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Im bunten Menschenstrom, beim allgemeinen Mahl
Bist du vom Ganzen nur ein Teilchen, eine Zahl.
In Deutschland geboten und jedem Gebildeten entsprechend ist das Abnehmen des Hutes beim Betreten eines Lokals, es ist dies eine Rücksicht, die sowohl der Wirt wie die anwesenden Gäste beanspruchen dürfen. In Österreich stellt man diese Rücksichtnahme in das Belieben des Eintretenden.
Am nächststehenden, freien Raum gewährenden Garderobehalter werden Hut und Überrock untergebracht; jede Art von Toilettemachen, wie Haar und Bart glattkämmen, den Rockkragen bürsten, die Fingernägel reinigen oder ähnliches ist strengstens verpönt, derlei intime Verrichtungen gehören allein in das Toilettezimmer.
Besonders für Kurzsichtige empfiehlt es sich, erst Umschau zu halten, ob noch freie Plätze zur Verfügung stehen; es erspart ein taktloses Hindurchdrängen, das gewiß nicht unbemerkt und ungerügt bleiben würde.
Es ziemt sich nicht, namentlich an sehr besuchten Orten, freie Plätze für sehr viel später eintreffende Personen zu belegen; demgemäß ist auch dem mit höflichem: »Darf ich mir gestatten?« Herantretenden unbedingt der gewünschte Platz freizugeben.
Gesellige Naturen sind auch einer Unterhaltung mit Unbekannten zugänglich; wächst dieselbe über das gewöhnliche Interesse hinaus, so überträgt sich dieses leicht auch auf die betreffende Persönlichkeit und der Namensaustausch ist erwünscht, was am einfachsten durch Überreichung und Entgegennahme der Karten geschieht.
Beim Zusammentreffen mit Bekannten, die uns an ihren Tisch bitten, lassen wir uns etwa anwesenden Dritten sofort vorstellen.
Überall verlangt das gesprochene Wort Maß und Vorsicht, vielleicht am allermeisten in öffentlichen Lokalen. Man spreche daher niemals laut, selbstbewußt, alles und alle beherrschend; man halte sich an Unwesentliches oder an wichtige Tagesprobleme, die indes niemals bis zur Ermüdung der Zuhörer ausgebeutet werden dürfen. Persönliche Angelegenheiten gehören so wenig in die Öffentlichkeit, wie die Verhältnisse oder die Handlungsweise unseres lieben Nächsten. Auch der Stimmaufwand will beherrscht sein, die Umsitzenden brauchen nicht an unserer Unterhaltung teilzuhaben.
Wer zu lesen wünscht, begnüge sich mit dem verfügbaren Zeitungsmaterial; später freiwerdende Zeitungen können dem Kellner bezeichnet und seiner Vermittlung empfohlen werden. Die aufliegenden Zeitungen sind für alle Gäste, dies merke und richte dich danach!
Wer sich zu Hause guter Tischmanieren befleißigt, der wird sie auch im Gasthaus pflegen; dort werden sie geradezu verlangt, darum gestatte man sich auch im intimsten Kreise keine Nachlässigkeit.
Passend ist es, im Vorübergehen die Dame am Büfett zu grüßen; sich daselbst aufzuhalten, sei es nun im Gespräch mit der Wirtin oder ihrer Ersatzdame, ist durchaus unpassend. Dem Kellner begegne man ruhig und gemessen; hat er ein Trinkgeld anzusprechen, so muß dies, wie manches andere, mit in den Kauf genommen werden, es sei indes gleichweit entfernt von Geiz wie von unpassender Großtuerei.
Streitsucht und Rechthaberei sind allenthalben vom Übel, am meisten jedoch im Gasthaus, wo die Umstehenden Partei bilden und es leicht Unannehmlichkeiten geben kann.
Wer nicht ruhig und allein um der Unterhaltung willen Billard oder Karten spielen kann, der halte sich fern davon.
Auch die besonders gewünschte Zeitung nehme man nicht unbescheiden vorweg oder belege sie nicht allzulange.
Halblautes Lesen, Ausrufe oder Bemerkungen während der Lektüre verraten schlechte Erziehung.
Das Gasthaus ist für alle da, welchem Stand und Vermögensgrade sie auch angehören mögen; allein gerade weil der Schein oft trügt und unter unscheinbarem Äußeren wahrer Wert und wirkliche Größe verborgen sein kann, befleißige man sich auch im öffentlichen Lokale stets schicklicher Höflichkeit. Sie ist die gangbarste Münzsorte und zugleich in jedem Kampf die zuverlässigste Waffe.