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Motto:
Du sollst nicht dulden, daß dein Schmerz dich knechte; Richard Dehmel. |
Aus Horsebrook, aus »Pferdebruch« entstanden, Ist »Herzebruch« getauft vom Volksmund heute Mein Eibenwäldchen in den Unterlanden. Mein kleiner Wald, wie er von je mich freute! Und immer wieder haucht er Trost mir zu, Wo, nah, der Nordsee heilige Wogen grollen, So stehts in Sagen, alten Klosterschreiben: Von Schottlands Küste, ostwärts, schwamm und biß Nur neunzehn Bäume hat mein Eibennest, Seltsam, phantastisch starren ihre Zweige. Mir tut er nichts; mir sänftigt er das Blut, Mir ist er wie die kleine Kinderwiege, Als Knabe sah ich hier die ersten Zähren: Sie schluchzt und schluchzt und schluchzt ohn Unterlaß, Und einst, jetzt ist es mir wie aus Legenden, Wie sonderbar: Tiefschwarz, in roter Lücke, Von Heimat, Hof und Herd ins Elendgrauen Ein Schiff liegt fahrtbereit am äußersten Strand, Wie Sklaven hat das Schicksal sie verschenkt. Vorbei: Nur aus der Nacht fern singt es, stöhnt: Da fühlt ich tief das Wörtlein »notgedrungen«, Da lernt ich auch den Feind von Grund aus hassen, Dann kam das Leben, kamen meine Fehle; Und rang mich frei aus manchem Hagelguß, Inzwischen sah ich froh mein Wäldchen winken, Doch endlich wars genug, dies ewige Raufen, Und fußte fest, wohin mein Herz mich rief; Da bin ich! bin zu Haus, hier will ich bleiben, Am ersten Abend noch, kaum angekommen, O Sommerzeit, du bunte Färberin! Die Dämmerung betastet schon die Flur; Wie? Träufelt wirklich Gift aus meinen Bäumen? Die Erde ist des Himmels Tränenschale, Die Luft ist schwül. Ein Hyazinthenflor, Sein Kerkerknecht, der Schlaf, hat mich geknebelt: Auf einer ungeheuern Ebne ging ich, Nur fern im Osten wogt ein Feuermeer, Ich ging dem Brand entgegen, bis die Gluten Als wenn mit Purpur sie das Luftmeer malten, Am Arme führte ich, wie Siegespreis, Zum Jahrmarktsball, im Aufzug eines Knechts, So schritten wir, dem Werkeltag entschlüpft, Zur Linken mir, im Haar den Liebespfeil, Lustig und lachend wie der Frühlingswind, Und muß ich mich zu meiner Rechten wenden, So zart wie zäh kann sie die Füßchen spreiten. Was Wunder, wenn sich meine stürmischen Küsse Und wie wir drei uns küssen und umgirren, Und sinkt in sich zusammen. Was ist das: Die Dämmerung. Ein dicker Nebelstrick, Und sie beginnt den alten Tagesbogen, Sie hat den Schlaf und hat die Nacht verscheucht, Was doch beblitzert fern der Sonnenball? Dicht aneinander sahen wir sie prunken, Wir blieben stehn, entsetzt: Im Himmelsrahmen Doch statt der Türme strebten hoch und glitten Kaum noch entdeckten wir des Endes Knauf, Was kann da sein! Nur vorwärts, hopp und heiter! Und wieder stutzen wir. Halt! Hahn in Ruh! Wir horchen. Gräßlich. Wie ein Hagelregen. Nun nimmt es ab in immer leisern Tönen, Der Lärm kam von den Sphinxen hergeklirrt; Nur vorwärts! Jeder Furcht ein Pereat! Und vor uns, dicht, sind jetzt die grausen Weiber; Wohl kaum ein Meter breit im breitsten Spann, Hier hält ein greiser Landsknecht aus dem Trosse »Wer seid ihr, Menschen? Und wo kommt ihr her?« Gemach, mein Freund! Wir bitten, laß uns ein, Und es verwandelt sich, im Handumdrehn, Sanft fängt er an: »Was wollt ihr, meine Kinder; Ihr glaubt wohl, daß der wie'n Tambourmajor So geht! Und wollt ihr eure Sünden büßen, Der Alte schwand. Da standen wir allein. Wir traten durch die rätselhafte Pforte. War das die ganze Erde? Diese Schicht, Viel tausend Marmorstufen, weiß und glatt, Es schaudert uns. Doch was wir uns versprochen: Die erste Stufe! »Schnettrengtengquaktuhs!« Wie gräßlich sah das aus, wie fürchterlich: Und tauchten in die große Stadt des Lebens: Die sieben Todsünden, verehrter Christ, Gibt es nicht Sünden, die viel schlimmer sind? Erklär mir einer doch: was ist denn Sünde? Da sind wir angekommen! Noch ein Schritt: Also: Los! Vorwärts, Mädels! Fürcht't euch nicht! So mach ich meinen Damen freie Bahn, »Ich? Nein: ich bin ein Leierkastenmann, »Was wir hier wollen? Nun, das ganze Leben »Ihr Schafe ihr! ich glaub, ihr seid verrückt! Und ihr vermeßt euch, solch Geschwätz zu machen? Kommt nur herein, die Bänke stehn bereit, |
Klapp. | |
