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Anfangs schloß La die Augen und klammerte sich voll Entsetzen an Tarzan, obgleich sie keinen Schrei ausstieß. Aber bald faßte sie genügend Mut, um sich umzuschauen, in die Tiefe auf den Boden hinabzublicken, und selbst, um die Augen während der weiten, gefahrvollen Sprünge von Baum zu Baum offen zu halten. Dann kam ein aus dem Zutrauen in die körperliche Vollkommenheit des Wesens, von dessen Kraft, Nerv und Gewandtheit ihr Leben abhing, geborenes Gefühl völliger Sicherheit über sie. Einmal hob sie sogar ihre Augen zur strahlenden Sonne und murmelte ein Dankgebet zu ihrem Heidengott, daß er ihr nicht erlaubt hatte, diesen göttergleichen Menschen zu töten und ihre langen Wimpern wurden von Tränen feucht. La von Opar war ein in sich merkwürdiger Widerspruch – ein durch die Umstände von widerstreitenden Gefühlen zerrissenes Geschöpf. Bald das grausame und blutdürstige Werkzeug eines herzlosen Gottes, bald wieder ein vor Leidenschaft und Zärtlichkeit in Tränen zerfließendes Weib, jetzt die verkörperte Eifersucht und Rachsucht und dann wieder ein schluchzendes, edelmütiges, versöhnliches Mädchen. In einer Person keusche Jungfrau und liebestolle Närrin, aber stets – ein Weib. So war La.
Sie schmiegte ihre Wange eng an Tarzans Schulter. Langsam hob sie den Kopf, bis ihre glühenden Lippen sich gegen sein Fleisch preßten. Sie liebte ihn und wäre freudig für ihn gestorben. Und doch war sie vor einer halben Stunde bereit gewesen, ihm das Messer ins Herz zu stoßen und war es vielleicht in der nächsten Stunde wieder.
Einen unglücklichen, in der Dschungel Schutz suchenden Priester brachte sein Geschick dem tobenden Tantor zu Gesicht. Das mächtige Tier schwenkte auf die Seite, warf sich auf den krüppeligen, kleinen Burschen, tötete ihn und tappte dann, von seinem Ziele abgelenkt, nach Süden weiter. In wenigen Minuten verlor sich der Lärm seines Trompetens in der Ferne.
Tarzan sprang auf den Boden herab und La glitt von seinem Rücken auf ihre Füße.
Rufe deine Leute zusammen, sagte Tarzan.
Sie werden mich töten, erwiderte La.
Das werden sie nicht tun, widersprach ihr der Affenmensch. Keiner wird dich töten, so lange Affentarzan hier ist. Rufe sie, und wir wollen mit ihnen reden.
La erhob ihre Stimme zu einem eigentümlichen, flötentonähnlichen Ruf, der weithin die Dschungel durchdrang. Von nah und ferne kamen als Antwort Rufe in den bellenden Tönen der oparischen Priester: Wir kommen! Wir kommen! Wieder und wieder ließ La ihren Ruf ertönen, bis der größte Teil ihres Gefolges einzeln und paarweise herbeikam und in einiger Entfernung von der Hohepriesterin und ihrem Erretter halten blieb. Mit zusammengezogenen Brauen und drohenden Mienen standen sie da. Als alle da waren, redete Tarzan sie an.
Eure La ist gerettet, sagte der Affenmensch. Wenn sie mich getötet hätte, wäre sie jetzt selbst tot und viele von euch dazu. Aber sie schonte mich, damit ich sie retten konnte. Begebt euch nun mit ihr nach Opar zurück und Tarzan wird seines Weges in die Dschungel gehen. Von nun an sei für immer Friede zwischen Tarzan und La. Was habt ihr darauf zu sagen?
Die Priester brummten und schüttelten ihre Köpfe. Sie sprachen miteinander, und La und Tarzan konnten bemerken, daß sie dem Vorschlage keinerlei Neigung entgegenbrachten. Sie hatten keine Lust, La wieder mit nach Opar zu nehmen, aber sie wollten unbedingt Tarzan dem Feuergotte noch zum Opfer bringen. Schließlich wurde Tarzan ungeduldig.
