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Der Kampf mit Feuer, Sonnenanbetern und rasendem Elefanten

La war ihren Begleitern nachgegangen. Als sie sah, wie diese nach Tarzan krallten und bissen, erhob sie drohend ihre Stimme und warnte, ihn ja nicht zu töten. Sie sah, daß er ermattete und daß ihn die Übermacht bald überwältigt haben würde, und sie brauchte nicht mehr lange zu warten, bis das mächtige Geschöpf der Dschungel hilflos und gebunden zu ihren Füßen lag.

Bringt ihn zum Rastplatz, befahl sie. So trugen sie denn Tarzan nach der kleinen Lichtung zurück und legten ihn dort unter einen Baum.

Baut mir eine Hütte, ordnete La an. Wir bleiben diese Nacht hier, und morgen früh, angesichts des Feuergottes, wird ihm La das Herz dieses Tempelschänders opfern. Wo ist das heilige Messer? Wer nahm es ihm ab?

Aber keiner hatte es gesehen, vielmehr wußte jeder ganz bestimmt, daß Tarzan bei seiner Gefangennahme das Opfermesser nicht an sich gehabt hatte. Der Affenmensch sah auf die drohenden Geschöpfe ringsum und knurrte seine Herausforderung. Dann sah er La und lächelte. Im Angesicht des Todes blieb er furchtlos. Wo ist das Messer? fragte ihn La.

Das weiß ich nicht, erwiderte Tarzan. Der andere Mann machte sich in der Nacht davon und nahm es mit sich. Wenn ich nicht gefangen wäre, würde ich ihn suchen und es dir zurückbringen, da du so begierig auf seine Wiedererlangung bist. Aber da ich sterben soll, kann ich es nicht holen. Was ist denn außerdem Besonderes an dem Messer? Ihr könnt doch ein anderes anfertigen. Seid ihr mir nur dieses Messers wegen den ganzen weiten Weg nachgekommen? Laßt mich frei, um jenen zu suchen, und ich will es euch wiederbringen.

La lachte bitter auf, denn ihr innerstes Herz sagte, daß Tarzan eine größere Missetat als nur den Raub des heiligen Opfermessers von Opar begangen hatte. Doch als sie ihn hilflos und in Fesseln vor sich liegen sah, traten ihr die Tränen in die Augen. Sie mußte sich abwenden, um sie nicht zu zeigen. Aber sie blieb unerschütterlich bei ihrem Entschluß, ihn durch schreckliche Qualen und zuletzt durch den Tod dafür büßen zu lassen, daß er gewagt hatte, Las Liebe mit Füßen zu treten.

Als die Hütte fertig war, ließ La Tarzan hineinbringen. Die ganze Nacht werde ich ihn foltern, murmelte sie zu den Priestern. Und ihr macht den feurigen Altar bereit, auf dem beim ersten Morgengrauen sein Herz dem Feuergott geopfert werden soll. Sammelt stark harzreiches Holz, und baut es inmitten der Lichtung in Form und Größe des Altars zu Opar auf, daß der flammende Gott unser Werk mit Wohlgefallen ansehe. Während des restlichen Tages waren die Priester auf der Mitte der Lichtung eifrig beim Errichten eines Altars und sangen zum Bau ihre unheimlichen Hymnen in der Sprache jenes längst vergessenen Erdteils, der nun auf dem Grunde des Atlantischen Ozeans ruht. Sie kannten die Bedeutung der Worte, die sie aussprachen, nicht mehr, aber sie wiederholten die Gebräuche, die ihnen aus langvergangenen Tagen her im ewigen Wandel vom Altpriester auf den Novizen weitergegeben wurden schon seit einer Zeit, da sich noch in den feuchten Dschungeln, die damals Europa bedeckten, die Ahnen des Neandertalmenschen an ihren Schwänzen aufhingen.

Im Schutze ihrer Hütte schritt La vor dem stoischen Affenmenschen auf und ab. Tarzan hatte sich in sein Geschick ergeben. Durch das Dunkel des ihn bedrohenden Todesurteils leuchtete kein Hoffnungsschimmer auf Hilfe. Er wußte, daß selbst seine riesigen Muskeln die vielen Stricke um Hand- und Fußgelenke nicht sprengen konnten, denn er hatte das öfteren vergeblich versucht, sie zu zerreißen. Von außen her hatte er nichts zu erhoffen, und im Lager umgaben ihn nur Feinde, und dennoch lächelte er La an, als sie nervös ihre Hütte der Länge und Breite nach abschritt.

