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Sechszehntes Kapitel.

Der Gefangene entwischt. – Herrn Adams schlägt eine Hoffnung fehl. – Ankunft zweier sehr merkwürdiger Personen. – Der Pfarrer Adams macht mit dem Pfarrer Barnabas Bekanntschaft.


Als Barnabas und der Chirurgus nach dem Wirthshause, wie wir berichteten, zurückgekehrt waren, um den Gefangenen vor Gericht führen zu lassen, wurden sie nicht wenig betroffen, als ihnen ein kleiner Umstand berichtet ward, der sich seitdem ereignet hatte, und dies war kein anderer, als das Entwischen des Gefangenen, der sich bescheidener Weise in der Nacht entfernt hatte, indem er alles Aufsehen vermieden hatte, und nicht wie manche große Männer geneigt gewesen zu sein schien, aus Liebe zur Auszeichnung mit Fingern auf sich zeigen zu lassen.

Als die Gesellschaft den Abend zuvor sich zurückgezogen, hatte man den Gefangenen unter Bewachung des Constable, und eines der jungen Burschen, der ihn mit eingebracht, in ein Zimmer gesperrt. Um Mitternacht ungefähr stimmten der Gefangene und seine Wächter zugleich eine Klage über außerordentlichen Durst an, und es wurde endlich beschlossen, daß der Constable auf seinem Posten bleiben, der junge Mensch aber etwas zu trinken holen solle, worin der letztere um so weniger Gefahr sah, als der Constable wohlbewaffnet war, und ihn überdieß leicht zurückrufen konnte, wenn der Gefangene den geringsten Versuch wagen sollte, seine Freiheit wieder zu erlangen. Der Bursche hatte kaum das Zimmer verlassen, als den Constable die Besorgniß überfiel, der Gefangene könne unvermuthet auf ihn zuspringen, und ihn dadurch am Gebrauch seiner Waffen hindern, besonders des langen Stabes, auf den er am meisten rechnete, so daß der Erfolg eines Kampfes äußerst mißlich bei gleichen Vortheilen sein dürfte. Um diesem Uebelstand zuvorzukommen, schlüpfte er daher weißlich selbst aus dem Zimmer, verschloß die Thür, und stellte sich draußen auf, mit seinem Stabe in der Hand, den er hoch emporhielt, um damit den Gefangenen, wenn er einen Ausbruch versuchen sollte, zu Boden zu schlagen.

Doch das menschliche Leben gleicht, nach der Entdeckung eines oder des andern großen Mannes (denn um keinen Preis möchte ich mir das Ansehen geben, als maßte ich selbst mir die Ehre einer solchen Entdeckung an) nichts auf der Welt mehr, als eine Partie Schach; denn wie in dieser leicht ein Spieler, wenn er seine ganze Aufmerksamkeit auf die eine Seite des Brettes wendet, dem Feinde ein Loch auf der andern öffnet, so geschieht es auch oft im Leben, und so geschah es bei dieser Gelegenheit; denn während der vorsichtige Constable mit so bewundernswürdigem Scharfsinn die Thür beaufsichtigte, hatte er unglücklicherweise das Fenster außer Acht gelassen.

Der Gefangene, als Gegenspieler, wurde nicht sobald diese Lücke gewahr, als er nach dieser Seite zu ziehen begann, und da er kein Hinderniß fand, so nahm er den Hut des jungen Burschen mit, sprang ohne Umstände auf die Straße, und lief davon, so schnell er konnte.

Der junge Mensch, der jetzt mit einer Doppelkanne des besten Biers zurückkehrte, war nicht wenig erstaunt, den Constable vor der Thür zu finden, aber er ward es noch mehr, als er beim Eintritt in das Zimmer bemerkte, daß und auf welchem Wege der Gefangene sich entfernt habe. Er warf den Krug hin; und ohne den Constable einen andern Laut, als zwei oder drei kräftige Flüche vernehmen zu lassen, sprang er gleichfalls zum Fenster hinaus, um den Entflohenen zu verfolgen, indem er sich nicht gern den Lohn wollte entgehen lassen, den er von seinem Fang gehofft hatte.

