an den Schweif eines Pferdes zu binden, so dass er weder gegen sich selbst noch gegen andere etwas vornehmen konnte. Zwei Reiter nahmen die beiden Frauenzimmer vor sich auf die Pferde, und in diesem Aufzug kam Mulai mit seinem Gefolge bei Taganbruch nach Fez. Dieser junge Prinz hatte in seiner Hauptstadt ebensoviel zu befehlen, als wenn er schon König gewesen wäre. Er liess den Mauren, der sich Achmet nannte und ein Sohn eines der reichsten Kaufleute in Fez war, vor sich bringen. Die beiden Frauen kannte niemand, weil die Mauren, eifersüchtiger als andere Männer, ihre Weiber und Sklaven vor der ganzen Welt verbergen. Das Weib, das der Prinz gerettet hatte, erregte bei ihm selbst sowohl, als auch bei seinem ganzen Hofe durch ihre ausserordentliche Schönheit und ihr majestätisches Ansehen, das ein schlechtes Sklavenkleid nicht verbergen konnte, allgemeines Erstaunen. Die andere Frau war wie eine Standesperson des Landes gekleidet und konnte für schön gelten, ob sie es gleich weniger war als die erste. Aber wenn sie auch so schön gewesen wäre, so verdunkelte doch die Blässe der Furcht alle ihre Schönheit, da hingegen das Gesicht der andern von einer bescheidenen Scham errötete. Der Maure erschien vor dem Prinzen mit der Fassung eines Übeltäters und hielt beständig seine Augen auf die Erde geheftet. Mulai befahl ihm, sein Verbrechen selbst zu bekennen, wenn er anders nicht in der äussersten Qual sterben wollte. »Ich weiss wohl, was auf mich wartet,« antwortete der stolz, »und was ich verdient habe; und wenn es mein Nutzen wäre, nichts einzugestehen, so sollte mich keine Qual dazu bewegen; allein ich kann dem Tod nun nicht mehr entgehen, weil ich dir selbst das Leben rauben wollte, und ich muss dir also sagen, dass die Wut darüber, dich nicht getötet zu haben, mich mehr quält, als alles was deine Henker mir antun können. Diese Spanierinnen«, sagte er, »waren meine Sklaven; die eine hat ein gutes Teil erwählt und sich nach den Umständen gerichtet und hat meinen Bruder Zaid geheiratet, die andere wollte niemals ihre Religion ändern, noch meiner Liebe Gehör geben.« Weiter wollte er nichts mehr sagen, was man ihm auch androhte. Mulai liess ihn gefesselt in einen Turm werfen, die Renegatin und Frau des Zaid wurde in ein besonderes Gefängnis gebracht, und die schöne Sklavin einem vornehmen Mauren namens Zulema übergeben, der zwar ein geborener Spanier war, allein Spanien längst verlassen hatte, weil er sich nicht entschliessen konnte, ein Christ zu werden. Er war aus dem in Granada so berühmten Hause Zegris, und seine Frau Zoraide, die aus eben dem Hause war, wurde für die schönste und auch klügste Dame in ganz Fez gehalten. Sie war anfangs über die Schönheit der christlichen Sklavin ganz entzückt, wurde es aber nachher noch mehr über ihren Geist, sobald sie mit ihr einige Unterredung gehalten hatte. Wenn diese schöne Christin einigem Troste zugänglich gewesen wäre, so hätte sie in der Zärtlichkeit Zoraidens gewiss solchen gefunden, aber gleich als wenn sie sich ganz in ihrem Schmerz versenken wollte, blieb sie immer für sich allein, um sich desto ärger zu grämen, und sobald sie bei Zoraiden war, tat sie sich die äusserste Gewalt an, um ihre Tränen und Seufzer zu verbergen. Der Prinz Mulai war sehr begierig, ihre Geschichte zu erfahren. Er gestand dies dem Zulema, und da er ihm überhaupt nichts verhehlte, so gestand er ihm auch, dass er eine Neigung für diese schöne Christin fühle, und dass er es ihm schon längst würde gesagt haben, wenn ihre grosse Traurigkeit ihn nicht befürchten liesse, er möchte einen unbekannten Nebenbuhler in Spanien haben, der, so entfernt er auch wäre, ihn dennoch hindern könnte, in seinem eigenen Lande, wo er Herr über alles war, glücklich zu sein. Zulema trug also seiner Frau auf, dass sie sich von der Christin ihre Lebensgeschichte möchte erzählen lassen, und sie zu fragen, durch welchen Zufall sie Achmets Sklavin geworden wäre. Zoraide war ebenso neugierig darauf als der Prinz, und hatte nicht viele Mühe, die spanische Sklavin dazu zu bewegen, die einer Person alles schuldig zu sein glaubte, die so viele Freundschaft für sie zeigte. Sie sagte Zoraiden, dass sie ihre Neugierde, sobald sie es nur wünschte, befriedigen wollte, aber da sie ihr bloss Unglück zu erzählen hätte, befürchtete sie, ihr Langeweile zu machen. »Ihr werdet sehen, dass dies nicht so ist,« antwortete Zoraide, »denn ich werde Euch mit aller möglichen Aufmerksamkeit zuhören und aus meiner Teilnahme werdet Ihr erkennen, dass Ihr Euere Geschichte niemandem anvertrauen könnt, der Euch mehr liebt als ich.« Dabei umarmte sie sie und bat, sie nicht länger warten zu lassen. Sie waren allein, und die schöne Sklavin trocknete ihre Tränen und fing folgendermassen an: »Ich heisse Sophie, bin als eine Spanierin in Valencia geboren, und wurde mit aller Sorgfalt erzogen, welche reiche und vornehme Personen, wie mein Vater und meine Mutter waren, für ihre Tochter haben konnten, welche die erste Frucht ihrer Ehe war, und die von ihren ersten Jahren an ihrer Liebe wert zu sein schien. Ich hatte einen Bruder, jünger als ich. Er war so lieb als man es nur sein kann und wir liebten einander so sehr, dass, wenn wir nicht beisammen waren, man auf unseren Gesichtern eine Traurigkeit oder Unruhe bemerken konnte, welche die angenehmsten Zerstreuungen nicht zu vertreiben vermochten. Man trennte uns deshalb auch nicht mehr und wir lernten zusammen alles das, was man Kinder aus gutem Hause beiderlei Geschlechtes zu lehren pflegt; und daher kam es, dass ich zu jedermanns Erstaunen in allen ritterlichen Übungen ebenso geschickt war wie er, und dass er alles das wusste, was sonst Mädchen von Stande zu wissen pflegen. Eine so besondere Erziehung flösste einem Edelmann, der ein Freund meines Vaters war, den Wunsch ein, dass seine Kinder mit uns möchten erzogen werden. Er schlug es unseren Eltern vor, die dareinwilligten und die Nachbarschaft unserer Häuser erleichterte die Sache von beiden Seiten. Er hatte auch nur einen Sohn und eine Tochter, beide so alt wie wir, und man vermutete in Valencia, dass die beiden Häuser sich einst durch uns miteinander verbinden würden. Karlos und Lucie – dies waren die Namen des Bruders und der Schwester – waren beide gleich liebenswert; mein Bruder liebte Lucie und wurde von ihr geliebt, Karlos liebte mich und ich liebte ihn wieder. Unsere Eltern wussten es wohl und weit entfernt, es zu verhindern, würden sie uns wohl miteinander verheiratet haben, wenn wir nicht noch zu jung gewesen wären. Allein der glückliche Tag unserer unschuldigen Liebe wurde durch den Tod meines Bruders gestört, den ein hitziges Fieber in acht Tagen wegraffte; und dies war mein erstes Unglück. Lucie wurde darüber so sehr betrübt, dass sie niemand mehr vom Kloster zurückhalten konnte. Ich wurde todkrank darüber und auch Karlos war so krank, dass sein Vater befürchtete, ohne Erben zu bleiben, so sehr hatte ihn der Tod meines Bruders, meine eigene Gefahr und der Entschluss Luciens angegriffen. Endlich half uns unsere Jugend durch, und unsere Traurigkeit mässigte sich. Bald hernach starb Karlos' Vater und hinterliess seinem Sohne ein sehr grosses Vermögen. Sein Reichtum gewährte ihm die Mittel, seine Liebe zur Pracht sehen zu lassen. Die Galanterien, die er mir zu Gefallen erfand, schmeichelten meiner Eitelkeit, machten seine Liebe öffentlich bekannt und vermehrten die meinige. Karlos lag oft zu den Füssen meiner Eltern, um sie zu bitten, sein Glück nicht länger zu verzögern und mich ihm zu geben. Er fuhr unterdessen in seinen Galanterien und Ausgaben fort. Mein Vater befürchtete endlich, er möchte sein Vermögen vergeuden und entschloss sich also, mich ihm zu verheiraten. Er machte also dem Dom Karlos Hoffnung, dass er bald sein Schwiegersohn werden würde, und Karlos bezeigte darüber eine so ausserordentliche Freude, dass wenn ich auch noch nicht gewusst hätte, wie sehr er mich