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K.
Fouquet.

Wir teilen nachstehend nach Carra ( Mémoires historiques I, 23-50) den Hauptinhalt des berühmten Prozesses gegen Fouquet mit, einmal, weil die Behandlung Fouquets einen Schluß auf die der übrigen Staatsgefangenen jener Zeit gestattet, und sodann, weil seine Geschichte mit der des Mannes mit der eisernen Maske in einem, wenn auch, wie man sehen wird, nur äußerlichen Zusammenhang steht.

»Messire Nicolas Fouquet,« beginnt Carra, »Requêtenmeister und sodann General-Prokurator beim Parlemente von Paris, wurde zu Anfang des Jahres 1653 zum General-Oberintendanten der Finanzen und Staatsminister ernannt. Er war damals vierzig Jahre alt.

»Am 5. September 1661 wurde er in Nantes, als er eben einer Ministersitzung unter dem Vorsitze des Königs beigewohnt hatte, von Herrn d'Artagnan Charles de Baats-Castelmore, Graf d'Artagnan, aus dem Béarn gebürtig, war damals Unter-Lieutenant bei der ersten Compagnie der Musketiere. I. J. 1667 wurde er zum Hauptmann, 1672 zum Generalmajor ( maréchal de camp) ernannt. Er fiel vor Mastricht am 25. Juni 1673. Einer oder der andere Leser dürfte sich seiner aus Dumas' »Drei Musketieren« erinnern. in Begleitung einer großen Anzahl von Musketieren verhaftet. Man nahm ihm sämtliche Papiere ab, die er bei sich trug, und ließ ihn in einen Wagen steigen, der den Weg nach Angers einschlug.

»Im Augenblicke seiner Verhaftung wurde das Haus, welches er in Nantes bewohnte, von einer Anzahl anderer Musketiere besetzt.

»Gleichzeitig erhielt Frau Fouquet Marie Madeleine de Castille-Villemareuil. Sie war Fouquets zweite Gattin. Befehl, unverzüglich abzureisen und sich nach Limoges zu begeben.

»Ebenfalls im selben Augenblicke verhaftete ein Offizier der Musketiere den Sieur Pellisson, Paul Pellisson-Fontanier, geboren in Béziers um 1631, gestorben 1698, war Fouquets erster Sekretär und Vertrauter. Er wurde bis zum Dezember 1661 in Nantes gefangengehalten und dann in die Bastille geführt. einen der Sekretäre Fouquets. Alle Papiere dieses Sekretärs wurden mit Beschlag belegt und versiegelt.

»Fouquet wurde in das Schloß von Angers gebracht und so streng bewacht, daß es ihm unmöglich war, schriftlich oder mündlich mit jemand zu verkehren.

»Er wurde krank, sein Leben schwebte in Gefahr, er verlangte einen Beichtvater. Man wich dieser Bitte aus, und er erhielt keinen. Das ist nicht ganz richtig. Fouquet hatte Claude Joly, den Beichtvater Mazarins, zum Beichtiger verlangt und d'Artagnan darüber an Le Tellier berichtet, der unterm 10. Oktober 1661 die Antwort erteilte: »Herr Joly ist nicht imstande, nach Angers zu kommen; wenn er« (d. h. Fouquet) »aber zu beichten wünscht, so mögen Sie einen Mönch auswählen, von dem Sie wissen, daß er am wenigsten mit der Welt in Verbindung steht, und ihm dann zu beichten erlauben.« ( Ravaisson I, 382). Allerdings mochte man gute Gründe haben, gerade den ehemaligen Beichtvater Mazarins nicht mit Fouquet in Berührung kommen zu lassen.

»In den ersten Tagen seiner Wiedergenesung wurde er von Angers nach dem Schlosse von Amboise geführt.

»In Amboise blieb er bis zum Weihnachtstage 1662, wo man ihn, immer unter der Hut des Herrn d'Artagnan, nach Vincennes abführte. Er wurde jetzt sogar noch strenger bewacht als früher.

»Am 3. März 1662 teilte der Sieur Talon, General-Prokurator des Kammergerichts, diesem Gerichte mit, daß zufolge der Vernehmung Bruants Louis Bruant des Carrières war ebenfalls ein Sekretär Fouquets. und nach Prüfung der Rechnungen der Schatzkammer sowie anderer in seinen Händen befindlicher Papiere der Sieur Fouquet mehrerer Veruntreuungen und Unterschleife schuldig, sowie verdächtig sei, sein Ansehen und seine Macht als Oberintendant dazu mißbraucht zu haben, um sich auf verbrecherische und dem Staatswohl nachteilige Weise königliche Gelder anzueignen und sie zu verschwenden; er sucht daher die Anstellung einer Untersuchung nach, und daß der Angeklagte über die in der Voruntersuchung berührten sowie einige andere, von ihm (Talon) anzugebenden Thatsachen befragt werde.

»Als darauf am 4. März 1662 die Herren Poncet und Benard mit dem Gerichtssekretär Sieur Foucaux Josephe Foucaux oder Foucault, geboren 1612, gestorben am 6. Juli 1691, war Sekretär beim Kammergericht ( chambre de justice). nach Vincennes kamen, um den Angeklagten zu verhören, protestierte dieser gegen das Gericht, da er, wie er sagte, die Vorrechte eines Veteranen des Parlements zu genießen habe.

»Er gab noch einen zweiten Protest zu Protokoll, indem er die Erlaubnis forderte, sich an seine wirklichen Richter D. h. das Parlement. wenden zu dürfen.

»Die genannten Herren erstatteten der Kammer darüber Bericht, und drei Tage später, also am 7. März, wurde der Befehl erlassen, ihn zu verhören, ohne sich an seine Proteste zu kehren. Dieser Beschluß der Kammer wurde dem Angeklagten mitgeteilt.