Der Constable hat sich noch bis diese Stunde nicht von Verdacht frei machen können; man hat gemeint, da er den Gefangenen nicht einbringen helfen, so habe er auch auf einen Theil der gesetzlichen Belohnung, wenn Jener seines Verbrechens überführt worden, keinen Anspruch gehabt; man könne nicht wissen, ob in des Delinquenten Tasche nicht noch einige Guineen verborgen gewesen; es lasse sich kaum annehmen, daß der Constable aus reiner Einfalt so unvorsichtig gewesen; der Grund, aus dem er das Zimmer verlassen zu haben angebe, sei höchst albern ersonnen; man habe ihn häufig sagen hören, ein kluger Mann schlage bei keiner Gelegenheit Geld aus; bei den Wahlen habe er immer seine Stimme beiden Parteien verkauft etc. Ich meinestheils bin jedoch dieser und vieler andern ähnlichen Ausstellungen unerachtet genügend von seiner Unschuld überzeugt, welche mir von denen bestimmt zugesichert worden ist, die ihre Kunde darüber aus seinem eigenen Munde haben; ein Zeugniß, das nach verschiedener Neueren Meinung der beste, ja eigentlich der einzige gesetzliche Ueberführungsbeweis ist.

Alle Hausbewohner, außer der Kranke, waren nun aufgestanden, und hatten sich mit vielen andern wieder in der Küche eingefunden, wo auch Herr Towwouse sich von der Unruhe zu zerstreuen suchte, die des Wundarztes Erklärung, der Wirth sei gesetzlich wegen der Flucht des Delinquenten, da sie aus seinem Hause stattgefunden habe, verantwortlich, in ihm erregt hatte. Er wurde jedoch einigermaßen durch die Meinung des Herrn Barnabas getröstet, die Verantwortung sei, weil die Flucht bei Nacht erfolgt, nicht zulässig. Mistreß Towwouse äußerte sich auf folgende Weise: »Hat man je einen solchen Einfaltspinsel gesehen, wie meinen Mann! Wer sonst in der Welt hätte einen Gefangenen der Aufsicht eines so schläfrigen Trunkenbolds übergeben, wie Tom Suckbride (so hieß der Constable) und wenn mein Mann zur Rechenschaft gezogen werden könnte, ohne daß es seiner Frau und seinen Kindern Schaden brächte, so sollte es mich sehr freuen. – (Hier schellte die Klingel in Josephs Zimmer). He Betty, Johann, Kellner, wo zum Henker steckt Ihr alle? Habt Ihr keine Ohren, kein Gewissen, daß Ihr einem Kranken nicht besser aufwartet? – Hört, was der Herr befiehlt. Weßhalb gehst Du nicht selbst, Towwouse? Ja, Du könntest ihn sterben lassen; Du hast so wenig Gefühl wie ein Klotz. Wenn einer vierzehn Tage bei Dir im Hause lebte, ohne einen Penny zu verzehren, so würdest Du ihn nie fragen, was er verlangte. Erkundige Dich, ob er Thee oder Kaffee zum Frühstück befiehlt.« –

»Gleich, mein Schatz!« rief Towwouse. – Die Wirthin fragte jetzt den Chirurgus und Herrn Barnabas, was sie für einen Morgentrunk begehrten, und erhielt zur Antwort, sie hätten einen Topf Apfelmost am Feuer, wobei sie sich denn gütlich thun mögen, indeß wir zu Joseph zurückkehren.

