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»Schläfst du, Vater?«
»Off ...! Was ist denn, Mutter?«
»Schläfst du?«
»Nee ...«
»Mußt du nicht auf?«
»Ich habe nichts davon gehört ...«
»Ich bin doch aufgewesen.«
»Jetzt weiß ich, was du mir zu meinem Geburtstag schenken sollst.«
»Hm ...?«
»Du sollst mir sechs neue Hemden schenken.«
»Du läßt dir ja sonst nicht gern nützliche Dinge schenken ... zu festlichen Gelegenheiten.«
»Nein,... und dann eine Flasche Esbouquet«.
»Hm ...«
»Und einen Karton feines Briefpapier.«
»Hast du sonst noch ein paar Bagetellen? ... Und wollen wir jetzt nicht schlafen?«
»Ja du hast gut reden, sobald du dich nur hinlegst, schläfst du ein.«
»Du brauchst ja bloß nicht zu denken ... Gute Nacht!«.
Das Schlafzimmer der alten Seemanns lag nach Norden zu. Vom Mond sahen sie also nicht viel. Aber sie hatten eine kleine Nachtlampe brennen.
Die Betten standen nicht mehr nebeneinander, wie in den saftreichen Zeiten der Jugend, sondern waren beide an derselben Wand angebracht, und zwischen ihnen stand eine massive Truhe.
Auf der Truhe stand die Lampe, und in ihrem unsicheren Lichtschein sah man auf dem weißen Kopfkissen im Bett rechts Frau Thoras feines Gesichtchen von einer spitzengeschmückten Nachthaube eingerahmt ... und im Bett links Großvater Seemanns hohen Kahlkopf und buschigen Bart.
Die Stutzuhr auf dem Spiegelkonsol im Wohnzimmer schlug.
Die alte Frau zählte die Schläge.
»Zwölf,« sagte sie klagend. »Nun ist es zwölf Uhr, Vater; und ich habe noch kein Auge geschlossen.«
»Oeff ...!« ertönte es von dem andern Kopfkissen. »Du sagst doch selbst, daß du nicht gehört hast, wie ich vorhin auf war!«
Frau Thora schwieg beleidigt. Aber bald darauf begann sie wieder.
»Die Weißkohlsuppe heute mittag war der Marie wirklich gelungen!« sagte sie.
»Hm ...! Die Kartoffeln waren roh!«
»Ach, kein Gedanke; wir haben nur neue bekommen, die hätten noch ganz gut ein Weilchen kochen können.«
»Ja, das sage ich doch.«
»Nein, du sagtest, sie waren roh; und das ist Sünde gegen Marie, die sonst so tüchtig ist ... Du bist heute spät vom Klub nach Hause gekommen. Isidor saß und wartete, um dich zu begrüßen.«
»Wir konnten nicht mit dem Domino fertig werden.. Lassen ist so langsam.«
»Wer hat denn gewonnen?«
»Ich natürlich ... sieben Partieen.«
»Ja, du legst sie bald alle miteinander rein, dort ... (Frau Thora gähnte laut) ... Jetzt, glaube ich, fange ich an schläfrig zu werden ... Gute Nacht, Vater! ... Was sind es doch für süße Kinder, Isidors ... so aufmerksam gegen uns Alte.«
»Ja, sie sind sehr süß ... Gute Nacht ... und schlaf gut!«
»Danke gleichfalls ... Ja, jetzt glaube ich, kann ich, Gott sei Dank (die Frau gähnte wieder) ... Am besten hat man es doch im Bett,« sagte sie. »Frederiksen war heute mittag hier mit der Gasrechnung.« »Hm ... » Wie viel?«
»Elf Kronen.«
»Ist das nicht viel?«
»Nein, wir haben zweimal geplättet.«
»Hast du bezahlt?«
»Ja ... Vergiß nicht, daß du bei mir Schulden hast ... Und fünfzig Öre für den Riester auf den Gummischuh ... (Sie gähnte zum dritten Male.)
Ach ja, ja, ja!« sagte sie.« Weißt du, was mir so oft leid tut, Vater? Daß ich dich nicht dazu bewegen kann, mit mir das Abendgebet zu sprechen.«
»Ich bin zu alt zu solchen Narreteien!« brummte er und wandte sich demonstrativ um. »Gute Nacht!«
In der Mitte von Frau Thoras Deckbett zeigten sich einige schwache unterirdische Wellenbewegungen: ihre Daumen fingen an sich zu drehen.
Aber die Bewegung erstarb doch ohne kulminiert zu haben. Der Schlaf übermannte sie ...