Francisco de Xerez
Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
Francisco de Xerez

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

17. Atabaliba's Gefangenschaft. Verlust der Peruaner.

Der Statthalter begab sich nun in seine Wohnung zurück und nahm Atabaliba, seinen Gefangenen, mit sich. Dieser war seiner Kleidung beraubt, denn die Spanier hatten ihm diese, als sie ihn von der Sänfte herabzuziehen versuchten, zerrissen, und es war wirklich eine erstaunenerregende Sache, einen so gewaltigen Herrn, der mit so großer Macht erschienen war, in so kurzer Zeit in Gefangenschaft gerathen zu sehen. Der Statthalter ließ sogleich einheimische Stoffe herbeischaffen und ihn bekleiden; er setzte sich darauf zu ihm um seine Verlegenheit und seinen Schmerz, sich so schnell seines Reiches beraubt zu sehen zu mildern. Unter andern Trostworten sprach er auch zu ihm: »Du darfst dir es nicht zur Schande anrechnen so bald gefangen und besiegt worden zu seyn, denn obschon die Zahl der Christen welche ich anführe gering ist, so habe ich doch mit ihnen größere Länder, als das deinige ist, erobert, und mächtigere Herrscher, als du bist, besiegt und der Botmäßigkeit des Kaisers unterworfen, dessen Dienstmann ich bin, der über Spanien und die ganze Welt gebietet, und auf dessen Befehl wir kommen diese Ländern zu erobern, damit ihr alle zur Erkenntniß Gottes und des heiligen katholischen Glaubens gelanget. Dieser guten Absicht wegen, die wir haben, gestattet Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde und aller vorhandenen Dinge, daß wir, so wenige wir auch sind, eine so große Menge Kriegsvolk besiegen, damit du ihn erkennen und das viehische und teuflische Leben welches du führest verlassen mögest. Wenn ihr einmal den Irrthum, in welchem ihr seither gelebt, eingesehen habt, so werdet ihr erst die Wohlthat, die euch dadurch, daß wir auf Befehl Seiner Majestät in dieses Land gekommen sind, zu Theil geworden ist, zu schätzen wissen, und du mußt es als ein besonderes Glück betrachten, daß ihr nicht durch ein so grausames Volk, wie ihr seyd, welches keine Gnade gibt, überwunden wurdet. Wir behandeln unsere besiegten Feinde mit Schonung und bekämpfen nur die welche uns angreifen, und obschon wir sie vernichten könnten, so thun wir es doch nicht, sondern verzeihen ihnen. Als ich den Caziken und Gebieter der Insel (Santiago) gefangen genommen hatte, schenkte ich ihm die Freiheit wieder mit der Mahnung, sich in Zukunft gut aufzuführen; ebenso verfuhr ich mit den Caziken und Gebietern von Tumbez und Chilimasa und andern, welche sich in meiner Gewalt befanden; ich verzieh ihnen, obschon sie den Tod verdient hatten. Wenn du in Gefangenschaft gerathen bist und deine Leute besiegt und getödtet wurden, so geschah es nur, weil du mit einem großen Kriegsheere gegen uns anrücktest, obschon wir dich ersuchen ließen friedlich zu kommen, und weil du das Buch, worin das Wort Gottes steht, zu Boden geschleudert hast. Unser Herr und Gott gab deßhalb auch zu, daß dein Stolz gedemüthigt wurde und daß kein Indianer einem Christen etwas anhaben konnte.« – Auf diese Rede des Statthalters erwiederte Atabaliba, er sey von seinen Hauptleuten, welche ihm gesagt hatten er solle nicht so viel von den Spaniern halten, betrogen worden; er habe friedlich kommen wollen, die Seinigen aber hätten ihn daran gehindert, alle übrigens welche ihm so gerathen, seyen umgekommen; er habe jetzt wohl die Güte und den Muth der Spanier gesehen und sich überzeugt, daß Maszabilica alles was er ihm über die Christen berichtet, gelogen habe.

Als der Statthalter sah, daß es Nacht wurde und die auf der Verfolgung der Feinde Begriffenen noch nicht zurückkamen, ließ er zum Zeichen des Rückzuges das Geschütz abfeuern und die Trompeten blasen. Bald darauf rückten alle mit ihren Gefangenen, die sich auf mehr als dreitausend beliefen, in das Lager ein. Auf die Frage des Statthalters, ob sie alle wohlbehalten zurückkamen, erwiederte der erste Hauptmann, welcher an ihrer Spitze stand, daß nur ein Pferd eine unbedeutende Wunde erhalten habe. Der Statthalter rief nun voll Freude: »Ich danke inbrünstig Gott unserm Herrn und wir alle, meine Gefährten, sind ihm inbrünstigen Dank schuldig für daß große Wunder, welches er am heutigen Tage für uns gewirkt hat, denn wir dürfen in Wahrheit überzeugt seyn, daß wir ohne seinen besonderen Beistand nicht im Stande gewesen wären in dieses Land einzudringen und noch viel weniger den Sieg über einen so zahlreichen Feind davon zu tragen. Wolle uns Gott, nachdem er die Gnade gehabt hat uns so großen Lohn zu gewähren, auch in seiner Barmherzigkeit die Gnade verleihen, fernerhin ähnliche Thaten zu verrichten, auf daß wir uns sein heiliges Reich erwerben. Da ihr aber gewiß ermüdet seyd, meine Gefährten, so begebe sich jetzt jeder in seine Wohnung, um auszuruhen, laßt uns jedoch, obschon uns Gott den Sieg verliehen hat, fortwährend auf unserer Hut seyn. Unsere Feinde sind freilich geschlagen, aber sie sind hinterlistig und gewandt im Kampfe; ihr Gebieter ist, wie wir wissen, gefürchtet und ihres Gehorsams gewiß, und sie werden jede mögliche Tücke und List anwenden, um ihn unserer Gewalt zu entreißen. Achtet also in dieser und in den folgenden Nächten auf gute Wache und Runde, damit sie uns immer bereit finden.« Darauf entfernten sich alle, um zu essen; der Statthalter ließ Atabaliba an seinem Tisch Platz nehmen und ihn aufmerksam behandeln und eben so bedienen wie seine eigene Person. Darauf befahl er, ihm von seinen Weibern, die man ebenfalls gefangen hatte, so viele zu geben als er zu seinem Dienste verlange, und ihm ein gutes Bett in demselben Gemache, wo er selbst schlief, zu bereiten, ohne ihn zu fesseln oder außer der dienstthuenden Wache andere Vorkehrungen zu seiner Festhaltung zu treffen.

Die Schlacht hatte nicht viel länger als eine halbe Stunde gedauert, denn die Sonne war bereits untergegangen als sie begann; und hätte die Nacht sie nicht unterbrochen, so wären von dreißigtausend Menschen, welche sich eingefunden hatten, nur wenige davongekommen. Nach der Schätzung mehrerer, welche schon im offenen Felde Kriegsvolk beisammen gesehen hatten, waren mehr als vierzigtausend Indianer anwesend. Auf dem Platze und auf dem Felde zählte man außer den Verwundeten zweitausend Todte. In diesem Treffen bemerkte man noch einen andern seltsamen Umstand; die Pferde nämlich, welche am Tage vorher sich wegen Erkältung nicht regen konnten, liefen an diesem Tage so schnell und muthig, als wenn sie nie an irgend einem Uebel gelitten hätten.


 << zurück weiter >>