Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
1736 in Colmar geboren, wurde in seiner Vaterstadt und in Köndringen (Baden) erzogen, besuchte die Universität Halle, mußte jedoch wegen eines Augenleidens sein Studium unterbrechen. Nachdem er sich in Dresden bei seinem dort als sächsischer Legationsrat tätigen Bruder einige Zeit aufgehalten hatte, kehrte er nach Colmar zurück. Obwohl er 1757 vollständig erblindet war, lebte er seit seiner Verheiratung mit einer Verwandten aus Straßburg (1759) in glücklichster Ehe und Zufriedenheit. Er gründete in Colmar eine Erziehungsanstalt, die sehr bald sich einen europäischen Ruf erwarb. Durch seine Fabeln und andere Gedichte wurde er in allen Ländern deutscher Zunge bekannt und geschätzt, wie denn die erste Zeile der Ballade von der »Tobakspfeife« noch jetzt weiterlebt. Er starb 1809 in Colmar. Pfeffel war Mitglied der Preußischen Akademie der Künste und der freien literarischen Gesellschaften des Ober- und Niederrheins.
*
Himmlische Zufriedenheit,
Braut des Weisen;
Nur ein Rohr der güldnen Zeit
Kann dich preisen.
Komm, o komm, umarme mich!
Kann das Leben ohne dich
Leben heißen?
Nur nach deiner reinen Luft
Will ich streben:
Sie soll meiner Wundenbrust
Balsam geben.
Kind der Tugend, schönster Ruhm!
Nur in deinem Heiligtum
Will ich leben.
Laß den Filz bei seinem Geld
Hungernd wohnen:
Seele, laß dem stolzen Held
Seine Kronen.
Unter einem Hirtenkleid
Herrschet mehr Zufriedenheit
Als auf Thronen.
Soll ein Geist an Dunst und Kot
Sich vergaffen?
Gibt ein Titel in der Not
Mut und Waffen?
Kann, wenn das Gewissen bellt,
Alles Gold der neuen Welt
Frieden schaffen?
Wenn die Feinde meiner Ruh'
Sich erbittern;
Rollen Donner auf mich zu;
Laß sie wittern.
Ich erhebe kühn mein Haupt;
Wer an meine Vorsicht glaubt,
Kann nicht zittern.
Selig, wer sich selbst besiegt,
Und gelassen
Sich in seine Hütte schmiegt,
Dich zu fassen.
Bestes Gut, in deinem Schoß
Kann man, auch im Tode groß,
Sanft erblassen.
* * *
(Emilie D., des Verfassers Pflegekind)
Liebes Blümchen, ach! schon welkest du
Bei dem ersten Strahl der Morgenröte:
Kaum entfaltet, neigt auf meinem Beete
Sich dein schöner Kelch der Erde zu.
Froh empfing ich dich aus fremder Hand,
Um mit treuer Sorge dein zu warten,
Holdes Blümchen, und mein kleiner Garten
Wurde früh dein liebes Mutterland.
Wie? Die Nessel und der Dorn gedeihn;
Und mein Blümchen, das mein Aug' entzückte,
Dessen Balsamduft mein Herz erquickte,
Soll vergänglicher als Unkraut sein?
Nein, die Hand, die uns das Dasein leiht,
Nahm den edlern Keim aus seiner Schale
Und verpflanzt' ihn aus dem Tränentale
In den Garten der Unsterblichkeit.
Blüh, mein Blümchen, nun der Engel Luft:
Bald wird jener Garten uns vereinen;
Dann erst hör' ich auf um dich zu weinen,
Und du schmückst auf ewig meine Brust.
1798
* * *
»Gott grüß euch, Alter! ... Schmeckt das Pfeifchen?
Weist her! – Ein Blumentopf
Von rotem Ton, mit goldnen Reifchen! –
Was wollt Ihr für den Kopf?«
O Herr, den Kopf kann ich nicht lassen!
Er kömmt vom brävsten Mann,
Der ihn, Gott weiß es, einem Bassen
Bei Belgrad abgewann.
Da, Herr, da gab es rechte Beute!
Es lebe Prinz Eugen!
Wie Grummet sah man unsre Leute
Der Türken Glieder mähn. –
»Ein andermal von Euren Taten,
Hier, Alter, seid kein Tropf,
Nehmt diesen doppelten Dukaten
Für Euern Pfeifenkopf.«
Ich bin ein armer Kerl und lebe
Von meinem Gnadensold;
Doch, Herr, den Pfeifenkopf, den gebe
Ich nicht um alles Gold.
Hört nur: Einst jagten wir Husaren
Den Feind nach Herzenslust,
Da schoß ein Hund von Janitscharen
Den Hauptmann in die Brust.
Ich heb' ihn flugs auf meinen Schimmel,
Er hätt' es auch getan,
Und trag' ihn sanft aus dem Getümmel
Zu einem Edelmann.
Ich pflegte sein. Vor seinem Ende
Reicht' er mir all sein Geld
Und diesen Kopf, drückt' mir die Hände
Und blieb im Tod nach Held.
