Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Einunddreißigstes Kapitel.
Die Fortsetzung der Erzählung

Durch ein Zusammentreffen von verschiedenen Umständen, die ich dir der Kürze wegen nicht mitteilen werde, kam ich endlich in Polen an, wo ich einige fromme Einsiedler traf, die mich aufforderten, bei ihnen zu bleiben,« fuhr Pugatscheff in seiner Erzählung fort, die er, schmerzlich erregt, abgebrochen hatte.

»Das herumstreifende unruhige Leben, das ich lange Zeit geführt hatte, fing an, mich zu ermüden und zu langweilen, und ich nahm deshalb ihren Vorschlag gern an. Die stille, ruhige Lebensweise der frommen Menschen sagte mir zu, und ich gewöhnte mich bald an ihre religiösen Gebräuche. Nachdem ich einmal flüchtig meine Lebensgeschichte erzählt hatte, sprach ich selten mehr über meine früheren Schicksale, aber ich dachte um so mehr über alles nach, was ich erlebt hatte und betrauerte immer den Tod meiner Frau, besonders als mir nach einigen Jahren der Gedanke kam, du müßtest, wenn du am Leben geblieben wärest, ein liebes, heranwachsendes junges Mädchen sein. Mehrere Jahre meines Lebens verflossen so in stiller Eintönigkeit; aber ich ließ sie nicht nutzlos verstreichen; ich lernte nicht allein lesen und schreiben, sondern ich eignete mir nach jeder Richtung hin viele Kenntnisse an in dem täglichen Umgang mit verständigen, unterrichteten Männern. Wahrscheinlich hätte ich Polen nicht wieder verlassen, wenn unsere Gesellschaft nicht durch ein paar Russen vermehrt worden wäre, zwei aus Petersburg verbannte Patres, die verschiedener Ursachen wegen hier eine Zuflucht suchten. Der eine war Pater Kischenkoi, der frühere Beichtvater der Kaiserin, der andere war Roskolniki, der Schurke, den du gesehen hast.

»Du kannst dir denken, welche Veränderung ihre Ankunft für uns mit sich brachte. Wir, die wir so wenig Neues hörten und die Interessen der Außenwelt beinahe vergessen hatten, wurden jetzt durch Gespräche mit den neuen Ankömmlingen auf einmal mit unsern Gedanken wieder in das Weltgetriebe versetzt. Es war für mich ein großer Genuß, von ihnen über dich sprechen zu hören. Wie herzlich freute ich mich, als ich erfuhr, daß am Hofe eine Prinzessin lebe, die Romanowna heiße und der Liebling der Kaiserin sei! O! wie sehnte sich mein Herz nach dir, als ich die beiden Patres erzählen hörte, daß du wegen deiner Schönheit und Liebenswürdigkeit so allgemein beliebt seist; aber damals hatte ich keineswegs den Gedanken, dich dem schönen Kreis zu entrücken, in den dich ein glücklicher Zufall gebracht hatte.

»Wie es kam, erinnere ich mich nicht mehr; aber allmählich wurden meine Schicksale immer der Gegenstand der Unterhaltung zwischen mir und Pater Roskolniki. Einmal, als ich wieder plaudernd mit ihm zusammensaß, erzählte ich ihm, was ich früher stets verschwiegen hatte: von meiner wunderbaren Begegnung mit der Kaiserin, und daß du meine Tochter seist.

»›Das wußte ich schon lange,‹ war die Antwort. ›Du warst ein Schlaukopf.‹

»›Ich schlau? wie meinen Sie das?‹

»›Nun, so guten Nutzen aus der leichtgläubigen Furcht der Kaiserin zu ziehen,‹ sagte der Pater, mit seinen grauen Augen blinzelnd.

»›Aber welcher Furcht?‹ fragte ich und versicherte ihm, daß ich keine Ahnung von der Wahrheit habe, obwohl ich sogleich bemerkt hätte, daß die Kaiserin sich vor mir fürchte, daß ich aber niemals den Grund begriffen.