Ihr habt dem Befehl eurer Königin zu gehorchen, sagte er, und habt sie nach Opar zurückzubringen, sonst ruft Tarzan die übrigen Geschöpfe der Dschungel herbei und läßt euch alle töten. La schonte mich, damit ich sie und euch retten konnte. Lebend konnte ich euch besser dienlich sein, als ich es tot vermocht hätte. Wenn ihr nicht allesamt Narren seid, laßt ihr mich in Frieden meiner Wege gehen und kehrt mit La nach Opar zurück. Ich weiß nicht, wo sich das heilige Messer befindet, aber ihr könnt ein neues anfertigen. Wenn ich es La nicht abgenommen hätte, würdet ihr mich erschlagen haben. Und euer Gott muß nunmehr eigentlich froh sein, daß ich es nahm, denn ich habe inzwischen seine Priesterin vor dem liebestollen Tantor gerettet. Werdet ihr jetzt mit La noch Opar zurückziehen und versprechen, daß ihr kein Leid geschehen soll?
Die Priester sammelten sich in eifriger Rede und Gegenrede in einem kleinen Haufen. Sie trommelten sich mit den Fäusten auf die Brust, hoben Augen und Hände zu ihrem Feuergott und knurrten und bellten miteinander, bis es Tarzan klar wurde, daß einer unter ihnen der Annahme seines Vorschlages entgegenarbeitete. Es war der Hohepriester, dessen Herz mit eifersüchtigem Grimm erfüllt war, weil La offen ihre Liebe zu dem Fremden bekannt hatte, während sie nach dem uralten Brauch ihrer Religion hätte die Seine werden müssen. Anscheinend ließ sich keine Lösung der Streitfrage finden, bis endlich ein anderer Priester vortrat und mit hocherhobener Hand La anredete.
Der Hohepriester Cadsch, erklärte er, möchte euch alle beide dem Feuergotte opfern, aber wir alle außer Cadsch würden gerne wieder mit unserer Königin nach Opar heimziehen.
Ihr seid viele gegen einen, entgegnete ihm Tarzan. Warum sollt ihr euren Willen nicht durchsetzen? Macht euch mit La auf euren Weg nach Opar, und falls Cadsch Einspruch erheben sollte, tötet ihn.
Die Priester von Opar begrüßten diesen Rat mit lauten Beifallsrufen. Ihnen kam er wie eine göttliche Offenbarung vor. Die Einwirkung eines jahrtausendelangen unbestrittenen Gehorsams gegenüber den Hohepriestern hatte es ihnen unmöglich erscheinen lassen, seine Autorität in Frage zu ziehen. Aber als ihnen klargemacht wurde, daß sie ihn ja unter ihren Willen beugen konnten, waren sie so glücklich wie Kinder mit einem neuen Spielzeug.
Sie sprangen auf Cadsch los und packten ihn. In lautem drohendem Tone schrien sie ihm in die Ohren und bedrohten ihn mit Keulen und Messern, bis er schließlich, wenn auch mit verbissener Wut, in ihre Forderung willigte, und dann trat Tarzan dicht vor Cadsch. Priester, sagte er, La kehrt jetzt unter dem Schutze ihrer Priester nach ihrem Tempel zurück, und Affentarzan droht dazu, daß jeder, der ihr ein Leid tut, sterben soll. Tarzan wird Opar noch vor der nächsten Regenzeit wieder aufsuchen, und sollte La bis dahin ein Leid geschehen sein, dann wehe dem Hohepriester Cadsch.
Mürrisch gelobte Cadsch, seiner Königin nichts zu tun. Beschützt sie, rief Tarzan den übrigen Opariern zu. Beschützt sie, damit, wenn Tarzan wiederkommt, er La vorfinde, um sie zu begrüßen.
La wird zu deiner Begrüßung da sein, rief die Hohepriesterin, und La wird voll Sehnsucht, stets voll Sehnsucht warten, bis du wiederkommst. Oh, versprich mir, daß du kommen wirst!
Wer weiß? fragte der Affenmensch, während er sich rasch auf die Bäume schwang und gegen Osten davoneilte.
Einen Augenblick stand La und sah ihm nach, dann ließ sie ihr Haupt sinken, ein Seufzer entfloh ihren Lippen, und gebrochen wie eine gealterte Frau nahm sie ihren Rückmarsch nach dem fernen Opar auf.
Affentarzan eilte auf den Bäumen davon, bis sich die dunkle Nacht auf die Dschungel herabsenkte, dann legte er sich zum Schlafe nieder, ohne für den morgigen Tag mehr als den Schatten einer Erinnerung selbst von La im Bewußtsein zu behalten.