liebte, ich dadurch gewiss wäre überzeugt worden. Er gab mir zu Ehren einen Ball, wozu die ganze Stadt eingeladen wurde. Zu seinem und meinem Unglücke fand sich ein neapolitanischer Graf dabei ein, der Geschäfte halber nach Spanien gekommen war. Ich gefiel ihm so sehr, dass er sich in mich verliebte und mich von meinem Vater zur Ehe verlangte, nachdem er sich nach dem Range, den der Graf in Valencia bekleidete, erkundigt hatte. Mein Vater liess sich von der Stellung und dem Vermögen dieses Fremden blenden. Er versprach ihm, was er verlangte und noch an eben dem Tage erklärte er dem Dom Karlos, dass er keine Ansprüche mehr auf mich hätte, verbot mir zugleich, seine ferneren Besuche anzunehmen und befahl, dass ich den italienischen Grafen künftig als den Mann betrachten sollte, der nach seiner Rückkehr von Madrid mich heiraten würde. Ich verbarg mein Missvergnügen vor meinem Vater, aber wenn ich allein war, dachte ich nur an Karlos. Ich suchte alles das Unangenehme auf, das der italienische Graf an sich hatte, und fühlte, dass ich Karlos stärker liebte als ich jemals geglaubt hätte, und dass es mir ebenso unmöglich war, ohne ihn zu leben, als mit seinem Nebenbuhler glücklich zu sein. Ich nahm meine Zuflucht zu Tränen, doch das war ein schwaches Mittel gegen mein Unglück. Dom Karlos kam hinauf in mein Zimmer, ohne mich, wie er gewohnt war, um Erlaubnis zu bitten. Er fand mich in Tränen und konnte die seinigen nicht zurückhalten, so sehr er sich auch Mühe gab, seine Empfindung solange zu verbergen, bis er meine wahre Gesinnung erforscht hätte. Er warf sich mir zu Füssen, nahm meine Hände, die er mit seinen Tränen benetzte. ›Sophie,‹ sagte er, ›ich soll dich also verlieren, und ein Fremder, den du kaum kennst, soll glücklicher sein als ich, weil er reicher ist? Er soll dich haben, Sophie, und du willigst ein? Du, die ich so sehr geliebt habe, und die mich sonst immer überreden wollte, dass sie mich wieder liebte, die mir von einem Vater, ach von einem ungerechten und eigennützigen Vater versprochen war, der mir nun sein Wort bricht! Wärest du ein Gut, dessen Wert sich bestimmen liesse, so könnte meine Treue allein dich mir schon erwerben, und wenn du dich derer noch erinnerst, die du mir versprochen hast, so müsstest du vor allen andern die Meinige werden. Aber, glaubst du denn, dass ein Mensch, der Mut genug hatte, seine Wünsche bis zu dir zu erheben, nicht genug mehr haben werde, sich an dem zu rächen, den du ihm vorziehst? Und kannst du es einem Unglücklichen, der alles verloren hat, verdenken, wenn er alles wagt? Willst du aber, dass ich allein sterben soll, so mag dieser glückliche Nebenbuhler leben, weil er dir einmal gefallen hat, und weil du ihn beschützest, aber Karlos, den du hassest, und den du seiner Verzweiflung überlässt, wird gewiss eines so grausamen Todes sterben, dass deine Rache an ihm davon befriedigt sein wird.‹ ›Karlos,‹ antwortete ich, ›willst du dich mit einem ungerechten Vater und mit einem Menschen, den ich nicht lieben kann, vereinigen, um mich zu quälen? Und wie kannst du mir ein Unglück zu meinem Verbrechen machen, das uns beide trifft? Bedaure mich, statt mich zu verdammen, und denke vielmehr auf Mittel, mich dir zu erhalten, als mir Vorwürfe zu machen. Ich könnte dir mit Recht welche machen, weil du mich niemals geliebt und mich niemals recht gekannt hast. Allein wir haben jetzt keine Zeit mit unnützen Worten zu verlieren. Ich will mit dir gehen wohin du willst, und will alles wagen, um mich nur nicht mehr von dir zu trennen.‹ Karlos war über meine Rede so entzückt, dass seine Freude nun so gross wurde wie vorher sein Schmerz gewesen war. Er bat mich um Verzeihung, dass er mich der Ungerechtigkeit beschuldigt hätte, die man ihm antat, und machte mir begreiflich, dass kein anderes Mittel wäre, als dass ich mich von ihm entführen liesse. Ich willigte also zu allem ein und versprach ihm, dass ich die Nacht des andern Tages mich fertig halten wollte, ihm überall zu folgen, wohin er mich führen werde. Einem Verliebten ist alles leicht. Dom Karlos brachte in einem Tage seine Sachen in Ordnung, versah sich mit Geld und mietete eine Bark von Barcelona, die unter Segel gehen konnte, sobald er es befehlen würde. Unterdessen nahm ich alle meine Kostbarkeiten und alles was ich an Geld auftreiben konnte zu mir, und wusste meine Absicht so geschickt zu verbergen, dass man gar nichts davon ahnte. Ich wurde also gar nicht beobachtet und ging die Nacht durch eine kleine Gartentür hinaus, fand Claudio, einen von Karlos Pagen, den er sehr liebte, weil er schön sang und in seinen Reden und Handlungen mehr Verstand zeigte als gewöhnlich ein Page von seinem Alter zu haben pflegt. Er sagte mir, sein Herr hätte ihn vorausgeschickt, um mich nach der Bark zu führen, und ich würde die Ursache warum er nicht selbst hätte kommen können, von ihm erfahren. Auch kam noch ein Sklave des Karlos hin, den ich gut kannte. Wir gingen ohne Müh zur Stadt hinaus, so gute Anstalten hatte man getroffen, und kamen bald an den Hafen, wo wir ein Schiff vor Anker fanden und eine Schaluppe am Land, die uns erwartete. Man sagte mir, Dom Karlos würde gleich nachkommen, ich sollte unterdessen nur aufs Schiff gehen. Der Sklave trug mich in die Schaluppe und verschiedene andere Männer, die ich für Matrosen gehalten hatte, nötigten auch den Claudio hinein, und es schien mir, als wenn er sich dagegen wehren und nicht gerne hinein wollte. Dies vermehrte meine Unruhe wegen der Abwesenheit Dom Karlos. Ich fragte den Sklaven, der mir aber ganz frech antwortete, es gäbe jetzt keinen Dom Karlos mehr für mich. Zu gleicher Zeit hörte ich den Claudio sehr stark schreiend und weinend zu dem Sklaven Achmet sagen: ›Ah! Verräter Achmet, ist dies dein Versprechen, dass du mich wolltest von einer Nebenbuhlerin befreien und mich mit meinem Geliebten allein lassen?‹ ›Unvorsichtige Claudia,‹ rief der Sklave, ›man braucht einem Verräter sein Wort nicht zu halten; und konnte ich hoffen, dass eine Person, die ihrem Herrn untreu ist, mir so treu sein würde, um nicht die Wachen an der Küste zu benachrichtigen, damit sie mir nachsetzen und Sophien rauben möchten, die ich mehr als alles liebe?‹ Diese Worte gegen ein Frauenzimmer gesprochen, das ich für eine Mannsperson hielt und von denen ich nichts verstand, erschreckten mich so sehr, dass ich wie tot in die Arme des verräterischen Mauren fiel, der mich nicht verlassen hatte. Meine Ohnmacht dauerte lange und als ich zu mir selbst kam, befand ich mich in einem Zimmer auf dem Schiffe, das schon weit in die See hinein war. Ihr könnt Euch meine Verzweiflung vorstellen, als ich mich ohne Dom Karlos und unter den Feinden meines Glaubens sah; denn ich sah nun, dass ich in der Gewalt der Mauren war; dass der Sklave Achmet alle Gewalt über sie hatte und dass sein Bruder Zaid der Herr des Schiffes war. Dieser Unverschämte sah mich nicht sobald imstande, das zu verstehen, was er mir sagen würde, als er mir mit kurzen Worten erklärte, dass er mich schon längst liebte und dass ihn seine Leidenschaft bewogen habe, mich zu entführen und mich nach Fez zu führen, wo es bloss von mir abhängen sollte, ebenso glücklich zu sein wie in Spanien, so wie er seinerseits alles anwenden würde, mich den Dom Karlos vergessen zu machen. Ich warf mich, ungeachtet meiner Schwäche und mit einer Kraft, die er nicht erwartet hatte und die eine Folge meiner Erziehung war, über ihn her, riss ihm das Schwert aus der Scheide und wollte mich eben wegen seiner Treulosigkeit an ihm rächen, wenn nicht sein Bruder Zaid mir den Arm zurückgehalten und ihm dadurch das Leben gerettet hätte. Man entwaffnete mich leicht; denn da ich einmal meinen Streich verfehlt hatte, tat ich keinen Widerstand mehr. Achmet, den mein Entschluss erschreckt hatte, hiess alle aus dem Zimmer gehen, worin ich lag, und überliess mich nun meiner Verzweiflung. Ich brachte die Nacht mit Klagen und Tränen zu, und den folgenden Tag war meine Traurigkeit um nichts geringer. Die Zeit, die oft den grössten Schmerz mildert, hatte gar keine Wirkung auf mich, und den zweiten Tag unserer Fahrt war ich noch trauriger als in der schrecklichen Nacht, wo ich zugleich mit meiner Freiheit auch die Hoffnung verlor, den Dom Karlos wiederzusehen und jemals wieder ruhig zu werden. Achmet hatte mich, so oft er sich mir zeigte, so grausam gegen ihn gefunden, dass er mir nicht mehr vor Augen kam. Man brachte mir zur Zeit zu essen, ich schlug es aber standhaft aus, und der Maure fing an, zu befürchten, er möchte mich umsonst entführt haben. Unterdessen hatte das Schiff die Meerenge passiert und war nicht weit mehr von der Küste von Fez, als Claudio in mein Zimmer trat. ›Verräter!