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Georg Daniel Hirtz,

geboren 1804 in Straßburg als Sohn eines Drechslermeisters, dessen Handwerk er nach Besuch der unteren Gymnasialklassen erlernte. Auf der Wanderschaft bereiste er zu Fuß die Schweiz, Österreich, Deutschland und Frankreich. Im Jahre 1827 kehrte er nach Straßburg zurück, wo er einen eigenen Hausstand gründete und 1893 starb.

Im Vorwort zu seinen Gedichten (1838) schreibt Professor Reuß: »Wir reden deutsch (das Wort hat Anklang gefunden) heißt ja nicht bloß, daß wir unsere Muttersprache nicht abschwören wollen, sondern es heißt, daß wir in unsrer ganzen Art und Sitte, in unserm Glauben, Wollen und Tun deutsche Kraft und Treue, deutschen Ernst und Gemeingeist, deutsche Uneigennützigkeit und Gemütlichkeit bewahren und als ein heiliges Gut auf unsre Kinder vererben wollen. Das ist unser Patriotismus! Auf beiden Rheinufern wohnt für uns nur ein Volk: Schlachten und Welthändel können es zersplittern und durch Zollhäuser und Schlagbäume trennen, aber die Herzen scheiden sie nicht. Unser Gegner ist nur, wer, unseres Ursprungs vergessend, um des eitlen Flitterstaats napoleonischer Lorbeern willen, noch jetzt im Liede die eiserne Rute küßt; unser Todfeind ist, wer eine frevelnde Hand an das Heiligtum unserer Nationalität legt. Unsre Meistersänger müssen die Wurzeln der wahren Freiheit in unsrer Deutschheit zu finden wissen.«

*

In der Münsterkrone

Sonntag, den 5. August in der Morgenröte.

Auf hohem luft'gem Throne
Da sitz' ich wohlgemut,
Erwinias Felsenkrone
Hält mich in treuer Hut!

Wohl liegt in süßem Schlummer
Dort unten mancher noch,
Verträumt des Lebens Kummer,
Befreit vom schweren Joch.

Bin doch nicht ganz alleine
So nah dem Himmelstor:
Aufschwirrt aus dem Gesteine
Der Dohlen schwarzer Chor.

Oh, wie so schön hier oben,
Im frischen Morgenlicht,
Das strahlend sich erhoben
Und übern Schwarzwald bricht.

Mein Busen auch sich hebet
Und wonnig pocht das Herz,
Voll heil'ger Andacht schwebet
Das Auge himmelwärts!

Ich bring' im Frühgebete
Dem Schöpfer Lob und Preis,
Auf hocherhabner Stätte,
Ob Heil'genbilder Kreis! ...

Allmählich wird es rege;
Sonntag bricht festlich an!
Der Morgenglocken Schläge
Sie zittern hell heran.

Und schmetternd klingt von ferne
Der Krieger Festmusik,
Vor staatlicher Kaserne
Erspähet sie mein Blick.

Horch! wie die Hörner klingen!
Wie schallt's herauf so weit
Auf leichten, luft'gen Schwingen:
Glück auf! 's ist Sonntag heut!

Oh, wie so schön hier oben,
Im alternden Gestein,
Von Meisterhand gehoben
In Äther hoch hinein.

Einst unbehauen lagen
Dort in des Krontals Kluft
Die Felsen, die hier ragen
So künstlich in die Luft.

Wie sich die Bogen runden,
Wie schlank die Türmlein stehn,
Von Blättern fest umwunden;
Wie bist du, Münster, schön!

Kennt ihr den kühnen Meister,
Der dieses Werk erdacht?
Erwin von Steinbach heißt er,
Er, er hat es vollbracht!

An jenes Berges Fuße
Trat still er in die Welt,
Kam her mit deutschem Gruße,
Baut' Straßburgs Steingezelt.

Nun steht schon manch Jahrhundert
Das hohe Felsenhaus,
Gepriesen und bewundert,
Schaut kühn und stolz hinaus.

Grüßt Badens schöne Gauen,
Des Schwarzwalds dunkeln Kranz,
Und grüßt Alsatiens Auen,
Das weite Rheintal ganz!

Nicht Grenzen sollten scheiden
Dies biedre Volk, dies Land;
Fürwahr! 's wär' zu beneiden,
Umschläng's ein festes Band!

Verwächst zu einem Stamme
Dies Volk einst und dies Tal,
Glüht eine Freudenflamme
Auf Erwins Ehrenmal!

* * *

Die Kapelle Sankt Armut

Aus Dachsteins festen Mauern
Wankt bleich ein Jüngling her,
In bangen Todesschauern
Schlägt ihm das Herz so schwer.

Ihn stürzte ins Verderben
Der Argwohn und Verdacht;
Soll wegen Mordtat sterben,
Die fremde Hand vollbracht.

Und trostlos mußt' er gehen
Des Lebens letzten Gang;
Verkannter Unschuld Flehen
Umsonst zum Richter drang.

Die ernste Sühnungsstätte
Hat schon der Zug erreicht,
Der Gaffer dichte Kette
Nun scheu zur Seite weicht.

Die Augen fromm erhoben
Betet der Jüngling laut:
»Gerechter! Du dort oben,
Auf den ich fest vertraut',

»Wollst meine Unschuld bringen
Ans helle Sonnenlicht!
Oh, laß die Wahrheit dringen
Durchs Dunkel schwarz und dicht!

»Und wer den Mord begangen,
Den ich jetzt büßen soll,
Sei stets von Angst umfangen
Und bittrer Reue voll! ...«

Horch! Plötzlich aus der Menge
Schallt's flehend: »Haltet an!«
Ein Mann stürmt durchs Gedränge:
»Die Tat hab' ich getan!

»Mögt schnell zum Richter senden,
Bekennen will ich's gern;
Ließ mich durch Gold verblenden,
Von Menschenzeugen fern!«

Auf seine Knie sinket
Der Jüngling dankend hin,
Der Strahl der Wahrheit blinket,
Gott hat gerettet ihn!

»Dir, Vater, will ich leben;
Bin ja dein Eigentum!
Ganz deinem Dienst ergeben
Bau' ich ein Heiligtum.

»Bau's an demselben Orte,
Wo deine starke Hand
An frühen Grabes Pforte
Den Tod von mir gewandt! ...«

Wo heute die Kapelle
»Sankt Armut« einsam steht,
War, an des Altars Stelle,
Der Rabenstein erhöht.

* * *


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