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Unter den Völkern des alten Europa hat wohl keines mehr nationale Zerfahrenheit aufzuweisen als das italienische – und keines Landes Geschichte weniger Solidarität in politischen Bestrebungen als die Italiens, obwohl sie wimmelt von einer Reihe blutiger Kämpfe, ununterbrochen und durch alle Phasen politischer Gestaltung fortlaufend von dem Einbruche der Heruler, Goten und Vandalen an bis zu der friedenschaffenden Geburt jenes erleuchteten Gedankens des europäischen Gleichgewichtprinzips.
Nie hat Italien ein politisches Ganzes gebildet, selbst zu der Zeit nicht, als Roms Stern in seinem Zenit stand.
Es liegt auf der Hand, wie eifrig sich die, der Asche ihrer Vorgänger erstiegenen Phönixe des Umsturzes, dieses Satzes der Geschichte bemächtigen mussten, um zu erweisen, dass er allein die Erfolglosigkeit aller bisherigen revolutionären Bestrebungen begründe, die den Garten Europas seit Jahrhunderten mit Blut gedüngt.
Sofort unternahmen es die sogenannten Apostel der Freiheit, den Gedanken der »Einheit Italiens« durch das im >dolce far niente< schlummernde Land zu tragen und den antiken klassischen Geist zu wecken.
Ihr Eifer war groß und der Erfolg ermutigend; denn bald spann sich über die ganze Halbinsel von den rätischen Alpen bis an das Kap Passaro ein dichtes, dunkles Netz – das der Carbonaria.
Und aus den Lavaschlacken des vulkanischen Bodens Neapels erhob zuerst die Revolution ihr Gorgonenhaupt, schritt mit ehernem Fuße, zertretend alle Blüten des jungen Weltfriedens, durch die Lande am Tiber und Arno über den Po und pochte drohend an die Felsenpforten des deutschen Nordens.
Da erkannten die Wächter des Weltfriedens, es tue schleunig Wehr und Hilfe Not, sollen nicht die kaum verharschten Wunden wieder aufgerissen werden, der Welt geschlagen von der übermütigen Faust jenes »Mannes der Insel«, dessen Adlerflug erst erlahmte, als der Gott des Friedens dem modernen Belsazar das >Mane, tekel, phares< vorschrieb in den Flammen Moskaus. –
Echt italisch – meteorartig – zischte auf und verlosch der Brand, den die Carbnonaria angefacht, als Österreichs gewaltiger Aar im raschen Fluge das Land durchzog von der blauen Adria bis zu tyrrhenischen Meere.
In diese Periode fällt das erste Auftreten jenes Mannes, den die neue Zeit und italische Rhetorik »Spada d' Italia« getauft – damals noch Prinz von Carignan. Er zählte zu den Carbonaris, und seinem Haupte war die Krone des einigen Italiens zugedacht – ein Geschenk, das ihm damals schon die Ehrlichkeit des Charakters – in unseren Tagen aber seine Krone und – das Leben kostete.
Kaum ein Dezennium war verflogen, als es wieder zuckte und zitterte durch das heißblütige Land – das erste Lebenszeichen der Giovine Italia, der neuen Phase des Carbonarism', denn weithin durchs Land ertönte die Kunde der »glorreichen Julitage« Frankreichs.
Doch wurde das trikolore Banner erst erhoben, als von dorther die absurde Phrase der Nichtintervention in die Welt geschrien wurde.
Ließ sich wohl auch von jener Regierung ein anderes erwarten, als dass sie bei dem ersten Hilferuf des »jungen Italiens« eine Armee über die Alpen schicken würde? Und war dann ein abermaliges Misslingen der Erhebung denkbar, besonders, als die Fäden der Leitung in einer, und zwar einer fluchwürdig kräftigen Hand lagen, in der Giuseppe Mazzinis, dem von da an unermüdlich wühlenden Agitator Italiens, der diese Rolle immer wieder aufnahm, sobald er die eines ephemeren Diktators ausgespielt?
Modena, Parma und Bologna erhoben gleichzeitig die Fahne des Aufruhrs mit günstigem, wenngleich nur teilweisem Erfolge.
Aber während die »befreiten« Landschaften einen Kongress nach Bologna – zur Konstituierung der föderativen Republik einberiefen und eine bewaffnete Macht unter Leitung des ehemalig österreichischen Generals Zucchi zu organisieren begannen, rückten schon unter des ebenso tapferen als gefürchteten Frimont Kommando die Heeressäulen Österreichs gegen den Po heran, den bedrängten Fürsten Mittelitaliens und dem Papste zu Hilfe.
Es war dies zu Anfang März des Jahres 1831. –