Und La? Sie spielte mit ihrem Messer und sah auf den Gefangenen. Sie blickte wild um sich und murmelte etwas für sich, aber sie rührte ihn nicht an. Heute nacht, dachte sie. Heute nacht, wenn es dunkel ist, will ich ihn martern. Sie sah auf seine vollendet schöne, göttergleiche Gestalt und in sein hübsches, lächelndes Antlitz, und dann stählte sie ihr Herz wieder durch den Gedanken an ihre verschmähte Liebe, durch religiöse Gedanken, welche den Ungläubigen verdammten, der das Allerheiligste entweiht hatte, der dem blutbefleckten Altar von Opar das Opfer des Feuergottes nicht nur einmal, sondern dreimal entrissen hatte. Dreimal hatte Tarzan den Gott ihrer Väter beraubt. Bei diesem Gedanken hielt La an und kniete an seiner Seite nieder. Dann nahm sie das scharfe Messer in die Hand, setzte dem Affenmenschen die Spitze an die Seite und drückte auf den Griff, aber Tarzan lächelte nur achselzuckend.

Wie schön er war! La beugte sich über ihn und sah ihm in die Augen. Wie regelmäßig war sein Antlitz! Sie verglich es mit jenen der häßlichen, krummen Männer, aus deren Reihen sie sich einen Gatten suchen sollte, und sie schauderte bei diesem Gedanken. Dämmerung brach herein, die Nacht kam. Ein großes Feuer erstrahlte in der kleinen um das Lager gebauten Borna aus Dornen. Die Flammen beleuchteten den neuen Altar, der mitten auf der Lichtung errichtet war, und spiegelten der Hohepriesterin bereits im Geiste das Bild vor, das sie am Morgen erblicken würde.

Sie sah den riesenhaften, herrlichen Körper in den Flammen des brennenden Scheiterhaufens sich winden. Sie sah, wie diese jetzt lächelnden Lippen schwarz und verkohlt von den starken weißen Zähnen fielen.

Sie sah den lockigen, schwarzen Haarschopf auf Tarzans wohlgeformtem Schädel in einer Flamme verschwinden. Das und noch viele andere, schreckende Bilder sah sie, während sie mit geschlossenen Augen und geballten Fäusten vor dem Gegenstand ihres Hasses stand. – Ach! war es Haß, was La von Opar bewegte?

Die Dunkelheit der Urwaldnacht hatte sich auf das Lager gesenkt, und nur das Aufflammen des Feuers, das die Raubtiere abhalten sollte, erhellte sie ab und zu. Tarzan lag ganz ruhig in seinen Fesseln. Er litt unter Durst und dem Druck der Knöchel und Handgelenke eng umschnürenden Riemen. Aber er klagte nicht. Tarzan war ein Dschungelgeschöpf mit dem Stoizismus des Tieres und dem Verstand des Menschen. Er wußte, daß sein Geschick besiegelt war – daß kein Flehen die Härte seines Endes mildern konnte. Also wozu seinen Atem mit Bitten vergeuden? Er wartete geduldig in der Überzeugung, daß seine Leiden nicht ewig dauern konnten.

In der Dunkelheit beugte sich La mit dem scharfen Messer über ihn in der Absicht, ohne weiteres Zögern mit der Marter zu beginnen. Sie preßte das Messer gegen seine Seite und näherte ihr Gesicht dem seinen, als die Flammen neu auf das Feuer geworfener Äste von draußen das Innere der Hütte erhellten. Dicht unter ihren Lippen sah La die schönen Gesichtszüge des Waldgottes, und wieder wogte in ihrem Herzen die ganze große Liebe empor, die sie für Tarzan empfunden hatte, seit sie ihn das erstemal sah, und alle Leidenschaft, die sich in den langen Jahren, seit sie von ihm träumte, in ihr angesammelt hatte, loderte in ihrem Frauenherz empor.

