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Heinrich der Fromme,
reg. Herzog von Sachsen.

(1539-1541)

Die Eisenkette der Friesen.

(1498)

Bei einer Windmühl' im Felde lagerten frisische Truppen,
Ein Bürger trat als Redner zu den mondbeschienenen Gruppen;
Der sprach von der Freiheit des Landes, daß sie müsse gefangen weinen;
Dabei focht er wie die Mühle mit seinen Armen und Beinen:

»Habt ihr nicht genug von Albrecht, dem Sachsenlöwen ertragen,
Der zu Leeuwarden uns trotzig mit eisernen Tatzen geschlagen?
Wollt ihr auch vor seinem Jungen, das der Leu im Lande gelassen
In Demuth kriechen und schwänzeln, bis euch seine Zähn' erfassen?

»Statthalter nennt sich das Söhnlein, ja freilich hält er die Städte
In solchem Zwang und Geknechte, wie's der Vater gewagt nicht hätte:
Verbietet er nicht unsre Feste, mit denen die Ahnen wir ehren,
Und sinnt er nicht, unsre Nacken mit neuer Last zu beschweren?

»Nach Harlingen schaut nur hinüber, solch Herrlein hat gut bauen:
Die Steine nimmt er dem Lande, der Bürger muß sie behauen!
Hat Heinrich nicht dem Adel die Burgen und Häuser zertrümmert,
Daraus er ein Schloß sich aufthürmt, um die Klagen ganz unbekümmert?

»Was nützt dem Bürger und Bauer solch lebenslustiger Zecher,
Statt des Schwertes führt er die Gabel, statt der Feder schwingt er den Becher!
Er zehrt an unsrem Fleische, trinkt flott von unsrem Blute,
Er schlemmt uns all zu Bettlern, schröpft uns an Hab' und Gute!

»Auf, auf, ihr Kämpen für Freiheit, das Herrlein laßt uns packen,
Frei von dem sächsischen Joche hebe stolz sich der friesische Nacken!« – –
Der Bürger sprach's, die Krieger sie klirrten mit Schild und Lanze,
Und sahen im dämmernden Morgen schon die Rosen zum Siegeskranze. –

Zu Franecker von dem Thurme läuten die dröhnenden Glocken,
Doch feierlich nicht wie Sonntag, wenn die frommen Beter sie locken;
Sturm läuten sie, weil viel Werber die Braut des Landes erkiesen,
Die schöne Braut heißt die Freiheit, ihre Werber heißen die Friesen.

Zu Franecker von dem Thurme sieht Heinrich murrende Heere
Die Mauern der Stadt umwogen gleich einem empörten Meere.
Belagert, bedrängt und rathlos blickt der Herzog bang in die Ferne,
Statt des Sterns im Morgen funkeln unzählige Morgensterne.

Schwarzgähnende Schlünde schwingen dumpfdonnernde Grüße zum Thurme,
Schrillpfeifende Kugeln singen ihr Morgenständchen im Sturme:
Und nah an dem Mauergraben hält ein Fähnlein friesischer Reiter,
Ihr Panier eine Kette von Eisen, geschmiedet an eine Leiter.

Ein Herold ruft: »Ihr Friesen! hört ihr wie die Kette prasselt!
Sie freut sich schon auf die Ehre, daß sie bald als Halsschmuck rasselt;
Kennt ihr den Herzog Heinrich, so wißt ihr wem sie gebühret,
An seinem Hals soll sie hängen, daß sie würdig ihn zieret und schnüret!«

Der Herzog hört die Verhöhnung, ihm wird es schwül im Herzen;
Wol weiß er, daß die Friesen mit leeren Worten nicht scherzen:
Noch sinnt er düster auf Rettung, da schallt ein freudiges Rufen,
Hans Tautenberg klirrt zum Herzog empor die Treppenstufen:

»Getrost, mein Fürst, die Sonne bricht durch in dieser Stunde,
Bald malt ein Regenbogen sich auf dem bewölkten Grunde.
Sand wirbelt auf – erkennt ihr die sächsischen Haubitzen?
Es glitzern wie silberne Flämmchen die Schwerter und Lanzenspitzen!

Der Albrecht ist's und der Bruder – Trompeten schmettern im Tusche –
Schon fallen dem Feind sie in Rücken, jetzt jagen sie längs dem Busche« – –
Hans Tautenberg hat's kaum gesprochen, so donnern schon die Karthaunen,
Die Reihen des Feinds sind gebrochen, überrumpelt von Schrecken und Staunen.

Das dröhnt und donnert und schollert, als krachte die Erde zusammen,
Das speit aus qualmenden Rachen viel tausend tödtliche Flammen.
Die Friesen fallen wie Nesseln, wo die sächsischen Sicheln reuten,
Drein jubelt's »Georg und Albrecht!« einstimmig wie Glockenläuten.

Frei athmet wieder die Veste Franecker vom blutigen Sturme,
Es krachen Freudensalven und Fahnen flattern vom Thurme.
Die Sieger ziehn durch die Thore, mit Laub geschmückt die Barette,
Und mitten im Jauchzen rasselt die erbeutete Friesenkette.

Prinz Heinrich fliegt dem Vater, dem Bruder froh in die Arme,
Er drückt sie dankbegeistert ans Herz, ans klopfende, warme.
Und Albert spricht: »Meine Losung bringt jeglichen Feind zu Falle,
Es stehen Alle für Einen und Einer stehe für Alle!«

Prinz Heinrich zeigt auf die Kette: »Georg! mein geliebter Bruder,
Mein Schiff ward leck in Friesland, nimm Du nun Steuer und Ruder;
Mag's Dir, wie mir zu Freiberg, bei den rauhen Friesen behagen,
Ich habe genug mein Lebtag an der friesischen Kette zu tragen!«



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