»Er wurde genötigt, Rede zu stehen. Das Verhör dauerte mehrere Monate.

»Zu Ostern und zu Pfingsten gab man ihm einen Beichtvater. Da er aber auf fernere Verhöre zu antworten sich geweigert hatte, entzog man ihm denselben Mitte August wieder.

»Am Schluß des ersten Verhörs erneuerte er seine Proteste und verlangte die Erlaubnis, für die Wahrung seiner Vorrechte Schritte thun zu dürfen, sowie die Rückgabe aller seiner Papiere. Im Augenblicke der Verhaftung hatte der König unverzüglich einen Expressen abgesandt, um die Papiere Fouquets in Saint-Mandé in Beschlag nehmen zu lassen. Der Oberintendant hatte indessen noch Zeit gehabt, dem Finanzbeamten Codure die Worte zuzuflüstern: »Nach Saint-Mandé!« Codure schickte auf der Stelle den Kammerdiener Fouquets dahin ab, und dieser überholte den Courier, so daß Fouquets Verwandten Zeit hatten, wenigstens einen Teil der kompromittierendsten und wichtigsten Papiere bei Seite zu schaffen. Trotzdem war noch genug zurückgeblieben – diesen Rest aber zurückzugeben stand gar nicht in der Macht der Kammer, da die wichtigsten sich in den Händen Colberts und des Königs befanden. Keine Antwort.

»Am 26. Juni überbrachte Benard in alleiniger Begleitung des Sekretärs einen Beschluß der Kammer vom 22. über das Protokoll des vorhergehenden Tages, laut welchem Beschlusse er ohne Rücksicht auf die von ihm abgegebene Erklärung gehalten sein sollte, den beiden Bevollmächtigten der Kammer oder einem von beiden zu antworten, unbeschadet seines Rechts, solche Gründe für seine Verwerfung der Richter vorzubringen, die ihm stichhaltig schienen. Er protestierte nochmals dagegen.

» Der Sieur Foucaux bemerkte listiger Weise, wenn Fouquet Verwerfungsgesuche gegen einen der Bevollmächtigten einreichen wolle, so wäre das nur recht, und er habe dem Herrn d'Artagnan einen Befehl des Königs übergeben, ihm Tinte, Feder und Papier zu geben, unter der Bedingung, daß besagte Gesuche in ihrer Gegenwart geschrieben würden, was er verweigerte.

» Dann schlug der Sieur Foucaux als Auskunftsmittel vor, er wolle sich bemühen, einen Befehl zu erhalten, daß der Angeklagte die Gesuche in alleiniger Gegenwart des Herrn d'Artagnan, ohne Anwesenheit der Bevollmächtigten der Kammer, ausarbeiten dürfe, und forderte Fouquet zu einer Erklärung auf, ob er alsdann besagte Gesuche schreiben wolle. Diese Schlinge war sehr fein gelegt: wenn Fouquet ein Verwerfungsgesuch gegen einzelne Mitglieder des Kammergerichts oder der von diesem eingesetzten Untersuchungs-Kommission einreichte, so erkannte er damit die Kammer als zuständiges Gericht an und verzichtete somit auf den Spruch des Parlements, was man eben haben wollte. Der Oberintendant durchschaute jedoch das Manöver und ließ sich zu nichts herbei.

»Der Angeklagte erwiderte: je nach den eintreffenden Befehlen würde er sehen, was er zu thun habe. Das ganze Verfahren komme ihm höchst seltsam vor und habe ganz den Anschein einer Unterdrückung, da ihm nie etwas Ähnliches in den Erlassen aufgestoßen sei. Zum Schluß wiederholte er seinen Protest.

»Am Nachmittage des 27. Juni überbrachte Benard dem Angeklagten einen neuen Beschluß der Kammer vom selben Tage, laut welchem ohne Rücksicht auf seine Ablehnungserklärung fortgefahren werden und er gehalten sein sollte, Antwort zu geben: andernfalls würde man auf Grund der Anträge des General-Prokurators entscheiden.

»Foucaux verlangte überdies, daß er die Anträge des General-Prokurators einsehe, laut denen ihm wie einem Stummen der Prozeß gemacht werden sollte: der Gefangene war empört darüber.

»Der Sieur Foucaux bot ihm nun nochmals Tinte, Federn und Papier an, unter der Bedingung, daß er die Gründe seiner Verwerfung der Richter für die Kammer aufsetze. Er protestierte abermals dagegen.

»Am 30. Juni erschien Benard mit einem neuen Beschlusse der Kammer vom 28., laut welchem er den frühern Bescheiden nachzukommen und zu antworten gehalten sein sollte: andernfalls sollte der Prozeß ohne Umstände weitergeführt und über ihn wie über einen Stummen entschieden werden. Abermaliger Protest des Gefangenen.

»Der Sieur Foucaux ließ darauf Herrn d'Artagnan eintreten, der ihm einen Befehl des Königs zeigte, laut dem ihm Tinte, Feder und Papier geliefert werden sollte, damit er die Verwerfungsgesuche an die Kammer richten könne.

»Der Gefangene beschwerte sich: er fand dies Verfahren ungemein seltsam und ohne Beispiel.

»Um ihn zu besänftigen, zog der Sekretär Foucaux einen zweiten Befehl des Königs vom selben Datum aus der Tasche, der ebenfalls an Herrn d'Artagnan gerichtet war und diesem einschärfte, alles zu thun, was die Herren Kommissare anordnen würden. Um ihn jedoch nicht zu hintergehen, erklärte Benard offen, daß er angewiesen sei, sich einzig und allein an den ersten Befehl zu halten.

