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Dem een' sin Ul, is dem annern sin Achternagel«, sagt die uralte Bauernweisheit.
Die Zeit der schweren Not ist gekommen für alles Friedwild; Schnee und Eis verhüllen das Land, überdecken die Gewässer, erschweren das Zuwechseln und decken die ohnehin schon spärliche Äsung zu.
Am besten geht es noch den Waldhühnern, die sich an Fichtennadeln, Birkenkätzchen und Knospen äsen können; schlimmer geht es schon dem Feldhuhn und noch ärger den Fasanen, und auch die Enten müssen oft weit streichen, ehe sie ein offenes Gewässer antreffen.
Noch übler ist das Haarwild daran. Hase und Reh können nicht an die Saat; der eine verdirbt sich am steifgefrorenen Futterkohl, das andere tritt sich beim Plätzen die Läufe wund. Auch der Hirsch leidet in rauhen Lagen und wo er nicht angefüttert wird, Mangel und muß schälen, solange Hartschnee Heidkraut und Beerensträucher zudeckt.
Das Haarraubzeug hat es um so besser; sein Tisch ist jeden Tag gut beschickt. Der Hartschnee ist sein bester Freund. Bei jedem Tritt bricht das Reh durch, und es dauert nicht lange, und es klagt an den Läufen. Dann aber ist es reif für den Fuchs. Er hat es nicht mehr nötig, das Kitz zu beschleichen; er jagt es mit Gewalt und hetzt es bald zu Stande, denn bei jeder Flucht, die es macht, zerschneidet ihm die Schneekruste die Läufe noch mehr, und schließlich kann es nicht mehr weiter.
Oben in den Bergen, wo der Schnee so hoch liegt, daß die Fichten kaum die Wipfel herausstecken, geht es dem Rotwild nicht besser. Zwei, drei, vier Eisschichten, hart wie Stein und scharf wie Glas, ziehen sich durch den Schnee. Was hilft dem starken Hirsch seine Kraft, was nützt ihm sein braves Geweih. Abgekommen infolge der ungenügenden Äsung tritt er sich mühsam ein Lager im Windschatten. Da raschelt es leise; ein alter Fuchsräkel steht vor dem Zehnender. Der äugt ihn gleichgültig an, denn das winzige Tier, was kann es ihm tun. Aber da raschelt es wieder, und eine alte Betze schleicht heran, und nun geht die Quälerei los. Der eine Fuchs zwickt den Hirsch in die Keule, der andere springt ihm nach dem Vorschlage, und da wird es dem Hochgeweihten zu dumm, er flüchtet, aber er flüchtet in den Tod. Bei jeder Flucht tritt er durch, einen Lauf nach dem anderen reißt er sich zu Schaden, und doch muß er weiter, denn vier Füchse jagen jetzt an ihm; mit hellem Halse jagen sie ihn, und ehe die Nacht auf der Mitte ist, ziehen sie ihn nieder.
Gut, sehr gut geht es dem Fuchs um diese Zeit. So manches Huhn, dem das Gefieder vereiste, reiß er, manchen Fasan, der vor Sturmgeheul den Rotrock nicht vernahm, greift er, und im wilden Schneetreiben gelingt es ihm oft genug, die wilde Ente in der Uferbucht zu übertölpeln. Zudem sind noch Mäuse da, auf jeder Miste liegen die Reste von den Hausschlachtungen, so mancher Hase hat den Tod im Leibe, weil er sich am Kohl verdarb, also hat der Fuchs nichts auszustehen. Sein Balg ist blank und sitzt ihm strammer als je und ist dick mit Ungel ausgepolstert. Auf der Höhe seiner Kraft ist er; der Haber sticht ihn. Wenn es friert, daß die Rinde reißt und das Holz kracht, wenn am hellen Himmel alle Sterne blitzen, dann hallt es von der steilen Bergwand: »Waff, waff, waff,« und aus den Klippen kommt die Antwort: »Wäff, wäff, wäff«. Das ist die Betze, die dem Räkel antwortet. Sie ist heiß und beginnt zu rennen. Ihre Spur hat dreimal so viel Witterung denn vordem, und lange dauert es nicht, und ein Räkel ist hinter ihr her, und bald darauf noch einer, und womöglich noch ein dritter, und gellend klingt durch mondhelle Winternacht das schneidende Gekecker der drei Rüden, die sich um die Tiffe balgen.