Mit dem Dolche in der Hand stand die Hohepriesterin La drohend über der hilflosen Gestalt des Geschöpfes, das gewagt hatte, das Heiligtum ihrer Gottheit zu entweihen. Sie wollte nicht mehr martern – ein rascher Tod sollte das Ende sein. Nicht länger sollte der Schänder des Tempels den Anblick des allmächtigen Gottes beleidigen. Einen einzigen Stoß mit der schweren Klinge, und dann hinaus mit der Leiche auf den Scheiterhaufen. Der Arm mit dem Messer straffte sich bereits zu dem tiefen Stich, da fiel das Weib schwach über den Körper des Mannes, den es liebte.

In stummer Zärtlichkeit streichelten ihre Hände sein nacktes Fleisch; sie bedeckte seine Stirn, seine Augen, seine Lippen mit heißen Küssen. Sie warf sich über ihn, als ob sie ihn mit ihrem Körper vor dem schrecklichen Lose beschützen wollte, das sie ihm selbst bestimmt hatte, und in zitternden, jammervollen Tönen bettelte sie um seine Liebe. Stundenlang blieb die liebeglühende Dienerin des Feuergottes im Banne ihrer Leidenschaft, bis der Schlaf sie bezwang und sie ohne Besinnung neben den Mann hinstreckte, dem sie Marter und Tod geschworen hatte. Und Tarzan schlief, unbekümmert um die Zukunft, friedlich in Las Armen. Beim ersten Anflug vom Morgengrauen erweckte der Gesang der Priester von Opar Tarzan. In leisen, unterdrückten Tönen begonnen, schwoll der Klang bald zum Umfang der Posaune barbarischer Blutlust. La regte sich. Ihr schöngemeißelter Arm drückte Tarzan an sich. Ein Lächeln öffnete ihre Lippen, als sie erwachte, das langsam erstarb, während ihre Augen vor Entsetzen immer größer wurden, je weiter ihre wiederkehrende Besinnung den Todesgesang verstand.

Liebe mich, Tarzan! rief sie. Liebe mich, und ich will dich retten.

Tarzans Fesseln schmerzten. Er litt die Qualen langer Blutstauung. Mit einem ärgerlichen Brummen warf er sich herum und drehte ihr den Rücken zu. Da hatte sie ihre Antwort! Die Hohepriesterin sprang auf die Füße. Heiße Schamröte übergoß ihre Wangen, um tödlicher Blässe Platz zu machen, als sie in die Tür ihrer Hütte trat.

Herbei, ihr Priester des flammenden Gottes! rief sie. Macht das Opfer bereit.

Die entarteten Geschöpfe traten vor und kamen in die Hütte, legten Hand an Tarzan und trugen ihn hinaus. Sie sangen dabei und schwenkten ihre krummen Körper im Takte zu ihrem Gesang von Blut und Tod hin und her.

Hinter ihnen her schritt La. Auch sie schwankte, aber nicht im Takte mit dem Gesang. Bleich und verzerrt war das Antlitz der Hohepriesterin – bleich und verzerrt durch unerwiderte Liebe und fürchterliches Entsetzen vor dem Augenblick, der nun kommen mußte. Und doch blieb La fest bei ihrem Entschlusse. Der Ungetreue mußte sterben. Der Verächter ihrer Liebe sollte den Preis dafür auf dem feurigen Altar zahlen. Sie sah, wie sie den herrlichen Körper dort auf die rauhen Zweige legten, sie sah, wie der Hohepriester – der Gatte, welchen ihr der Brauch bestimmte – krumm, krüppelig, knorrig, verkümmert und abstoßend mit der brennenden Fackel vortrat und nur auf ihren Befehl wartete, um sie an die Scheite rund um den Brandopferaltar zu legen. Sein behaartes, tierisches Gesicht bleckte vor Vorfreude grinsend die Zähne. Eine Hand hielt er wie einen Becher, um das Lebensblut des Opfers aufzufangen, den roten Nektar, welchen sie in Opar in ihre goldenen Opferbecher gefüllt hätten.

