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Verehrte Poeten! Im neuen Jahr Nehmt, bitt ich, vor allem eines wahr: Sucht uns nicht immer nur zu verstimmen! Laßt's mit dem Häßlichen und Schlimmen, Des wir genug nun haben, bewenden! Reicht uns auch einmal mit freundlichen Händen Etwas Erquickliches, etwas Gutes! Zeigt euch auch einmal frohen Mutes, Nicht bloß strafend und weltverdrossen! Wir verlangen ja keine Possen, Möchten uns eben nur gern erfreuen. Aber können wir das bei euch Neuen? Ist nicht in all euern Büchern zu lesen: Wie so verworfen das menschliche Wesen, Wie so gemein die Kreatur, Wie so erbärmlich die Menschennatur? Ach, daß ihr zeigt, woran sie krankt, Wahrlich, das sei euch wenig gedankt. Haben wir das nicht immer gewußt? Löst ihr vielleicht die beklommene Brust Durch das allewige Lied vom Leide? Helft uns zu reiner Daseinsfreude! Laßt uns am Borne der Schönheit gesunden Von der Gemeinheit Gebresten und Wunden, Von der Alltäglichkeit Dünsten und Schwaden Unsre unsterbliche Seele entladen! Laßt uns die Quellen des Guten blinken, Daß wir vom Bösen Genesung trinken! Wollt ihr uns Bilder des Lebens geben, Wohl, so gebt uns erfreuliches Leben! Also haben's die großen Alten, Werden's die großen Neuen halten. Glaubt: nur an dem, was gut und schön, Kann sich die Menschennatur erhöhn. – Euch aber, werte kritische Degen, Möcht ich ein Andres ans Herze legen: Wenn ein armseliges Schankwirtlein Einmal versucht, seinem saueren Wein Mittels Zucker und Blaubeersaft Süße zu schaffen und Farbe und Kraft – O, was ihr da die Nasen rümpft Und auf die Mantscher und Pantscher schimpft! Was ihr da Zeter und Mordio schreit, Daß sie die »edelste Flüssigkeit« Uns verderben, vergiften – die Bösen! Wenn aber eure modernen »Größen« In den Nektar, der »Freude« heißt, In den lautersten Lebenstrank, Dem die Menschheit ewigen Dank Schuldet, den sie als göttlich preist, Allerlei Greuliches, Scheußliches gießen, Daß ihn der Teufel möchte genießen – Da schaut ihr Kritiker ruhig zu, Definiert uns wohl gar den Hautgout Von dem eklen Höllengebräu Und belehrt uns noch heilig dabei: Wie der unheimlich-widrige Dunst Hergestellt sei mit großer Kunst! Ei, so gehabt euch doch nicht so verzwickt: Nennt, was verrückt ist, auch eben verrückt! Mögt ihr den Wahnsinn im Zimmer leiden? Seid ja doch sonst nicht allzu bescheiden. Nennt ihr euch Kämpfer, so setzt euch zur Wehre! – Fahrt mir auch tapfer einmal mit der Schere Unter die jüngsten poetischen Sprossen, Die so frech in die Höhe geschossen, In das prahlerisch-wuchernde Grün! Schneidet nur wacker, so wird's vielleicht blühn, Blühn und am Ende auch Früchte tragen, Nämlich solche, die mit Behagen Reinliche Menschen mögen verspeisen Und nicht mit Ekel von sich weisen. Tut so! Von allen euern Werken, Wird dies am meisten die Dichtkunst stärken! |