»›Einfalt,‹ lachte der Pater. ›Weißt du denn nicht, daß du dem Zaren Peter sprechend ähnlich siehst?‹

»Diese Worte erklärten mir vieles, was mir bis dahin ein Rätsel gewesen war; ich antwortete lachend: ›Die Ähnlichkeit hat ihr Gutes gehabt, denn mein Kind führt infolge derselben ein glückliches Leben.‹

»›Du könntest noch mehr Nutzen daraus ziehen,‹ sagte der Pater und sah mich bedeutungsvoll an, ohne sich weiter darüber auszulassen.

»Ich behielt die rätselhaften Worte treulich in meinem Gedächtnis; sie beschäftigten mich oft Tag und Nacht; aber Pater Roskolniki vermied eine Zeit lang eine Unterhaltung mit mir, bis er einmal eines Abends seinen Arm in den meinen legte und mich an einen einsamen Platz im Walde führte. Dort sagte er zu mir: ›Pugatscheff, warum läßt du die Gelegenheit vorübergehen, zu Ehre und Ansehen zu kommen, deiner Tochter einen Thron zu sichern, auf den sie durch ihre Erziehung ein Recht hat, und dadurch dem ganzen russischen Volk Segen zu bringen. Du verstehst mich doch?‹

»Ich erklärte geradezu, daß seine Worte für mich Rätsel wären; darauf flüsterte er mir ins Ohr: ›Warum giebst du dich nicht für Peter III. aus, dem du so sehr gleichst?‹

»Mit Verachtung hörte ich zuerst die Worte; aber der schlaue Priester wußte mir nach und nach so viel vorzureden, daß ich endlich ernstlich mit dem Gedanken umging, mich namentlich deinetwegen für den Kaiser auszugeben.

»›Eine Laune der Kaiserin,‹ pflegte Roskolniki manchmal zu sagen, ›kann deine Tochter wieder in das Nichts versinken lassen, und wie unglücklich wird sie dann werden, wenn sie sich, nachdem sie sich einmal an das Hofleben gewöhnt hat, wieder zurückgestoßen sieht in ein Leben, in dem sie alles entbehren muß, was ihr jetzt lieb und wert ist.‹

»›Aber warum,‹ fragte ich, ›soll die Kaiserin in solch' eine sonderbare Laune verfallen?‹

»›Warum sind wir verbannt worden?‹ war die Gegenfrage.

»Die beiden Patres waren, wie sie wenigstens versicherten, plötzlich ohne den mindesten Grund in Ungnade gefallen; aus ihren Aussagen schloß ich, daß jemand am Morgen noch in hoher Gunst stehen und des Abends bereits nach Sibirien verbannt sein könne. So kam es, daß ich die Kaiserin allmählich nicht als deine Wohlthäterin, sondern als ein Ungeheuer ansah, dem ich mein Kind nicht länger anvertrauen dürfe. Pater Roskolniki stimmte ganz mit mir überein und riet mir sehr, alles zu versuchen, dich in meine Gewalt zu bekommen und dir dann den Thron zu sichern. ›Ich werde dir helfen,‹ sagte er und zeigte mir einen Grundriß des Sommer- und Winterpalastes und der Eremitage, auch gab er mir eine genaue Beschreibung aller Zimmer und Gewohnheiten der Kaiserin.

»›Wozu kann mir das dienen?‹ fragte ich.

»›Nun, zu vielem; du wirst durch alle die Einzelheiten beweisen können, daß du wirklich der Zar bist,‹ sagte er.

»Als ich nun, wie er meinte, imstande war, hervorzutreten, riet er mir, mich öffentlich zu zeigen und meine Rechte geltend zu machen. Ich zögerte und würde mich kaum dazu entschlossen haben, wenn nicht eines Tages ein paar Russen bei uns erschienen wären, die sehr aufgeregt wurden, als sie mich sahen und mich sogleich in ehrerbietigem Ton fragten, ob ich nicht der Zar sei.

»Ein Wink des Paters gab mir den Mut oder vielmehr die Unverschämtheit, die Frage zustimmend zu beantworten, und als ich das gethan hatte, machte sich alles andere von selbst. Man brachte mir die Huldigungen dar, die mir als Kaiser zukamen, und wie sonderbar mir auch diese Ehrenbezeugungen zuerst erschienen, so fand ich sie schließlich nur ganz natürlich und bildete mir selbst beinahe ein, der Kaiser zu sein.