Das Angesicht der aufgehenden Sonne zugekehrt, ein Gebet an die feurige Gottheit ihres Volkes auf den Lippen, trat La mit erhobenem Messer näher. Der Hohepriester sah sie fragend an – seine Fackel war schon ganz kurz bis zur Hand heruntergebrannt und die Scheite lagen so verführerisch nahe. Tarzan schloß die Augen und wartete auf sein Ende. Er wußte, daß er zu leiden haben würde, denn er erinnerte sich schwach früherer Brandwunden. Er wußte, daß er unter Qualen sterben mußte, aber er zuckte nicht mit der Wimper. Für die Geschöpfe der Dschungel, die täglich Hand in Hand mit dem Gespenst des Todes einhergehen, und alle Jahre ihres Lebens hindurch nächtlich an seine Seite gebettet sind, hat der Tod nichts Besonderes auf sich. Es ist fraglich, ob der Affenmensch überhaupt daran dachte, was nach dem Tode kommen könnte. In der Tat war sein Geist beim Nahen des Todes mit Gedanken an seine verlorenen hübschen Kiesel beschäftigt, obgleich sein Wahrnehmungsvermögen für die Umwelt ungetrübt war.

Er fühlte, daß sich La über ihn lehnte und öffnete die Augen. Er sah ihr bleiches, verzerrtes Gesicht und die Tränen, die ihr die Augen blendeten.

Tarzan, mein Tarzan! stöhnte sie. Sage mir, daß du mich liebst – daß du mit mir nach Opar gehst, und du sollst am Leben bleiben. Dem Zorne meines Volkes trotzend, will ich dich erretten. Ich gebe dir noch eine letzte Gelegenheit. Was gibst du mir für eine Antwort? Im letzten Augenblick hatte das Weib in ihr über die Hohepriesterin einer grausamen Religionsübung gesiegt. Sie sah das einzige Geschöpf, das je ein Feuer der Liebe in ihrem jungfräulichen Busen erweckt hatte, auf dem Altar liegen. Sie sah auch das vertierte Gesicht des Fanatikers, der eines Tages ihr Gatte werden mußte, wenn sie keinen weniger abstoßenden fand, wie er mit der brennenden Fackel bereitstand, um den Scheiterhaufen zu entzünden. Aber trotz all ihrer tollen Leidenschaft für den Affenmenschen würde sie Befehl zum Anzünden geben, wenn Tarzans letzte Antwort unbefriedigend war. Mit wogendem Busen beugte sie sich über ihn. Ja oder Nein? flüsterte sie.

Aus weiter Entfernung kam schwach ein Laut aus der Dschungel, der plötzlich Tarzans Augen hoffnungsfreudig aufleuchten ließ. Er erhob seine Stimme und stieß einen so wilden Schrei aus, daß La ein oder zwei Schritte zurücktaumelte. Der ungeduldig werdende Priester brummte und schob die Fackel aus einer Hand in die andere, während er sie immer näher an den Zunder unten am Scheiterhaufen hielt.

Deine Antwort! drängte La. Welche Antwort gibst du La von Opar auf ihre Liebe?

Der Ton, welcher Tarzans Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte, kam näher, und nun hörten ihn auch die anderen – es war das schrille Trompeten eines Elefanten. Als La mit weit aufgerissenen Augen in Tarzans Antlitz starrte, um ihr Schicksal, Glückseligkeit oder Herzzerbrechen, daraus zu lesen, sah sie, wie ein Ausdruck der enttäuschten Trauer Seine Züge beschattete. Jetzt zum ersten Male ahnte sie, was Tarzans schriller Schrei bedeutet hatte – er hatte Tantor, den Elefanten, zu Hilfe gerufen. Las Brauen schlossen sich zu einem zornigen Stirnrunzeln zusammen.

Du verschmähst La! schrie sie. Dann stirb! Legt die Fackeln an! befahl sie, sich zu den Priestern wendend. Tarzan sah ihr voll in das Gesicht.

Tantor kommt hierher, sagte er. Ich dachte, er würde mich retten, aber an seiner Stimme merke ich, daß er mich und dich und alle, die ihm in den Weg kommen, töten wird. Mit der Schlauheit des Leoparden Sheeta wird er die Fliehenden in ihren Versteckplätzen aufsuchen, denn Tantor ist toll vor Liebesraserei.

La kannte die irrsinnige Wildheit eines männlichen Elefanten während der Brunst nur zu gut. Sie wußte, daß Tarzan nicht übertrieb. Sie wußte, daß die Teufelei in dem schlauen, grausamen Gehirn des riesigen Tieres dieses auf der Jagd nach den seinem ersten Ansturm Entkommenen durch den ganzen Wald umhertreiben konnte, ebensogut wie die Bestie, ohne sich umzudrehen, vorbeistürzen konnte – keiner konnte das vorhersagen.