Dieser war in aller Frühe aufgestanden, so wenig gefährlich aber seine Wunden waren, schmerzten sie ihn doch noch so sehr, daß er unmöglich seine Reise fortsetzen konnte, und Herr Adams, dessen Geldvorrath durch die Bezahlung des Abendessens und Frühstücks sichtlich in eine Abnahme gerathen war, welche kaum die Rechnung dieses Tages zu überleben hoffen ließ, begann zu erwägen, auf welche Art seine Finanzen zu verbessern sein möchten. Endlich rief er, es falle ihm ein sicheres Mittel ein, und obgleich er dann mit Joseph in die Heimath zurückkehren müsse, so habe das nichts zu sagen. Hierauf ließ er Towwouse rufen, und nahm ihn in ein anderes Zimmer, wo er ihm sagte, er brauche drei Guineen, und wolle ihm dafür ein sicheres Pfand in Händen lassen. Towwouse, der eine Uhr, einen Ring oder irgend etwas von doppeltem Werth erwartete, antwortete: er glaube, daß er ihm zu Diensten stehen könne. Adams zeigte jetzt auf sein Felleisen, und sagte ihm mit eben so feierlichem Gesicht als Ton: in diesem ledernen Behältniß befinde sich nichts geringeres als neun Bände Predigten im Manuscript, so gut ihre hundert Pfund Sterling werth, als ein Schilling zwölf Pence gelte; und von diesen Bänden wolle er ihm einen als Pfand zurücklassen, in der Zuversicht, daß er so rechtlich sein werde, gegen Zurückzahlung des Geldes ihn wieder auszuliefern, denn sonst würde der Verlust für ihn gar zu bedeutend sein, indem er für jeden Band wenigstens zehn Pfund Sterling Honorar zu erwarten habe, wie ein Kollege in seiner Nachbarschaft ihm versichert; »denn was mich betrifft,« fügte er hinzu, »so kann ich den genauen Werth solcher Dinge festzustellen mich nicht anmaßen, da bis jetzt von mir noch nichts im Druck erschienen ist.«

Towwouse, den dieser Vorschlag etwas befremdete, versetzte (und dabei blieb er der Wahrheit ganz getreu), er verstehe sich nicht auf den Werth dieser Art Waaren, übrigens sei er auch für den Augenblick mit Gelde nicht eben sehr versehen.

Adams antwortete: er werde doch wohl kein Bedenken tragen, ihm drei Guineen auf ein Pfand zu leihen, das offenbar deren wenigstens zehn werth sei – Der Wirth erwiederte: er glaube nicht, daß er so viel Geld im Hause habe, und außerdem sei gerade eine Schuld abzutragen; er zweifle nicht, daß die Bücher noch viel mehr werth seien, bedaure aber sehr, nicht zu Diensten stehen zu können. Hierauf schrie er: »Gleich, Sir, gleich!« obgleich Niemand gerufen hatte, und sprang die Treppe hinab, als befürchte er nicht, den Hals brechen zu können.

Der arme Adams war über dieses Fehlschlagen seines Plans sehr niedergeschlagen, auch wußte er nicht, was er jetzt weiter versuchen solle. In dieser Bedrängniß nahm er zu seiner Pfeife, die stets sein Freund und Tröster im Unglück und in der Noth war, seine Zuflucht; und indem er sich oben auf dem Gange über das Geländer lehnte, überließ er sich, durch den Tabacksdampf unterstützt, seinem Nachdenken. Ueber seine Perrücke hatte er eine Nachtmütze gezogen, und ein kurzer Ueberrock bedeckte zur Hälfte sein Priesterkleid – und da er überdem etwas Komisches in seiner äußern Erscheinung hatte, so läßt sich denken, daß er die Blicke Aller, die nur mit einigem Beobachtungsgeist begabt waren, auf sich ziehen mußte. Während er in dieser Stellung seine Pfeife schmauchte, fuhr ein sechsspänniger Wagen, von zahlreicher Dienerschaft begleitet, in den Hof. Es sprang ein junger Mann mit ein paar Wachtelhunden heraus, und dann ein zweiter vom Bock, der dem ersten die Hand schüttelte. Beide wurden nebst den Hunden von Herrn Towwouse sogleich in ein Zimmer geführt, und unterwegs fand zwischen ihnen folgendes geistreiches Gespräch Statt.