»›Du mußt dich wie ein Geistlicher kleiden und benehmen,‹ riet mir der Pater. ›Als Kaiser und als Haupt der Kirche wirst du den meisten Anhang finden, indem du den Glaubenseifer des Volkes möglichst zu erwecken suchst.«

»Du weißt, Romanowna, wie ich den verhängnisvollen Ratschlägen folgte und mich überall als scheinheiliger Betrüger zeigte. Mein erster Plan war, dich erst zu mir kommen zu lassen, wenn ich schon an der Spitze eines Heeres stände; aber später überlegte ich, daß es unvorsichtig sei, dich in Katharinas Gewalt zu lassen, während ich ihrer Regierung so gefährlich wurde. Du weißt, wie ich meinen Plan entwarf und zur Ausführung brachte, und wie ich später durch die Hilfe Roskolnikis und anderer Priester ein ansehnliches Heer zusammenbrachte und sehr rasch manchen Vorteil erlangte; ich gehe deshalb über diesen Teil meiner Lebensgeschichte hinweg.«

Wie gern sich auch Romanowna von ihrem Vater erzählen ließ, was sich Tag für Tag zugetragen hatte, so wagte sie doch nicht, ihn weiter darnach zu befragen, da sie die Angst hegte, zu spät in Petersburg anzukommen.

»Armer Vater,« sagte sie, als er mit Erzählen einhielt; »warum hast du mir denn nicht gleich die ganze Wahrheit gesagt? Dir zu Liebe hätte ich gern alles verlassen und wäre mit dir gegangen wohin du wolltest.«

»Ja, hätte ich dir nur alles gesagt,« versetzte Pugatscheff düster, »vielleicht wäre ich dann nicht so sehr unter den Einfluß des teuflischen Roskolniki geraten und hätte nicht soviel Böses gethan ...«

»Hat sich dein Freund denn in einen Feind verwandelt?« fragte Romanowna.

»Nein, das nicht, er bewahrte stets den Schein, mein Freund zu sein, aber sein Rat ... doch laß mich geordnet weiter erzählen,« unterbrach sich Pugatscheff selbst. »Es glückte mir so wunderbar, daß mich wohl manchmal ein kaiserliches Gefühl überkam; und wirklich gab es in dem geschäftigen Kriegsleben Augenblicke, in denen ich selbst überzeugt war, daß ich von Gott dazu berufen sei, das russische Volk von der Tyrannei der Kaiserin zu erretten, ja lange Zeit war ich wirklich in dem Wahn, daß ich für das Wohl des Volkes und nicht für meine eigene Erhebung nach dem Thron strebe. Eine Zeit lang war ich glücklich, bis, kurz nachdem ich das Schloß Tatischtschewa erobert hatte, Pater Roskolniki wieder zu mir kam. Sein Anblick machte mich zittern, denn ich fühlte sogleich, daß sein Blick unheilbrütend auf mir ruhte, als er bei einer Waffenübung zugegen war. Sobald ich allein war, schoß er auf mich zu und sprach in eben derselben Weise mit mir, wie damals, als er mich zum Betrug ermutigte. Er teilte mir mit, daß Kischenkoi wieder in Gnaden bei der Kaiserin angenommen sei; er selbst aber war noch sehr unzufrieden mit Katharina und freute sich immer noch über den Schritt, den ich gethan hatte. Mit Entsetzen überlegte ich, wieviel Böses er mir zufügen könne infolge der Kenntnis des verhängnisvollen Geheimnisses. Ich durfte und konnte nicht aufhören zu thun, was er wollte, und sehr bald zwang er mich in seinem Interesse, allerlei Missethaten auszuführen; die Aufzählung derselben würde dich schaudern machen, mein Kind, und darum will ich dir nichts erzählen von dem, was ich gethan habe, sondern bitte dich nur darum: was du auch jemals von mir hören wirst, beurteile mich nicht zu hart, denn wegen vieler meiner Thaten verachte ich mich selbst; aber ich wurde dazu von Roskolniki gezwungen, der mir immer drohte, daß er mein Geheimnis verraten werde, wenn ich ihm den Gehorsam verweigere.