‹ rief ich, sobald ich ihn sah. ›Was hatte ich dir getan, dass du mich zur unglücklichsten Person machst und mich von Dom Karlos trennst?‹ – ›Ihr wurdet zu sehr von ihm geliebt,‹ antwortete er, ›und da ich ihn ebenso liebte wie Ihr, so habe ich eben kein grosses Verbrechen begangen dadurch, dass ich eine Nebenbuhlerin von ihm entfernte. Aber, wenn ich Euch hintergangen habe, so hat mich Achmet wieder hintergangen, und ich würde vielleicht ebenso traurig sein wie Dir, wenn ich nicht darin einigen Trost fände, dass ich nicht allein unglücklich bin.‹ – ›Erkläre mir diese Rätsel‹, sagte ich ihm, ›und sag mir, wer du bist, und ob ich in dir einen Freund oder einen Feind habe.‹ – ›Sophie,‹ sagte er nun, ›ich bin von deinem Geschlechte und war so wie du in Dom Karlos verliebt. Aber, ob wir gleich einerlei Leidenschaft fühlten, so war es doch nicht mit einerlei Glück. Dom Karlos hat Euch immer geliebt und geglaubt, dass Ihr ihn wieder liebtet, mich aber hat er nie geliebt und hat auch nie glauben können, dass ich ihn liebte, weil er nicht wusste, wer ich war. Ich bin aus Valencia, so wie Ihr, und mein Stand und Vermögen ist ansehnlich genug, dass Dom Karlos, wenn er mich geheiratet hätte, sich den Vorwurf einer Missheirat gewiss nicht würde zugezogen haben. Allein die Liebe zu Euch beschäftigte ihn ganz allein, und er hatte bloss Augen für Euch. Zwar taten meine Augen alles mögliche, um meinem Munde das beschämende Geständnis meiner Schwachheit zu ersparen. Ich ging überall hin, wo ich ihn anzutreffen glaubte, und setzte mich so, dass er mich sehen konnte; kurz, ich hatte für ihn alle Aufmerksamkeit, die er eigentlich für mich haben sollte, wenn er mich so liebte wie ich ihn. Ich war Herr meiner Person und meines Vermögens, weil meine Eltern in meiner frühen Jugend gestorben waren, und man schlug mir verschiedene gute Heiraten vor, allein die Hoffnung, dass ich endlich Dom Karlos noch zur Liebe bewegen würde, hinderte mich darauf zu hören. Statt mich von dem schlimmen Schicksal meiner Liebe abschrecken zu lassen, wie jede andere getan haben würde, die liebenswerte Eigenschaften genug gehabt hätte, um nicht verachtet zu werden, so wuchs meine Liebe mit den Schwierigkeiten, die sich mir entgegensetzten. Kurz, um alles anzuwenden, was zu meinem Vorhaben dienen konnte, liess ich mir die Haare abschneiden, kleidete mich als Mannsperson und liess mich so dem Dom Karlos durch einen alten Bedienten meines Hauses vorstellen, der sich für meinen Vater und für einen armen Edelmann aus den Gebirgen von Toledo ausgab. Mein Gesicht und meine Gestalt missfielen Eurem Geliebten nicht und er nahm mich in seinen Dienst. Er erkannte mich nicht, ob er mich gleich so oft gesehen hatte, und wurde ebensobald von meinem Verstande überzeugt, als von der Schönheit meiner Stimme und meiner Geschicklichkeit, alle Instrumente zu spielen, die ein Frauenzimmer mit Bescheidenheit spielen kann, entzückt. Er glaubte in mir Fähigkeiten wahrzunehmen, die sich gewöhnlich nicht in einem Pagen finden, und ich gab ihm so viele Beweise meiner Treue und meiner Verschwiegenheit, dass er mich mehr zu seinem Vertrauten als zu seinem Bedienten brauchte. Ihr wisst am besten, ob ich mich hierin zu sehr lobe, und habt mich selbst hundertmal in meiner Gegenwart gegen Dom Karlos gerühmt und mir gute Dienste bei ihm getan, allein ich war ausser mir, dass ich alles dies einer Nebenbuhlerin danken musste, und während sie mich bei Dom Karlos noch angenehmer machten, machten sie Euch der unglücklichen Claudia (dies ist mein Name) immer verhasster. Eure Heirat sollte unterdessen bald vor sich gehen, und damit schwanden meine Hoffnungen. Sie wurde endlich beschlossen, und ich verlor sie gänzlich. Der italienische Graf, der zu der Zeit sich in Euch verliebte, und dessen Rang und Geld Eurem Vater ebensosehr in die Augen stachen, als seine Hässlichkeit und seine Fehler Euch Abneigung gegen ihn einflössten, verschaffte mir wenigstens das Vergnügen, Euch in Eurer Heirat gestört zu sehen, und mein Herz schmeichelte sich damals mit jenen leeren Hoffnungen, womit sich die Unglücklichen so oft betrügen. Endlich gab Euer Vater dem Fremden, den Ihr nicht liebtet, den Vorzug vor Dom Karlos, den Ihr liebtet. Ich sah nun den, der mich unglücklich machte, selbst unglücklich, und eine Nebenbuhlerin, die ich hasste, noch unglücklicher als ich selber, weil ich an einem Manne, der mir niemals gehört hatte, nichts verlor; Ihr hingegen verlort ihn der ganz Euer war, und vielleicht war dieser Verlust, so gross er auch war, Euch doch nicht so empfindlich, als einen Menschen zu Eurem ewigen Tyrannen zu haben, den Ihr nicht lieben konntet. Allein mein Glück oder vielmehr meine Hoffnung dauerte nicht lange. Ich erfuhr von Dom Karlos, dass Ihr willens wäret, ihm zu folgen und ich wurde sogar dazu gebraucht, um alle Anstalten zu dem Vorhaben zu treffen, dass er Euch nach Barcelona und von da nach Frankreich oder Italien bringen wollte. Alle Standhaftigkeit, mit der ich bisher so viel Unglück ertragen hatte, verliess mich nun auf einmal, und es kam mir desto unerwarteter, da ich ein solches Unglück gar nicht vermutet hatte. Ich wurde aus Traurigkeit darüber krank, und zwar so krank, dass ich zu Bett lag. Eines Tages, als ich mich selbst über mein trauriges Schicksal beklagte, und in der Vermutung, dass mich niemand hören würde, laut genug sprach, als wenn ich mit dem Vertrauten meiner Liebe spräche, stand der Maure Achmet vor mir, der mir zugehört hatte und der mir folgendes sagte: Ich kenne dich Claudia, und zwar von der Zeit her, da du dich noch nicht verkleidet hattest, um Page bei Dom Karlos zu werden, und wenn ich es dich nicht merken liess, dass ich dich kannte, so geschah es deswegen, weil ich ebenso wie du einen Plan hatte. Ich höre hier, dass du einen verzweifelten Entschluss fassen willst. Dass du dich deinem Herrn als ein junges Frauenzimmer entdecken willst, das aus Liebe zu ihm stirbt und das keine Hoffnung hat, wieder von ihm geliebt zu werden; ferner willst du dich vor seinen Augen töten, um wenigstens die Tränen dessen zu verdienen, dessen Liebe du nicht erwerben konntest. Armes Mädchen, was tust du, wenn du dich tötest, anderes, als Sophien den Besitz von Dom Karlos zu sichern? Ich wollte dir wohl einen besseren Rat geben, wenn du imstande bist, dich dazu zu entschliessen. Nimm deiner Nebenbuhlerin ihren Geliebten. Das Mittel dazu ist leicht und kostet nicht mehr Entschliessung, als es dich kostete, da du dein Geschlecht verbargst und deine Ehre auf das Spiel setztest, deiner Liebe willen. Ich will dir ein Geheimnis eröffnen, das ich noch niemandem entdeckt habe, und wenn der Vorschlag, den ich dir machen will, dir missfällt, so kannst du immer noch tun was du willst. Ich bin aus Fez und in meinem Lande ein vornehmer Mann. Das Unglück machte mich zu Dom Karlos Sklaven und die Schönheit Sophiens zu dem ihrigen. Ich habe dir hier in wenig Worten viel gesagt. Für dich ist keine Rettung mehr übrig, weil dein Geliebter seine Geliebte entführt und mit ihr nach Barcelona geht. Weisst du dich nun der Gelegenheit zu bedienen, so ist es dein und mein Glück. Ich habe wegen meiner Ranzion unterhandelt und habe sie bezahlt. Eine afrikanische Galiotte wartet meiner auf der Reede, nicht weit von dem Ort, wo Dom Karlos zur Ausführung seines Unternehmens gleichfalls eine liegen hat. Er hat seine Reise einen Tag aufgeschoben, und wir müssen ihm nun mit List und Geschwindigkeit zuvorkommen. Geh zu Sophien und sage ihr im Namen deines Herrn, dass sie sich diese Nacht zu einer gewissen Stunde, wo du sie abholen wolltest, bereit halten sollte abzureisen. Führ sie alsdann auf mein Schiff, ich werde sie nach Afrika führen, und du wirst also mit deinem Geliebten allein zu Valencia bleiben, der dich vielleicht so gut wie Sophien geliebt haben würde, wenn er gewusst hätte, dass du ihn liebst.