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Cortez hatte seinem zweiten Bericht an die spanische Regierung, der mit seiner großen Niederlage und dem unglücklichen Rückzug aus Mexiko endete, noch die wenig ermutigende Nachricht hinzugefügt, daß der Nachfolger und Bruder Montezumas allen seinen Vasallen den Tribut erlassen habe, wenn sie bereit seien, unerbittlichen Krieg gegen die fremden Eindringlinge zu führen. Trotzdem schloß der kühne Alexander der neuen Welt seinen Brief an Kaiser Karl V. mit der Erklärung, er habe dem von ihm entdeckten und teilweise eroberten Lande den Namen »Neuspanien des großen Ozeans« erteilt, »wegen der großen Ähnlichkeit mit Spanien, so in der Fruchtbarkeit als in der Größe, in der zuweilen vorkommenden Kälte und vielen andern Dingen, die in beiden Ländern vergleichbar sind.« Seine Tatkraft und sein Unternehmungsmut waren noch keineswegs erschöpft, und er dachte nicht daran, das von ihm gefundene Goldland wieder seinen Ureinwohnern zu überlassen.
Wenn nur der ferne Kaiser ihn endlich als Gouverneur von Neuspanien bestätigt hätte! Aber daheim in Madrid saßen die Herren von der Feder über dem Usurpator und Verräter zu Gericht, und noch am 11. April 1521 unterzeichnete der spanische Großkanzler Fonseca, ein Gönner des gegen Cortez hetzenden Statthalters Velazquez, einen Verhaftbefehl gegen den Eroberer von Mexiko. Aber dessen Anhänger ließen den Gesandten der spanischen Krone gar nicht erst landen, sondern zwangen ihn, Ausrüstung und Waffen gegen angemessene Bezahlung auszuliefern, und schickten ihn dann nach Kuba zu Velazquez. Dieser mochte über den unerwarteten Gast und dessen Botschaft nicht wenig erstaunt und verzweifelt sein, denn noch kurz vorher hatte er seinem Hauptmann Narvaez, in der Annahme, daß er längst Herr des Landes sei und Cortez gezüchtigt habe, ein Hilfsheer nachgeschickt. Auch diese Truppen traten nach kurzen Verhandlungen einmütig zu Cortez über, und so war nun wieder eine stattliche Armee beisammen, um die erlittene Schlappe auszuwetzen und die Hauptstadt Mexiko aufs neue zu erobern.
Zunächst unterstützte Cortez seine treuen indianischen Verbündeten von Tlascala und Cempoalla gegen die sie bedrängenden Aztekenheere, eroberte das Land zwischen den Bergen Popocatepetl und Citlaltepetl von neuem und unterwarf oder befreundete sich alle umwohnenden indianischen Fürsten. Dann ließ er in Tlascala dreizehn Schiffe bauen, um den Mexikanern auch zu Wasser beikommen zu können. Nachdem er sich dann noch um 130 Mann, den Überbleibseln einer zu dieser Zeit im Golf von Mexiko gestrandeten Expedition, verstärkt hatte, gebot er über eine Heeresmacht von 40 Reitern, 550 Fußsoldaten, 80 Armbrust- und Büchsenschützen und 8 Feldstücken, und begleitet von einem Heer von 100 000 Indianern, die sich durch die Vernichtung Mexikos ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen hofften, brach er am zweiten Weihnachtsfeiertage des Jahres 1520 abermals nach dem Schauplatz der »traurigen Nacht« auf.
