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Mrß. Bennet ließ dem Bewerber nicht lange Zeit, über den glücklichen Erfolg seines Antrages nachzudenken: denn kaum hörte sie Elisen die Thüre öffnen und raschen Schritts die Treppe hinanlaufen, als sie wieder in das Zimmer trat und sich und Herrn Collins in den wärmsten Ausdrücken Glück zu der erfreulichen Aussicht ihrer nähern Verwandschaft wünschte. Der Vetter empfing und erwiederte die Glückwünsche mit selbstgefälliger Freude, und berichtete, dann die Details der Unterhaltung, mit welchen er sehr zufrieden zu sein versicherte, indem er die abschlägige Antwort seiner schönen Cousine einzig und allein auf Rechnung weiblicher Bescheidenheit und Delikatesse setzte.
Diese Nachricht erschreckte Mrß. Bennet; sie kannte ihre Tochter zu gut, um an der Wahrheit ihrer Versicherung zu zweifeln, und konnte nicht umhin, den Bewerber darüber aufzuklären. »Aber verlassen Sie sich auf mich Herr Collins,« fügte sie hinzu, »daß Lizzy zur Vernunft gebracht werden soll. Ich werde gleich selbst mit ihr sprechen. Sie ist ein halsstarriges, albernes Mädchen, das seinen eignen Vortheil nicht kennt; aber ich will ihr ihn schon begreiflich machen.«
»Verzeihen Sie mir die Unterbrechung, Madame!« rief Collins in einiger Angst; »aber wenn Miß Elisabeth wirklich so halsstarrig und albern ist, wie Sie sie schildern, möchte ich es selbst bezweifeln, ob sie eine wünschenswerthe Gefährtin für einen Mann in meinen Verhältnissen ist. Sollte sie deshalb fortfahren, meinen Antrag zu verwerfen, so halte ich es für rathsam, sie nicht zur Annahme desselben zu zwingen, indem sie bei solchen Fehlern des Charakters keineswegs geeignet sein würde, meine Glückseligkeit zu erhöhen.«
»Sie mißverstehen mich gänzlich,« rief Mrß. Bennet alarmirt. »Lizzy ist bloß halsstarrig in solchen Dingen, sonst aber das gutmüthigste Geschöpf auf Erden. Ich gehe sogleich zu meinem Mann, die Sache abzumachen.«
Ehe Collins hierauf erwiedern konnte, hatte sie schon das Zimmer verlassen.
»Ach, liebster Bennet!« rief sie beim Eintreten in sein Heiligthum, »wir bedürfen Deines Beistandes. Du mußt Elisen sagen, daß sie Herrn Collins heirathet; sie besteht darauf, ihn nicht zu nehmen, und wenn sie sich noch lange besinnt, möchte der Umstand eintreten, daß er sie nicht will.«
Bennet erhob den Blick von seinem Buch, als sie hereintrat, und hörte ihr mit dem Ausdruck der höchsten Gemüthsruhe zu. »Ich habe nicht das Vergnügen, Dich zu verstehen,« sagte er, nachdem sie geendet. »wovon sprichst Du eigentlich?«
»Von Herrn Collins und von unsrer Elisabeth. Lizzy erklärt, daß sie Herrn Collins nicht haben will, und Herr Collins fängt jetzt auch an zu sagen, daß er Lizzy nicht haben will.«
»Und was kann ich dazu thun? es scheint mir eine hoffnungslose Sache zu sein.«
»Sprich mit Lizzy. Sage ihr, daß sie ihn heirathen soll.«
»Sie soll kommen; ich werde ihr meine Meinung sagen.«
Mrß. Bennet zog die Klingel, und Elisabeth ward in die Bibliothek zu ihrem Vater beschieden.
»Komm näher, Kind!« sagte er, als sie hereintrat. »Ich habe über wichtige Gegenstände mit Dir zu sprechen. Ist es wahr, daß Herr Collins Dir einen Heirathsantrag gemacht?« Elisabeth bejahte – »und daß Du diesen Antrag abgewiesen?«
»So ist es, mein Vater!«
»Sehr wohl. Wir kommen nun zu dem Hauptpunkt. Deine Mutter besteht darauf, daß Du Herrn Collins heirathen sollst.«
»Ja, oder ich will Dich nie wieder sehen.«
»Eine unglückliche Alternative steht Dir, meine arme Elisabeth! bevor. Von diesem Tage an wirst Du einem Deiner Eltern entsagen müssen; – Deine Mutter will Dich nie wieder sehen, wenn Du Herrn Collins nicht heirathest, und ich verbanne Dich aus meinem Angesicht, wenn Du ihn heirathest.«
Elisabeth konnte ein Lächeln über diesen Schluß der Verhandlung nicht unterdrücken; Mrß. Bennet aber, die fest auf den Beistand ihres Gatten gerechnet hatte, rief im Gefühl bitterer Täuschung:
»Was sollen diese Reden bedeuten? Du versprachst mir ja, darauf zu bestehen, daß Lizzy den Vetter heirathen sollte.«
»Meine Liebe,« entgegnete Herr Bennet ruhig, »ich muß Dich um zwei Gefälligkeiten ersuchen. Erstlich daß Du mir bei dieser Gelegenheit den freien Gebrauch meines Verstandes, und zweitens den ungestörten Besitz meiner Stube erlauben mögest. Ich wünsche mein Studirzimmer so bald als möglich wieder für mich allein zu haben.«
Mrß. Bennet konnte sich, trotz des verweigerten Beistandes ihres Gatten, doch noch nicht entschließen, die Sache aufzugeben. Sie wendete bei Elisen abwechselnd Bitten und Drohungen an, suchte Johannen für ihr Interesse zu gewinnen; aber alles vergebens. Lizzy blieb fest bei ihrem Vorsatz, und Johanne verweigerte mit der größten Freundlichkeit ihre Einmischung.