Derweil sah ein paar Tagemärsche weiter nach Norden Lady Greystoke dem Tage entgegen, an dem ihr mächtiger Herr und Gebieter Achmed Zeks Untat entdecken und zur Rettung und Vergeltung herbeieilen würde. Aber während sie sich die Ankunft John Claytons ausmalte, hockte der Gegenstand ihrer Gedanken fast unbekleidet neben einem gestürzten Baumstamm, unter dem seine rauhen Finger nach einem vielleicht vorhandenen Käfer oder einer schmackhaften Puppe suchten.
*
Seit dem Diebstahl der Edelsteine waren schon zwei volle Tage vergangen, ehe Tarzan wieder an sie dachte. Als sie ihm dann gerade ins Gedächtnis kamen, fühlte er plötzlich das Verlangen, wieder mit ihnen zu spielen. Da er weiter nichts zu tun hatte, als der ersten besten Laune, die ihn packte, Folge zu leisten, erhob er sich und machte sich von dem Walde, in dem er die vorhergehende Nacht verbracht hatte, über die Ebene auf den Weg.
Obgleich keine Bezeichnung die Stelle angab, an der die Edelsteine vergraben worden waren, und obgleich der betreffende Fleck dem übrigen Gelände auf eine mehrere Meilen lange Strecke bis dahin, wo der Rand des Röhrichts am Grasland endete, durchaus gleich war, begab sich doch der Affenmensch mit untrüglicher Bestimmtheit genau an die Stelle, an der er seinen Schatz verborgen hatte.
Mit dem Jagdmesser brach er den losen Boden auf, unter dem seine Tasche sein mußte. Aber obgleich er ein weit größeres Loch im Umkreis aushob, als das ursprüngliche gewesen war, fand er von Tasche oder Juwelen keine Spur mehr. Tarzans Stirn umwölkte sich, als er bemerkte, daß er beraubt worden war. Es war wenig oder gar kein Nachdenken nötig, um ihn über die Persönlichkeit des Schuldigen klar werden zu lassen, und mit der nämlichen Kürze, die seinen Entschluß, die Edelsteine auszugraben, gekennzeichnet hatte, machte er sich auf die Spur des Diebes.
Obgleich die Fährte zwei Tage alt und an vielen Stellen eigentlich völlig verwischt war, folgte ihr Tarzan doch mit verhältnismäßiger Leichtigkeit. Ein weißer Mann hätte sie zwölf Stunden, nachdem sie gemacht war, keine zwanzig Schritt weit verfolgen können, ein Schwarzer hätte sie nach der ersten Meile verloren, aber Affentarzan war seit seiner Kindheit gezwungen gewesen, andere Sinne, als sie der gewöhnliche Sterbliche je braucht, zu entwickeln.
Wir bemerken vielleicht den Geruch nach Knoblauch und Schnaps im Atem eines Bruder Straubinger oder das billige Parfüm, das die Person einer vor uns sitzenden Dame ausströmt, und wir beklagen dann, daß unsere Geruchsnerven so empfindlich sind. Aber bei Lichte betrachtet, können wir überhaupt nicht mehr riechen, denn unsere Geruchsorgane sind praktisch genommen verkümmert, wenn wir sie mit den hochentwickelten Sinnen der in der Wildnis lebenden Tiere vergleichen.
Wo ein Fuß hingetreten hat, bleibt beträchtliche Zeit eine Ausdünstung haften. Das ist jenseits der Wahrnehmungsfähigkeit unserer Sinne. Aber für die Geschöpfe der niedrigen Tiergattung, zumal für die, welche entweder Jagende oder Gejagte sind, ist eine solche Ausdünstung so vielsagend und klar wie für uns die Druckseite eines Buches.
Aber Tarzan hing nicht allein von seinem Geruchssinn ab. Gesicht und Gehör waren durch die Anforderungen seiner ersten Jugend, als das am Lebenbleiben täglich von der Ausübung der schärfsten Wachsamkeit und dem ständigen Gebrauch aller Fähigkeiten abhing, zu einem erstaunlichen Grade bei ihm entwickelt.