Um seine Truppen nicht durch Hinterhalte und Überfälle vorzeitig aufzureiben, wählte er den steilsten und unwegsamsten Zugang zur Hochebene von Mexiko. Aber auch dieser Weg war von den vorsichtigen Feinden schnell in Verteidigungszustand versetzt worden. Gewaltige Fichten und Zypressen hatte man gefällt und damit den Weg verlegt und den Boden mit Holzsplittern gespickt. Unter großen Schwierigkeiten rückte Cortez vor. »Nach Zurücklegung einer halben Stunde indessen,« heißt es in seinem weiteren Bericht, »gefiel es Gott, daß wir ins Lichte hinab kamen, wo ich halt machte, um meine übrigen Leute zu erwarten. Als sie angekommen waren, sagte ich ihnen allen, sie möchten Gott dem Herrn danken, der uns in Sicherheit bis hierher gebracht, wo wir schon die ganze Provinz von Mexiko mit den Lagunen übersehen konnten. Obgleich wir viel Vergnügen hatten, sie zu erblicken, so überkam uns dennoch bei Erwähnung des früher daselbst erlittenen Verlustes eine Traurigkeit. Wir gelobten uns sämtlich, nicht wieder ohne Sieg von dannen zu gehen, sondern lieber das Leben zu lassen! Mit diesem Entschluß schritten wir alle so munter vorwärts, als ginge es zur schönsten Lustpartie.«
Zunächst wandte sich Cortez gegen die Stadt Tezcuco, deren Kaziken ihm schon auf seinem ersten Zuge böse zu schaffen gemacht hatten. Allenthalben riefen Feuersignale auf den Bergen die Indianer zum Kampfe auf, und Cortez war auf heftigen Widerstand gefaßt. Um so erstaunter war er, als ihm vier Indianer aus Tezcuco mit einer goldenen Friedensfahne entgegenkamen, ihn der Vasallentreue ihres Fürsten versicherten und ihm anboten, seinen Truppen in ihrer Stadt Quartier zu bereiten. An den früheren Feindseligkeiten hätten sie nur von den Mexikanern gezwungen teilgenommen.
Cortez rückte auch am Vorabend des Neujahrstages in Tezcuco ein, aber bald sah er, daß die angebotene Unterwerfung der Stadtbewohner nur eine Kriegslist gewesen war. Sie hatten lediglich Zeit gewinnen wollen, um ihr Hab und Gut zusammenzupacken und ins Gebirge oder nach der Residenz Mexiko zu flüchten. Auch der Häuptling der Stadt war entwischt. Cortez richtete sich daher in der menschenleeren Stadt häuslich ein, befestigte sie sorgfältig und benutzte sie für seine nächsten Unternehmungen als Standquartier.
Der Bau der dreizehn Schiffe, ohne deren Hilfe Cortez eine neue Belagerung der Stadt Mexiko nicht wagte, nahm mehrere Monate in Anspruch, und diese Frist benutzte Cortez dazu, die ganzen Seeufer abzustreifen, um das Terrain kennen zu lernen, die Lage der Hauptstadt auf ihren Lagunen zu studieren, sich ihre Ein- und Ausgänge zu merken und alle Angriffsmöglichkeiten zu erwägen. Außerdem versuchte er das Land weit und breit von Feinden zu säubern; die den Mexikanern verbündeten Nachbarstädte wurden erobert und vernichtet, wenn sich nicht die Eingeborenen ergaben, ihre Kaziken sich taufen ließen und seine Bundesgenossen wurden. Ebenso sorgte Cortez dafür, daß der Weg nach Vera Cruz von Feinden frei wurde, damit im Notfall von dort aus Unterstützung zu ihm stoßen konnte.
Diese Säuberung des Landes erforderte Tag für Tag hartnäckige Kämpfe mit den Eingeborenen, die sich mit Tapferkeit und List der fremden Eindringlinge zu erwehren wußten. Wenig fehlte, daß den Spaniern bei der Erstürmung der Stadt Iztapalapa das gleiche Schicksal zugestoßen wäre, wie in der »traurigen Nacht«. Auch diese Stadt war zum größten Teil auf Lagunen am Rande des Sees von Tezcuco gebaut, nur zwei Stunden auf dem Wasserwege von Mexiko entfernt, und ihre Verteidiger lockten den Feind bis in die äußersten, in den See vorgeschobenen Stadtteile hinein, um dann hinter ihm die schon durchstochenen Dämme zu öffnen und ihn wie in einer Mausefalle zu fangen. Mitten im heftigen Kampfe erkannte Cortez plötzlich die Kriegslist der Gegner, machte sofort kehrt und entkam im letzten Augenblick unter Verlust einiger Indianer und der ganzen in der Stadt gemachten Beute dem drohenden Verderben. »Ich versichere Ew. Majestät,« sagt er in seinem Bericht an den König Karl, »wenn wir nicht denselben Abend noch das Wasser passiert oder nur drei Stunden damit gezögert hätten, so wäre kein Mann von uns davongekommen; denn wir wären gänzlich vom Wasser umschlossen gewesen, ohne irgendeinen Ausweg!« Bei den Kämpfen um die Stadt Xochimilco stürzte sogar sein eignes Pferd vor Ermattung mitten im feindlichen Handgemenge, und wäre ihm nicht ein Indianer aus Tlascala zu Hilfe gekommen, so wäre der Feldherr der Übermacht der auf ihn eindringenden Feinde erlegen.