‹ Bei diesen letzten Worten der Claudia überwältigte mich der Schmerz so sehr, dass ich noch einmal ohnmächtig hinfiel, ohne ein Lebenszeichen von mir zu geben. Das Geschrei der Claudia, die es nun vielleicht bereute, mich unglücklich gemacht zu haben, ohne sich selbst dadurch zu helfen, brachte Achmet und seinen Bruder in das Zimmer wo ich war. Man wandte alle Mittel an, und ich kam wieder zu mir selbst und hörte, dass Claudia dem Mauren abermals seine Treulosigkeit vorwarf. ›Ungläubiger Hund,‹ sagte sie zu ihm, ›warum hast du mir geraten, dies schöne Mädchen so elend zu machen, wenn du mich nicht bei meinem Geliebten lassen wolltest? Und warum bewogst du mich, an einem Mann, der mir so teuer war, eine Treulosigkeit zu begehen, die mir jetzt ebensoviel schadet als ihm? Wie kannst du dich für einen vornehmen Mann deines Landes ausgeben, da du der ärgste Verräter und der niederträchtigste unter allen Menschen bist?‹ – ›Schweig‹ sagte Achmet, ›und wirf mir nicht ein Verbrechen vor, dessen Gehilfin du warst. Ich habe dir schon gesagt, dass einer der seinen Herrn verrät wie du, nichts besseres verdient, und indem ich dich mitnahm, sicherte ich mein Leben und vielleicht auch das Leben Sophiens, weil sie leicht aus Schmerz sterben könnte, wenn sie erführe, dass du allein bei Dom Karlos geblieben wärst.‹ Der Lärm, den nun die Matrosen machten, die eben in den Hafen von Sale einlaufen wollten, und das Salutschiessen des Schiffes, das vom Land aus beantwortet wurde, unterbrach die Vorwürfe, welche Achmet und Claudia einander machten, und befreiten mich auf einige Zeit von dem Anblick dieser beiden Menschen. Man stieg ans Land, bedeckte mir und Claudia das Gesicht mit einem Schleier, und wir wurden nebst dem treulosen Achmet bei einem Mauren seiner Verwandtschaft einquartiert. Gleich den andern Tag liess man uns in einen bedeckten Wagen steigen und nach Fez bringen, wo zwar Achmet von seinem Vater mit der grössten Freude empfangen wurde, ich aber voll Traurigkeit und Verzweiflung sein Haus betrat. Claudia wusste sich bald zu trösten. Sie schwur das Christentum ab und heiratete Zaid, den Bruder des treulosen Achmet. Diese schlechte Person sparte seit dieser Zeit keine List, um mich zu bewegen, gleichfalls meine Religion abzuschwören und Achmet zu heiraten, und wurde endlich mein ärgster Peiniger, nachdem Achmet umsonst alle gute Behandlung verschwendet hatte, um mich zu gewinnen, und nun anfing, mit all den Seinigen mich auf die grausamste Art zu quälen. Ich musste täglich meine Standhaftigkeit gegen so viele Feinde üben, und konnte meine Leiden stärker ertragen als ich es wünschte, als ich endlich zu bemerken glaubte, dass Claudia ihr schlechtes Betragen bereute, öffentlich verfolgte sie mich dem Scheine nach mehr als die andern, heimlich aber erwies sie mir öfters gute Dienste wodurch ich sie für eine Person hielt, die wohl tugendhaft hätte werden können, wenn sie zur Tugend wäre erzogen worden. Eines Tages, als alle übrigen Frauen, wie es unter euch Mohammedanern üblich, in die öffentlichen Bäder gegangen waren, kam sie mit einem anscheinend traurigen Gesichte zu mir und sagte: ›Schöne Sophie, so sehr ich ehemals Ursache hatte, Euch zu hassen, so ist doch mein Hass verschwunden, da ich einmal die Hoffnung verloren habe, den zu besitzen, der mich deswegen nicht liebte, weil er Euch zu sehr liebte. Ich werfe es mir immer vor, dass ich Euch unglücklich gemacht habe und meinen Gott aus Furcht vor den Menschen verlassen habe. Die geringste Empfindung dieser Reue könnte mich Dinge wagen machen, die unserem Geschlechte beinahe unmöglich scheinen. Ich kann nicht mehr ausser Spanien mit Ungläubigen leben, unter denen ich, wie ich wohl weiss, weder mein zeitliches noch ewiges Wohl finden kann. Ihr könnt auf die Aufrichtigkeit meiner Reue daraus schliessen, dass ich Euch ein Geheimnis nun offenbaren will, das Euch mein Leben in die Hände und Euch das Mittel gibt, Euch an mir wegen all dem Übel zu rächen, das ich Euch zufügen habe müssen. Ich habe fünfzig Christensklaven, meistenteils Spanier, gewonnen, die alle Mut genug haben, ein grosses Wagnis auszuführen. Mit dem Gelde, das ich ihnen heimlich gegeben, haben sie sich einer Bark versichert, die uns nach Spanien bringen kann, wenn Gott anders unser Vorhaben begünstigt. Es liegt nun bloss an Euch, mein Glück zu machen und Euch mit mir zu retten, wenn ich mich rette, oder mit mir zu sterben, wenn ich Euch nicht von Eueren grausamen Feinden erlösen kann. Entschliesst Euch also, Sophie, und während man uns nicht beobachtet, wollen wir uns über die wichtigste Angelegenheit Eures und meines Lebens beratschlagen.‹ Ich warf mich der Claudia zu Füssen und indem ich sie nach mir beurteilte, zweifelte ich gar nicht an der Aufrichtigkeit ihrer Worte. Ich dankte ihr von ganzem Herzen und fühlte die Gnade, die sie, wie ich glaubte, mir erweisen wollte sehr tief. Wir bestimmten einen Tag zu unserer Flucht an das Seeufer, wo, wie sie sagte, unser kleines Schiff hinter Felsen verborgen lag. Dieser Tag, den ich so sehnlich erwartete, war endlich da. Wir kamen glücklich aus dem Haus und aus der Stadt. Ich bewunderte die Güte des Himmels, der uns unser Vorhaben so sehr erleichterte und dankte Gott unaufhörlich. Allein das Ende meines Unglücks war nicht so nahe wie ich dachte. Claudia handelte bloss auf Befehl des noch schlechteren Achmet; sie führte mich des Nachts an einen entlegenen Ort, bloss um mich der Gewalt des Mauren zu überlassen, der in dem Hause seines Vaters, der ein rechtschaffener Mann war, nichts gegen meine Ehre zu unternehmen wagte. Ich folgte der, die mich so unglücklich machen wollte, ganz arglos nach und glaubte, dass ich ihr niemals genug dafür würde danken können, dass ich durch ihre Hilfe nun die Freiheit erlangen sollte. Ich dankte ihr beständig und lief auf den rauhen Wegen und Felsen so geschwind wie möglich dem Ort zu, wo, wie sie sagte, ihre Leute uns erwarteten, als ich auf einmal hinter uns gehen hörte und als ich zurücksah, Achmet mit dem Schwert in der Hand uns folgen sah. ›Niederträchtige Sklaven,‹ rief er, ›ihr wollt also eurem Herrn entfliehen?‹ Ich hatte nicht Zeit, ihm zu antworten. Claudia fasste mir von hintenher die Hände zusammen, und Achmet liess sein Schwert fallen und vereinigte sich mit ihr, und beide wandten alles mögliche an, mir die Hände mit Stricken zusammen zu binden, die sie zu dem Zwecke mitgebracht hatten. Da ich mehr Stärke und Geschicklichkeit besass als gewöhnliche Frauenzimmer, so widerstand ich lange den Bemühungen dieser beiden schlechten Menschen. Aber ich fühlte mich ermatten, meine Kräfte verliessen mich und ich nahm nur noch meine Zuflucht zu dem Schreien, das ungefähr jemand an dem Orte vorbeiführen könnte, oder vielmehr, ich hoffte gar nichts mehr, als der Prinz Mulai dazu kam, eben als ich es am wenigsten erwartete. Ihr wisst, auf welche Art er mir die Ehre, ja auch das Leben erhalten hat; denn ich würde gewiss vor Schmerz gestorben sein, wenn der treulose Achmet seinen Willen erhalten hätte.