»Der Gefangene verlangte, daß die beiden schriftlichen Befehle des Königs in das Protokoll aufgenommen würden. Man unterließ das. Er bestand nochmals darauf.

»Am Nachmittag des 1. Juli brachte Benard abermals einen Bescheid des Kammergerichts, der am nämlichen Tage erteilt war.

»Am 3. Juli neuer Beschluß vom nämlichen Tage, laut welchem er zum dritten und letztenmale aufgefordert werden sollte, Antwort zu geben: andernfalls würde ihm wie einem Stummen der Prozeß gemacht werden. Abermalige Weigerung des Gefangenen.

»Am 6. Juli erschien Benard als Überbringer eines neuen Beschlusses der Kammer vom 5., durch welchen dies Gericht anordnet, daß, da er nicht geantwortet habe, der Prozeß den letzten Beschlüssen gemäß wie gegen einen Stummen weitergeführt werden solle. Demgemäß forderte der Bevollmächtigte ihn dreimal auf, den Eid zu leisten, was der Angeklagte unter Wiederholung seines Protestes verweigerte, indem er über sein Vorrecht als Mitglied des Parlements, über seine Stellung als Oberintendant und über die Worte des Königs Erklärungen abgab. Der Kommissar verhörte ihn dann im allgemeinen über mehrere Schriftstücke, die ihm in die Hände gegeben wurden, und die ihm von Talon Staatsanwalt ( avocat général) des Parlements von Paris. unterzeichnet schienen, über die er jedoch jede Auslassung verweigerte.

»Am 12. Juli erschien Benard nachmittags mit einem Beschlusse des Kammergerichts, der die Eintragung eines Beschlusses des Staatsrats vom 6. Juli und der Urkunden darüber verordnete, und damit das Ganze seiner Form und seinem Inhalte nach vollzogen werde, sollte ihm durch den Überbringer besagten Beschlusses derselbe vorgelesen werden, bevor man in dem gegen ihn eingeleiteten Prozeß weiter gegen ihn verführe.

»Die Vorlesung besagten Beschlusses des Staatsrats vom 6. Juli geschah durch den Sieur Foucaux, Anwalt des Staatsrats und Sekretär des Kammergerichts.

»Besagter Beschluß des Staatsrats vom 6. Juli 1662 lautet dahin: daß der König bei seiner Anwesenheit in der Sitzung befohlen habe und befiehlt, alle Beschlüsse, welche das Kammergericht in Sachen des Sieur Fouquet gefaßt hat, sollen ohne Rücksicht auf die etwa von seiner Seite erfolgenden Proteste nach Form und Inhalt vollzogen und der gegen ihn eingeleitete Kriminal-Prozeß fortgeführt und zu Ende geführt werden. Se. Majestät verbietet dem Sieur Fouquet, sich auf ein anderes Gericht zu berufen und verbietet ebenso allen andern Richtern, die Gerichtskammer des Parlements nicht ausgenommen, von solcher Berufung Kenntnis zu nehmen. In Anwesenheit Sr. Majestät ausgefertigt in der Sitzung des Staatsrats des Königs zu Saint-Germain-en-Laye. Gezeichnet de Bomenie. Henri Auguste de Bomenie, Graf de Briennè, geboren zu Paris 1594, gestorben 1666, bekleidete von 1643-1661 die Stelle eines Ministers des Äußern.

»Die Kommissare teilten dem Gefangenen diesen Beschluß am 12. besagten Monats mit. Er protestierte dagegen wie gewöhnlich.

»Am 20. September wurde ihm abermals ein Beschluß der Kammer überbracht und vorgelesen, laut welchem er ohne Rücksicht auf seine Einwendungen, Erklärungen und Anträge gehalten sein sollte, auf die in Ausführung besagten Beschlusses vom 6. Juli an ihn gestellten Fragen Antwort zu geben: andernfalls sollte über die Anträge des General-Prokurators rechtsgültig entschieden werden.

»Noch am selben Tage erschienen auch die Kommissare, um ihn zu verhören. Er wiederholte ihnen seinen Protest.

»Auf Grund des Protokolls besagter Kommissare erfolgte am 26. September ein neuer Bescheid, laut welchem der frühere Beschluß ohne Rücksicht auf seine Einwendungen, Erklärungen und Anträge ausgeführt werden sollte, und ihm erlaubt wurde, mit den Herren Ozanel und Lehosta zu konferieren.

»Nach Verlesung dieses Bescheids durch die Kommissare wiederholte er seine Proteste und Erklärungen gegen die Zuständigkeit des Kammergerichts, worüber ein Protokoll aufgenommen wurde.

»Am 4. Oktober erteilte die Kammer über dies Protokoll Bescheid und befahl, daß zur Urteilsfällung vorgeschritten würde, unbeschadet seines Rechts, sich mittelst Gesuchs an den Kassationshof zu wenden, um dort seine Anträge zu stellen und angehört zu werden, wie ihm zukäme.

»Weiterer Beschluß der Kammer vom selben Tage, 4. Oktober 1662: die Kammer bescheidet die Parteien, ihre Rechtsmittel beizubringen und den Spruch zu hören, den General-Prokurator, seine Anträge zu stellen, und den Verteidiger des Angeklagten, die Minderung der Strafbarkeit nachzuweisen, alles in der vorschriftsmäßigen Zeit und im Anschluß an den bei der Kammer anhängigen Kriminal-Prozeß zwischen den Parteien. Dem Gefangenen zugestellt am 5. Oktober.