Jetzt ist es Zeit für dich, du Jägersmann, den Drilling vom Hirschhornhaken zu langen, die Patronen mit Nummer drei in den Rucksack zu stecken und zu Holze zu ziehen, warm, aber nicht zu schwer angezogen, und mit einer handfesten Erbsensuppe unter der Wollweste. Als tote Zeit gilt den meisten Jägern die jetzige; du weißt es besser. Erstens gibt es für den Heger überhaupt keine toten Wochen, denn er hat immer etwas draußen zu tun, und sei es auch nur, um etwelchem zweibeinigen Raubzeug zu beweisen, daß es besser bei Muttern bleibt. Aber lohnt es sich nicht, im Holze den Edelmarder anzugehen oder an der Scheune sich auf die ranzenden Hausmarder anzustellen, die Knüppelfallen und Würgekästen fängisch zu stellen, am Bache nachzusehen, ob nicht ein Erpel zu erwischen ist, oder einen überzähligen Fasanenhahn mit dem Hunde zu suchen, und schließlich, was gibt es wohl Schöneres, als bei klirrendem Froste, die Füße im Raffsack, in den warmen alten Mantel gehüllt und die Pferdedecke über den Knien, an einem guten Passe auf den Fuchs zu warten? Dann sind noch die Baue da, und die füchseln jetzt streng, den Teckel hinein, den schneidigen, oder den giftigen Fox, und dann gewartet, bis es poltert und Er mit Ihr springt, Reineke Rotvoß nebst Gattin, um im Feuer dem Schützen ihre Diener zu machen. Wahrhaftig, wer da noch von toter Zeit redet, dem ist das Weidwerk ein Buch mit sieben Siegeln.
Hohe Weidmannslust bietet das alles, aber noch höhere ein heimlicher Pirschgang bei rieselndem Schnee im stillen Walde, vorzüglich, hat man das weiße Zeug an und ist der Schnee weich, so daß man unsichtbar und lautlos dahinschleicht. Es ist nicht nötig, daß man sich die halbe Nacht um die Ohren schlägt, oder vor der Sonne aus dem Bette kriecht, denn die Betze ist heiß, die Betze rennt, die rennt den ganzen Tag. Zu jeder Stunde kannst du sie antreffen, lieber Jägersmann, sie und ihre verliebte Gefolgschaft. Jetzt, am hellen Vormittage, wo die Sonne über das ganze Gesicht lacht, ist es prachtvolle Zeit, still dahinzuschleichen, die Pfeife im Munde. Die Luft ist warm, kein Lüftchen rührt sich, die Meisen piepen und die Dompfaffen locken und unten im Vorholze schimpfen die Markolse. Fällt dir das nicht auf? Denkst du nicht darüber nach, daß die Prahlhänse einen Grund haben müssen, solchen Lärm zu schlagen? Und warum zetert jetzt der Zaunkönig so entrüstet in dem Himbeergestrüpp, und weshalb warnt der Buntspecht auf einmal? Sperr die Augen auf und pirsche dich vorsichtig, aber sehr vorsichtig bergab; der Schnee ist weich, und du hast das weiße Zeug an, darfst es also getrost wagen. Siehst du, nun reißt du die Augen auf, denn da unten ist ein Fuchs auf der Maussuche! Mach dich fertig und mäusele, aber nur einmal und nicht zu laut! Das muß man sagen, er hat Folge, der Fuchs; er kommt auf den Pfiff. Aber lasse ihn noch zehn Gänge näher heran und warte, bis er sich bereit stellt! So, jetzt ist es Zeit! Nicht wahr, das macht doch mehr Spaß, als in der Stadt zu stecken, Bitterbier zu trinken und Skat zu dreschen? Und deine liebe Frau wird sich über den Balg sehr freuen, denn es ist etwas ganz feines, ein Silberfuchs, wie er im Buche steht.
