Benvenuto Cellini
Leben des Benvenuto Cellini
Benvenuto Cellini

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Viertes Kapitel

Herzog Alexander nimmt den Autor sehr freundlich auf. – Dieser macht eine Reise nach Venedig mit Tribolo, einem Bildhauer. – Sie kommen nach Ferrara und finden Händel mit florentinischen Ausgewanderten. – Nach einem kurzen Aufenthalte in Venedig kehren sie nach Florenz zurück. – Wunderliche Geschichte, wie der Autor sich an einem Gastwirte rächt. – Nach seiner Rückkunft macht ihn Herzog Alexander zum Münzmeister und schenkt ihm ein vortreffliches Schießgewehr. – Oktavian Medicis macht dem Autor mancherlei Verdruß. – Papst Paul III. verspricht ihm Begnadigung und lädt ihn wieder nach Rom in seine Dienste. – Er nimmt es an und geht nach Rom zurück. – Großmütiges Betragen Herzog Alexanders.

Ich kam nach Florenz und wartete dem Herzog Alexander auf, der mir sehr freundlich begegnete und verlangte, daß ich bei ihm bleiben sollte. Es war aber in Florenz ein Bildhauer, namens Tribolo, mein Gevatter: ich hatte ihm einen Sohn aus der Taufe gehoben. Der sagte mir, daß ein gewisser Jakob Sansovino, bei dem er in der Lehre gestanden, ihn verschrieben habe, und weil er Venedig niemals gesehen, denke er hinzureisen, besonders weil er daselbst etwas zu verdienen hoffe, und da er höre, daß ich auch nicht in Venedig gewesen sei, so bitte er mich, diese Spazierreise mit ihm zu machen. Weil ich ihm nun dieses schon versprochen hatte, antwortete ich dem Herzog Alexander: ich wünschte, erst nach Venedig zu gehen, und würde nach meiner Rückkehr zu seinen Diensten sein. Er war es zufrieden, und des andern Tages ging ich, reisefertig, mich nochmals zu beurlauben. Ich fand ihn in dem Palast der Pazzi, zu der Zeit, als die Frau und die Töchter des Herrn Lorenzo Cibo daselbst wohnten; ich ließ meine Absicht melden, und der Herr Cosmus Medicis, der jetzt Herzog ist, kam mit der Antwort zurück und sagte mir: ich solle Niccolo da Monte Aguto aufsuchen: der würde mir fünfzig Goldgulden geben; diese schenke mir Seine Exzellenz der Herzog, ich solle sie auf seine Gesundheit verzehren und alsdann zu seinem Dienste zurückkommen.

Ich erhielt das Geld und ging zu Tribolo, der bereit war und mich fragte, ob ich meinen Degen aufgebunden hätte? Ich sagte ihm: wer zu Pferde sei, um zu verreisen, brauche den Degen nicht festzubinden. Er versetzte darauf: in Florenz sei das nun der Gebrauch, denn ein gewisser Fra Maurizio sei ein sehr strenger Aufseher und würde um einer Kleinigkeit willen St. Johann den Täufer selbst wippen lassen; wenigstens bis vor das Tor müßten wir die Degen aufbinden. Ich lachte, und wir machten uns auf den Weg, indem wir uns an den Kondukteur der ordinären Post von Venedig anschlossen, der Lamentone hieß, und so zusammen weiterzogen.

