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BB.
La Bourdonnais.

(Vgl. Carra II, 197-202.)

Mahé de la Bourdonnais, Fregatten-Kapitän und Gouverneur der Inseln France und Bourbon, begab sich auf Befehl des Königs vom 1. März 1748 in die Bastille.

La Bourdonnais hatte in Indien ein Geschwader kommandiert und den Engländern Madras weggenommen. Dabei sollte er sich mannigfacher Veruntreuungen und Unterschleife schuldig gemacht haben. Aktenstücke über diesen Prozeß haben sich nicht in der Bastille vorgefunden. Aus dem auf ihn bezüglichen Artikel ist nur zu ersehen, daß ein Teil seiner Flotte kurz nach der Einnahme von Madras bei einem Sturme vor dieser Stadt zu Grunde gegangen war.

Nur soviel steht fest, daß eine Kommission eingesetzt wurde, durch deren Urteil er von aller Schuld an den ihm zur Last gelegten Verbrechen freigesprochen ward, und die – im Falle der königlichen Genehmigung – seine Entlassung aus der Bastille anordnete, welche dann auch am 5. Februar 1751 erfolgte.

Aus andern Noten geht hervor, daß er mehr als 800 000 Livres Renten hatte, ungeachtet er genötigt worden war, achtzehn Millionen Livres an den König zurückzuzahlen. Aus diesem Grunde beschuldigte man ihn, sich auf Kosten des Königs bereichert zu haben.

Während seines Aufenthalts in der Bastille fand La Bourdonnais Mittel und Gelegenheit, einen heimlichen Verkehr mit der Außenwelt zu unterhalten, und zwar durch Vermittlung Lamothes, eines Unteroffiziers von der Garnison des Schlosses.

Das Einverständnis zwischen dem Gefangenen und dem Unteroffizier wurde am 23. Januar 1750 entdeckt.

An diesem Tage wurde Lamothe, als er am Gitter des innern Thores Wache stand, in geheimer Verhandlung mit La Bourdonnais gesehen, der ihm während seines Spaziergangs auf dem innern Hofe nach mehrfachem Kommen und Gehen und verschiedenen Zeichen ein kleines, in graues Papier eingeschlagenes Paket durch die Stäbe zugeworfen hatte.

Einer der Schließer, der Augenzeuge dieses Vorgangs gewesen war, setzte auf der Stelle den eben eingetretenen Kommandanten davon in Kenntnis, der sofort umkehrte und das Paket hinter dem Schilderhause auffand, wohin Lamothe es mit dem Fuße gestoßen hatte.

Auf den Bericht hin, der d'Argenson von diesem Vorfalle erstattet wurde, bestimmte dieser Minister, daß die Öffnung des in Rede stehenden Paketes nach der üblichen Form in Gegenwart des Herrn de la Bourdonnais und des Lamothe erfolgen solle. Dieser Befehl wurde am 27. Januar durch Dufour de Villeneuve, den Berichterstatter im Prozeß La Bourdonnais, in Gegenwart des Herrn Lambert, des Sieur de la Bourdonnais und des Unteroffiziers in Ausführung gebracht.

Es fanden sich in dem Pakete nur Verteidigungsschriften La Bourdonnais', von denen er schon vorher den Herren Lambert und de Villeneuve Abschriften übersandt hatte. Das Ganze umfaßte 83 engbeschriebene Seiten Briefpapier. Außerdem lag ein Billet an seine Frau auf einem halben Quartbogen bei.

Dies Billet lautete:

»Beiliegend findet sich die Abschrift der Noten, die ich an Herrn de Villeneuve und Herrn Lambert geschickt habe. Die Reinschrift ist ein wenig besser stilisiert, der Sinn aber ist allenthalben derselbe. Wenn Dir dies zukommt, theure Königin, so wirst Du meines Erachtens gut thun, es Deinem Advokaten zu geben, damit er im voraus eine kleine Denkschrift anfertigt, die dem Gericht vor der Fällung des Urteils vorgelegt werden kann. Ich habe eine Kopie zurückbehalten in der Absicht, sie dem Gericht zu unterbreiten, wenn man mir hartnäckig jeden Rechtsbeistand verweigern sollte. Teile mir mit, ob ich gut daran thun würde. Ich glaubte, Dir die Noten übersenden zu müssen, damit Du thust, was Du für angemessen hältst, denn ich überlasse alles Deinem Urteile.

»Ich erwarte Herrn de Villeneuve; er hat mir sagen lassen, daß die Sache sich ihrem Ende nähert – um so besser.

»Du kannst wegen meines Prozesses ganz ruhig sein. Ich fürchte nur die Unwissenheit der Richter in Bezug auf das, was die Verhältnisse in Indien und das Seewesen anlangt. Im übrigen liegt nicht so viel gegen mich vor, wie nötig wäre, um einen Offizier nur auf vierundzwanzig Stunden in Arrest zu bringen.

»Auch wegen meiner Gesundheit kannst Du ruhig sein. Der Gedanke, daß ich Dich ja noch vor meinem Ende sehen soll, treibt mich an, für mich Sorge zu tragen. Die Beine waren mir angeschwollen, seitdem ich mir indessen Bewegung mache, nimmt die Geschwulst mehr und mehr ab. Ich hatte Dich um Arzneien gebeten, aber Herr de Villeneuve hat meinen Brief nicht abgehen lassen: alle meine Briefe, die, im Fall Du sie zeigtest, geeignet sein würden, Mitleid mit meinem Schicksal zu erregen, hält er zurück und hat mir erklärt, daß keiner, der die Bemerkung enthielte, daß ich mich nicht wohl befände, ferner bestellt werden würde. Du kennst indessen mein Mittel, Dir sichere Nachricht von mir zukommen zu lassen. Verlaß Dich auf die vorliegende. Umarme meine Kinder, Dir aber, teure Freundin, sage selbst alles, was ich für Dich empfinde. Leb wohl, ich küsse Dich von ganzem Herzen. Am 14. Januar 1750.«

La Bourdonnais anerkannte seine Handschrift, weigerte sich aber, das Billet zu unterschreiben.

Vor der Entdeckung seines Einverständnisses mit dem Unteroffizier genoß er in der Bastille Freiheiten und Erleichterungen, die den gewöhnlichen Gefangenen nicht gestattet werden. Unter anderm war ihm erlaubt, sich Lebensmittel aus seinem Hause bringen zu lassen, die dann in der Bastille nach seinem Geschmacke zubereitet wurden.

Außerdem waren ihm Tinte, Federn, Papier und alle Bücher verstattet, die er zu haben wünschte. Die Kommissare hatten ihm sogar den Mercure und die Gazette de France erlaubt.

Ferner durfte er dreimal wöchentlich jedes Mal anderthalb Stunde spazieren gehen.

Nach diesem Vorkommnis aber wurden ihm alle diese Vergünstigungen entzogen.

Der Unteroffizier wurde vor der Front der Compagnie als infam kassiert und sein Name auf der Liste des Invalidenhauses gelöscht. Dieser Unglückliche wurde während seiner Haft wahnsinnig und am 28. Februar 1751 der Färberin Foucault in Lyon, seiner Tante, übergeben, die die Sorge für ihn übernahm.

*


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