Aber auch gegen Feinde im eigenen Heer mußte Cortez auf der Hut sein, denn noch immer gab es darin Anhänger des Statthalters Velasquez, die die Soldaten aufzuwiegeln und mit der Aussicht auf baldige Rückkehr in die Heimat unzufrieden und abtrünnig zu machen suchten und Mordpläne gegen Cortez und seine treuesten Offiziere schmiedeten. Als dieser noch rechtzeitig die Verschwörung entdeckte, ließ er den Haupträdelsführer hinrichten, zerriß aber die Liste der übrigen Verschworenen, die er schon in Händen hatte!
Auch den Feinden gegenüber war Cortez menschlich und zur Nachgiebigkeit geneigt, und es war nicht seine Schuld, wenn dieser zweite Zug gegen Mexiko mit Strömen von Blut gezeichnet ist. Von den Mexikanern wurden die Anwohner des Sees bei diesen vorbereitenden Kämpfen zu Wasser und zu Lande tatkräftig unterstützt, und oft kamen die Spanier bei diesen Plänkeleien in die Nähe der Hauptstadt und kämpften mit den Siegern der »traurigen Nacht«, die noch die erbeuteten spanischen Schwerter trugen und alle Friedensanerbietungen mit Spott und Hohn beantworteten.
»Kommt nur wieder in unsere Stadt,« riefen sie Cortez und den Seinen zu, »damit wir unsere Kurzweil mit euch haben! Meint ihr, es sei ein zweiter Montezuma hier, um alles zu tun was euch gelüstet?«
Und wenn ihnen Cortez damit drohte, daß er sie aushungern werde, bewarfen sie ihn mit Kuchen aus Maismehl und schrien:
»Da nehmt und eßt selbst, wenn ihr Hunger habt! Wir haben keinen! Und wenn es so weit kommt, werden wir euch und die Leute aus Tlascala fressen!«
Noch weit mehr aber erbitterte die Spanier der grausige Anblick, der ihrer in den Tempeln der eroberten Ortschaften wartete. Dor den Götzenbildern sahen sie mit Schaudern die Überreste ihrer Waffenbrüder, die auf dem unheilvollen Rückzug in der »traurigen Nacht« geblieben, den Azteken lebendig in die Hände gefallen und grausam ihren Göttern geopfert worden waren! Wer konnte es da den Kriegern verdenken, wenn sie in der Hitze des Gefechtes Rache für die hingemordeten Kameraden nahmen. Oft genug regte sich in Cortez, das beweist seine Darstellung des ganzen Feldzugs, »ein mitleidiges Gefühl, daß nicht alles gemordet und zerstört ward«, und wo es der Ernst seiner Lage erlaubte, schonte er eine Ortschaft, wenn sich die Einwohner unterwarfen und Reue über das Vergangene zeigten, und ließ sie in ihre Häuser zurückkehren.
Wenn er aber auch seinen eigenen Leuten wehren konnte – über seine indianischen Verbündeten, die den Azteken an Grausamkeit und Blutdurst nicht nachstanden, hatte er keine Gewalt, wenn er sie nicht verlieren oder sich gar zu Feinden machen wollte. Sie waren zur Vernichtung der verhaßten Azteken ausgezogen und kannten bei ihrem Morden und Plündern keine Schonung; sie verlangten Sklaven und Beute und Lebensmittel für ihre Tausende von Kriegern, und sie mußte Cortez gewähren lassen, auch wenn sich ihm das Herz in der Brust umkehrte vor diesen unerhörten Menschenopfern. Einmal, erzählt er selbst, wurde ein solches Blutbad angerichtet, daß ein kleiner Bach länger als eine Stunde so von Blut gefärbt war, daß die Soldaten nicht daraus trinken mochten, obgleich sie sehr durstig waren. Und bei der Zerstörung Mexikos lesen wir einmal in dem Bericht des Feldherrn: »Unsere guten Freunde hatten heute ein leckeres Abendbrot; denn die getöteten Feinde nahmen sie in Stücke zerhackt mit sich, um sie aufzufressen.« So erscholl der fromme Kriegsruf der Spanier nur zu oft über Greueln, die die Herzen der Christen erstarren machten. –
Unterdessen waren die Schiffe in Tlascala fertig und die einzelnen Holz- und Eisenteile auf den Schultern von 8000 Indianern achtzehn Stunden über Land nach Tezcuco getragen worden. Vom Vortrab bis zur Nachhut war der Zug zwei Stunden lang, und auf beiden Seiten wurde er von Abteilungen der spanischen Truppen und gewaltigen Heeresmassen befreundeter Indianer gedeckt. Am vierten Tage zog er mit Paukenschlag feierlich in Tezcuco ein, von wo aus Cortez ebenfalls durch sein indianisches Hilfsheer einen Kanal bis zum See hatte graben lassen. Auf diesem Kanal wurden die Schiffe zusammengesetzt und am 28. April 1521 liefen sie zur Verwunderung und zum Schrecken der feindlichen Rothäute in den See hinaus. Jetzt konnte die Belagerung der Stadt Mexiko beginnen.