La, ich kann dich nicht lieben, sagte Tarzan leise. Den Grund dafür weiß ich nicht, denn du bist sehr schön. Niemals könnte ich mit dir zurückgehen und in Opar leben – habe ich doch die ganze große Dschungel als mein Reich. Nein, lieben kann ich dich nicht, aber ich kann dich auch nicht unter den Stoßzähnen des tollgewordenen Tantor sterben lassen. Schneide meine Fesseln durch, ehe es zu spät ist. Er kommt gleich über uns. Schneide sie durch, dann kann ich dich noch retten.

Eine dünne Fahne wirbelnden Rauches stieg von einer Ecke des Scheiterhaufens auf – die Flammen leckten knisternd nach oben. La, auf Tarzan und die sich ausbreitenden Flammen starrend, stand da wie eine schöne Statue der Verzweiflung. Noch einen Augenblick, dann hatten ihn die Flammen erreicht und eingehüllt. Aus dem dichten Forst kam das Geräusch brechender Äste und krachender Stämme – Tantor kam wie ein ungeheures Rammschiff der Dschungel auf sie losgestürmt. Die Priester wurden unruhig. Sie warfen angstvolle Blicke nach dem herannahenden Elefanten und dann wieder auf La.

Flieht! befahl sie ihnen, bückte sich und zerschnitt die Fesseln an Händen und Füßen ihres Gefangenen. Tarzan stand in einem Augenblick auf dem Boden. Die Priester kreischten vor Zorn und Enttäuschung. Der eine mit der Fackel machte drohend einen Schritt auf La und den Affenmenschen zu.

Verräterin! schrie er dem Weibe zu, dafür sollst auch du sterben. Er schwang seine Keule und stürzte sich auf die Hohepriesterin, aber Tarzan war vor ihm da, warf sich auf ihn, packte die erhobene Keule und entriß sie der Hand des wahnwitzigen Fanatikers. Nun ging ihm der Priester mit Zähnen und Nägeln zu Leibe. Tarzan packte den kurzbeinigen, plumpen Kerl mit seinen mächtigen Fäusten, hob ihn hoch empor und schleuderte ihn mitten unter seine Genossen, die schon gesammelt bereitstanden, sich auf ihren bisherigen Gefangenen zu werfen. La stand stolz mit gezücktem Messer hinter dem Affenmenschen. Kein Zeichen schwächlicher Furcht verriet ihr schönes Angesicht – nur ein Ausdruck hochmütiger Verachtung für ihre Priester und unverhehlter Verwunderung für den Mann, den sie so hoffnungslos liebte, zeigte, welche Gedanken sie erfüllten.

Aber mit einem Male brach jetzt der tollwütige Elefant auf die Szene – ein Tier mit riesigen Stoßzähnen, dessen kleine Augen in der Wut des Wahnsinns flammten. Die Priester standen einen Augenblick wie vor Schreck gelähmt, aber Tarzan wandte sich um, nahm La auf seine Arme und raste auf den nächsten Baum zu. Mit schrillem Trompetenton stürzte Tantor hinter ihm her. La hatte ihre beiden weißen Arme um des Affenmenschen Hals geschlungen. Sie spürte, wie er in die Luft hinaufsprang und staunte über seine Kraft und Gewandtheit, wie er, trotzdem er mit ihrem Gewicht beschwert war, gelenkig auf die unteren Zweige eines großen Baumes sprang und sie rasch aus dem Bereiche von des Dickhäuters geschmeidigem Rüssel nach oben trug.