»Am 20. Oktober eröffnete man ihm eine weitere Urkunde, gezeichnet Talon, laut welcher dieser erklärt, daß er, um dem Bescheide über den Kriminal-Prozeß vom 5. genugzuthun, bei der Kanzlei des Kammergerichts am 18. seine Beweismittel eingereicht habe, und daß er nicht auf Grund der Unwissenheit des Angeklagten auf das Urteil verzichte. Der Gefangene hatte angegeben, daß ihm kein Bescheid vom 5. Oktober zugegangen sei.

»Am folgenden Tage, 21. Oktober, ließ man auf die Rapporte der neuen Berichterstatter, der Herren d'Ormesson und Cormier Sainte-Helène Bescheid geben, laut welchem ihm befohlen werden soll, dem Beschlusse vom 5. Oktober nachzukommen und in Ausführung dessen seine Milderungs- und Verteidigungsgründe beizubringen.

»Dessenungeachtet wurden aber schon am nächsten Tage die Akten des Prozesses ad referendum verteilt und die Herren d'Ormesson und Sainte-Helène zu Berichterstattern bestellt, obgleich die Gattin des Beklagten aus hinlänglich bekannten Gründen deren Verwerfung beantragt hatte.

»Am 6. November wurde ihm durch den Gerichtsdiener Le Blanc ein Beschluß der Kammer vom selben Tage eröffnet, laut welchem er, da er keine Beweismittel zu seiner Verteidigung beigebracht habe, davon präkludiert werden soll, und am 18. desselben Monats wurde ihm ein weiterer Bescheid vom nämlichen Tage zugestellt, durch welchen er bedeutet ward, daß er, da er dem Beschlusse vom 5. Oktober bezüglich des gegen ihn eingeleiteten Kriminal-Prozesses nicht nachgekommen sei, auf Antrag des General-Prokurators des Kammergerichts von der Verteidigung rein und völlig ausgeschlossen sei, und daß man in Ausführung dessen befohlen habe, auf Grund der in der Kanzlei aufgenommenen und eingereichten Aktenstücke ohne weiteres zur Fällung des Urteils zu schreiten. Der Angeklagte erwiderte, daß er gegen die Gültigkeit des Verfahrens protestiere, da man auf Grund eines ihm nicht zugestellten Beschlusses einen Bescheid gegen ihn erlasse.

»Durch Beschluß vom 24. November gab die Kammer dem wesentlichen Inhalte seiner Anträge Folge. Er griff nun zur Feder, deren Gebrauch ihm am 6. Oktober gestattet worden war und schrieb Noten und Bemerkungen an den Rand der Protokolle über die Inventuren, die in seinen und den Häusern seiner Sekretäre vorgenommen worden waren; ebenso machte er Noten und Bemerkungen zu den Gerichtsbescheiden, die ihm mitgeteilt worden waren, um das Ganze bei seiner Verteidigung zu benutzen und zu veröffentlichen: er bat demgemäß seinen Rechtsbeistand alles drucken zu lassen. Kaum aber hatte man mit dem Druck der beiden ersten Hefte begonnen, als Colbert sie am 2. Dezember durch den Kommissar Picard mit Beschlag belegen und aus dem Hause des Druckers wegnehmen ließ. –

»Am 18. Juni 1663 wurde der Sieur Fouquet auf eine von Le Tellier gegengezeichnete Ordre des Königs aus dem Donjon von Vincennes nach der Bastille geführt.

»Herr d'Artagnan, der ihn am 5. September 1661 in Nantes verhaftet hatte, um ihn nach Angers, von dort nach Amboise und von Amboise nach Vincennes zu führen, Nicht ganz richtig. D'Artagnan hatte im November 1661 Pellisson durch eine Abteilung seiner Musketiere von Nantes nach Angers holen lassen, war dann mit diesem Gefangenen und Fouquet, nebst dessen Arzt und Kammerdiener nach Amboise aufgebrochen, hatte dort die drei letztern der Hut des Garde-du-Corps-Fähnrichs Talhouet übergeben, und dann Pellisson nach Paris und in die Bastille geführt. Am Weihnachtstage 1661 brach dann Talhouet mit seinem Gefangenen unter der Eskorte von 120 Musketieren nach Vincennes auf, wo er am 31. Dezember anlangte und am 3. Januar 1662 sein Amt als Gefangenwärter wieder an d'Artagnan abtrat. führte ihn auch in die Bastille.

»Während dieser ganzen Zeit verließ er den Gefangenen nicht und folgte ihm sogar in die Bastille. Er hatte fünfundzwanzig oder dreißig Musketiere bei sich, die, in drei Abteilungen geteilt, täglich die Wachen im Schlosse bezogen, und zwar die erste Abteilung auf den Türmen, die zweite auf der großen Brücke, dem Fenster des Gefangenen gegenüber, und die dritte im Garten, den man zu einer Bastion umgewandelt hatte.

»D'Artagnan schlief im Zimmer des Gefangenen und verlor ihn nicht aus den Augen.

»Am 14. November 1663 wurde Fouquet zum erstenmal in das Arsenal und vor das Kammergericht geführt, um dort verhört zu werden und bezüglich der im Prozesse aufgedeckten Vergehen Rede zu stehen. Er setzte sich sogleich auf den Anklageschemel, obgleich ein anderer Sitz daneben aufgestellt worden war, auf dem er hätte Platz nehmen können, wenn er es gewünscht hätte. Nachdem er seinen Protest gegen die Kompetenz des Gerichts wiederholt hatte, erklärte er, daß er nichtsdestoweniger die Herren von der Kammer für Ehrenmänner ansehe, und daß es ihm daher lieb wäre, daß sie von der Wahrheit der Dinge Kenntnis genommen hätten. Bis zum 4. Dezember genannten Jahres wurde er dann elf- bis zwölfmal im Arsenal verhört.