»Um mein Gewissen zu betäuben, trank ich manchmal unmäßig und beging in der Trunkenheit wieder neue Grausamkeiten, vor denen mir später graute.«

»Aber ich begreife die Absicht dieses Priesters nicht,« sagte Romanowna nachdenklich, »auf seinen Rat hast du ...«

»Seine Absicht!« wiederholte Pugatscheff bitter. »Lange Zeit wußte ich nicht, daß er eine bestimmte Absicht verfolge, als mir plötzlich durch einen Zufall die Augen geöffnet wurden. Tod und Teufel!« rief der Gefangene in wildem Ton, während er die Faust ballte, »wenn ich noch an den Augenblick denke ...«

»Sei ruhig, mein Vater,« sagte Romanowna, »vergiß alles, was deinen Zorn von neuem erregen kann und sage mir nur, was ich der Kaiserin in deinem Namen sagen soll.«

»Einmal, als ich nach einer durchzechten Nacht aus einem oder dem andern Grunde Roskolniki aufsuchen wollte,« fing Pugatscheff, der offenbar die Worte seiner Tochter nicht gehört oder nicht verstanden hatte, an, »fand ich den alten Schurken auf seinem Stuhle eingeschlafen, einen offenen Brief und viele beschriebene Papiere vor sich. Neugierde, Argwohn und Mißtrauen veranlaßten mich, eines der Papiere aufzunehmen und anzusehen. Was glaubst du, das ich las? Ein kurzes Verzeichnis aller meiner Handlungen. Verwundert stöberte ich weiter und merkte, daß alle Papiere Bezug auf mich hatten und zu verschiedenen Zeiten geschrieben waren. Der Brief, der vor ihm lag, war von Pater Kischenkoi und enthielt ... O, Romanowna! es wundert mich, daß ich den alten Graukopf nicht durch einen Faustschlag niedergestreckt habe, daß ich ...«

»Was lasest du denn?« fragte Romanowna, von dem heftigen Ausfall geängstigt.

»Was ich las? nun, der Teufel, der Satan ... verstehe,« unterbrach Pugatscheff sich selbst, als er merkte, wie sein Kind über die rohen Ausdrücke erblaßte, »aus dem Brief ging deutlich hervor, daß Roskolniki gerade so wie Kischenkoi bei der Kaiserin wieder in Gnade angenommen worden sei und daß er, um meinen Untergang herbeizuführen, damit beschäftigt war, Leib und Seele planmäßig zu verderben, während er mir scheinbar als Freund zur Seite stand. Für den wichtigen Dienst, den er geleistet hatte, indem er den Ort verriet, an den ich mich mit meinem Heere begeben wollte, wurde ihm in diesem Brief ein Geschenk von, ich weiß nicht wie viel Tausenden Rubel, versprochen.

»Ich warf dem alten Taugenichts die Papiere an den Kopf und ging weg, um darüber nachzudenken, auf welche Weise ich die Erde von dem Ungeheuer befreien könne; denn für ihn mußte eine neue und unerhörte Strafe erfunden werden. Alle Qualen und Martern waren für ihn zu sanft. Ach! das Aufschieben meiner Rache machte mir unmöglich, sie auszuführen; denn gerade an dem Tag, an dem ich seinen Verrat entdeckte, wurde ich genötigt, mit meinem Heere aufzubrechen, weil feindliche Truppen im Anzuge waren. Er schien gemerkt zu haben, daß ich ihn während seines Schlafs besucht hatte, wenigstens war er, als ich Soldaten nach ihm ausschickte, um ihn gefangen zu nehmen, spurlos verschwunden.«