Er folgte also der alten Spur des Belgiers durch den Wald nach Norden zu. Aber da die Fährte schon so alt war, war sein Vorwärtskommen dabei alles andere denn rasch. Der fliehende Mann hatte schon zwei Tage Vorsprung, als Tarzan die Verfolgung aufnahm, so daß er jeden Tag vor dem Affenmenschen mehr Vorsprung gewann. Indessen hatte der letztere über den Ausgang nicht den mindesten Zweifel. Eines schönes Tages würde er seine Beute schon erreichen – er konnte es in Ruhe abwarten, bis dieser Tag kam. Einstweilen folgte er verbissen der Fährte und hielt bei Tage nur an, um zu jagen und zu essen, sowie nachts, um ein wenig zu schlafen und sich auszuruhen.
Gelegentlich kam er an einzelnen Abteilungen eingeborener Krieger vorbei; aber er ging im weiten Bogen um sie herum, denn er wollte sich nicht durch kleine Zwischenfälle auf der Fährte vom Ziele seiner Jagd abbringen lassen.
Die erwähnten Abteilungen waren die sich sammelnden Horden der Waziri und ihrer Verbündeten, zu deren Aufruf Basuli seine Boten weithin über das Land verstreut hatte. Sie zogen alle zu einem gemeinsamen Sammelpunkt, um den Angriff auf Achmed Zeks befestigtes Lager vorzubereiten. Aber für Tarzan waren sie Feinde – er war sich keiner freundschaftlichen Erinnerung an schwarze Menschen mehr bewußt.
Es war Nacht, als er außen vor dem palisadenumgebenen Dorfe des räuberischen Arabers hielt. Von seinem Sitze auf den Zweigen eines großen Baumes starrte Tarzan auf das Leben und Treiben im Innern der Einfriedigung. Die Fährte hatte ihn an diesen Platz geführt. Also mußte seine Beute wohl drin sein; aber wie sollte er sie aus so vielen Hütten herausfinden? Obgleich Tarzan die Möglichkeiten, die in seinen großen Fähigkeiten gegeben waren, vollauf kannte, war er sich doch auch über die Grenzen klar, die ihnen gezogen waren. Er wußte, daß er es mit einer so großen Zahl nicht im offenen Kampfe aufnehmen konnte. Wenn er Erfolg haben wollte, mußte er zu den verstohlenen Listen der wilden Tiere seine Zuflucht nehmen.
Tarzan saß auf seinem sicheren Sitz auf einem Baum, kaute bedächtig an einem Schinken des Ebers Horta und wartete auf eine günstige Gelegenheit zum Betreten des Dorfes. Eine Weile benagte er die dicken runden Enden des großen Knochens, splitterte kleine Stücke davon mit sein starken Zähnen ab und sog das köstliche Mark heraus. Aber die ganze Zeit über spähte er immer wieder nach dem Dorfe. Er sah weißgekleidete Gestalten und halbnackte Schwarze, aber nicht ein einziges Mal erblickte er einen, der dem Dieb seiner Steine ähnlich gesehen hätte.
Geduldig wartete er, bis die Straßen von allen außer den Posten an den Toren verlassen waren, dann sprang er behend auf den Boden, begab sich im Bogen auf die entgegengesetzte Seite des Dorfes und näherte sich der Palisade.
An seiner Seite hing ein langer Riemen aus Rohhaut – die natürliche und verläßlichere Weiterentwicklung des Grasseiles aus seiner Kindheit. Er machte ihn los, legte die ausgebreitete Schlinge hinter sich auf den Boden, ein kurzer Ruck seines Handgelenkes, und die Leine saß auf einer der geschärften Spitzen oben auf der Palisade.
Er zog die Schlinge fest und prüfte die Festigkeit ihres Sitzes. Als der Affenmensch sie befriedigend fand, lief er mit beiden Händen das Seil greifend gewandt an der senkrechten Wand in die Höhe. Einmal oben auf der Spitze, genügte ihm ein Augenblick, um das herabhängende Seil aufzunehmen, es wieder in seine Ringe zu legen und um den Gürtel zu schlingen. Er tat einen raschen Blick von der Palisade hinab, um sich zu vergewissern, daß niemand unten auf ihn lauerte, dann ließ er sich leicht auf den Boden hinabfallen. Nun war er im Dorfe. Vor ihm lag eine Reihe von Zelten und die Hütten der Neger. Die Arbeit, sie alle einzeln nacheinander zu untersuchen, war mit Gefahr verknüpft; aber Gefahr war im Rahmen eines jeglichen Tagewerkes nur ein ganz naturgemäßer Faktor – Tarzan ließ sich dadurch nicht schrecken. Im Gegenteil, Wagnisse auf Leben und Tod, solche Wagnisse, die seine Geschicklichkeit und seine Fähigkeiten gegen die eines würdigen Gegners auf die Probe stellten, zogen ihn an.
