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Sprüche weiser Männer. – Eine Unterredung der Lady mit dem Kammermädchen und ein Panegyricus oder vielmehr eine Satyre auf die Leidenschaft der Liebe in erhabenem Styl.
Irgend ein alter Weiser, dessen Name mir entfallen ist, bemerkt, Leidenschaften wirkten auf das Gemüth, wie Krankheiten auf den Körper, je nach der Kraft oder Schwäche, der Gesundheit oder Zerrüttung des einen oder des andern.
Wir hoffen daher, der einsichtsvolle Leser werde sich einige Mühe geben, auf das zu achten, was wir mit so vielem Eifer zu entwickeln uns bestrebten, nämlich auf die verschiedenen Wirkungen dieser Leidenschaft der Liebe auf das feine und gebildete Gemüth der Lady Borby, und auf die roheren und irdischeren Gesinnungen der Mistreß Slipslop.
Ein anderer Philosoph, dessen Name jetzt ebenfalls meinem Gedächtniß entwischt, hat irgendwo gesagt, Entschlüsse, die in Abwesenheit des geliebten Gegenstandes gefaßt würden, pflegten leichtlich in dessen Gegenwart sich zu verflüchtigen, und jenen beiden weisen Sprüchen mag denn dieses Kapitel zum Commentar dienen.
Kaum hatte Joseph auf die vorhin erzählte Weise seine Gebieterin verlassen, als diese, voll Wuth über ihre vereitelten Hoffnungen, ihr Benehmen einer strengen Prüfung unterwarf. Ihre Liebe war nun in Verachtung umgewandelt, und der Stolz trat hinzu, sie zu demüthigen. Sie machte sich selbst Vorwürfe, ihre Leidenschaft einem so niedrigen Gegenstande zugewendet zu haben, und zürnte zugleich Joseph wegen des mißlungenen Erfolges. Auf alle Fälle glaubte sie dieser Leidenschaft sich nun gänzlich entschlagen zu haben, und beschloß, deren Gegenstand sofort zu entfernen. Nach vielem Hin- und Herwerfen in ihrem Bette, und mehreren Monologen, die wir dem Leser mittheilen würden, wenn wir keinen bessern Stoff hätten, zog sie endlich, wie oben berichtet, die Klingel, und sah sofort Mistreß Slipslop erscheinen, die mit Joseph nicht viel besser zufrieden war, als die Dame selbst.
»Slipslop,« begann Lady Borby, »wann sahst Du Joseph zuletzt?« –
Die arme Zofe erschrak, als sie in einem so bedenklichen Zeitpunkt unerwartet seinen Namen hörte, und es wurde ihr schwer, ihre Verwirrung vor ihrer Gebieterin zu verbergen; doch antwortete sie mit ziemlich kecker Zuversicht, obgleich nicht ganz frei von Mißtrauen: »sie habe ihn den ganzen Morgen noch nicht gesehen.«
»Ich fürchte,« sagte Lady Borby, »er ist ein wilder Bursche!« –
»Ja wohl« erwiederte Mistreß Slipslop, »und ein liederlicher dazu. So viel ich weiß, kommt er aus dem Spielen, Trinken, Fluchen und Balgen gar nicht heraus; überdem hat er auch eine abscheuliche Deklination zu unzüchtigen Dirnen.«
»So!« rief die Dame, »davon hab ich bis jetzt noch nichts gehört.« –
»O gnädige Frau,« antwortete Jene, »er ist ein so leichtfertiger Bursche, daß, wenn Sie ihn länger behalten, bald außer mir keine Jungfer mehr im Hause sein wird. Und doch kann ich nicht rezipiren, was die Frauenzimmer an ihm sehen mögen, daß sie so hinter ihm her sind; in meinem Augen ist er eine so häßliche Vogelscheuche, als man nur sehen mag.« –
»Nun nun,« sagte die Lady, »so gar übel ist der junge Mensch doch nicht.«
»Ach, gnädige Frau,« rief die Slipslop, »ich halte ihn für den ominösesten Burschen im ganzen Hause.«
»Ich kann's noch nicht glauben, Slipslop,« fiel die Dame ein, »aber welches von den Mädchen hast Du im Verdacht?« –
»Gnädige Frau, da ist Betty das Stubenmädchen, ich bin fest decidirt, die geht von ihm schwanger.« –
»Fort mit ihr!« schrie die Lady, »sie soll gleich ihren Lohn haben. So was dulde ich in meinem Hause nicht. – Und Joseph kannst Du auch seinen Abschied geben.« –
»Soll ich ihm gleich seinen Lohn zahlen?« rief die Slipslop, »denn vielleicht bessert er sich, wenn die Betty fort ist; und der junge Mensch ist doch ein kräftiger und gewandter Bursche, der sonst im Dienst seine Pflicht thut.«
»Diesen Morgen noch!« antwortete die Lady etwas heftig.