»Du bist mir ein schöner Kutscher, Jack« sagte der junge Mann, der aus dem Wagen gesprungen war, »Du hättest uns vorhin fast umgeworfen.« – »Nur keinen Lärm gemacht,« antwortete Jener, »hätte ich Dir auch den Hals gebrochen, so wäre einem Andern die Mühe erspart worden, aber um die Hunde hätt' es mir freilich leid gethan.« – »Oho,« rief der Erste, »wenn Niemand besser schießen könnte als Du, so würden uns die Hunde auch nichts helfen.« – »Zum Henker,« schrie der Andere, »ich will mit Dir um die Wette schießen, fünf Guineen auf den Schuß.« – »Laß Dich hängen,« unterbrach ihn der Erste, »um fünf Guineen kannst Du nach meinem Hintern schießen.« – »Es gilt,« war die Antwort, »ich will Dich besser pfeffern, als Dich je Jenny Pouncer gepfeffert hat.« – »Pfeffre Du Deine Großmutter,« rief der Erste wieder; »da ist Towwouse, der läßt jedesmal für einen Schilling auf sich schießen.« – »Ich kenne Se. Gnaden besser,« rief Towwouse, »nie sah ich einen sicherer ein Rebhuhn schießen. Jeder thut wohl dann und wann einen Fehlschuß, aber könnte ich halb so gut schießen, wie Se. Gnaden, so wünschte ich mir kein besseres Unterkommen, als von meiner Flinte leben zu dürfen.«.– »Still, still,« sagte der vom Bock, »Ihr schießt ohnedem schon mehr Wild, als Ihr werth seid. – Seht mal die Hündin, Towwouse, die hat noch in ihrem Leben keine Spur verfehlt.« – »Ich habe einen jungen Hund, kaum ein Jahr alt,« rief der andere Herr, »ich wette hundert Guineen, er jagt besser wie Deine Hündin.« – »Es gilt,« versetzte der Andere, »aber Du wirst Dich noch bedenken, wenn es dazu kommt; hast Du aber Herz, so wette ich um hundert Guineen auf meinen Tigerhund gegen Deine weiße Hündin.« – »Auch das,« sagte Jener, »ich wette noch hundert Guineen auf Baldfaze gegen Slouch.« – »Nein,« schrie der vom Bock, »aber ich wette Miß Jenny gegen Baldfaze oder auch gegen Hannibal.« – »Geh zum Henker,« schrie der Andere, »mir gilt's gleich; ich will meinetwegen tausend Guineen auf Hannibal gegen Slouch setzen, wenn Du Lust hast.«

Sie waren jetzt in das Zimmer eingetreten, und der Leser wird sie gern verlassen, um nach der Küche zurückzukehren, wo Barnabas, der Chirurgus und ein Zollbeamter ihre Pfeifen bei einem Glas Apfelwein rauchten, und wohin auch die Bedienten der beiden angekommenen edlen Jünglinge sich begeben hatten.

»Tom,« rief einer von den Lakaien, »da ist Pfarrer Adams auf dem Gange und schmaucht sein Pfeifchen.« – »Ja,« sagte Tom, »ich zog meinen Hut vor ihm, und er sprach mit mir.« – »Ist der Herr denn ein Geistlicher?« fragte Barnabas (denn Herr Adams hatte, als er ankam, seinen Priesterrock beim Reiten aufgeschürzt).– »Ja, Sir,« antwortete der Bediente, »und zwar einer, wie es wenige giebt.« – »Ei,« sagte Barnabas, »hätte ich das früher gewußt, so würde ich seine Gesellschaft mehr gesucht haben. Ich setze nie die Achtung gegen meine Kollegen aus den Augen; was meinen Sie, Doktor, sollen wir nicht in ein Zimmer gehen, und ihn auf eine Bowle Punsch zu Gaste bitten?« –

Dieser Vorschlag ward sofort genehmigt und ausgeführt; Pfarrer Adams nahm die Einladung an, und die beiden Geistlichen erzeigten sich viele Höflichkeit, und betheuerten beiderseits die Achtung, die sie vor ihrem Stande hegten. Sie waren noch nicht lange zusammen, als sich zwischen ihnen ein Gespräch über die geringen Zehnten entspann, welches eine volle Stunde währte, ohne daß der Chirurgus oder der Zollbeamte Gelegenheit finden konnten, auch nur ein Wort mitzusprechen.

Es ward darauf vorgeschlagen, eine allgemeine Unterhaltung zu beginnen, und der Zollbeamte brachte die auswärtigen Angelegenheiten zur Sprache; aber unglücklicherweise ließ einer ein Wort fallen, das sogleich eine Dissertation über die Mühseligkeiten der untern Geistlichkeit herbeiführte, und nach langer Dauer endlich die neun Bände Predigten aufs Tapet brachte.