Nach diesen Worten schwieg Pugatscheff lange Zeit, als ob er nichts mehr zu berichten habe und sagte endlich, als Romanowna noch mehr zu hören wünschte: »Das weitere weißt du; mein Heer ward geschlagen und in die Flucht gejagt. Ich selbst mußte ebenfalls flüchten, aber ich hätte rasch wieder ein Heer zusammenbekommen, da ich noch viele Anhänger besaß, wenn nicht drei meiner Offiziere so hinterlistig gewesen wären, mich an eine Abteilung des Romanzoffschen Heeres zu verraten. Behalte ihre Namen, vielleicht hast du noch einmal die Gelegenheit, mich zu rächen, sie heißen: Twogoroff, Cidouleff und Tschow ...«

»O mein Vater,« unterbrach ihn Romanowna, »nenne sie nicht. Ich habe die Namen glücklicherweise nicht gut verstanden; wenn ich auch jemals in die Lage käme, ihnen Böses zuzufügen, würde ich es doch nicht thun; denn wir sollen nicht Böses mit Bösem vergelten, Gott allein kommt die Rache zu, wie uns Pater Alexius mehr als einmal lehrte.«

»Ach! wäre der fromme Alexius mein Ratgeber geblieben,« seufzte Pugatscheff, »vielleicht säßest du jetzt neben mir auf dem Thron ...«

»Den wir nie besteigen durften,« vollendete Romanowna und fügte bittend hinzu: »O mein Vater, wenn du deine Freiheit wieder erhältst, willst du mir dann versprechen, Gott zu dienen und nicht mehr an Zorn oder Rache zu denken, sondern durch ein völlig verändertes Leben deine Reue zu zeigen?«

»Wenn ich diese drückenden Fesseln los sein werde und mich wieder frei bewegen kann, soll mein ganzes Leben meinem Kinde gewidmet sein,« antwortete Pugatscheff herzlich, und Romanowna freute sich so sehr, daß ihres Vaters Liebe zu ihr nicht nachgelassen habe, daß sie ihm um den Hals fiel und ihn zu wiederholtenmalen küßte.

»Wir werden noch glücklich sein,« flüsterte sie ermutigend, »denn wir können versuchen, uns anderen nützlich zu machen.«

Es war rührend zu sehen, wie das schöne Mädchen ganz erfüllt war von dem Gedanken an zukünftige Tage, da ihr Vater nicht mehr länger als Schurke, sondern als tugendhafter Mensch leben werde.

Nach und nach ließ sich der Gefangene von ihrer Begeisterung mit fortreißen und lauschte mit glänzenden Augen ihren Worten; plötzlich aber tauchte ein düsteres Bild vor seiner Seele auf und er sagte tonlos, während sie noch sprach: »Romanowna, mein armes, liebes Kind, was wirst du anfangen, wenn ich nicht mehr bin? Denn es ist doch wahrscheinlicher, daß ich dem Tod entgegengehe, als daß ich meine Freiheit zurückerhalte!«

»Das weiß ich nicht,« sagte Romanowna, während ihre Augen sich mit Thränen füllten, »wenn du nicht mehr bist, wird das Leben keinen Wert mehr für mich haben, aber ich bin überzeugt, daß es durchaus unnötig ist, daran zu denken.«

»Milna ist dir eine liebe Freundin, und an ihr wirst du eine große Stütze haben,« sagte Pugatscheff.

»Ja,« sagte Romanowna und brach das Gespräch ab, indem sie aufstand, da sie sehr gut fühlte, wie sehr sich ihr Vater beunruhigen werde, wenn er hörte, daß sie sich bald von Milna trennen werde; wie wir wissen, hatte sie das fest beschlossen.

»Bald, mein Vater,« sagte Romanowna, ihn nochmals umarmend, »hoffe ich wieder bei dir zu sein und dir deine Freiheit zu überbringen. Suche die Tage so ruhig wie möglich hinzubringen, denke an Gott und die Heilige Jungfrau und manchmal an mich und dränge so viel wie möglich alle Gedanken zurück, die dich zornig und sündig machen könnten.«

»Der Gedanke an dich und deine Liebe wird mich bis zum letzten Atemzug beseelen,« antwortete Pugatscheff. Eine Umarmung noch, und die Thüre schloß sich hinter seiner lieben Tochter.


 << zurück weiter >>