Zunächst ließ Cortez unter harten Kämpfen mit den Azteken ihre Wasserleitung abschneiden, die aus Quellen im Gebirge in hölzernen Röhren zur Stadt ging, und dann erfocht er mit seinen Schiffen, deren Oberbefehl er selbst führte, einen glänzenden Sieg über die Kahnflotte der Azteken. »Unvermutet,« erzählt er selbst, »versammelte sich eine sehr große Flotte von Kähnen, um uns anzugreifen und zu erproben, was es mit den Brigantinen für eine Bewandtnis habe. Nach unserer Schätzung waren es über fünfhundert Kähne. Als ich sah, daß sie gerade auf uns zu kamen, schiffte ich mich mit meiner an einem großen Hügel gelandeten Mannschaft schleunigst wieder ein. Ich befahl den Kapitänen der Brigantinen, keinerlei Bewegung zu machen, damit sie uns angriffen und glaubten, wir wagten aus Furcht nicht, auf sie loszusteuern. Doch etwa auf zwei Armbrustschußweiten hielten sie an und blieben ruhig. Ich wünschte sehr, daß hier unser erstes Zusammentreffen mit ihnen entschieden siegreich sein möchte, so daß sie viel Furcht vor den Brigantinen bekämen, weil wirklich in diesen der Schlüssel des ganzen Krieges lag.
»Da gefiel es Gott dem Herrn, während wir so einander ansahen, daß ein zum Angriff für uns sehr günstiger Landwind aufsprang. Augenblicklich befahl ich den Kapitänen, auf die Kahnflotte loszusegeln und nicht abzulassen, bis sie wieder in Mexiko eingeschlossen wäre. Da der Wind sehr gut war, so durchbrachen wir sie in der Mitte, verdarben ihnen zahllose Kähne, töteten und ertränkten sehr viele Feinde. Es gab auf der Welt keinen merkwürdigeren Anblick. Wohl drei Stunden weit ward die Verfolgung fortgesetzt, bis sich die Kähne wieder eingesperrt hinter den Gebäuden ihrer Stadt befanden. Also gefiel es Gott dem Herrn, uns einen größeren und schöneren Sieg zu verleihen, als wir zu bitten und zu wünschen gewagt hatten.«
Dann gelang es Cortez, sich der mitten auf dem nach Mexiko führenden Hauptdamm liegenden Vorstadt Xoluc zu bemächtigen, und von diesem seinem Hauptquartier aus wurde die Bestürmung der Hauptstadt unternommen. Aber jeder Schritt breit Landes mußte den verzweifelt kämpfenden Feinden mühsam abgerungen werden, und jeden Abend mußten die Spanier in ihr Hauptquartier zurückkehren, weil sie in der Dunkelheit auf dem Damme keinerlei Deckung hatten. Jeden Morgen aber fanden sie die den Damm durchschneidenden Wasserkanäle, die sie den Tag vorher mit den Steinen niedergerissener Häuser zugeschüttet hatten, wieder an ihrer alten Stelle; Tausende von braunen Händen leerten über Nacht wieder die Gräben und warfen immer neue aus, je weiter die Spanier zur Stadt vordrangen. Und so viel Feinde auch unter den Waffen der Spanier und ihrer Verbündeten fielen oder in den Seen ihren Tod fanden, immer neue Scharen wuchsen aus dem Boden, und oftmals ließen die Spanier mutlos die Waffen sinken! Nur die eiserne Energie des Feldherrn hielt sie fest bei diesem nutzlos erscheinenden Ringen.