Es war gar nicht nötig, daß er jede Behausung – sei es durch das Tor, durch ein Fenster oder durch eine Lücke – betrat, sein Geruchssinn sagte ihm, ob seine Beute darin verborgen lag oder nicht. Eine Zeitlang folgte für ihn rasch hintereinander eine Enttäuschung auf die andere. Nirgends war eine Spur von dem Belgier zu entdecken. Aber zuletzt kam er an ein Zelt, in dem die Witterung des Diebes stark war. Tarzan hielt sein Ohr nahe an die hintere Zeltwand und lauschte, aber kein Laut drang aus dem Innern. Schließlich schnitt er eine der Zeltleinen durch, hob die Leinwand vom Boden etwas hoch und schob seinen Kopf ins Innere des Zeltes. Alles war still und dunkel. Tarzan kroch vorsichtig hinein – die Witterung des Belgiers war sehr stark, aber es war nicht die Witterung des lebenden Körpers. Noch ehe er das Innere genau untersucht hatte, wußte Tarzan, daß niemand im Zelte war.
In der einen Ecke fand er einen Haufen Decken und herumgestreuter Bekleidungsstücke, aber seine Tasche mit den hübschen Kieseln fand er nicht. Eine sorgfältige Prüfung des übrigen Zeltes enthüllte ihm weiter nichts, wenigstens nicht, was auf die Anwesenheit der Edelsteine hingedeutet hätte. Aber an der Seite, an der die Decken und Kleider lagen, entdeckte der Affenmensch, daß die Zeltwand vom Boden gelöst worden war, und merkte alsbald, daß der Belgier erst kürzlich auf diesem Wege das Zelt verlassen hatte. Tarzan besann sich nicht lange, seiner Beute auf diesem Wege zu folgen. Die Spur hielt sich stets im Schatten, auf der Rückseite der Hütten und Zelte des Dorfes – es war Tarzan vollkommen klar, daß der Belgier allein und heimlich sich an sein Vorhaben gemacht hatte. Augenscheinlich fürchtete er sich vor den Bewohnern des Dorfes, oder sein Unternehmen war derart, daß er eine Entdeckung desselben nicht wagen durfte.
Auf der Rückseite einer Negerhütte führte die Fährte durch ein kleines, neuerdings in die aus Zweigen bestehende Wand geschnittenes Loch und damit in das dunkle Innere der Hütte hinein. Furchtlos folgte Tarzan der Spur. Auf allen vieren kroch er durch die kleine Öffnung. Im Innern der Hütte trafen vielerlei Gerüche seine Nase, aber klar und deutlich erweckte einer davon halb und halb eine schlafende Erinnerung an die Vergangenheit – es war der schwache und zarte Geruch eines Weibes. Mit dieser Wahrnehmung entstand in der Brust des Affenmenschen eine merkwürdige Unbehaglichkeit – das Ergebnis einer unwiderstehlichen Gewalt, mit der er von neuem bekannt werden sollte – der Instinkt, welcher den Mann zu seiner Gattin zieht.
In der gleichen Hütte fand sich außerdem die Witterung des Belgiers, und als beide zusammen, eine mit der anderen vermischt, die Geruchsnerven des Affenmenschen trafen, tobte und brannte ein eifersüchtiger Grimm in ihm, obgleich der Spiegel der Erinnerung seinem Gedächtnis keinerlei Bild des weiblichen Wesens zeigte, an das ihn seine Sehnsucht gefesselt hielt. Die Hütte war ebenso leer, wie das von ihm untersuchte Zelt. Sobald er sich daher davon überzeugt hatte, daß die ihm gestohlene Tasche nirgends darin verborgen war, verließ er sie wieder auf demselben Wege, auf dem er sie betreten hatte, durch das Loch in der Hinterwand.
Hier nahm er von neuem die Fährte des Belgiers auf, folgte ihr über den freien Platz, über die Palisade und darüber hinaus hinein in die dunkle Dschungel.