« Sophie beschloss hier die Erzählung ihrer Begebenheiten, und die liebenswürdige Zoraide ermahnte sie, von der Grossmut des Prinzen die Mittel zu erwarten, in ihr Vaterland zurückzukehren. Sie erzählte noch an ebendem Tag alles was sie von Sophien gehört hatte, ihrem Manne, der es dem Mulai hinterbrachte. Obgleich alles, was man ihm von der schönen Christin sagte, seiner Leidenschaft für sie nicht günstig war, so war er als ein guter Mann doch froh, erfahren zu haben, dass sie in ihrem Lande schon jemanden liebte, und er in Hoffnung, leicht zu siegen, nicht eine schlimme Handlung begehen durfte. Er verehrte Sophiens Tugend, und die seinige flösste ihm den Gedanken ein, ihr Unglück zu mildern. Er liess ihr also durch Zoraiden sagen, dass er sie nach Spanien zurückschicken wollte, wenn sie es verlangte, und sobald er hörte, dass sie dazu entschlossen war, vermied er es, sie zu sehen, weil er seiner eigenen Tugend nicht ganz traute und ihre grosse Schönheit fürchtete. Sie war nicht wenig um die Sicherheit ihrer Rückreise verlegen. Die Fahrt nach Spanien war lang, und die spanischen Kaufleute handelten nicht nach Fez. Wenn sie aber auch ein christliches Schiff gefunden hätte, so konnte sie bei ihrer grossen Schönheit und Jugend unter ihren eigenen Glaubensgenossen leicht das nämliche finden, was sie von den Mauren befürchtete. Rechtschaffenheit ist auf einem Schiffe etwas Seltenes, und die Aufrichtigkeit wird dort so wenig beobachtet als im Krieg, und überall, wo Tugend und Unschuld ohne Hilfe sind, wacht die Bosheit schlechter Menschen am ehesten auf und ist geneigt, alles zu ihrem Vorteil zu unternehmen. Zoraide riet Sophien, sich als Mannsperson zu verkleiden, weil ihr vorteilhafter Wuchs sie zu dieser Kleidung mehr als andere Frauen begünstigte. Sie sagte ihr, dass Mulai selbst ihr diesen Rat gäbe, weil er in Fez niemand fände, dem er sie sicher anvertrauen könnte. Ferner sagte sie auch, dass er für den Wohlstand ihres Geschlechts gesorgt hätte und ihr eine Reisegesellschafterin ihres Glaubens mitgeben wollte, die ebenso verkleidet sein sollte, und dass sie dadurch von der Furcht befreit würde, die sie haben könnte, wenn sie sich unter lauter Matrosen und Soldaten allein befände. Dieser maurische Prinz hatte von einem Korsaren eine Prise gekauft; es war ein Schiff von dem Gouverneur von Oran, auf dem die ganze Familie eines spanischen Edelmannes war, welchen dieser Gouverneur aus Hass als Gefangenen nach Spanien schickte. Mulai erfuhr, dass dieser Christ einer der geschicktesten Jäger wäre, und da die Jagd seine Lieblingsleidenschaft war, wollte er ihn zu seinem Sklaven haben. Damit er ihn aber desto besser erhalten möchte, trennte er ihn nicht von seiner Frau, seiner Tochter und seinem Sohne. Während zwei Jahren, die er zu Fez in Mulais Dienste zubrachte, lehrte er diesen Prinzen, mit der grössten Fertigkeit alles Wild, das auf der Erde läuft oder in der Luft fliegt, mit der Flinte zu schiessen und noch andere Arten von Jagden, welche die Mauren nicht kennen. Er hatte sich dadurch bei dem Prinzen so beliebt gemacht und war zu seinem Vergnügen so unentbehrlich geworden, dass er niemals eine Ranzion von ihm annehmen wollte, sondern durch Wohltaten aller Art ihm Spanien vergessen zu machen suchte. Aber die Betrübnis, nicht in seinem Vaterlande zu sein und keine Hoffnung zu haben, dahin zu kommen, brachte ihn in eine Melancholie, die mit seinem Tode endigte, und seine Frau überlebte ihn nicht lange. Mulai bereute es nun, dass er ihm nicht seine Freiheit gegeben hatte als er sie von ihm verlangte, und wollte so gut als möglich, das Unrecht, das er ihm seiner Meinung nach angetan hatte, an seinen Kindern wieder gut machen. Die Tochter nannte sich Dorothea und war mit Sophien eines Alters; sie war hübsch und hatte viel Verstand. Ihr Bruder war erst fünfzehn Jahre alt und nannte sich Sancho. Mulai wählte sie also beide, um Sophien Gesellschaft zu leisten, und bediente sich dieser Gelegenheit, sie zusammen nach Spanien zurückzuschicken. Man hielt die Sache geheim, und liess Mannskleider nach spanischer Art für beide Frauenzimmer und für den kleinen Sancho verfertigen. Mulai zeigte seine Freigebigkeit durch eine Menge Edelsteine, die er Sophien schenkte; er machte auch Dorothea sehr schöne Geschenke, welche mit denen, die er ihrem Vater ehemals gegeben, sie für ihre übrige Lebenszeit reich machten. Karl der Fünfte führte zu der Zeit Krieg in Afrika und belagerte die Stadt Tunis. Er hatte einen Abgesandten an Mulai gesandt, um wegen der Ranzion einiger vornehmer Spanier zu unterhandeln, die an der Küste von Marokko Schiffbruch gelitten hatten. Diesem Gesandten empfahl Mulai Sophien unter dem Titel eines vornehmen Edelmannes namens Dom Fernand, der unter seinem wahren Namen nicht bekannt sein wollte, und Dorothea und ihr Bruder passierten, die erste unter dem Titel eines Edelmannes und letzterer unter dem eines Pagen. Sophie und Zoraide konnten nicht ohne Betrübnis von einander scheiden, und es kostete von beiden Seiten viele Tränen. Zoraide gab der schönen Christin eine Reihe so kostbarer Perlen, dass sie diese nicht würde angenommen haben, wenn die liebenswürdige Maurin und ihr Mann Zulema, der Sophien ebensosehr liebte, ihr nicht erklärt hätten, dass sie sich durch die Verweigerung dieses Geschenkes äusserst beleidigt halten würden. Zoraide liess Sophien versprechen, dass sie ihr von Zeit zu Zeit über Tanger, Oran oder andere Handelsstädte des Kaisers in Afrika, Nachricht von sich geben wollte. Der christliche Gesandte schiffte sich zu Sale ein und nahm Sophien mit sich, die von nun an Dom Fernand heissen wird. Er kam zur Armee des Kaisers, die noch vor Tunis stand. Unsere verkleidete Spanierin wurde ihm als ein Edelmann aus Andalusien vorgestellt, der lange Zeit ein Sklave des Prinzen gewesen wäre. Sie hatte eben nicht viel Ursache, ihr Leben zu schonen und den Krieg zu fürchten, und da sie einmal für einen Kavalier gehalten wurde, so konnte sie mit Ehren nicht aus den öfteren Treffen wegbleiben, welche so viele brave und tapfere Ritter mitmachten. Sie ging also unter die Freiwilligen und liess keine Gelegenheit vorbei, sich auszuzeichnen, und zwar so sehr, dass endlich der Ruhm des falschen Fernand bis zum Kaiser drang. Sie war so glücklich, neben ihm zu stehen, als er in der Hitze eines Gefechts, das für die Christen unglücklich ausfiel, in einen Hinterhalt von Mauren geriet, von den Seinigen verlassen und von den Ungläubigen umringt wurde. Und vermutlich wäre er getötet worden, denn sein Pferd war schon unter ihm gefallen, wenn ihm nicht unsere Amazone das ihrige gegeben, ihn mit einer unglaublichen Tapferkeit unterstützt, und dadurch den Christen Zeit gegeben hätte, sich wieder zu sammeln und ihren tapfern Kaiser zu retten. Eine so schöne Handlung blieb nicht unbelohnt. Der Kaiser gab dem unbekannten Dom Fernand eine Komende von grossem Einkommen und das Reiterregiment eines spanischen Edelmanns, der im letzten Treffen geblieben war. Er liess ihr auch die völlige Equipage einer Standesperson machen, und von der Zeit an war dies tapfere Frauenzimmer von der ganzen Armee am meisten geschätzt. Alle Handlungen eines Mannes waren ihr so natürlich, ihr Gesicht war so schön und gab ihr ein so jugendliches Ansehen, ihre Tapferkeit war bei ihrer Jugend so ausserordentlich und ihr Geist so ausgebildet, dass kein Edelmann in der Armee war, der sich nicht um ihre Freundschaft bemühte. Man darf sich also gar nicht wundern, dass, da jedermann von ihr und für sie beim Kaiser sprach, sie bald der Liebling ihres Herrn wurde. Unterdessen kamen auf den Schiffen, die der Armee Geld und Munition brachten, neue Soldaten aus Spanien mit an. Der Kaiser wollte sie unter dem Gewehr sehen und ging mit seinen vornehmsten Generalen, unter welchen auch unsere Heldin war, hin, sie zu mustern. Unter diesen neuangekommenen Soldaten glaubte sie Dom Karlos zu erkennen, und sie irrte sich auch nicht. Sie war den ganzen übrigen Tag unruhig, liess ihn in allen Quartieren der neuen Truppen aufsuchen, aber man fand ihn nicht, weil er seinen Namen verändert hatte. Sie konnte die ganze Nacht nicht schlafen, stand mit Aufgang der Sonne auf und ging, den teuren Geliebten, der sie so viele Tränen gekostet hatte, nun selbst aufzusuchen. Sie fand ihn, aber er erkannte sie nicht, weil ihr Wuchs unterdessen verändert war, denn sie war grösser geworden; auch hatte die afrikanische Luft die Farbe ihres Gesichts gebräunt. Sie tat, als ob sie ihn für einen ihrer Bekannten hielte, und fragte ihn nach Neuigkeiten aus Sevilla und nach einer Person, deren Namen ihr zuerst in den Mund kam. Dom Karlos antwortete ihr, dass sie sich irre, er wäre nie zu Sevilla gewesen, sondern er wäre aus Valencia. »Ihr gleicht sehr einer Person, die mir sehr wert war«, sagte sie, »und wegen dieser Ähnlichkeit will ich Euer Freund werden, wenn Ihr anders mich dafür annehmen wollt.