In Mexiko war nach nur vier Monate langer Regierung der Bruder Montezumas gestorben, und sein Nachfolger, der Neffe der beiden letzten Herrscher, der fünfundzwanzigjährige Guatemotzin, verteidigte seine Hauptstadt und seinen Thron mit wunderbarem Heldenmut. In seiner Person schien sich noch einmal alle Tapferkeit und Kühnheit des Königstammes der Azteken zu einem glänzenden Vorbilde zu vereinen. Er hatte die einzelnen Stadtteile aufs stärkste befestigen lassen und stachelte sein Volk zum erbittertsten Widerstand an. Jede Aufforderung zur Übergabe erwiderte er mit um so heftigeren Angriffen, und selbst als das Schicksal Mexikos durch die einbrechende Hungersnot besiegelt war, wies er mit unbeugsamem Stolz jede Friedensunterhandlung von sich. Lieber Tod und Untergang des ganzen Volkes, als Gnade von den verhaßten Spaniern! Einen gefangenen Kaziken, den Cortez mit einer Friedensbotschaft zu ihm sandte, ließ er unter schrecklichen Qualen seinen Götzen opfern, und denselben Tod erlitt, hoch oben auf der Plattform des großen Tempels angesichts seiner entsetzten Kameraden, jeder Spanier, der den in racheschnaubende Tiere verwandelten Azteken in die Hände fiel.
Cortez hätte die schöne Hauptstadt gerne geschont. Aber jedes Haus war ein Bollwerk des Feindes, dessen Eroberung Opfer an Menschen kostete, und so blieb schließlich nichts anderes übrig, als Haus für Haus dem Erdboden gleich zu machen. So sank die herrliche Stadt mit ihren prächtigen Palästen und Gärten und ihren unermeßlichen Kostbarkeiten in Trümmer.
Fünfundsiebzig Tage dauerte schon die Belagerung, der Marktplatz und der größte Teil der Stadt war schon in den Händen der Eroberer, aber noch immer tobte der Entscheidungskampf um den großen Tempel des Kriegsgottes, auf dem sich der König mit dem Rest der noch waffenfähigen Mannschaft verschanzt hielt – da gelang es, den König, der sich auf einem Boote über den See hin flüchten wollte, gefangen zu nehmen, und damit war der Sieg der Spanier entschieden.
Vor Cortez geführt erklärte Guatemotzin, er habe alles getan, was zu seiner und seines Volkes Verteidigung seine Pflicht gewesen; jetzt möge sein siegreicher Gegner nach Willkür mit ihm verfahren. »Dann,« fährt Cortez fort, »legte er die Hand an einen Dolch, den ich trug, und sagte mir, ich möge ihn durchstoßen und töten. Ich aber ermutigte ihn und sagte, er möge sich nicht fürchten. Als dieser Herr unser Gefangener war, hörte augenblicklich der Krieg auf. Es war Dienstag am St. Hippolytustage, den 13. August 1521, wo es Gott dem Herrn gefiel, denselben zu beendigen.«
Mit dem Falle Mexikos war die Macht der Azteken völlig vernichtet und eine wunderbare Metropole alter indianischer Kultur in Nordamerika für immer zerstört. Aber Cortez war nicht nur Eroberer und Vernichter, sondern auch Kolonisator und Förderer des unterworfenen Landes. Mit großer Umsicht ging er sofort an den Wiederaufbau der Stadt, viele Gräben wurden zugeschüttet, die Straßen verbreitert, nur die Hauptstraße in ihrer ursprünglichen Anlage erhalten. Wo ehemals die Todesschreie der Götzenopfer die Luft durchschnitten, erklangen jetzt die feierlichen Glocken einer christlichen Kirche. Schon nach wenigen Jahren waren zweitausend spanische Familien in Mexiko ansässig, und Cortez war jetzt der vom König bestätigte Statthalter und Generalkapitän von Neuspanien. –
Aber auch er sollte ein ähnliches Schicksal wie Kolumbus erleiden. 1528 mußte er nach Spanien zurückkehren, um sich vor den Anklagen seiner Feinde zu rechtfertigen, und die Verwaltung des Landes erhielt er nicht mehr zurück. Man erlaubte ihm nur, noch weitere Entdeckungs- und Eroberungszüge auszuführen, und er fand auf diesen im Jahre 1536 den Meerbusen von Kalifornien. Vier Jahre später mußte er aber wiederum persönlich vor dem spanischen Könige Karl V. erscheinen, um die Intrigen seiner Gegner zu zerreißen. Doch seine Bemühungen waren vergeblich, und nachdem er sich sechs Jahre lang in diesen Zänkereien aufgerieben hatte, beschloß er, sein undankbares Vaterland für immer zu verlassen. Da erkrankte er in Sevilla und starb am 2. Dezember 1547 in einem benachbarten Dorfe.