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Altes Volkslied
O Straßburg! o Straßburg!
Du wunderschöne Stadt,
Darinnen liegt begraben
Ein mannicher Soldat.
Ein mancher und schöner
Auch tapferer Soldat,
Der Vater und lieb Mutter
Böslich verlassen hat.
Verlassen, verlassen,
Es kann nicht anders sein.
Zu Straßburg, ja zu Straßburg
Soldaten müssen sein.
Die Mutter, die Mutter
Die ging vor's Hauptmanns Haus:
»Ach Hauptmann! lieber Hauptmann!
Gebt mir den Sohn heraus!«
Und wenn ihr mir gebet
Selbst noch so vieles Geld:
Muß doch dein Sohn jetzt sterben
In weiter breiter Welt.
In weiter, in breiter,
Allvorwärts vor den Feind,
Wenn gleich sein schwarzbraun Mädchen
So bitter um ihn weint.
Sie weinet, sie greinet,
Sie klaget gar zu sehr.
Gut Nacht, mein herzig Schätzchen!
Ich seh' dich nimmermehr.
* * *
Altes Volkslied
Es waren einmal drei Reiter gefangen,
Gefangen waren sie.
Sie wurden gefangen geführet,
Keine Trommel ward dabei gerühret
Im ganzen römischen Reich.
Und als sie auf die Brücke kamen,
Was begegnet ihnen allda? –
Ein Mädchen, jung an Jahren,
Hatte nicht viel Leid erfahren:
»Geh hin und bitte für uns!« –
»Und wenn ich für euch bitten tu',
Was hülfe mir denn das?
Ihr ziehet in fremde Lande,
Laßt mich wackres Mägdlein in Schande,
In Schande laßt ihr mich.« –
Das Mägdlein sah sich um und um,
Groß Trauern kam ihr an;
Sie ging wohl fort mit Weinen,
Bei Straßburg über die Steinen,
Wohl vor des Hauptmanns Haus.
»Guten Tag, guten Tag, lieber Hauptmann mein,
Ich hab' eine Bitt' an euch,
Wollt meiner Bitte gedenken
Und mir die Gefangenen losschenken,
Dazu mein eignen Schatz.« –
»Ach nein, ach nein, liebes Mägdelein,
Das kann, das darf nicht sein;
Die Gefangenen die müssen sterben,
Gottes Reich sollen sie ererben,
Dazu die Seligkeit.« –
Das Mägdlein sah sich um und um,
Groß Trauern kam ihr an;
Sie ging wohl fort mit Weinen,
Bei Straßburg über die Steinen,
Wohl vors Gefangenenhaus.
»Guten Tag, du Herzgefangener mein,
Gefangen bleibt ihr allhier,
Ihr Gefangenen, ihr müsset sterben,
Gottes Reich sollt ihr ererben,
Dazu die Seligkeit.« –
Was zog sie aus ihrm Schürzelein?
Ein Hemd, so weiß wie Schnee:
»Sieh da, du Hübscher und Feiner,
Du Herzallerliebster und du meiner,
Das soll dein Sterbkleid sein!« –
Was zog er von seinem Fingerlein?
Ein güldnes Ringelein:
»Sieh da, du Hübsche und du Feine,
Du Herzallerliebste und du meine,
Das soll mein Denkmal sein!« –
»Was soll ich mit dem Ringelein,
Was soll ich damit tun?«
»Leg es in deinen Kasten,
Laß es liegen! laß es ruhn, laß es rasten,
Bis an den jüngsten Tag.«
* * *
Altes Volkslied
Zu Straßburg auf der Schanz,
Da ging mein Trauern an,
Das Alphorn hört' ich drüben wohl anstimmen,
Ins Vaterland mußt' ich hinüberschwimmen,
Das ging nicht an.
Ein' Stunde in der Nacht,
Sie haben mich gebracht;
Sie führten mich gleich vor des Hauptmanns Haus,
Ach Gott, sie fischten mich im Strome auf,
Mit mir ist's aus.
Frühmorgens um zehn Uhr
Stellt man mich vor das Regiment:
Ich soll da bitten um Pardon,
Und ich bekomm' doch meinen Lohn,
Das weiß ich schon.
Ihr Brüder allzumal,
Heut seht ihr mich zum letztenmal;
Der Hirtenbub ist doch nur schuld daran,
Das Alphorn hat mir solches angetan,
Das klag' ich an.
Ihr Brüder alle drei,
Was ich euch bitt', erschießt mich gleich;
Verschont mein junges Leben nicht,
Schießt zu, daß das Blut rausspritzt,
Das bitt' ich euch.
O Himmelskönig, Herr!
Nimm du meine arme Seele dahin,
Nimm sie zu dir in den Himmel ein,
Laß sie ewig bei dir sein,
Und vergiß nicht mein.
* * *
Altes Volkslied
Des reichen Schlossers Knab'
Ging mit dem Müller aus,
Ging Abends spät nach Haus
Durchs Hasselacher Tal,
Bei Haslach durch den Wald,
Wohl durch den dicken Wald.
Der Knab' holt Nägel her,
Einhundert aus der Stadt,
Die Tasche war ihm schwer,
Ein Groschen noch drein hat:
»Im Hundert«, lustig spricht,
»Find' ich's klein Gröschel nicht.« –
Der Müller denket schnell,
Er denkt der Nägel nicht,
Die Nägel klingern hell,
Zum armen Knaben spricht:
»Es ist wohl schwer dein Geld,
Ich nehm' dir ab dein Geld.« –
Der junge Knabe spricht:
»Die hundert Gulden Geld,
Die trage ich noch selbst.« –
Der böse Müller spricht:
»So mußt du sterben bald,
Mußt sterben hier im Wald.«
Er gab ihm keine Bitt',
Er gab ihm gleich drei Stich:
»Ach Vetter, liebster mein,
Kann es nicht anders sein,
Gedenk' an Berg und Tal,
Wo wir gegangen her durch Berg und Tal.«
»Ich seh' nicht Berg und Tal,
Ich seh' dran meine Qual,
Die hundert Gulden schnell
Verwandelt in Nägel schwarz; –
Ich find' den Nagel bald,
Daß ich mich häng' im Wald.«
* * *
Altes Volkslied
Zu Straßburg in der werten Stadt
Hat mich mein Mädchen lieb,
Sie schickt mir alle Morgen
Ein'n Kaffee und ein'n Brief.
Den Brief hab' ich erhalten,
– Den Kaffee aber nicht –
Darinnen steht geschrieben:
Der Winter ist vor der Tür.
Der Winter ist gekommen,
Die Meister werden stolz,
Sie sprechen zum Gesellen:
»Geh naus und spalt mir Holz!
Spalt's aber nicht zu groß,
Spalt's aber nicht zu klein;
So kannst du diesen Winter
Mein bester Geselle sein!«
Das Frühjahr ist gekommen,
Der Geselle, der wird frisch;
Er greift zum Stock und Ränzel
Und tritt vor's Meisters Tisch.
»Ach Meister! lieber Meister!
Jetzt kömmt die Wanderzeit,
Ihr habt mich diesen Winter
Geplagt und schlecht gespeist.«
»Geselle, willst du bleiben,
Zehn Gulden leih' ich dir;
Die Hälfte gibst mir wieder,
Die andre schenk' ich dir.«
»Wär' ich ein Prinz geboren,
So zög' ich in das Feld,
Trompeter ließ' ich blasen
Dem König für sein Geld.«
* * *