Unter anderm kamen wir nach Ferrara und traten in dem Wirtshaus auf dem Platz ein. Lamentone ging, einige Ausgewanderte aufzusuchen, denen er Briefe und Aufträge von ihren Weibern brachte. Denn das hatte der Herzog erlaubt, daß der Kondukteur allein mit ihnen sprechen durfte, sonst niemand, bei Strafe gleicher Verbannung als die, in welche sie verfallen waren. Um die Zeit (es war ungefähr zweiundzwanzig Uhr) ging ich mit Tribolo, den Herzog von Ferrara auf seinem Rückwege zu sehen, der von Belfiore kam, wo man vor ihm turniert hatte. Wir fanden unter der Menge viele Ausgewanderte, die uns so starr in die Augen sahen, als wenn sie uns nötigen wollten, mit ihnen zu sprechen. Tribolo, der der furchtsamste Mensch von der Welt war, lispelte mir immer zu: Sieh sie nicht an! rede nicht mit ihnen, wenn du wieder nach Florenz zurück willst! So sahen wir den Herzog einziehen und kehrten wieder in unsere Herberge, wo wir den Lamentone fanden. Gegen ein Uhr in der Nacht (nach Sonnenuntergang) kamen Niccolo Benintendi mit Petern, seinem Bruder, und ein Alter (ich glaube, es war Jakob Nardi) und noch mehrere junge Leute, alles Ausgewanderte. Der Kondukteur sprach mit einem jeden von seinen Geschäften; Tribolo und ich hielten uns entfernt, um nicht mit ihnen zu reden. Nach einer Weile fing Niccolo Benintendi an: Ich kenne die beiden recht gut. Haben sie Quark im Maule, daß sie nicht mit uns reden können? Tribolo hielt mich an, ich sollte still sein, und Lamentone sagte zu ihnen: er habe die Erlaubnis, mit ihnen zu reden, und nicht wir. Benintendi antwortete: das sei eine Eselei! der Teufel könne uns holen! und andere dergleichen schöne Dinge. Da hub ich das Haupt auf und sagte so bescheiden, als ich nur wußte und konnte: Meine lieben Herren! bedenket, daß Ihr uns viel schaden könnet und wir Euch nicht zu helfen wüßten. Ihr habt zwar manches unschickliche Wort gesagt, aber wir wollen deshalb mit Euch nicht zürnen. Der alte Nardi sagte: ich sei ein braver junger Mann und habe auch so gesprochen. Darauf versetzte Benintendi: Ich gebe nichts auf sie und ihren Herzog! Ich antwortete darauf: er habe sehr unrecht, und wir wollten weiter nichts von ihm wissen. Der alte Nardi hielt es mit uns und stellte ihm seine Unart vor; aber er fuhr mit Schimpfreden fort, und ich sagte ihm: wenn er nicht aufhörte, so sollte er es bereuen. Darauf rief er: er verwünsche den Herzog und uns! er und wir wären eine Handvoll Esel!

Darauf schalt ich ihn einen Esel und zog den Degen. Der Alte, der zuerst die Treppe hinunter wollte, stolperte auf den ersten Stufen, stürzte hinab, und die andern über ihn her; ich sprang vor und wetzte mit dem Degen an den Wänden und schrie wütend: Ich bringe Euch alle zusammen um! Doch nahm ich mich wohl in acht, jemand Leids zu tun, wie ich doch genug gekonnt hätte. Der Wirt schrie, Lamentone wollte mich abhalten, einige riefen: Wehe, mein Kopf! andere: Laßt mich hinaus! Es war ein unschätzbarer Handel, es schien eine Herde Schweine durcheinander zu fahren. Der Wirt kam mit dem Lichte, ich ging wieder hinauf und steckte den Degen ein, Lamentone verwies dem Benintendi sein Unrecht, und auch der Wirt schalt ihn aus. Es steht das Leben darauf, sagte dieser, wenn hier jemand den Degen zieht, und wenn unserm Herzog Eure Insolenzen bekannt wären, so ließ er Euch alle aufhängen. Ihr verdientet wohl, daß ich es anzeigte; aber kommt mir nicht mehr ins Haus, sonst soll es Euch übel gehen! Hernach kam der Wirt herauf zu mir, und als ich mich entschuldigen wollte, ließ er mich nicht zum Worte kommen und sagte: er wisse wohl, daß ich tausend Ursachen habe, ich solle mich nur auf der Reise vor ihnen in acht nehmen.

Da wir abgegessen hatten, kam ein Schiffer, uns nach Venedig zu führen. Ich fragte, ob wir das Schiff ganz frei für uns haben könnten? Er sagte: ja! und darauf wurden wir einig.