Da er im Augenblick an dieser Stelle nicht wußte, was er machen sollte, schwenkte der große Elefant herum und warf sich auf die unglücklichen Priester, die nun, außer sich vor Schrecken, nach allen Richtungen auseinanderrannten. Den ersten durchbohrte er mit einem Stoßzahn und schleuderte ihn hoch hinauf in die Zweige eines Baumes. Dann packte er einen in der Umschlingung seines Rüssels und zerschmetterte ihn am Stamme eines Baumes, worauf er den zermalmten Haufen Fleisch fallen ließ, um trompetend hinter dem nächsten herzustürzen. Noch zwei weitere zertrampelte er unter seinen ungeheuren Füßen, ehe die übrigen in der Dschungel verschwunden waren. Nunmehr wendete Tantor seine Aufmerksamkeit wieder Tarzan zu, denn eins der Kennzeichen für diese Tollwut ist die Verkehrung der Gefühle in das Gegenteil – Gegenstände der Zuneigung im Normalzustande werden dann das Ziel wahnsinnigen Hasses. Die eigenartige Liebe, die zwischen dem Affenmenschen und dem Stamme Tantors bestand, war in den ungeschriebenen Annalen der Dschungel geradezu sprichwörtlich. Kein Elefant hätte dem Tarmangani – dem weißen Affen – etwas getan. Aber im Banne der Brunsttollheit suchte das große Männchen den alten Spielgefährten zu vernichten.

Tantor, der Elefant, kehrte zu dem Baum zurück, auf welchem La und Tarzan saßen. Er richtete sich mit den Vorderfüßen am Stamme auf und reichte mit seinem langen Rüssel weit hinauf nach ihnen. Aber Tarzan hatte das vorausgesehen und war über den äußersten Bereich des Tieres hinaufgeklettert. Der Mißerfolg stachelte die Tollheit des rasenden Geschöpfes nur noch weiter an. Er brüllte, trompetete und kreischte, daß die Erde unter dem mächtigen Umfang der Stimme zitterte. Dann stemmte er den Kopf gegen den Baum und stieß mit seiner Riesenkraft dagegen, daß der Stamm sich bog, aber er hielt noch.

Tarzans Verhalten war in diesem Falle ganz eigenartig. Hätte Numa, Sabor, Sheeta oder irgendein anderes Tier der Dschungel gesucht, ihn zu verderben, dann wäre der Affenmensch heruntergetanzt und hätte seinem Gegner Wurfgeschosse und Beschimpfungen entgegengeschleudert. Er hätte dann geschimpft und geärgert und in den ihm so geläufigen »Dschungelfischmarkt«-Ausdrücken geschmäht. Aber jetzt saß er schweigend außer Tantors Bereich, und auf seinem hübschen Gesicht malte sich ein Ausdruck tiefer Trauer und des Bedauerns, denn von allem Dschungelvolk war Tantor Tarzan der liebste. Wenn er ihn hätte töten können, würde er nicht einmal daran gedacht haben. Sein einziger Gedanke war auf Entkommen gerichtet, denn er wußte, sobald die Brunst vorbei war, wurde Tantor wieder vernünftig, und er konnte sich wieder in voller Länge behaglich auf dem großen Rücken ausstrecken und den großen, klappenden Ohren närrische Dinge erzählen.

Als Tantor herausfand, daß der Baum unter seinen Stößen nicht umfiel, steigerte sich seine Wut noch. Er blickte zu den zwei hoch oben über ihm Sitzenden hinauf, seine rotumränderten Augen flammten vor irrsinnigem Haß, dann wand er seinen Rüssel um den Stamm des Baumes, stellte sich breitbeinig hin und suchte die Wurzeln des Dschungelriesen herauszureißen. Tantor war ein ungeheures Geschöpf, ein enormes Männchen in der vollsten Blüte seiner ganzen erstaunlichen Kraft. Mit aller Macht zog er, bis auf einmal zu Tarzans Bestürzung die Wurzeln des großen Baumes langsam nachgaben. Der Erdboden hob sich zu einem kleinen Wall, der in Rippen nach dem Baumstamm zu verlief, der Baum selbst neigte sich – noch einen Augenblick, und er mußte entwurzelt umfallen. Der Affenmensch riß La auf seinen Rücken und schwang sich gerade, als der Baum sich langsam als erstes Anzeichen des dann rasch folgenden völligen Umstürzens neigte, auf die Zweige eines etwas kleineren Nachbarn. Es war ein weiter und gefahrvoller Schwung. La schloß schaudernd die Augen, aber als sie diese wieder öffnete, fand sie sich in Sicherheit, während Tarzan mit ihr durch den Wald davoneilte. Hinter ihnen krachte der entwurzelte Stamm schwer zu Boden und riß die kleineren im Wege stehenden Bäume mit um. Tantor fand jetzt heraus, daß ihm seine Beute entschlüpft war und machte sich erneut mit fürchterlichem Trompeten an die Verfolgung ihrer Fährte.


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