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Die Gräfin von Rudolstadt.

(1547)

Von der blutgen Wahlstatt Mühlbergs
Zog mit mordbeflecktem Stahle
Herzog Alba an der Spitze
Spanisch-niederländ'scher Truppen
Durch Thüringens Gau nach Franken.
Rudolstadt's erhabnes Schlößlein
Von dem Morgenroth beleuchtet
Blitzt ihm gastlich in die Augen;
Und zu Braunschweigs Herzog Heinrich
Kehrt er sich: »Send' einen Reiter
In das Schloß der Gräfin Schwarzburg,
Zu frugalem Morgenimbiß
Laden wir uns ihr zu Gaste!« –

Und der Reiter sprengt von dannen,
Läßt der Fürstin Katharina
Flugs sich melden und verneigt sich,
Alba's Gruß und Botschaft kündend.
Hennebergs erlauchte Tochter
Gab zur Antwort:
»Gerne biet' ich,
Was das Haus vermag zu bieten,
Nimmt vorlieb der mächt'ge Feldherr.
Eins nur fodr' ich, daß der Herzog
Den vom Kaiser mir gewährten
Schutzbrief pünktlich acht' und halte,
Daß die Leute meines Lands nicht
Leid erdulden von dem Spanier.
So erwart' ich Herzog Alba!«

Kaum war Alles in dem Schlosse
Aufgeboten zum Empfange
Des gefürchtet hohen Gastes,
Als der Herzog mit Gefolge
Eintrat in der Fürstin Hallen.
Auf der reichbesetzten Tafel
Glänzten rings die Silberbecher,
Duftge Speisen kräftger Hauskost
Luden den verwöhnten Gaumen,
Pagen liefen hin und wieder,
Jedes leisen Rufs gewärtig.

Alba winkt mit Herrschermienen
Rasch dem Nettesten vom Adel:
»Bursch! Schenk Wein ein!«
Drauf der Junker
Stillempört ob dieses Zurufs
Ihm versetzt mit keckem Hohne:
»Willst Du weißen oder rothen?«

Alba mißt mit wildem Blicke
Das Gesicht des Unerschrocknen,
Und die innere Wuth bekämpfend
Zwingt er sich zu lächeln: »Bravo!
Aus Dir wird vielleicht noch etwas!
Gib mir rothen!« –
An die Lippen
Setzt der Herzog drauf den Becher:
»Euer Wohl, erlauchte Gräfin!
Schönste Sonne, die seit Mühlberg
Mir erglänzt« –
Ins Wort ihm fallend
Fragt die Fürstin: »Ist es wahr denn,
Daß an jenem blut'gen Tage
Länger schien die Sonn' als jemals?«
Alba drauf: »Halt'an dem Tage
Allzuviel zu thun auf Erden,
Konnte mich nicht um die Sonne
Droben an dem Himmel kümmern;
Fragt den Braunschweig« –
Unterbrochen
Ward das Tischgespräch des Herzogs,
Als ein Bote hastig angstvoll
Aus dem Saale rief die Gräfin.
Kaum der Stimme mächtig, zitternd,
Mit den Händen ringsum deutend
Schluchzt er: »Weh uns! Spaniens Truppen
Achten nicht des Kaisers Schutzbrief,
Plündernd ziehn sie durch die Dörfer,
Geld erpressen sie und Habe,
Treiben aus dem Stall das Vieh uns,
Martern herzlos Weib und Kinder.
Fürstin sei dem Landmann gnädig!«

Bleich und sprachlos vor Entrüstung
Ueber den Verrath des Spaniers
Stand die Gräfin Katharina,
Aber plötzlich durch die Seele
Blitzt ein rettender Gedank' ihr;
Eilig ruft sie ihre Diener,
Heißt sie all vom Kopf zu Fuße
Sich bewaffnen, und befiehlt dann
Jedes Thor und jedes Pförtchen
Rings im Schlosse zu verriegeln,
Keinen Gast bei Todesstrafe
Weder aus noch einzulassen
Bis geboten es ihr Wille.

In den Saal kehrt sie zurück dann,
Wo die Gäst' indeß bei Tafel
Plaudernd becherten und schmausten.
Würdevoll mit strengem Blicke
Schreitet sie auf Herzog Alba:

»Tief erschüttert mich die Kunde,
Daß, indeß ihr stolz hier jubelt,
Eure Soldateska frevelnd
Arme Bauersleute plündert,
Grausam sie dem Elend opfert,
Und ihr Vieh mit Hohne forttreibt!
Großer Feldherr! heißt es groß sein,
Gegen Kaiserworte handeln?«

Kalt, gefühllos und verächtlich
Stützt sich Alba auf den Degen,
Streicht gemächlich seinen Kinnbart,
Zwischen seinen Zähnen murmelnd:

»Das ist alter Kriegsgebrauch nur!
Derlei kleine Späß' und Leiden
Sind gewöhnlich, und beim Durchmarsch
Von Soldaten nicht verhütbar!« –

Edler Zorn erfaßt die Gräfin
Bei des Herzogs frecher Rede,
Glühnden Aug's droht ihre Stimme:
»Ich verhindr' es – meinem Landvolk
Muß das Seine wieder werden,
Oder, beim allmächt'gen Gotte,
Fürstenblut für Ochsenblut gibts!«

Noch verhallte kaum das letzte
Wort vom Mund der muth'gen Fürstin,
Als sie mit entschloßnem Griffe
Rasch die Thür des Saales öffnet,
Drein in blankem Harnisch paarweis
Der Gebieterin Diener schreiten.
Mit dem Schwert bewehrt die Rechte
Reihen sie sich ehrerbietig
Hinter die erstaunten Gäste,
Lautlos, des Befehles harrend.

Alba stutzt ob dieser Mannschaft,
Und vor Argwohn sich entfärbend
Blickt sein dunkles stieres Auge
Forschend auf den Herzog Braunschweigs.

Heldenmuthig spricht die Gräfin:

»Herzog Alba! beugt dem Weib Euch!
Gebt zurück, was Euer Kriegsvolk
Räuberisch entwendet – oder
Keiner von Euch kommt lebendig
Aus dem Saale dieses Schlosses!«

Herzog Alba sieht umgarnt sich
Von der List des tapfern Weibes,
Und er zieht den Herzog Heinrich
Auf die Seite: »Meint Ihr ernstlich,
Daß Gefahr uns hier bedrohe?«

Braunschweigs Herr sucht gute Miene
Zu dem bösen Spiel zu zeigen:
»Ei gewiß! die deutschen Frauen
Sind entschloßnen Muths und lassen
Sich nicht ungestraft beleid'gen!«

Alba stellt mit rascher Feder
Den erzwungnen Schutzbefehl aus,
Und behändigt ihn der Gräfin.

Braunschweigs Heinrich aber lachte:
»Hei! welch seltsam lust'ges Frühstück!
War doch Alles nur ein Schreckschuß:
Eine Dame gegen bärt'ge
Kriegserfahrne Pulverhelden!
Ruhm der unerschrocknen Fürstin,
Dank der gastlichholden Wirthin!«

Friedlich schied, doch ohne Worte,
Herzog Alba. Raschen Grußes
Spornt den Hengst er galopirend
Aus dem rudolstädter Schlosse.



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