Karl Simrock
Gedichte
Karl Simrock

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Die Frau von Stein

        »Dieser Ehren ist zuviel,«
Sprach die edle Frau vom Steine,
»Auch das Glück will End' und Ziel,
Ziel noch Ende hat das meine.

Beide Söhne sind vermählt,
Sind ein Schmuck des Ritterstandes;
Drei der Töchter auserwählt
Haben Edle dieses Landes.

Blieb mir noch das letzte Kind:
Heute gab ich's einem Grafen,
Also daß es zwölfe sind,
Die sich hier zur Hochzeit trafen.

Nun gedoppelt ist die Zahl,
Töchter sechs und sechs der Söhne,
Mahnt es mich beim frohen Mahl,
Wie ich das Geschick versöhne:

Denn der: Ehren ist zuviel,
Denn zuviel ist dieser Ehren.«
Becherklang und Saitenspiel
Überschallt oft weise Lehren.

Unbeachtet blieb das Wort,
Aber schon am andern Morgen
War des Hauses Mutter fort,
War das Haus in Angst und Sorgen.

Nimmer kehrte sie zurück,
Wiedersah sie nicht die Lieben;
Sühnen wollte sie das Glück:
Niemand weiß, wo sie geblieben.

Ob sie sich der Welt begab
In der abgeschiednen Zelle,
Ob das Opfer weit hinab
Trug der Lahn, des Rheines Welle. –

Fortgeblüht hat ihr Geschlecht
Herrlich bis zu unsern Tagen,
Einen Freiherrn recht und echt
Deutschland noch zuletzt getragen.

 


 


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