»Ich wünschte, gnädige Frau, Sie möchten es noch etwas länger mit ihm versuchen.«
»Ich verbitte mir alle Einrede gegen meine Befehle; ich will nicht hoffen, daß Du Dich selbst in ihn vergafft hast.« –
»Ich? gnädige Frau,« rief die Slipslop, deren rothe Wangen sich noch höher färbten; »es sollte mir leid thun, wenn Sie von mir so was deponiren könnten; nein, wenn Sie befehlen, will ich ihn mit so viel Verzug als möglich fortschicken.«
»So wenig, willst Du wohl sagen,« bemerkte die Dame; »also gleich fort mit ihm!« –
Mistreß Slipslop entfernte sich, aber die Lady war kaum einigemal im Zimmer auf und ab gegangen, so wurde die Klingel von neuem mit äußerster Heftigkeit gezogen. Die Slipslop, die sich eben nicht sehr beeilt hatte, kehrte sofort zurück, und erhielt, was Joseph betraf, Gegenbefehl; Betty aber sollte sofort abgedankt werden. Die Zofe beeilte sich jetzt viel mehr, als das Erstemal, ihren Auftrag zu erfüllen, als ihre Gebieterin, die sich wegen ihres Wankelmuths Vorwürfe machte, und die verderblichen Folgen ihrer wieder erwachenden Neigung erwog, abermals schellte, und Mistreß Slipslop zu sich zurück berief, welcher sie erklärte, sie habe sich die Sache besser überlegt, und sei bestimmt entschlossen, Joseph auch fortzuschicken, was sogleich geschehen müsse.
Die Zofe, die den heftigen Sinn ihrer Gebieterin kannte, und ihre Stelle um keines Adonis oder Herkules auf Erden willen aufs Spiel setzen mochte, ging zum Drittenmale; doch kaum hatte sie sich entfernt, als der kleine Gott Kupido, fürchtend, er habe die Lady zu leicht getroffen, einen frischen Pfeil mit der schärfsten Spitze aus seinem Köcher nahm, und ihn gerade in ihr Herz schoß – deutlicher zu reden, die Leidenschaft der Dame siegte über ihre Vernunft. Sie rief nochmals die Slipslop zurück, und sagte ihr: »sie habe beschlossen, den Burschen selbst ins Verhör zu nehmen; und sie möge ihn daher zu ihr schicken.« Dieses Schwanken in den Beschlüssen ihrer Gebieterin setzte wahrscheinlich der Zofe allerhand Gedanken in den Kopf, die der scharfsinnige Leser von selbst erräth.
Lady Borby stand im Begriff, sie abermals zurückzurufen, konnte sich aber nicht dazu entschließen. Ihre nächste Erwägung war, wie sie sich gegen Joseph, wenn er erschiene, zu benehmen habe. Sie beschloß, alle Würde der Frau vom Stande gegen ihren Lakaien zu behaupten, und in dieser letzten Zusammenkunft mit Joseph (denn die letzte sollte und mußte es sein) sich auf seine Kosten das Vergnügen zu machen, erst ihn auszuhöhnen, dann ihn fortzujagen.
O Liebe, welche losen Streiche spielst du deinen Verehrern von beiden Geschlechtern! Wie täuschest du sie, wie verleitest du sie zur Selbsttäuschung! – Ihre Thorheiten sind dein Entzücken! – Ihre Seufzer verspottest du, ihre Herzensnoth ist dir ein Gegenstand der Schadenfreude.
Nicht der große Rich, der Menschen in Affen, Schiebkarren, und was sonst seiner Laune zusagen mag, verwandelt, hat den menschlichen Körper so wunderlich umgestaltet; noch der große Cibber, der alle grammatischen Regeln der englischen Sprache umstößt, sie so entstellt, als Du die menschlichen Sinne veränderst und umgestaltest.
Du beraubst uns unserer Augen, verstopfst unsere Ohren, und nimmst hinweg das Vermögen unserer Nase; so daß wir weder den größten Gegenstand zu sehen, noch den lautesten Lärm zu hören, noch den schönsten Duft zu riechen fähig sind. Andererseits kannst du, wenn es dir gelüstet, einen Maulwurfshaufen zu einem Berg anschwellen, einem Brummeisen Trompetenklang, einem Gänseblümlein Veilchenduft entlocken. Die Feigheit kannst du tapfer, den Geiz freigebig, den Stolz demüthig, die Grausamkeit erbarmend machen. Kurz, du wendest des Menschenherz, das Innerste heraus, wie ein Taschenspieler einen Unterrock, und bringest zum Vorschein, was dir beliebt. Sollte irgend Jemand hieran zweifeln, so lese er das folgende Kapitel.