»Der Hauptinhalt dieser Verhöre bezog sich auf die Veruntreuung anvertrauter Staatsgelder, auf die Goldmark Die Goldmark ( Marc d'or) war eine Steuer, die dem Könige bei Antritt eines neuen Amtes entrichtet werden mußte. Wie alle übrigen königlichen Einkünfte wurde auch sie an General-Pächter vergeben, und bei den darüber abgeschlossenen Verträgen sollte Fouquet die Interessen des Staates vernachlässigt haben. und auf den normännischen Zuckervertrag, worüber er sehr befriedigende Auskunft erteilte. Als man ihn aber fragte, auf welche Weise es möglich sei, daß er binnen zwei Jahren achtzehn Millionen für seinen Haushalt verausgabt habe, wie aus dem Rechnungsbuche seines Haushofmeisters erhelle, war er anfangs ein wenig bestürzt, dann aber erwiderte er, daß sein Haushofmeister außer dieser Stelle noch andere Ämter bei ihm bekleide und auf seinen Befehl beträchtliche Summen in Angelegenheiten des Königs bezahlt habe. Dies Geld soll der Königin-Mutter zugestellt worden sein, die indessen den Empfang desselben ableugnete.

»Hinsichtlich der Frauenbriefe, die man bei ihm gefunden hatte, behauptete er, daß dieselben untergeschoben, und daß dies ein Manöver seiner Feinde wäre. Man findet diese Briefe weiter hinten abgedruckt.

»Als Fouquet am 4. Dezember zur Sitzung erschien, ließ der Kanzler Pierre Séguier, Herzog von Villemer, Groß-Siegelbewahrer und Kanzler von Frankreich, geboren zu Paris am 28. Mai 1588, gestorben am 28. Januar 1672. ihm einen Entwurf Es handelt sich hier um eine Denkschrift, in der Fouquet die Maßnahmen notiert hatte, die im Falle seiner Verhaftung von seinen Freunden zu ergreifen sein würden. vorlesen, den (Fouquet) geschrieben hatte, und bemerkte dann nach deren Verlesung: »Sie sehen, die große Hingabe an den Staat, von der Sie so oft gesprochen haben, ist doch nicht so beträchtlich gewesen.« Fouquet erwiderte ihm: »Es sind dies Gedanken, die mir in Anfällen von Verzweiflung kamen, in die mich bisweilen das Verfahren des Herrn Kardinals versetzte, als ich, der ich mehr als irgend jemand seine Rückkehr nach Frankreich befördert hatte, mich so mit Undank belohnt sah. Ich besitze einen Brief von ihm und einen andern von der Königin-Mutter, die die Wahrheit dessen bezeugen, was ich sage, aber man hat mir diese Briefe abgenommen. Mein Unglück ist, daß ich dies elende Stück Papier, das mir völlig aus dem Gedächtnis gekommen war, nicht verbrannt habe. Ich verwerfe und widerrufe es von ganzem Herzen und bitte Sie zu glauben, meine Herrn, daß meine Anhänglichkeit an die Person des Königs sich nicht vermindert hat.« – »Das ist sehr schwer zu glauben,« entgegnete ihm der Kanzler, »wenn man einen solchen Gedanken hartnäckig zu verschiedenen Zeiten wiederkehren sieht.« – »Mein Herr,« gab Fouquet darauf zur Antwort, »ich bin zu allen Zeiten und selbst unter Lebensgefahr bei der Person des Königs geblieben, und während dieser Zeit, waren Sie, mein Herr, das Oberhaupt im Rate seiner Feinde, und Ihre Verwandten gewährten dem Heere, das gegen ihn war, freien Durchzug.«

»Der Kanzler fühlte den Hieb und sprach nun wieder von den Ausgaben des Oberintendanten. Fouquet erbot sich zu dem Beweise, daß er keine Ausgaben über seine Kräfte gemacht habe, daß sie sämtlich teils von seinen Einkünften, von denen der Kardinal Kenntnis gehabt habe, teils von seiner jährlichen Besoldung und teils von dem Besitze seiner Frau bestritten worden seien, und erklärte, wenn er nicht bewiese, was er behaupte, so wolle er so übel behandelt werden, wie nur immer möglich sei. Darauf wurde er in die Bastille zurückgeschickt, und der Kanzler bemerkte: »Das ist das letzte Mal, daß wir ihn verhören.«

»Am 9. Dezember begann Lefevre d'Ormesson die Rekapitulation des Prozesses und stimmte endlich am Sonnabend, 13. Dezember, für ewige Verbannung und die Konfiskation der Güter des Sieur Fouquet zu Gunsten des Königs; von diesen Gütern solle eine Geldbuße von hunderttausend Livres erhoben werden.

»Saint-Helène, der Adjunct d'Ormessons für die Berichterstattung über den Fall, gab am Mittwoch seine Stimme dahin ab, daß er, obschon die Beweise für die Veruntreuung hinlänglich seien und der Angeklagte dafür dem Antrage des General-Prokurators gemäß den Tod durch den Strang verdient habe, nichtsdestoweniger der Meinung wäre, daß ihm wegen Staatsverbrechens der Kopf abzuschlagen sei.

»Am Donnerstag votierten die Herren Poussort, Guisaucourt, Feriol, Nogues, Héraut und La Toison für den Tod, während de Roquesante sich dem Votum des Herrn d'Ormesson anschloß.

»Die fünf, welche am 19. votierten, stimmten ebenfalls für die Verbannung: es waren dies die Herren du Verdier, de la Beaume, Massenau, Leferon und de Moussy.

