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An einem breiten und ruhigen Strom fischte ein armer Fischer. Er saß vom frühen Morgen an den ganzen Tag mit seiner langen Angelrute da und kehrte erst spät am Abend wieder nach Hause, um die gefangenen Fische für seine Mutter zu braten.
An einem Tag saß er aber bis in den späten Abend, ohne einen einzigen Fisch zu fangen. Seine Sorge um das Abendessen wurde groß und er betete innig zum Wassergott, er möge ihm doch einen Fisch schenken. Da bewegte sich seine Angel und als er zog, hing ein großer Karpfen daran; silbern glänzten die schönen großen Schuppen in der Abenddämmerung. Als er ihn aber in den Korb hineinlegen wollte, sah er am Karpfengesicht Tränen herunterrollen. Dem Fischer wurde es traurig zumute, er ließ den weinenden Fisch wieder ins Wasser fallen und ging mit dem leeren Korb nach Hause. 51
Am nächsten Morgen saß er wieder am selben Platz und tauchte seine Angel ins Wasser, als er merkte, wie im Glanz der Morgensonne ein herrlich schöner Kahn aus dem Wasser tauchte und von den zwei Knaben zu ihm hergerudert wurde. »Steig ein, edler Fischer!« sagten die beiden Knaben, »unser König im südlichen Drachenpalast schickt uns hierher, um euch zu holen.«
Trotz der großen Furcht, tief ins Wasser reisen zu müssen, bestieg der Fischer den Kahn, weil die Boten so freundlich waren. Der Kahn fuhr blitzschnell in die Tiefe und er wurde von den Boten durch das golden leuchtende Tor in den Wasserpalast geführt. Der König empfing ihn mit liebevollem Lächeln. »Hab Dank, du edler Fischer, daß du meinem einzigen Sohn das Leben geschenkt hast. Laß dich durch meine Paläste führen und nimm als Geschenk alles mit, was dir gefällt.« 52
Nun wußte der Fischer, daß der schöne Karpfen vom gestrigen Abend ein hoher Prinz gewesen war. Er ging durch tausende von prachtvollen Sälen, die mit Jade und Bernstein, Gold und Silber, funkelnden Edelsteinen und sonstigen Schätzen der Welt gefüllt waren. Der Fischer wünschte sich aber nur einen kleinen irdenen Topf, der in einem Winkel verborgen stand. Der Wasserkönig lobte ihn für seine Bescheidenheit und gab ihm den Topf mit. »Es hat wohl keinen Glanz, dieses Geschenk, ist aber der sogenannte »Schatzwasserkrug«, der sich jeden Tag mit dem füllt, was man wünscht.«
Den kostbaren Krug am Arm kehrte der arme Fischer zur Erde zurück, setzte sich an den alten Platz und fischte. Er hatte aber nun keine Sorgen mehr, wenn er auch keinen Fisch fing. Im Topf war ja alles drin, was er sich nur wünschte, Fische, Reis, Silber und Gold. 53