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Siebenundzwanzigstes Kapitel.
Der siebzehnte Geburtstag

Purzelchen hatte schon wieder Geburtstag.

Den siebzehnten. Das heißt: eigentlich den achtzehnten, wenn man den Tag der Geburt, den wirklichen, mitrechnet. Aber das tut man gewöhnlich nicht. Und darum sagen wir besser: den siebzehnten.

Der Gabentisch war in diesem Jahre nicht so reichlich bedacht wie im vorigen.

Mama hatte schon gestern gesagt: »Mein liebes Kind, wir haben durch deine mißratene Verlobung und die zwecklose Tanzerei so viel Ausgaben gehabt, daß wir uns etwas zurückhalten müssen.«

Was die Tanzproben betraf, so stimmte das freilich nicht – höchstens war die Septemberpension dem Haushalt verloren gegangen –, da aber die Eltern von dem Debüt und dessen großem Erfolge nie ein Jota erfahren hatten, so war ein kleiner Ärger wohl unausbleiblich.

Doch trotzdem lagen um das Lebenslicht und die siebzehn Kerzen herum so viel nette Geschenke, daß sie eine eingehende Besichtigung wohl verdient hätten. An doppelten Winterstrümpfen – Wolle mit Seide darüber – ein Vierteldutzend, ein Jumper mit Tutenkamen-Muster und eine Handtasche mit köstlich gespritzten Figuren, von Frau Olden, der Künstlerin, selber bezogen.

Aber Purzelchen tat beinahe so, als wäre das alles gar nicht vorhanden.

Sie sagte bloß immer: »Sehr hübsch, sehr hübsch« und blickte zerstreut drüber weg.

»Geradezu undankbar,« sagte leise Mama, indem sie ihre breitausladende Herrlichkeit an Papas graulockigen Denkerkopf legte.

Auch die beiden anderen Kinder benahmen sich seltsam.

Herbert, der sonst der Aufmerksamste von allen war und der ihr im vorigen Jahr die reizenden Strumpfhalter hingelegt hatte, war diesmal ohne jedes Geschenk geblieben, und als Mama ihn offen danach gefragt hatte, war er noch rätselhafter geworden als sonst und hatte mit einem Streicheln über die Stelle hin, wo sich gemeinhin die Brieftasche birgt, schiefmäulig gesagt: »Das kommt später.«

Gudrun gar saß fernab am Fensterplatz, schaute unverwandt auf die Straße hinab und tat, als ob sie das alles nicht das mindeste anginge. Von ihr standen fünf blutrote Rosen auf dem Geburtstagstisch. Die waren aber schon beinahe verblüht. Natürlich! Sie hatte sie ja bereits vor etlichen Tagen gebracht. Und wenn auch Purzelchen im voraus gesagt hatte: »Die sind das Schönste von allem, was ich zum Geburtstage kriegen kann,« die richtige Art war es nicht für eine treusorgende Schwester.

Die Uhr zeigte zehn Minuten auf neun, und die Eltern rüsteten sich, um wie alltäglich zum Laden zu wandern, da erklang plötzlich im Hausflur die Glocke.

An einem Geburtstagsmorgen ist das nicht zu verwundern. Auch fehlten noch immer die Blumen, die Willi und Kurt und Hans Joachim der Jugendgespielin treulich zu senden pflegten.

Aber die Wirkung auf die Geschwister war geradezu ungeheuer. Gudrun flog in die Höhe, wie von einer Wespe gestochen, Purzelchen bekam schneeweiße Lippen und taumelte gegen die Wand, und selbst Herbert, den sonst nichts aus der Ruhe brachte, spitzte die Ohren.

»Was habt ihr bloß alle?« fragte erstaunt und tadelnd Mama.

Und der gute Papa, der gern einen kleinen Scherz machte, meinte, sein Kinn streichelnd: »Wenn Herr Gerberding sich nicht längst schon verflüchtigt hätte, so würde man glauben, deine vorjährige Prophezeiung, Herbert, behielte recht und der Freiersmann wäre da.«

Man hörte Lina nach vorne kommen.

Eine Männerstimme ertönte.

Dann öffnete sich die Tür, – und – und – und – – – – – – – und so weiter.


Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart

 


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