»Nachdem am 20. Dezember 1664 noch die Herren Catinat, Regnard, Benard de Rezé und de Pontchartrain für Verbannung und Konfiskation der Güter, Poncet, Voisin und der Kanzler aber für den Tod gestimmt hatten, fanden sich für den Tod nur neun Stimmen, für die Verbannung und Konfiskation der Güter dagegen dreizehn: das Urteil fiel dementsprechend aus. Nach Carra (I, 44) war die Kammer, abgesehen von den beiden Staatsanwälten Talon und Chamillart und dem Sekretär Foucault, aus folgenden Personen zusammengesetzt: Bons, d'Ormesson, Leferon, de Moussy, de Brillac, Regnard, Benard de Rezé, de Roquesante, La Toison, La Beaume, Du Verdier, Massenau, Catinat, Pontchartrain, Saint-Helène, Pussot, Gisaucourt, Feriol, Nogues, Héraut, Poncet, Voisin und Séguier.
Bons mag Carra unrichtig für Bossu (le Jau) und Feriol unrichtig für Fayet gelesen haben, aber auch außerdem weicht seine Liste bedeutend von der ab, welche Herr Ravaisson (I, 405) von den Mitgliedern der Kammer giebt. Nach diesem bestand das Gericht aus dem Kanzler Séguier als Präsidenten, dem Herrn de Lamoignon als Vicepräsidenten, den Parlementspräsidenten de Nesmond und de Pontchartrain, den Requetenmeistern Poncet, d'Ormesson, Boucherat, Voisin und Benard de Rezé, den Parlementsräten Regnard, Catinat, de Brillac und Fayet (Paris), Massenau (Toulouse), Francon (Grenoble), La Toison (Dijon), Du Verdier (Bordeaux), Saint-Helène (Rouen), Héraut (Rennes), Nogues (Pau) Louvois (Metz) und Roquesante (Aix), den Rechnungsräten de Moussy und Bossu le Jau, den Obersteuergerichtsräten Leferon und Baussan und den Ministerialräten Chouart und Poussort.

»Die Anträge der beiden Staatsanwälte Talon und Chamillart lauteten davon verschieden. Sie besagen, daß sie bei den frühern Anträgen verbleiben und beharren und demgemäß verlangen, daß der des Verbrechens der Veruntreuung und der Majestätsbeleidigung sowie anderer im Prozesse aufgedeckter Vergehen angeklagte und überführte Nicolas Fouquet zur Vergeltung verurteilt werde, an einem Galgen, der zu diesem Zwecke auf dem Platze der Rue Saint-Antoine vor der Bastille zu errichten ist, aufgehenkt zu werden, bis er tot sei, und dem Könige alle die Summen zurückzuerstatten, die während seiner Amtszeit durch ihn und seine Sekretäre mit seinem Wissen und Willen verschleudert worden seien; von seinen erworbenen und konfiszierten Gütern aber solle zuvor die Summe von achtzigtausend Livres als Strafe erhoben und zur Hälfte für den König, zur Hälfte für fromme Stiftungen verwandt werden. Gezeichnet Chamillart.

Urteil des Kammergerichts.

»In Sachen des außerordentlichen Kriminal-Prozesses des Kronanwalts gegen Messire Nicolas Fouquet, ehemaligen Oberintendanten der Finanzen, zur Zeit Gefangener in der Bastille, wegen Veruntreuung, Mißbrauchs und Unterschleifs bei der Verwaltung der Finanzen und wegen Verbrechens der Majestätsbeleidigung erklärt die Kammer nach Einsicht der Akten und Protokolle, nach Kenntnisnahme von der Voruntersuchung und von den Aussagen, Geständnissen und Abläugnungen des Angeklagten, nach den Zeugenverhören und -konfrontationen, nach Anhörung der Anträge des Kronanwalts, nach wiederholtem Verhöre des Angeklagten und nach den Berichten der Herren Kommissare d'Ormesson und Saint-Helène, alles wohl erwogen, besagten Fouquet für schuldig und überführt des Amtsmißbrauchs und Unterschleifs bei der Verwaltung der Finanzen und in seiner Stellung als Oberintendant, verbannt ihn zur Vergeltung dessen und in Rücksicht auf die übrigen im Prozesse aufgedeckten Vergehen auf ewig aus dem Reiche mit der Verpflichtung, bei Todesstrafe den Bann zu achten, und erklärt alle seine Güter für dem Staate verfallen, und konfisziert, von denen zuvor die Summe von hunderttausend Livres erhoben und zur Hälfte für den König, zur andern Hälfte für fromme Stiftungen verwendet werden soll. Ausgefertigt in besagtem Kammergericht am 20. Dezember 1664. Gezeichnet Foucault

»Der König war nach Kenntnisnahme von diesem am Sonnabend abgegebenen Urteile gegen Fouquet der Meinung, daß es in Anbetracht der genauen Kenntnis, welche der Verurteilte von den wichtigsten Staatsangelegenheiten hatte, höchst gefährlich wäre, ihn außer Landes gehen zu lassen: er verwandelte daher die von jenem Urteile ausgesprochene Strafe ewiger Verbannung in ewiges Gefängnis und befahl, daß er zur Verbüßung dieser Strafe nach der Festung Pignerol an der Grenze von Piemont abgeführt werde, wo der Marquis de Pienne kommandierte.

»Am Montag, um zehn Uhr morgens, führte man Fouquet in die Kapelle der Bastille. Der Sekretär Foucaux hielt den Urteilsspruch in der Hand. »Mein Herr,« redete er Fouquet an, »Sie müssen mir Ihren Namen sagen, damit ich weiß, mit wem ich rede.« – »Sie wissen gut genug, wer ich bin,« erwiderte Fouquet, »und was meinen Namen anlangt, so werde ich ihn hier ebensowenig sagen, wie ich ihn vor der Kammer gesagt habe. Um übrigens bei der Ordnung zu bleiben, protestiere ich hiermit gegen das Urteil, das Sie mir vorzulesen im Begriff stehen.« Man nahm ein Protokoll über diese Erklärung auf, und nachdem Foucault sich bedeckt hatte, wurde der Spruch verlesen. Fouquet hörte ihn entblößten Hauptes an.

