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2. Kapitel

Man schrieb 1919. Der Krieg war vorüber, aber es war ein Trümmerhaufen zurückgeblieben, und nicht nur da, wo die Granaten gerast hatten. Der Zoo war leer von Tieren. Im Elefantenhaus standen zwei Elefanten, Hannibal der Inder und die alte Trudi, eine Afrikanerin. Außerdem ein Zwergflußpferdweibchen. Sonst kein Dickhäuter. Kein Tapir, kein Nashorn noch ein Zwergelefant war mehr da. Man hatte eine Hissarzebukuh dort untergestellt, die treu und brav jedes Jahr ein Bullkälbchen zur Welt brachte.

Darin hielt sie es wie die Wasserbüffelkuh. Die brachte elf Jahre hintereinander einen kleinen Bullen. Als sie das zwölftemal tragend war, starb der Bulle. Ersatz war in dieser schweren Zeit nicht zu beschaffen, aber man tröstete sich, die Kuh brachte ja nur Bullkälbchen, und so hätte man dann wieder ein Paar.

Doch in diesem Jahr war es zum erstenmal ein Kuhkalb. Sehr unangenehm, denn die elf Brüder waren einer nach dem anderen verkauft worden.

Im Raubtierhaus war es auch schlimm. Drei oder vier Löwen und Löwinnen und ein alter, von Ischias geplagter Tiger waren die Überlebenden. Von den Löwen waren zwei nicht normal. Sie wackelten mit den Köpfen am Gitter hin und her und traten dabei von einer Pranke auf die andere. Die Löwin war obendrein noch Selbstverstümmler, da sie sich die Schwanzspitze abgebissen hatte. Die Ernährung war während der Aufzucht zu jammervoll gewesen.

Im Antilopenhaus stand eine Nilgaiantilope und ein Pärchen Hirschziegenantilopen, im übrigen Ziegen aller Arten. Am Eingang dieses Hauses aber waren rechts und links sehr hübsche Gehege für Zwergantilopen, in denen lebten und vermehrten sich Meerschweinchen. Auf der einen Seite die bekannten kurzhaarigen, schwarz, weiß und rostbraun, auf der anderen Seite weiße mit roten Augen, deren Haare in Wirbeln standen, sogenannte Rosettenmeerschweinchen. Es mochten in jedem der ausgedehnten Käfige etwa achtzig Stück herumwuseln.

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Die weißen Rosettenmeerschweinchen, deren Haare in Wirbeln standen

Das Nilpferdhaus war leer, das Straußenhaus nur ganz schwach besetzt, das kleine Raubtierhaus – leer, das größere der beiden Affenhäuser ebenfalls geschlossen.

Überall, in allen Gehegen nur ganz geringe Reste. Im Winter dieses Jahres war der Garten wohl zum erstenmal seit seiner Eröffnung geschlossen. Und wäre es im kommenden Jahre nicht langsam besser geworden, dann wäre der Zoo für immer eingegangen.

Jochen, der Tiermalerlehrling, hatte, durch die besondere Freundlichkeit eines der Direktoren die Erlaubnis erhalten, während der Garten geschlossen war, dort zu arbeiten. So strich denn der Junge durch den leeren Park und die Häuser, in denen die Tiere still hinter den Gittern standen, und zeichnete.


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