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58. Kapitel

In den kommenden Wochen und Monaten sollte sich wiederholt zeigen, daß diese Art von Lächeln begründet war. Viele vergebliche Besuche auf den Schriftleitungen mußte Jochen machen. Immer wieder erwies es sich, daß sein zeichnerisches Streben nicht in der Linie der Tageszeitungen lag.

In diesem Vierteljahr machte Braun so manche Arbeit, die sich nicht verkaufen ließ. Populärwissenschaftliche Artikel mit drei oder vier Bildern aus dem Tierreich, Tierhumor-Serien – alles oder doch das meiste kehrte zurück in seine Mappe. Etwas weniger Anhänglichkeit seiner geistigen Kinder wäre dem Maler lieber gewesen. Wenn die Mißerfolge gar zu oft hintereinander eintraten, ging Braun in den Zoo. Dort malte oder zeichnete er dann nur für sich. Er wußte ja, daß diese Arbeiten auch kein pekuniärer Erfolg sein würden, aber das war ihm in diesem Falle gleichgültig.

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Jochen liest den Brief aus Mecklenburg

So wurden es die besten Blätter, vor allem die, die den Weg bezeichneten, der einmal zu seiner endgültigen Ausdrucksform führen würde.

Eines Morgens lag Jochen noch im Bett, als ihm der Junge seiner Wirtin einen Brief brachte. »Leg ihn man auf den Tisch, Günther«, meinte der Maler. Als der Kleine gegangen war, konnte sich Braun nur schwer entschließen, aus den Federn zu krabbeln. Wieder lag ein Tag geringer Hoffnung auf Erfolg bei den »Abnehmern« vor ihm, und wiederum war die Miete überfällig. Unlustig erhob sich Jochen. Er trat zum Tisch, um den Brief zu öffnen. Der Maler bot einen drolligen Anblick. Die mageren, behaarten Beine sahen unter dem nicht allzu langen Nachthemd hervor, sein lockiges Haar, seit langem nicht geschnitten, umstand wirr seinen Kopf.

»Wird ein Mahnbrief sein – was weiter?« dachte Jochen skeptisch. Doch als er den Absender las, war er angenehm überrascht, denn der Brief kam von Herrn von Waldeck aus Mecklenburg. Diese Gefühle verstärkten sich noch um das Vielfache durch den Inhalt des Briefes. Er bedeutete das Ende aller Nöte. Der Gutsbesitzer bot Braun eine Stellung an. Er führte seit Bestehen seines Zuchtgutes ein Photoalbum, in dem alle die Tiere seiner Zucht abgebildet waren, die sich als Zucht- oder Ausstellungstiere ausgezeichnet hatten. Da aber bei einer derartigen Wiedergabe die Farbe von größter Wichtigkeit ist, war Herr von Waldeck auf den Einfall gekommen, die Photos durch gemalte Bilder zu ersetzen, und dabei erinnerte er sich des Malers im Aquarium, dessen Arbeit ihm so gut gefallen hatte.

Er bot Jochen ein sehr anständiges jährliches Gehalt und war außerdem bereit, jede Arbeit, wenn auch nicht hoch, besonders zu honorieren. Braun brauchte sich keineswegs ständig auf dem Gut aufzuhalten, würde aber sein Zimmer stets wohnlich vorfinden, so oft er kam.

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Ein Traum war Wirklichkeit geworden. Zwar lag diese Arbeit nicht auf dem Gebiet künstlerischen Strebens, aber man konnte sehr viel dabei lernen, und die Tatsache, daß die ewige Unsicherheit des Geldverdienens behoben war, würde es Jochen möglich machen, neben der Arbeit für das Zuchtgut die Bilder und Zeichnungen zu vollenden, die ihm am Herzen lagen. Nachdem er nun ein halbes Dutzend Telephongespräche, die die frohe Kunde zu allen Freunden trug, hinter sich gebracht hatte, rasierte er sich, bis er glatt wie ein Ei war, warf sich in Gala und verließ in Begleitung »Jennys«, der Schottenhündin, das Haus. Mensch und Tier enterten einen Omnibus, fuhren zum Bahnhof und erkundigten sich, wann am nächsten Tage die Züge nach Mecklenburg gingen.


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