»Um elf Uhr desselben Tages (22. Dezember) stand ein Wagen bereit, den Fouquet mit vier Personen besteigen mußte, während d'Artagnan ihn zu Pferde mit fünfzig Musketieren begleitete, um ihn nach Pignerol zu führen und dort der Obhut des Herrn de Saint-Mars zu übergeben, der fünfzig Soldaten zu seiner Bewachung erhielt.

»Die Mutter und die Gattin Fouquets, sowie sein Bruder, Gilles Fouquet, Sieur de Mézières; er starb 1694. bis dahin erster Stallmeister des Königs, erhielten Befehl, sich nach Montluçon im Bourbonnais zurückzuziehen. Der Marquis de Charost, Louis Armand, Marquis und Herzog von Béthune-Charost, General-Lieutenant der Picardie und Gouverneur von Calais, gestorben am 1. April 1717, hatte sich 1657 mit Marie Fouquet vermählt, die, 1640 geboren, ein Jahr vor ihrem Gatten, am 16. April 1716, starb. sein Schwiegersohn, wurde nach Ancenis in der Bretagne und Bailly, General-Anwalt beim Staatsrate, der einige der Richter beleidigt haben sollte, indem er als Verwandter Fouquets Bittgesuche für denselben einreichte, nach Château-Thierry verbannt.

»Der Arzt und der Kammerdiener Fouquets wurden in der Bastille zurückgehalten aus Besorgnis, sie möchten, wenn sie frei wären, seinen Verwandten und Freunden Mitteilungen von seiner Seite überbringen. Der Kammerdiener hieß Lavallée, der Arzt war der aus Dieppe gebürtige Jean Pecquet, der Entdecker des sogenannten Pecquetschen Behälters. Beide wurden erst am 26. Februar 1665 aus der Bastille entlassen. Pecquet starb 1674.

»In Pignerol angekommen und im Schlosse untergebracht, gab Fouquet sich religiösen Betrachtungen hin. Er verfaßte dort einige Abhandlungen über Gegenstände der Moral und ertrug seine lange Gefangenschaft mit großer Geduld: sein Mißgeschick hatte ihn nicht niedergeschmettert. Einige Zeit nach seiner Gefangensetzung schlug der Blitz am hellen Tage in sein Zimmer, zerschmetterte einen großen Teil desselben und begrub mehrere Personen unter den Trümmern, während der Gefangene in einer Fensternische heil und unversehrt blieb. Dies veranlaßte verschiedene Personen zu der Bemerkung, daß diejenigen, welche vor den Menschen schuldig erscheinen, es oft vor Gott nicht sind.

»Wie es scheint, ist Fouquet noch gegen Ende 1664 in Pignerol angekommen und gegen Ende Februar oder Anfang März 1680 dort verstorben. Vgl. darüber den Abschnitt über die eiserne Maske. Seine Leiche wurde nach Paris gebracht und in der Klosterkirche der Dames Sainte-Marie beigesetzt, wie aus folgendem Auszug aus den Begräbnislisten dieser Kirche erhellt:

»Am 28. März 1681 wurde in unserer Kirche, in der Kapelle des heiligen Franz von Sales, Messire Nicolas Fouquet beigesetzt, der zu allen Ehrenstufen des Staatsdienstes gelangt und Parlementsrat, Requetenmeister, General-Prokurator, Oberintendant der Finanzen und Staatsminister gewesen war.«

»Von allen, die das Glück an Fouquet gekettet hatte, war Pellisson beinahe der einzige, der ihm treu blieb. Er hatte den Mut, seinen Herrn unverdrossen zu verteidigen, während beinahe alle andern ihn verließen.

»Colbert, der Freund der Frau von Chevreuse, die ihm dadurch, daß sie die Königin-Mutter bestimmte, Fouquet aufzugeben, einen großen Dienst erwies, war einer der Urheber des Sturzes des Oberintendanten. Er folgte ihm aber nur in der Stellung eines General-Kontroleurs der Finanzen, während die Stelle des Oberintendanten unterdrückt wurde.«

Briefe und Billets, die unter den Papieren Fouquets gefunden wurden.

1.
Fräulein de Menneville Eins der Ehrenfräulein von Madame. an Fouquet.

»Ich nehme Teil an dem Schmerze, den Sie mir darüber an den Tag legen, daß Sie nach der Bretagne haben abreisen müssen, ohne daß wir uns unter vier Augen ( en particulier) haben sehen können; ich tröste mich indessen, wenn ich bedenke, daß dergleichen Besuche Ihrer Gesundheit schaden können, und ich fürchte sogar, daß der Umstand, daß Sie sich das letzte Mal, als ich Sie unterwegs sah, mit allzu großer Heftigkeit hinreißen ließen, zu Ihrer Krankheit beiträgt.«

2.
Frau Fouquet Die Frau des auf S. 350 erwähnten Stallmeisters. Augenscheinlich auf dies Billet, das demnach in Saint-Mands aufgefunden worden ist, bezieht sich eine Stelle in einem Briefe Foucaults an Colbert vom 29. September 1661. »Ich sende Ihnen hier zwei Schriftstücke,« schreibt der Sekretär. »Das eine ist ein Brief, der meines Erachtens von der Hand der Schwägerin des Herrn Fouquet ist. Unsere Herren [Kommissare] haben ihn weder beachtet, noch die Schrift erkannt: Sie werden darüber denken, was Ihnen beliebt.« ( Ravaisson I, 373). an denselben.