Nun wird erst einmal gründlich gefrühstückt, und dann der Fuchs gestreift und der Kern für die Meisen hingehängt. So und nun? Auf einem Beine kann man nicht stehen; vielleicht daß dir noch einer kommt. Es fängt an zu schneien, erst dünn und wenig, und dann dick und viel. Das ist gerade das Richtige, denn nichts hat der Fuchs lieber, als so ein weiches, warmes Schneegeriesel, weil er dann lautlos pirschen kann und der Hase ihn aushält. Der breite Steg im hellen Stangenorte ist zu verlockend. Rundherum sind wilde Klippen und mehr als ein alter Bau ist unter ihnen; da hast du Hoffnung auf Anblick. Und außerdem, wie sagt doch der Dichter: »Und folgst du nicht willig, so brauch ich Gewalt!« Du kannst doch noch den Vogelangstruf zwischen Unterlippe und Vorderzähnen schrillen lassen, und der geht dem Fuchs lieblich ein, und hilft das noch nichts, dann mußt du mit der gröberen Nummer heraus, mußt den Hasen klagen oder das Kitzangstgeschrei erschallen lassen. Hier zum Beispiel wäre ein guter Fleck dafür; rechts über dir am Hange in dem wilden Felsgetrümmer, das in Jungfichten verborgen liegt, steckt der Fuchs liebendgern, und links unter dir in der Steilwand ist ein alter Mutterbau. Also losgequäkt! Das genügt; nicht mehr! Und nun ruhig eine halbe Stunde gewartet. Bedenke, die Betze rennt, der Fuchs denkt jetzt noch an etwas anderes, als an warmen Hasenbraten, und so wird er sich vielleicht sehr viel Zeit lassen. Doch hat er das Quäken vernommen, so kommt er dir bestimmt, vorausgesetzt, daß du nicht zu früh den Stand verlässest. Achtung, da bricht etwas, da oben am Hange! Langsam den Kopf gedreht, ganz langsam! Aber es ist nur ein alter Rammler, der da einen Kegel macht und spielohrt, weil er gern wüßte, warum einer aus seiner Sippe so jämmerlich klagt. Langsam hoppelt er bergauf. Aber jetzt zetert der Zaunkönig halblinks, und nun fangen die Meisen an zu schimpfen, und in der Buchenjugend krispelt es leise, wird wieder still, krispelt lauter, Schnee raschelt vom harten Winterlaub, der Zaunkönig zetert gewaltig, die Meisen schimpfen über die Maßen, und jetzt, ist das nicht ein Bild für einen Jagdmaler? Da steht er ja, der Fuchs, auf der verschneiten Steinplatte, den rechten Vorderlauf gehoben, mit den gelben Sehern scharf nach dir hinäugend und sorgfältig Wind nehmen! Nicht schießen, noch nicht! Ehe du angebackt hast, ist er fort. Aber jetzt äugt er nach der anderen Seite und nun ist es an der Zeit. Der liegt; er schlug ein bildschönes Rad! Es ist nur ein jähriger Rüde, aber sein Balg ist nicht schlecht.
Zwei Füchse in drei Stunden; das nennt man: genossen gemacht werden! Aller guten Dinge sind aber drei. Nach dem Mittag wollen wir gleich wieder heraus, denn Füchse gibt es hier am rauhen Hange genug, und jetzt sind sie zu kriegen, weil die Betze rennt.