Das Geld mußt du dem Wirte schenken,
Der dreimal Plündrung litt,
So dacht' ich, und zum Angedenken
Nahm ich die Pfeife mit.
Ich trug auf allen meinen Zügen
Sie wie ein Heiligtum,
Wir mochten weichen oder siegen,
Im Stiefel mit herum.
Vor Prag verlor ich auf der Streife
Das Bein durch einen Schuß,
Da griff ich erst nach meiner Pfeife
Und dann nach meinem Fuß.
»Ihr rührt mich, Freund, bis zu den Zähren.
O sagt, wie hieß der Mann,
Damit auch mein Herz ihn verehren
Und ihn beneiden kann.«
Man hieß ihn nur den tapfern Walter:
Dort lag sein Gut am Rhein ...
»Das war mein Ahne, lieber Alter,
Und jenes Gut ist mein.
»Kommt, Freund, Ihr sollt bei mir nun leben;
Vergesset Eure Not,
Kommt, trinkt mit mir von Walters Reben
Und eßt von Walters Brot.«
Nun, top! Ihr seid sein wahrer Erbe!
Ich ziehe morgen ein,
Und Euer Dank soll, wenn ich sterbe,
Die Türkenpfeife sein.
* * *
Vorzeiten saß laut unverjährten Sagen
Ein Weiser auf dem Thron von Arakan;
Als Freund der Freiheit gab er jedem Untertan
Das Menschenrecht zurück, ein Schwert zu tragen.
Das war ein Fest; das Volk drang jauchzend vor den Thron,
Um den, dem Schneesturm gleich, die Dankadressen flogen,
Und eh' man sich's versah, kam jeder Lazaron
Mit einem Säbel aufgezogen.
Doch was im Anfang bloß ein Schmuck, ein edles Pfand
Der Freiheit hieß, ward bald zum Mordgewehre.
Von Raubsucht angespornt, durchstreiften ganze Heere
Banditen zügellos das Land.
Der Bürger beßrer Teil, zum Glücke nicht die Schwächern,
Verbanden sich zu ihrer Sicherheit
Und nahmen mit Gewalt den zügellosen Schächern
Die Waffen weg nach einem harten Streit.
Da sah man sie vereint zum König eilen.
Ein jeder legt' sein Schwert zu seinen Füßen hin:
Weit lieber wollen wir auf dein Geschenk verziehn,
Als es mit Bösewichtern teilen.
So sprachen sie. Nun spricht mein Annalist.
War das wohl klug? Hierüber läßt sich streiten.
Mir scheint es dumm. Allein die Wahrheit ist,
Daß sie die Wahrheit nicht bereuten.
* * *
Ein Johanneswürmchen saß
Seines Sternenscheins
Unbewußt im weichen Gras
Eines Bardenhains.
Leise kroch aus faulem Moos
Seine Nachbarin,
Eine Kröte, hin und schoß
All ihr Gift auf ihn.
Ach, was hab' ich dir getan?
Rief der Wurm ihr zu.
Ei, fuhr ihn das Untier an,
Warum glänzest du?
1778
* * *
Ochs und Esel zankten sich
Beim Spaziergang um die Wette,
Wer am meisten Weisheit hätte:
Keiner siegte, keiner wich.
Endlich kam man überein,
Daß der Löwe, wenn er wollte,
Diesen Streit entscheiden sollte;
Und was konnte klüger sein?
Beide reden tiefgebückt
Vor des Tierbeherrschers Throne,
Der mit einem edlen Hohne
Auf das Paar herunterblickt.
Endlich sprach die Majestät
Zu dem Esel und dem Farren:
Ihr seid alle beide Narren.
Jeder gafft ihn an und geht.
1765
* * *
Erreicht mein Fuß einst auf dem schmalen Stege
Das Paradies, so frag' ich an der Tür:
Gibt's Revolutionen hier?
Und sagt der Pförtner ja, so geh' ich meiner Wege.
1798
* * *
Wo hast du, sprach zum deutschen Aar
Der Hahn aus Gallien, das Paar
Getrennter Köpfe her?
Ein Paar? Seit wann hast du den Star?
Besieh mich recht, versetzt der Aar,
Ich habe wohl noch mehr.
1799
* * *
Ein Wilder zwang, nach alter Sitte,
Einst seines Bübchens weichen Kopf,
Gleich einem ungebrannten Topf,
In die Huronenform. Ein Brite,
Der ihn in voller Arbeit sah,
Rief zürnend: Du verschiebest ja,
Barbar! dem armen Wurm die Stirne.
Den Schädel nur verschieben wir,
Versetzte der Huron, und ihr
Verschiebt den Kindern das Gehirne.
1798
* * *
Ralf, dem sein Weib ganz mörderisch
Durch ihr Gekreisch die Ohren plagte,
Sah ein Sirenenbild und sagte:
Mir wär' es lieber oben Fisch.
* * *