« »Die nämliche Ursache, die Euch bewegt, mir Eure Freundschaft anzubieten, hätte Euch schon die meinige erworben, wenn sie mit der Eurigen in Vergleichung käme. Ihr gleichet einer Person, die ich lange geliebt habe, Ihr habt ihr Gesicht und ihre Stimme, allein Ihr seid nicht von ihrem Geschlecht, und vermutlich«, setzte er mit einem tiefen Seufzer hinzu, »seid Ihr auch nicht ihres Sinnes.« Sophie konnte sich bei diesen letzten Worten nicht enthalten zu erröten, was Karlos aber nicht bemerkte, weil seine Augen voll Tränen standen. Sie war sehr bewegt, und da sie sich nicht mehr verbergen konnte, so bat sie den Dom Karlos, sie in ihrem Zelt zu besuchen, und verliess ihn, nachdem sie ihm ihr Quartier gesagt hatte und dass er nur nach dem General Dom Fernand fragen sollte. Bei diesem Namen befürchtete Dom Karlos, ihm nicht genug Ehre erwiesen zu haben. Er hatte schon erfahren, wie sehr der General vom Kaiser geliebt wurde, und dass er mit den Ersten des Hofes bei ihm in gleicher Gunst stünde. Er fand sein Quartier und sein Zelt sehr leicht, denn jedermann wusste es und er wurde für einen gemeinen Offizier, der einen der vornehmsten Stabsoffiziere besuchte, sehr höflich empfangen. Er erkannte abermals das Gesicht Sophiens in dem des Dom Fernand und erstaunte darüber mehr als das erstemal, und noch mehr über den Ton ihrer Stimme, der ihm durch die Seele ging und das Andenken der geliebtesten Frau in ihm erneute. Sophie, die ihrem Geliebten noch immer unbekannt war, liess ihn bei sich essen. Nach Tisch, als die Diener fort waren, und sie Befehl gegeben hatte, keinen Besuch einzulassen, liess sie sich nochmals von ihm sagen, dass er von Valencia wäre, ferner musste er ihre gemeinschaftlichen Begebenheiten erzählen bis zu jenem Tag, wo sie war entführt worden. »Solltet Ihr wohl glauben,« sagte Dom Karlos, »dass eine Frau von Stande, die so viele Beweise meiner Liebe erhalten, die mir so viele der ihrigen gegeben, weder auf Ehre noch auf Treue hielt? Mir so grosse Fehler verbergen und in ihrer Wahl so blind sein konnte, dass sie mir einen jungen Pagen vorzog, den ich hatte und der sie tags vorher entführte, als ich sie dem andern entführen wollte?« – »Aber wisst Ihr denn dies so gewiss?« fragte Sophie. »Der Zufall regiert alles und macht öfters unsere Entschlüsse durch die unerwartetsten Begebenheiten zuschanden. Eure Geliebte kann gezwungen worden sein, sich von Euch zu trennen, und vielleicht ist sie mehr unglücklich als schuldig.« – »Wollte Gott!« sagte Dom Karlos, »ich könnte ihr Vergehen noch bezweifeln! Allen Verlust und Unglück, das sie mir zugefügt hat, würde ich leicht ertragen, ja ich würde mich gar nicht für unglücklich halten, wenn ich glauben könnte, dass sie mir noch treu wäre. Allein sie ist es bloss gegen den treulosen Claudio, und hat Dom Karlos bloss mit ihrer Liebe geschmeichelt, um ihn nicht unglücklich zu machen.«
– »Nach dem, was Ihr von ihr sagt,« antwortete Sophie, »scheint es, als wenn Ihr sie nicht sehr geliebt hättet, weil Ihr sie so geradewegs verdammt, ohne sie zu hören, und sie lieber für niederträchtig als für leichtsinnig halten wollt.« – »Und kann man es denn mehr sein,« versetzte Dom Karlos, »als diese unbesonnene Frau es war, als sie, um ihre Flucht mit meinem Pagen zu verbergen, in der Nacht, wo sie entführt wurde, einen Brief in ihrem Zimmer zurückliess, der mit der äussersten Bosheit abgefasst war und der mich viel zu unglücklich gemacht hat, als dass ich ihn je vergessen sollte. Ich will ihn Euch hersagen und Ihr sollt alsdann urteilen, welcher Verstellung dieses junge Mädchen fähig war. Der Brief war so:
Sie hätten mir nicht verbieten sollen, den Dom Karlos zu lieben, nachdem Sie mir es einmal befohlen hatten. So grosse Verdienste wie die seinigen mussten mir viele Liebe einflössen, und wenn das Herz einer jungen Person einmal eingenommen ist, so findet der Eigennutz keinen Platz mehr darin. Ich entfliehe also mit dem, den ich mit Eurer Billigung von Jugend auf geliebt habe, und ohne welchen es mir ebenso unmöglich wäre, zu leben, als bei einem Fremden zu sterben, den ich nicht lieben kann, wenn er auch noch so reich wäre. Unser Vergehen, wenn es so genannt werden kann, verdient Eure Verzeihung. Werdet Ihr sie uns erteilen, so werden wir, um sie zu erhalten, geschwinder zurückkommen, als wir vor der ungerechten Gewalt geflohen sind, die Ihr mir antun wolltet.
Sophie.
Ihr könnt Euch den Schmerz, den Sophiens Eltern bei diesem Brief empfanden, leicht vorstellen. Sie glaubten, ich wäre noch mit ihrer Tochter heimlich in Valencia geblieben, oder wenigstens wären wir noch nicht weit davon. Sie verschwiegen ihren Verlust gegen jedermann, ausgenommen gegen den Vizekönig, ihren Verwandten, und kaum war der Tag angebrochen, so kamen die Gerichtsdiener in mein Zimmer und fanden mich eingeschlafen. Ich erstaunte über diesen Besuch um so mehr, als ich wirklich Ursache hatte, darüber zu erstaunen, und als ich, nachdem man mich nach Sophien gefragt hatte, selbst fragte, wo sie wäre, wurden meine Gegner davon aufgebracht, und schickten mich mit der äussersten Härte ins Gefängnis. Ich wurde verhört und konnte gegen den Brief Sophiens nichts Gültiges vorbringen. Es schien daher, dass ich sie hatte entführen wollen, allein noch deutlicher schien es, als wenn mein Page mit ihr verschwunden wäre. Sophiens Eltern liessen sie suchen, und meine Freunde gaben sich alle ersinnliche Mühe, zu erfahren, wo sie der Page hingeführt haben möchte. Dies war das einzige Mittel, meine Unschuld zu beweisen, allein es war nicht möglich, einige Nachricht von den flüchtigen Verliebten einzuziehen, und meine Feinde klagten mich nun für den Tod beider an. Kurz, die Ungerechtigkeit siegte hier über die Unschuld. Man benachrichtigte mich, dass man mir bald das Urteil sprechen würde, und ich wollte meine Freiheit durch einen verzweifelten Streich wieder zu erhalten suchen. Ich machte also mit andern Übeltätern, die zugleich mit mir gefangen und Leute von verwegenem Mut waren, ein Komplott. Wir erbrachen mit Hilfe unserer Freunde unser Gefängnis und hatten schon die nächsten Gebirge von Valencia erreicht, ehe der Vizekönig Nachricht erhielt. Wir waren lange Zeit Herren der ganzen Gegend. Sophiens Untreue, die Verfolgung ihrer Eltern, die Ungerechtigkeit, die, wie ich glaubte, der Vizekönig gegen mich begangen hatte, und endlich der Verlust meines Vermögens brachten mich in eine solche Verzweiflung, dass ich mein Leben bei jeder Gelegenheit, wo ich und meine Kameraden Widerstand fanden, aufs Spiel setzte. Dadurch erwarb ich mir eine so grosse Achtung unter ihnen, dass sie mich zu ihrem Oberhaupt erwählten. Ich war es mit so gutem Erfolg, dass unsere Truppe den Königreichen Aragonien und Valencia furchtbar wurde, und wir dies Land gleichsam in Kontribution setzten. Ich vertraue Euch hier ein wichtiges Geheimnis,« sagte Dom Karlos, »allein die Ehre, die Ihr mir erweist, und meine eigene Neigung zieht mich so sehr zu Euch hin, dass ich mein Leben damit, dass ich Euch mir so gefährliche Geheimnisse entdecke, in Eure Hände geben will. Endlich wurde ich müde, ein Verbrecher zu sein; ich stahl mich von meinen Kameraden weg, da sie es gar nicht vermuteten, und ging nach Barcelona, wo ich als gemeiner Reiter unter den Rekruten, die nach Afrika bestimmt waren, angenommen wurde, und mit diesen Truppen bin ich nun hier angekommen. Ich habe keine Ursache mein Leben zu lieben, und nachdem ich es so übel angewendet, kann ich mich dessen nicht besser als gegen die Feinde unseres Glaubens bedienen und zu Eurem Dienst, weil die Güte, die Ihr mir erzeigt, der einzige Trost ist, den mein Herz erhalten hat, seitdem die undankbarste der Frauen mich zum unglücklichsten Menschen gemacht hat.