»Zwingen Sie mich nicht, ich bitte Sie, das häßliche Wort Hahnrei von einem Manne zu gebrauchen, den Sie selbst mir gegeben haben. Für mich reicht es hin, daß Sie meine Bedenken besiegt haben, und ich gebe den Dingen für mein Teil noch eine andere Wendung, um mich zu beruhigen: denn ich bilde mir nun ein, daß er mir nichts ist, weil ich ihn nie geliebt habe, so daß ich Ihnen verspreche, künftighin mich so gegen Sie zu verhalten wie gegen einen Vetter im sechsten Gliede. Aber ich beschwöre Sie, gehen Sie ihm ein wenig um den Bart: er ist eifersüchtig und Hahnrei wie tausend.«

3.
Frau von Valentinois an denselben.

»Ich weiß nicht mehr, welches Vorwandes ich mich bedienen soll, um Sie zu besuchen. Ich bin heute zweimal fruchtlos unter Ihrem Fenster vorübergegangen; geben Sie mir ein Rendezvous: ich werde mich jedes Besuchs entledigen können, um mich dazu, einzufinden. Mit Frau ... habe ich gesprochen, wie es sich gehört, und kann Ihnen halb und halb für sie gut sagen. Ich habe Ihnen eine Zusammenkunft für übermorgen ausgewirkt, wünsche aber, daß sie dann nicht ist, wie sie heute war. Nie ist sie mir so liebenswürdig vorgekommen, und meine eigenen Angelegenheiten werden sicher recht schlecht stehen.«

4.
Der Abbé de Bélebat an denselben.

»Ich habe heute etwas für Sie gefunden. Ich weiß ein schönes, niedliches Mädchen aus gutem Hause und hoffe, daß Sie sie für dreihundert Pistolen haben können.«

5.
Frau Scarron an denselben.

»Ich kenne Sie noch nicht genug, um Sie zu lieben, und würde Sie vielleicht weniger lieben, wenn ich Sie kennte. Ich bin stets das Laster geflohen und hasse die Sünde von Natur, aber ich gestehe Ihnen, daß ich die Armut noch mehr hasse. Ihre zehntausend Thaler habe ich erhalten – wenn Sie in zwei Tagen noch zehntausend bringen wollen, so werde ich sehen, was ich zu thun habe.«

6.
Eine Unbekannte Aller Wahrscheinlichkeit nach war diese Unbekannte keine andere als abermals Frau Scarron, die spätere Frau von Maintenon. an denselben.

»Bis jetzt war ich so fest von meiner Stärke überzeugt, daß ich die ganze Welt herausgefordert haben würde. Aber ich muß gestehen, daß die letzte Unterredung, die ich mit Ihnen, gehabt habe, mich bezaubert hat: ich habe in Ihrer Unterhaltung tausend Annehmlichkeiten gefunden, auf die ich nicht gefaßt war. Kurzum, wenn ich Sie je allein sehe, so weiß ich nicht, was geschehen wird.«

7.
Frau du Plessis-Bellière Suzanne de Bruc, die Frau Pacques' de Rougé, Seigneurs du Plessis-Bellière, war die gewöhnliche Unterhändlerin Fouquets. Nach dem Sturze des Oberintendanten wurde sie nach Schloß Montbrison geschickt und dort in engem Gewahrsam gehalten. Sie starb, hundert Jahre alt, 1705. an denselben.

»Ich weiß nicht mehr, was ich sage, noch was ich thue, wenn man Ihren Absichten widerstrebt. Ich weiß mich vor Zorn nicht zu lassen, wenn ich bedenke, daß dies Fräulein de Lavallière die Feine mir gegenüber gespielt hat. Um ihre Gewogenheit zu gewinnen, habe ich vor ihrer Schönheit das Rauchfaß geschwungen, die doch gar nicht so groß ist. Als ich ihr dann aber zu verstehen gab, Sie würden dafür sorgen, daß es ihr nie an etwas fehle, und hätten zwanzigtausend Pistolen für sie liegen, geriet sie gegen mich in Harnisch und bemerkte, zwanzigtausend Pistolen wären nicht imstande, sie zu einem Fehltritt zu verleiten. Und sie wiederholte mir das mit einem solchen Stolze, daß ich, obschon ich, bevor wir uns trennten, kein Mittel unbenutzt gelassen habe, um sie wieder zu besänftigen, doch sehr fürchte, sie wird dem König davon erzählen, so daß wir ihr also zuvorkommen müssen. Halten Sie es zu diesem Zwecke nicht für angebracht, wenn man sagt, sie habe Geld von Ihnen verlangt und Sie hätten ihr abschläglich geantwortet? Das wird sie der Königin-Mutter verdächtig machen. Die dicke Frau Brancas und die de Garde werden uns treulich Bericht über sie erstatten: wenn die eine sie verläßt, nimmt die andere sie in Beschlag. Ich mache schließlich gar keinen Unterschied mehr zwischen Ihren Interessen und meinem Wohle. Die Klugheit verlangte, daß ich Saigle besuchte: er scheint ein herzensguter Mensch, aber sehr dumm in unsern Angelegenheiten zu sein. Ich habe ihm für drei Monate Beschäftigung gegeben und ihm das auf die angenehmste Weise von der Welt beigebracht. Wirklich, man ist sehr glücklich, wenn man die Angelegenheiten eines Mannes wie Sie zu besorgen hat: Ihr Verdienst räumt alle Schwierigkeiten aus dem Wege, und wenn der Himmel gerecht wäre, würden wir eines Tages die Fürstenkrone auf Ihrem Haupte sehen.«

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