Barnabas entmuthigte den armen Adams ungemein, er sagte, die Welt liege so tief im Argen, daß kein Mensch mehr Predigten lese. – »Sollten Sie es glauben, Herr Adams,« fuhr er fort, »ich beabsichtigte einst, einen Band Predigten herauszugeben, und sie wurden von zwei oder drei Bischöfen empfohlen; aber was meinen Sie, was mir ein Buchhändler anbot?« – »Nun, zwölf Guineen etwa,« rief Adams. – »Nicht zwölf Pence, meiner Treu,« erwiederte Barnabas, »ja der Grobian wollte mir nicht einmal eine Concordanz dagegen umtauschen. Endlich bot ich sie ihm umsonst an, weil ich sie dem Herrn, der vorhin selbst seine Kutsche in den Hof fuhr, dediciren wollte; und da hatte er die Unverschämtheit, mein Anerbieten zurückzuweisen, und so kam ich um eine gute Pfründe, die späterhin gegen einen Wachtelhund umgetauscht wurde, an einen Menschen, der – doch ich will unsern Stand nicht verunglimpfen. – Hieraus können Sie entnehmen, Herr Adams, was Sie zu erwarten haben. Wenn sich mit Predigten Geschäfte machen ließen, so glaube ich – nun ich will mich nicht selbst loben; aber so viel kann ich sagen, drei Bischöfe erklärten die meinigen für die besten, die je geschrieben wurden. Freilich ist schon eine ziemliche Anzahl Predigten gedruckt, die bei weiten noch nicht alle verkauft sind.« – »Um Verzeihung, Sir,« sagte Adams, »wie hoch schätzen Sie wohl die Anzahl?« – »Sir,« versetzte Barnabas, »ein Buchhändler sagte mir, sie beliefe sich seines Wissens wenigstens auf fünftausend Bände.« – »Fünftausend!« rief der Chirurgus, »worüber können die geschrieben sein? Ich erinnere mich, als Knabe die Predigten eines gewissen Tillotson gelesen zu haben; und meiner Treu, wenn ein Mensch mir halb so viel Tugend ausübte, als in einer dieser Predigten anempfohlen wird, so müßte er gerades Wegs in den Himmel kommen.« – »Herr,« fuhr Barnabas auf, »das sind weltliche Redensarten, die ich nicht geduldig anhören mag. Niemand kann zu oft an seine Pflichten erinnert werden, und was Tillotson betrifft, so war er zwar ein guter Schriftsteller, und hat einen leidlichen Styl, aber – doch Vergleichungen sind verhaßt; aber so viel kann ich sagen, es giebt Andere, die wohl eben so gut schreiben können – ich glaube, daß einige von meinen Predigten –« und hier hielt er seine Pfeife an das Licht. – »Und ich glaube,« rief Adams, »daß die Bischöfe einige von den meinigen des Drucks nicht ganz unwürdig halten dürften, und man hat mir gesagt, ich könnte eine sehr große (ja eine unermeßliche) Summe damit erwerben.« – »Das bezweifle ich sehr,« antwortete Barnabas, »wenn Sie jedoch einiges Geld damit machen wollen, so gelingt es Ihnen vielleicht, sie zu verkaufen, wenn Sie dieselben als »die handschriftlichen Predigten eines kürzlich verstorbenen Geistlichen, alle als Originalarbeit verbürgt, und bis jetzt noch nie im Druck erschienen,« ankündigen. Doch da fällt mir eben ein, wenn vielleicht eine Leichenrede darunter wäre, so würde ich Sie ersuchen, sie mir zu leihen, denn ich habe noch heute eine Leichenpredigt zu halten, auf die ich mich bis jetzt nicht vorbereitet habe, obgleich ich ein doppeltes Honorar erhalte.« – Adams erwiederte, er habe nur eine, welche aber, wie er fürchte, seinem Zweck nicht entsprechen möge, indem sie dem Andenken eines Beamten gewidmet sei, der sich außerordentlich um die Behauptung der Sittlichkeit bemüht, und zwar so sehr, daß er in seinem Kirchspiel weder Bierhäuser noch leichtfertige Weibspersonen geduldet habe. – »Nein,« entgegnete Barnabas, »das will nicht recht passen, denn der Verstorbene, dessen Tugenden ich preisen soll, war starken Getränken etwas zu sehr ergeben, und hielt öffentlich ein Mädchen. – Ich werde wohl eine gewöhnliche Predigt nehmen, und mich auf mein Gedächtniß verlassen müssen, um etwas Passendes über ihn einzuschalten.« – »Auf Ihre Erfindungsgabe vielmehr,« fiel der Chirurgus ein, »Ihr Gedächtniß könnte Sie leicht im Stich lassen, denn kein Mensch erinnert sich, etwas Gutes von dem Hingeschiedenen zu wissen.« –