« Die unerkannte Sophie verteidigte die mit Unrecht beschuldigte Sophie, und bemühte sich, ihren Geliebten zu bereden, seine Geliebte nicht so leicht zu verdammen, bis er besser unterrichtet wäre. Sie sagte ihm, dass sie grossen Anteil an seinem Unglück nehme, dass sie es sehr gerne lindern möchte, und um ihm tätige Beweise davon zu geben, bat sie ihn, bei ihr zu bleiben, und versprach, dass sie bei erster Gelegenheit ihren eigenen Kredit und den ihrer Freunde bei dem Kaiser anwenden wollte, um ihn von der Verfolgung ihrer Eltern und des Vizekönigs von Valencia zu befreien. Dom Karlos hörte auf nichts, was Dom Fernand ihm zur Entschuldigung Sophiens sagte, allein das Anerbieten seiner Wohnung und seines Tisches nahm er an. Noch an dem Tag sprach diese treue Geliebte mit dem General des Dom Karlos, und erhielt von ihm seine Einwilligung, dass dieser Reiter, den sie für ihren Verwandten ausgab, bei ihr wohnen dürfte. Nun ist also unser unglücklicher Verliebter in Diensten bei seiner Geliebten. Er sah gleich anfangs, dass sein Herr sehr viel auf ihn hielt und konnte selbst nicht begreifen, wie er ihn so lieb gewinnen konnte. Er war zugleich sein Haushofmeister, sein Sekretär, sein Kammerjunker und sein Vertrauter. Die andern Bedienten hatten ebenso viele Achtung für ihn als für Dom Fernand selbst, und er würde gewiss bei der Liebe seines Herrn, den er durch einen geheimen Zug ebensosehr liebte, glücklich gewesen sein, wenn die verlorene und ungetreue Sophie nicht beständig in seinen Gedanken gewesen und ihn in eine Traurigkeit gestürzt hätte, die weder die Gunst seines Herrn noch seine verbesserten Glücksumstände heben konnten. So sehr ihn Sophie auch liebte, so sah sie ihn doch gerne traurig und zweifelte nicht, dass sie die Ursache davon wäre. Sie sprach so oft mit ihm von Sophien, verteidigte sie öfters so hitzig, ja mit Zorn und Bitterkeit, dass Dom Karlos endlich auf den Gedanken kam, dieser Dom Fernand, der ihn immer auf diese Sache brächte, wäre ehemals vielleicht selbst in Sophien verliebt gewesen, und wäre es vielleicht noch. Der afrikanische Krieg wurde endlich auf die Art, wie man in der Geschichte liest, beendigt. Der Kaiser führte ihn nun in Deutschland, Italien, Flandern und anderen Gegenden. Unsere Heldin vermehrte ihren Ruf eines tapfern und erfahrenen Offiziers durch viele ausgezeichnete Handlungen. Der Kaiser sah sich genötigt, nach Flandern zu gehen, und den König von Frankreich um freien Durchzug durch seine Staaten zu bitten. Der grosse König, der damals regierte, wollte seinen Todfeind, der immer glücklicher gewesen war als er, nur öfter sein Glück nicht ausnützte, an Grossmut übertreffen. Karl der Fünfte wurde in Paris empfangen, als wenn er König von Frankreich gewesen wäre. Der schöne Dom Fernand war unter der kleinen Anzahl von Standespersonen, die ihn begleiteten, und wenn er sich länger an diesem galanten Hof aufgehalten hätte, würde diese schöne Spanierin, die man für einen Mann hielt, vielen französischen Damen Liebe eingeflösst und bei unseren verliebten Herren Eifersucht erregt haben. Unterdes starb der Vizekönig von Valencia. Dom Fernand wagte es im Vertrauen auf seine Verdienste und auf die Gnade seines Herrn um diese Stelle zu bitten und erhielt sie ohne weiteres. Er gab also Dom Karlos so schnell als möglich Nachricht von seinem Glück und versprach ihm, dass, sobald er seine Stelle als Vizekönig von Valencia antreten würde, er ihn mit Sophiens Eltern aussöhnen, und bei dem Kaiser Gnade für ihn dafür auswirken wolle, dass er Oberhaupt einer Räuberbande gewesen; auch dies wolle er versuchen, ihn wieder in sein früheres Vermögen einzusetzen. Dom Karlos hätte aus allen diesen schönen Versprechungen Trost schöpfen können, wenn seine unglückliche Liebe ihm einigen Trost erlaubt hätte. Der Kaiser kam nun nach Spanien zurück und ging nach Madrid. Dom Fernand nahm von seinem Gouvernement Besitz. Gleich den andern Tag nach seinem Einzug in Valencia gaben Sophiens Eltern eine Klage gegen Dom Karlos bei ihm ein, der bei ihm die Stelle eines Haushofmeisters und Sekretärs bekleidete. Der Vizekönig versprach ihnen Genugtuung und dem Dom Karlos, dass er seine Unschuld beschützen wollte. Man fing also aufs neue an, gegen ihn zu verfahren; man hörte zum andernmal Zeugen ab, und endlich wurden Sophiens Eltern aus Rachbegier, die sie jedoch für gerecht hielten, soweit getrieben, und brachten die Sache dahin, dass in sechs oder sieben Tagen das Urteil gesprochen werden konnte. Sie verlangten von dem Vizekönig, dass der Angeklagte ins Gefängnis sollte, er gab ihnen aber sein Wort, dass er nicht aus seinem Palast herausgehen sollte und setzte einen Tag für den Urteilspruch fest. Den Tag vor diesem Termin verlangte Dom Karlos noch eine besondere Audienz beim Vizekönig und erhielt sie. Er warf sich ihm zu Füssen und sprach folgendes: »Morgen also, mein Herr, werdet Ihr meine Unschuld vor der ganzen Welt öffentlich beweisen. Obgleich die Zeugen, die Ihr habt abhören lassen, mich gänzlich von dem Verbrechen lossprechen, dessen man mich beschuldigt, so schwöre ich doch noch einmal vor denselben als vor Gott, dass ich nicht allein Sophien nicht entführt, sondern sie auch den Tag als sie entführt worden ist, nicht gesehen habe, nichts von ihr gehört und seit der Zeit auch nichts mehr von ihr erfahren habe. Zwar muss ich gestehen, dass ich sie entführen wollte, allein ein Zufall, mir bis jetzt verborgen, raubte sie mir entweder zu meinem oder zu ihrem Unglück.« – »Es ist genug, Dom Karlos«, sagte der Vizekönig. »Geh und schlafe ruhig; ich bin dein Herr und dein Freund und besser von deiner Unschuld überzeugt als du glaubst. Und wenn ich auch noch daran zweifeln könnte, so würde ich doch die Sache nicht so genau nehmen, weil du in meinem Hause bist und zu meinem Hausstand gehörst und weil du bloss unter dem Versprechen meines Schutzes hierher gekommen bist.« Dom Karlos dankte einem so gütigen Herrn. Er ging nun zu Bett, aber die Ungeduld, sich freigesprochen zu sehen, liess ihn nicht schlafen. Er stand mit Tagesanbruch auf, kleidete sich reicher als gewöhnlich und ging zu seinem Herrn. Aber ich irre mich; er kam erst vor ihn, als der schon angekleidet war; denn seit der Zeit, dass Sophie ihr Geschlecht verborgen hatte, schlief die einzige Dorothea, die ebenso gekleidet war wie sie, allein in ihrem Zimmer und erwies ihr alle Dienste, die, wenn sie durch einen andern besorgt worden wären, leicht das, was sie verbergen wollte, verraten konnte. Dom Karlos trat also in das Zimmer des Vizekönigs als Dorothea dasselbe für jedermann geöffnet hatte. Der Vizekönig sah ihn nicht sobald, als er ihm den Vorwurf machte, dass er für einen Mann, der für unschuldig erkannt sein wollte, zu früh aufgestanden wäre, und dass nur diejenigen nicht gut schlafen könnten, die kein gutes Gewissen hätten. Dom Karlos antwortete etwas verwirrt, dass nicht sowohl die Furcht, überwiesen zu werden, ihn vom Schlaf abgehalten hätte, als vielmehr die Hoffnung nun bald vor den Verfolgungen seiner Feinde durch das gütige Urteil, das Seine Durchlaucht sprechen würden, gesichert zu sein. »Allein Ihr seid sehr geputzt und sehr galant«, sagte der Vizekönig, »und ich finde Euch an dem Tag, da über Euer Leben oder Tod soll entschieden werden, sehr ruhig. Ich weiss nicht mehr was ich von dem Verbrechen, dessen man Euch beschuldigt, denken soll. So oft wir uns von Sophien unterhalten, sprecht Ihr weit gleichgültiger und kälter von ihr als ich, und dennoch mutmasst man von Euch, dass Ihr sie geliebt und getötet habt, und vielleicht auch noch den jungen Claudio, auf den Ihr die Schuld der Entführung gern bringen mögt. Ihr sagt, dass Ihr sie geliebt habt, und lebt noch, nachdem Ihr sie verloren habt, ja Ihr wendet sogar alles an, um Euch lossprechen zu lassen und in Ruhe zu leben, Ihr, der Ihr eigentlich dem Leben und allem was es Euch angenehm machen kann gram sein solltet. O unbeständiger Dom Karlos! Ganz gewiss hat eine andere Liebe Euch die vergessen machen, die ihr Sophien schuldig wart, und die Ihr Sophien erhalten musstet, wenn Ihr sie wahr geliebt hättet, als sie noch ganz Euer war und alles für Euch tat.