Des Morgens, gut um achte, nahmen wir Pferde, um nach dem Hafen zu gehen, der einige Miglien von Ferrara entfernt ist. Als wir ankamen, fanden wir den Bruder des Niccolo Benintendi mit drei Gesellen, die mir aufpaßten; zwei von ihnen waren mit Spießen bewaffnet. Ich hatte mich aber auch wohl versehen und mir einen Spieß in Ferrara gekauft, und so erschrak ich nicht im mindesten; Tribolo desto mehr, der ausrief: Gott helfe uns! diese werden uns totschlagen. Lamentone kehrte sich zu mir und sagte: Du wirst am besten tun, nach Ferrara zurückzugehen, denn ich sehe, die Sache ist gefährlich. Mein Benvenuto! gehe der Wut dieser rasenden Bestien aus dem Wege. Da sagte ich: Nur getrost vorwärts! Dem, der recht hat, hilft Gott, und du sollst sehen, wie ich mir selbst helfen will. Ist dieses Schiff nicht uns allein versprochen? Lamentone sagte: ja! und ich antwortete: So wollen wir auch allein darin abfahren, wenn meine Kraft meinem Willen gleich ist. Ich trieb mein Pferd vorwärts, und da wir ungefähr zehen Schritte entfernt waren, stieg ich ab und ging mit meinem Spieße kühn auf sie los. Tribolo war zurückgeblieben und hatte sich auf seinem Pferde zusammengekauzt, daß er wie der Frost selbst aussah, und Lamentone schnaubte und blies, daß man einen Wind zu hören glaubte, denn es war seine Angewohnheit, und diesmal tat er es stärker als gewöhnlich, denn er bedachte, was diese Teufelei für einen Ausgang haben möchte.

Als ich zum Schiffe kam, trat der Schiffer vor mich und sagte, daß diese florentinischen Edelleute, wenn ich es zufrieden wäre, mit in das Schiff steigen wollten. Darauf versetzte ich: Das Schiff ist für uns, nicht für andere gemietet, und es tut mir herzlich leid, daß ich sie nicht einnehmen kann. Darauf sagte ein tapferer Jüngling, von den Magalotti: Benvenuto! du wirst wohl können, was wir wollen? Darauf antwortete ich: Wenn Gott, mein Recht und meine Kräfte wollen und können, so werde ich wohl nicht wollen und können, wie Ihr wollt und meint. Mit diesen Worten sprang ich sogleich in das Schiff, kehrte ihnen die Spitze der Waffen zu und sagte: Hiermit will ich Euch zeigen, daß ich nicht kann. Der von den Magalotti zeigte einige Lust, zog den Degen und kam heran; da sprang ich auf den Rand des Schiffes und stieß so gewaltsam nach ihm, daß, wäre er nicht rücklings zur Erde gefallen, ich ihn durch und durch gestoßen hätte. Die andern Gesellen, anstatt ihm zu helfen, zogen sich zurück: ich hätte ihn auf der Stelle umbringen können. Aber anstatt ihm eins zu versetzen, sagte ich: Stehe auf, Bruder, nimm deine Waffen und gehe fort! wohl hast du gesehen, daß ich nicht kann, was ich nicht will. Dann rief ich Tribolo, den Schiffer und Lamentone herein, und so fuhren wir gegen Venedig. Als wir zehn Meilen auf dem Boot zurückgelegt hatten, kamen uns diese jungen Leute in einem Kahne nach, und als sie gegen uns über waren, sagte mir der dumme Peter Benintendi: Komm nur weiter, Benvenuto! es ist jetzt nicht Zeit, aber in Venedig wollen wir uns wiedersehen. Darauf versetzte ich: Laßt es nur gut sein, ich komme schon, und Ihr könnt mich überall wiederfinden!

So kamen wir nach Venedig, und ich wartete dem Bruder des Kardinal Cornaro auf, den ich bat, daß er mir die Erlaubnis verschaffen möge, den Degen tragen zu dürfen. Er versetzte darauf, daß ich ihn nur frei und ohne Erlaubnis anstecken sollte; das Schlimmste, was mir begegnen könnte, wäre, daß mir die Polizei den Degen wegnähme.