Herr Collins stellte unterdessen in der Einsamkeit Betrachtungen über das so eben Vorgefallene an. Er hatte eine zu gute Meinung von sich selbst, um den wahren Grund, weshalb ihn seine Cousine verworfen, zu ahnen; und obgleich sein Stolz etwas beleidigt war, litt er doch übrigens nicht. Seine Neigung bestand nur in der Einbildung, und die Möglichkeit, daß Elise der Mutter Vorwürfe verdienen könnte, ließ kein Bedauern in ihm aufkommen.
In diesem Augenblick allgemeiner Verwirrung betrat Charlotte Lukas das Haus, um den Tag bei ihrer Freundin zuzubringen. Lydia begegnete ihr auf dem Vorsaal, und flüsterte ihr zu:
»Ich freue mich, daß Sie gekommen sind, Hier giebts nichts als Spektakel! Stellen Sie Sich vor, daß Herr Collins Elisen einen Heirathsantrag gemacht, und daß sie ihn nicht angenommen hat!«
Ehe Charlotte noch darauf antworten konnte, kam Kitty und erzählte dieselbe Neuigkeit; und beim Eintreten in das Frühstückszimmer, woselbst sich Mrß. Bennet allein befand, ward sie mit Klagen über Elisens Eigensinn empfangen. Nachdem das Mutterherz sich entledigt, forderte sie die Freundschaft auf, ihre Rechte geltend zu machen, und beschwor Charlotten, alles zu versuchen, um Lizzy ihren Wünschen willfährig zu machen.
Die ältern Schwestern traten so eben herein und ersparten der Freundin die Antwort. Nochmals versuchte die Mutter auf gutem und bösem Wege ihren Zweck zu erreichen; Elisabeth erwiederte nur wenig, erklärte sich aber so bestimmt, daß selbst Herrn Collins der letzte Hoffnungsstrahl geschwunden sein würde, wenn er die Unterredung mit angehört hätte. Aber er kam erst nach dem Schluß derselben und Lizzy eilte, der letzten mütterlichen Erklärung aus dem Wege zu gehen. Johanne und Kitty folgten ihr bald nach; Lydia aber war entschlossen, die Sache mir anzuhören, und schien deshalb Mrß. Bennets Blicke und Winke nicht zu verstehen. Charlotte sah sich noch durch Herrn Collins zurückgehalten, dessen höfliche Fragen nach jedem einzelnen Gliede ihrer Familie sie erst beantworten mußte. Nachdem dieß geschehen, zog sie sich mit Lydien in eine Fenstervertiefung zurück, und Mrß. Bennet begann im klagenden Ton:
»Ach! Herr Collins!«
»Lassen Sie uns, verehrte Mr. Bennet! für immer über diesen Gegenstand schweigen. Fern sei es von mir, mich durch das Betragen Ihrer Tochter beleidigt zu fühlen. Ergebung in unvermeidliche Uebel ist unsrer Aller Pflicht; und vor allen die Pflicht eines jungen Mannes, der wie ich so glücklich gewesen ist, früh ein Amt zu erhalten. Auch hat der Zweifel, ob ich durch die Hand meiner schönen Cousine an häuslicher Glückseligkeit gewonnen haben würde, vielleicht etwas dazu beigetragen, mir das Entsagen leichter zu machen. daß ich meine Ansprüche an Miß Elisabeths Hand zurücknehme, ohne vorher um Ihre und Herrn Bennets Fürsprache gebeten zu haben, werden Sie hoffentlich nicht als Mangel an Respekt betrachten. Ich habe allerdings darin gefehlt, die abschlägige Antwort von Ihrer Tochter Lippen, anstatt von den Ihrigen zu empfangen. Aber als Menschen sind wir alle des Irrthums fähig, und ich kann mich nur mit der guten Absicht entschuldigen. Ich hatte gehofft, mir eine liebenswürdige Lebensgefährtin zu sichern, indem ich durch diese Wahl zu gleicher Zeit der übrigen Familie einen Ersatz für die zukünftige Beschränkung ihrer Umstände zu geben gedachte. Wenn meine Verfahrungsweise hierbei tadelhaft gewesen sein sollte, bitte ich mir zu verzeihen. Der Wille war gut.«