Viele Frauen gibts auf Erden, Die sich wundervoll gebärden, Anstand haben, Chic, Verstand, Eine gütige Helfehand, Grazie, Frühling, Edelfrucht, Sinn für Kunst und Kinderzucht. Aber, bitt ich, wer kommt da: Ist das nicht Kleopatra? Nein, sie fährt auf Gummirädern, Fährt auf Springesprungefedern. Seht, wie sie im Wagen sitzt Und vor lauter Reichtum schwitzt. Diamanten, hinten, vorn, Funkelnd wie ein Wasserborn, Der im Sonnenlichtbrand gleißt Und das Auge niederschmeißt. Hoch die Nase, übersieht Sie den Pöbel auf der Gasse, Der nicht so wie sie bei Kasse, Und benimmt sich wie Granit. Was sind Kunst ihr und die Armen; Ja, wenns in die Zeitung kommt, Hat auch sie gewiß Erbarmen, Weil es ihrem Hochmut frommt. Auf dem Bocke thront der Kutscher Neben dem Lakaienrutscher. Ungeheuer ist die Würde, Ungeheuer ist die Bürde Dieser beiden, sapperlot, Im modernsten Ridingcoat. Wahr bleibts immer: Wie der Herr, Sagt das Sprichwort, sos Gescherr. |
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Klapp. Klapp. |
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Ha, der hehrste aller Triebe, Das ist sicherlich die Liebe. Hier nun stellt sich vor ein Paar, Schade, nicht vorm Traualtar. Denn in chambre separee Tändeln sie, o jemine. Eine Flasche Sekt im Kübel Glitzert durch das warme Stübel. Er wird stürmisch und verwegen, Sie wird leider nicht verlegen; Und sein Feuer wird zur Wut, Sie verliert dabei den Hut. Weiter will ich euch nicht führen, Denn ihr würdet sonst verspüren, Daß die Liebe manchen Fleck hat, Variatio delectat, Daß der Liebe Myrtenzweige Viele oft sehr dunkle Steige Voller Schlamm und Schmutz umrändern; Greulich, aber nicht zu ändern! Doch moralisch werd ich itzt. Und mit Tugend angespritzt. |
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Klapp. Klapp. |
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Sehr vom Übel ist der Geiz; Für so manchen hat es Reiz, Wenn er scharrt in seinen Schätzen. Niemand kann sich so ergetzen Wie der Gute hier, o schaut, Der in seinem Golde kraut. Bald zählt er die blauen Lappen, Bald zieht er aus schwarzen Mappen Braune oder grüne Scheine Bunt mit Wechseln im Vereine. Nun gehts los mit Doppelkronen, Talern, Gulden und Dublonen; Endlich kommt der Pfennig dran, Dieser kleine Bettelmann. Jetzt von neuem solls beginnen, Doch wer kann dem Tod entrinnen. Seht, es schlich sich jemand ein: Bitt dich, Lieber, spricht Freund Hein, Folg mir eilig in die Gruft, Du abscheulicher Beutelschuft! Ach, die Gulden und die Taler, Und die netten Zinsenzahler, Alle stehn sie nun verwaist, Der Papa ist abgereist. Kannt er nichts von andern Dingen? Von des Lebens Hurrasingen? I bewahre, eben das: Scheinezählen, Goldstückwägen, Prüfend sehn nach den Geprägen, Machte ihm den einzigen Spaß. Also wars sein Frohgenügen; Lassen wir ihm das Vergnügen! |
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Klapp. Klapp. |
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In Berlin, wenn ich nicht irre, Gibts im Häusermeergewirre Ein Gebäude, stadtbekannt, Welches Neidhaus ist benannt. Eine große lange Zunge Hängt heraus mit starkem Schwunge Aus verzerrtem Angesicht, Wie ein scheußlich Selbstgericht. Diese Zunge ist der Neid, Jeder weiß nun gleich Bescheid. Hier stell ich euch einen vor, Der vor Neid schier platzen möchte, Sich ins Haar gern Schlangen flöchte, So in Wut geriet der Tor. Seht, nach außen zeigt er sich Hämisch, höhnisch, essiglich. Sitzt er dann im Kämmerlein Und ist ganz für sich allein, Knurrt er, knirscht er mit den Zähnen Und vergießt Hyänentränen: »Wart, du Racker, nicht mehr lange Macht mich dein Emporgang bange, Ich vernichte dich, paß auf, Und verpurre deinen Lauf. Klug verleumdet, ists gemacht: Erst Erstaunen, dann Verdacht, Öffentlich und im geheimen. Töw, ich will dich Kerl schon leimen!« Auf der kleinsten Erdenscholle Spielt der Neid so Hundsfottsrolle. Er ist überall zu treffen, Überall ertönt sein Kläffen; Jeden Stand, und ohne Lücke, Peinigt seine Kötertücke. Waaas? Auch bei den Literaten – Ohhh, wo bin ich hingeraten! Pfui der Deibel, nochmals pfui! Schleunigst weiter, hoppla hui! |
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Klapp. |
Genug für heut. Im Klappermühlenton Hab ich vom Ernst des Lebens euch gesungen, Im Tone von Hans Wurst, mit launischem Hohn. Vielleicht hat einer mich als Clown gedungen, Vielleicht hat Schwips, der Schalksnarren Patron, Die Pritsche heimlich über mir geschwungen. Humor, Humor, Landsleute! Laßt uns lachen! Laßt uns nicht immer schiefe Mäuler machen. Ist auch das Dasein voller harter Schmerzen, Singt durch den Wald! Seid Füllen auf der Wiese! Und mein Wald Herzebruch? Je nun, ich liege Hoch! Sursum corda! Hurra, schwenkt die Mützen! |