So gingen wir bewaffnet und besuchten Jakob del Sansovino, den Bildhauer, der den Tribolo verschrieben hatte. Er begegnete mir äußerst freundlich und behielt uns zum Essen. Da sagte er zu Tribolo: er könne ihm gegenwärtig keine Arbeit geben, er möge doch ein andermal wiederkommen. Da fing ich an zu lachen und sagte scherzend zu Sansovino: Sein Haus ist zu weit von dem Eurigen, als daß er Euch so ganz bequem besuchen könnte. Der arme Tribolo erschrak und zeigte den Brief vor, durch den er berufen war. Darauf antwortete Sansovino: Wackre und kunstreiche Männer meinesgleichen dürfen das und noch mehr tun. Tribolo zog die Achseln und sagte: Geduld, Geduld! Ich nahm darauf ohne Rücksicht auf das herrliche Mittagsessen die Partie meines Gesellen, auf dessen Seite das Recht war, und überdies hatte Sansovino bei Tische nicht aufgehört, von seinen großen Werken zu sprechen, von Michelagnolo und allen Kunstverwandten Übels zu reden und sich ganz allein übermäßig zu loben, so daß mir für Verdruß kein Bissen schmecken wollte. Da sagte ich nur die paar Worte: Wackre Männer zeigen sich durch wackre Handlungen, und die kunstreichen, welche schöne und gute Werke machen, lernt man besser durch das Lob aus fremdem Munde als aus ihrem eigenen kennen. Darauf stiegen wir verdrießlich vom Tische auf.

Noch selbigen Tag begegnete ich beim Rialto dem Peter Benintendi, der von verschiedenen begleitet war, und da ich merkte, daß sie Händel suchten, trat ich bei einem Apotheker ein und ließ den Sturm vorüberziehen. Darnach hörte ich, daß der Junge von den Magalotti, dem ich artig begegnet war, sie tüchtig ausgescholten hatte, und so ging die Sache vorüber.

Einige Tage nachher machten wir uns wieder auf den Weg nach Ferrara. Wir kehrten in einem gewissen Ort ein, der diesseits Chioggia auf der linken Hand liegt, wenn man nach Ferrara geht. Der Wirt wollte bezahlt sein, ehe wir uns schlafen legten, und da wir ihm sagten, daß es an andern Orten gebräuchlich sei, erst morgens zu bezahlen, so sagte er: Ich will des Abends das Geld, es ist nun meine Art so. Darauf antwortete ich: die Leute, die alles nach ihrer Art haben wollten, müßten sich auch eine besondere Welt dazu schaffen, denn in dieser gehe das nicht an. Er versetzte: ich sollte ihm den Kopf nicht warm machen, denn er wollte es nun einmal so haben. Tribolo zitterte vor Furcht, stieß mich und sagte: ich sollte still sein, damit es nicht noch schlimmer würde. Wir bezahlten also den Kerl und legten uns schlafen. Wir hatten fürtreffliche Betten, alles neu und recht, wie sichs gehört; mit allem dem aber schlief ich nicht und dachte nur die ganze Nacht, wie ich mich rächen wollte. Einmal kam mirs im Sinn, ihm das Haus anzustecken, ein andermal, ihm vier gute Pferde zu lähmen, die er im Stall hatte. So leicht das zu tun war, so schwer hätte ich mich darnach mit meinem Gesellen retten können. Zuletzt ließ ich unsere Sachen und die übrigen Gefährten einschiffen, und als die Pferde schon ans Seil gespannt waren, sagte ich: sie sollten stillhalten, bis ich wiederkäme, denn ich hätte meine Pantoffeln im Schlafzimmer gelassen. So ging ich ins Wirtshaus zurück und rief nach dem Wirte; der rührte sich nicht und sagte: er bekümmere sich nicht um uns, wir möchten zum Henker gehen! Es war noch ein Knäbchen im Hause, ein Stallbursche, der sagte ganz schlaftrunken zu mir: selbst um des Papstes willen würde sich sein Herr nicht in Bewegung setzen; darneben verlangte er ein Trinkgeld. Ich gab ihm einige kleine venezianische Münzen und sagte ihm: er solle die Schiffleute noch so lange aufhalten, bis ich mit meinen Pantoffeln zurückkäme. So ward ich auch den los und ging hinauf und nahm ein scharfes Messerchen und zerschnitt die vier Betten so über und über, daß ich wohl einen Schaden von funfzig Scudi mochte getan haben, steckte darauf einige Fetzen des Zeuges ein, stieg in das Schiff und sagte eilig zu dem, der die Pferde führte: er möchte machen, daß er fortkäme. Kaum waren wir ein wenig von dem Wirtshause entfernt, als Gevatter Tribolo sagte: er habe ein paar Riemchen zurückgelassen, womit er seinen Mantelsack aufs Pferd zu binden pflege; er wolle zurück, denn er könne sie nicht entbehren. Ich sagte ihm: er solle uns deswegen nicht aufhalten; ich wollte ihm Riemen machen lassen, so groß und so viel er wollte. Er sagte: ich solle nicht spaßen, er wolle nun ein für allemal seine Riemen wiederhaben. Nun rief er: man solle halten! und ich rief: man solle fortfahren! Indessen erzählte ich ihm den großen Schaden, den ich dem Wirte versetzt hatte, und zeigte ihm ein Pröbchen von dem Bettzeuge. Da ergriff ihn ein solcher Schrecken, daß er nicht aufhörte, zum Fährmann zu rufen: Nur zu! nur zu! und die Angst verließ ihn nicht, bis wir vor die Tore von Florenz kamen.