« Dom Karlos wollte diesen Worten des Vizekönigs antworten, allein der erlaubte es ihm nicht. »Schweigt,« sagte er zu ihm, »und spart Euere Beredsamkeit für Euere Richter; denn ich nehme keinen Anteil daran, und will dem Kaiser aus Liebe zu einem meiner Bedienten keine üble Meinung von meiner Gerechtigkeit geben. Unterdes – indem er sich zu dem Hauptmann der Leibwache wandte – versichere man sich seiner; denn wer sein Gefängnis erbrochen, kann auch wohl das Wort brechen, das er mir gegeben hat, sein Heil nicht in der Flucht zu suchen.« Man nahm sogleich dem Dom Karlos den Degen ab, der von allen, die ihn mit Wache umringt und totenblass sahen, wie er kaum seine Tränen zurückhalten konnte, sehr bedauert wurde. Unterdessen der arme Mann es bereute, sich zuviel auf den veränderlichen Sinn der Grossen verlassen zu haben, traten die Richter, die ihm das Urteil sprechen sollten, in den Saal und nahmen ihre Plätze ein, nachdem der Vizekönig sich gesetzt hatte. Der italienische Graf, der noch zu Valencia war und die Eltern von Sophie erschienen und brachten die Zeugen gegen den Beklagten vor, der nun an seinem Prozess so sehr verzweifelte, dass er kaum antworten konnte. Man zeigte ihm die Briefe vor, die er ehemals an Sophien geschrieben hatte, man stellte ihn den Nachbarn und den Bedienten von Sophiens Haus gegenüber, endlich zeigte man auch den Brief vor, den sie in ihrem Zimmer zurückgelassen hatte, den Tag als er sie entführt hätte. Der Beklagte liess seine Bedienten verhören, welche bezeugten, dass sie ihren Herrn hatten zu Bett gehen sehen; allein, er konnte ja nur so getan haben als wenn er schlafen wollte, und nachher wieder aufgestanden sein. Er schwur, dass er Sophien nicht entführt habe, und gab den Richtern zu überlegen, dass er sie nicht würde entführt haben, um sich von ihr zu trennen. Allein man gab ihm sogar schuld, er hätte sie und den Pagen, den Vertrauten seiner Liebe, getötet. Nun sollte also das Urteil gesprochen und er sollte eben einstimmig zum Tode verdammt werden, als der Vizekönig ihm befahl, näher zu treten, und ihm sagte: »Unglücklicher Dom Karlos, du kannst nach allen Beweisen meiner Gewogenheit gegen dich leicht denken, dass ich dich niemals nach Valencia geführt haben würde, wenn ich dich des Verbrechens schuldig geglaubt hätte, dessen man dich beschuldigte. Es ist mir unmöglich, dich nicht zu verdammen, wenn nicht mein Dienst mit einer Ungerechtigkeit anfangen will, und du kannst leicht sehen, wie nah mir dein Unglück zu Herzen geht, da mir die Tränen in den Augen stehen. Man könnte zwar deine Parteien vergleichen, wenn sie weniger vornehm und weniger auf deinen Untergang erpicht wären. Kurz, wenn Sophie nicht selbst erscheint, dich zu rechtfertigen, so magst du dich immer zu deinem Tod bereiten.« Karlos, der an seiner Rettung verzweifelte, warf sich dem Vizekönig zu Füssen und sagte zu ihm: »Ihr werdet Euch erinnern, edler Herr, dass in Afrika, seit der Zeit, dass ich die Ehre hatte, in Eure Dienste zu treten, und jedesmal, so oft Ihr mich zur traurigen Erzählung meines Unglücks auffordertet, ich sie immer auf die nämliche Art erzählt habe und Ihr könnt glauben, dass ich in meinem Lande meinem Herrn das nicht würde eingestanden haben, was ich jetzt vor meinen Richtern verneine. Ich habe Euch immer die Wahrheit gesagt, so wahr mir Gott helfe, und ich sage nochmals, dass ich Sophien liebte, dass ich sie anbetete.« – »Undankbarer,« sagte der Vizekönig zu jedermanns Erstaunen, »sag dass du sie noch anbetest!«– »Ja, ich bete sie noch an«, sagte Karlos erstaunt über das was der Vizekönig gesagt hatte. »Ich versprach ihr, sie zu heiraten und wurde mit ihr einig, sie nach Barcelona zu führen. Aber wenn ich sie entführt habe, wenn ich jetzt weiss, wo sie ist, so will ich des grausamsten Todes sterben. Ich kann dem Tod nicht mehr entgehen, aber ich sterbe unschuldig, ich müsste denn den Tod dadurch verdient haben, dass ich eine untreue und unbeständige Frau mehr als mein Leben geliebt habe.« – »Allein,« rief der Vizekönig mit zornigem Gesicht, »wo ist denn dieses Frauenzimmer und dein Page hingekommen, sind sie im Himmel oder unter der Erde?« – »Der Page war galant,« versetzte Dom Karlos, »und sie war schön, er war ein Mann, sie eine Frau.« – »Ha! Verräter, wie sehr entdeckst du hier deine schlechten Meinungen und die wenige Achtung, die du für die unglückliche Sophie hegst! Verflucht sei das Weib, das sich auf das Versprechen des Mannes verlässt und sich nachher wegen ihrer Leichtgläubigkeit verachten lässt! Deine Sophie war weder eine Frau von gemeinem Schlag, noch war dein Page Claudio ein Mann. Sophie war treu und beständig, dein Page aber war ein verdorbenes Mädchen, das in dich verliebt war und das dir Sophien gestohlen hat, weil sie ihre Nebenbuhlerin war. Ungerechter! Undankbarer Geliebter! Ich bin Sophie, die unsägliches Unglück ertragen hat, einem Mann zu gefallen, der nicht verdiente, geliebt zu werden, und der mich der grössten Niederträchtigkeit fähig hielt!« – Sophie konnte nicht mehr sagen; ihr Vater, der sie erkannte, nahm sie in seine Arme. Ihre Mutter fiel auf der einen Seite und Dom Karlos auf der andern Seite in Ohnmacht. Sophie riss sich aus den Armen ihres Vaters, um den beiden Ohnmächtigen zu Hilfe zu eilen, die wieder zu sich kamen, während sie in Zweifel war, zu welchem von beiden sie zuerst gehen sollte. Sie umarmte mit aller Zärtlichkeit ihren lieben Dom Karlos, den beinah nochmals die Sinne verliessen. Da er Sophien noch nicht von ganzem Herzen zu küssen sich traute, entschädigte er sich an ihren Händen, die er immer eine nach der andern tausendfältig küsste. Sophie konnte kaum mit allen Küssen und Umarmungen fertig werden. Der italienische Graf wollte etwas von seinen Ansprüchen auf sie sagen, da sie ihm ja doch versprochen worden war; Dom Karlos aber, der es hörte, griff an seinen Degen, den man ihm eben wieder gegeben hatte, und tat den Schwur, dass alle menschliche Gewalt ihm Sophien nicht rauben sollte, wenn anders sie selber es ihm nicht verböte, ferner an sie zu denken. Aber sie erklärte, dass sie niemals sich mit jemand andern als mit ihrem Karlos verheiraten würde, und beschwor ihre Eltern, dies zu genehmigen, widrigenfalls sie sich für den Rest ihres Lebens in ein Kloster einsperren würde. Ihre Eltern liessen ihr also die Freiheit, ihren Gemahl selbst zu wählen, und der italienische Graf reiste noch denselben Tag ab. Ein Kurier brachte die Neuigkeiten dem Kaiser, welcher dem Dom Karlos, nachdem er Sophien würde geheiratet haben, die Vizekönigsstelle und alle anderen Benefizien, die diese tapfere Frau unter dem Namen Dom Fernando verdient hätte, übertrug, und ihm ausserdem ein Fürstentum schenkte, das seine Nachkommen noch jetzt besitzen. Die Stadt Valencia wollte die Hochzeit ausrichten, und Dorothea, die zugleich mit Sophien ihre Mannskleider abgelegt hatte, wurde zu gleicher Zeit wie sie mit einem Edelmann verheiratet, der ein naher Verwandter des Dom Karlos war.
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