Unter Gesprächen dieser Art leerten sie die Bowle Punsch, bezahlten ihre Rechnung, und trennten sich; Adams und der Chirurgus begaben sich hierauf zu Joseph, Pfarrer Barnabas entfernte sich, um die vorbesagte Leichenrede zu halten, und der Zollbeamte stieg in den Keller hinab, um die Fässer zu visiren.

Joseph stand jetzt im Begriff, sich an einem Schöpsenbraten zu laben, und wartete nur noch auf Herrn Adams, als dieser und der Chirurgus eintraten. Nachdem der letztere ihm an den Puls gefühlt, und seine Wunden untersucht hatte, erklärte er ihn für viel besser, was er jenem sanativen Schlaftrunke zuschrieb, einer Arzenei, deren Tugenden, wie er sagte, nie genugsam gepriesen werden könnten. Sie mußten auch in der That sehr wirksam sein, wenn Joseph ihnen so viel verdankte, als der Chirurgus vorgab, indem nichts als jene Ausströmungen, die durch den Stöpsel zu dringen vermochten, zur Wiederherstellung des Kranken hätten beitragen können; denn das Fläschchen hatte bis jetzt unberührt am Fenster gestanden.

Joseph brachte mit seinem Freunde Adams diesen Tag und die drei folgenden zu, in denen sich außer dem schnellen Fortgang der Genesung nichts Merkwürdiges ereignete. Da er eine vortreffliche Konstitution hatte, so waren seine Wunden jetzt fast geheilt, und er fühlte sich so wohl, daß er Herrn Adams, dem er für alle seine Güte den herzlichsten Dank sagte, bat, ihn abreisen zu lassen, und seine eigene beabsichtigte Reise nach London nicht länger aufzuschieben.

Adams setzte immer noch große Hoffnungen auf seine Predigten, und ließ sich darin weder durch des Herrn Towwouse Unwissenheit (denn dafür hielt er es), noch durch des Herrn Barnabas Neid (denn so nannte er es) darin stören. Als er daher Joseph auf so gutem Wege sah, sagte er, er habe nichts gegen seine Abreise mit der Landkutsche am nächsten Morgen; er glaube nach berichtigter Rechnung noch Geld genug zu behalten, um seinen Platz für eine Tagereise zu bezahlen, und dann könne er zu Fuß gehen, oder vielleicht Gelegenheit auf einem Bauerwagen finden, da in dem Flecken, wohin die Landkutsche fuhr, gerade ein Jahrmarkt war, den viele aus seinem Kirchspiel zu besuchen pflegten. Er selbst beschloß, seine Reise nach der Hauptstadt fortzusetzen.

Sie gingen jetzt auf dem Hofe umher, als ein kleiner fetter Mann durch den Thorweg ritt, und sobald er vom Pferde gestiegen war, auf Barnabas zuging, der auf einer Bank seine Pfeife rauchte. Der Pfarrer und der Fremde schüttelten einander traulich die Hände, und gingen dann zusammen auf ein Zimmer. Da der Abend anbrach, kehrte Joseph auf sein Stübchen zurück, wohin der gute Adams ihn begleitete, und Gelegenheit nahm, die große Güte zu preisen, die Gott ihm in diesen Tagen erwiesen habe, und die nicht allein das tiefste innere Dankgefühl, sondern auch äußere Bezeugungen desselben erheische. Sie sanken Beide auf die Kniee, und brachten lange im Gebet zu.

Als sie sich wieder erhoben, trat Betty ein, und sagte Adams, Herr Barnabas wünsche ihn in einer wichtigen Angelegenheit zu sprechen. Joseph bat, wenn er lange aufgehalten werden sollte, ihn es wissen zu lassen, damit er zu Bett gehen könne, was Adams versprach, und sie wünschten sich für den Fall schon jetzt eine gute Nacht.


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