Da sagte Tribolo: Laßt uns um Gottes willen die Degen aufbinden und treibts nur nicht weiter so fort! Mir wars die ganze Zeit, als wenn meine Eingeweide im Kessel kochten. Darauf sagte ich: Gevatter Tribolo! wie solltet Ihr den Degen aufbinden, da Ihr ihn niemals losgebunden habt? Und das sagte ich, weil er auf der ganzen Reise kein Zeichen eines Mannes von sich gegeben hatte. Darauf sah er seinen Degen an und sagte: Bei Gott! Ihr habt recht! das Gehenk ist noch geflochten, wie ich es zu Hause zurechtmachte. Und so mochte der Gevatter wohl glauben, daß ich ihm schlechte Gesellschaft geleistet habe, weil ich mich verteidigt und gerochen hatte, wenn man uns etwas Unangenehmes erzeigen wollte. Mir schien aber, er habe sich eigentlich schlecht gehalten, daß er mir in solchen Fällen nicht beistand. Das mag nun jeder beurteilen, wer ohne Leidenschaft die Sache betrachtet.

Sobald ich abgestiegen war, ging ich zum Herzog Alexander und dankte ihm für das Geschenk der funfzig Scudi und sagte: ich sei auf alle Weise bereit, Seiner Exzellenz zu dienen. Er antwortete mir: ich solle die Stempel zu seinen Münzen schneiden. Die erste, die ich darauf fertigmachte, war von vierzig Soldi, mit dem Bilde des Herzogs auf der einen und mit dem Wappen auf der ändern Seite. Darnach schnitt ich den Stempel für die halben Julier und darauf den Kopf des heiligen Johannes im Vollgesichte, die erste Münze der Art, die in so dünnem Silber geprägt worden, wovon die Schwierigkeit nur diejenigen einsehen können, die es in dieser Kunst auf den höchsten Grad gebracht haben. Alsdann wurden die Stempel zu den Goldgülden fertig: auf der einen Seite war ein Kreuz mit kleinen Cherubim, auf der andern das Wappen des Herzogs.

Da ich nun mit so vielerlei Münzen fertig war, bat ich Seine Exzellenz, Sie möchten mir nun eine Besoldung auswerfen und mich in die Zimmer auf der Münze einweisen lassen, wenn Ihnen meine Bemühungen gefielen. Darauf sagte er: er sei es zufrieden und werde die nötigen Befehle erteilen. Seine Exzellenz sprach mich damals in der Gewehrkammer; ich bemerkte eine fürtreffliche Büchse, die aus Deutschland gekommen war, und als der Herzog sah, mit welcher Aufmerksamkeit ich das schöne Gewehr betrachtete, gab er mir es in die Hand und sagte: er wisse wohl, wie viel Vergnügen ich an solchen Dingen fände, und zum Gottespfennig seines Versprechens sollte ich mir eine Büchse nach meinem Belieben wählen, nur diese nicht, und er versichre mich, es seien viele schönere und ebensogute in seiner Gewehrkammer. Dankbar nahm ich das Erbieten an, und als er bemerkte, daß ich mit den Augen herumsuchte, befahl er dem Aufseher, der Pietro von Lucca hieß, er solle mich, was ich wolle, nehmen lassen. So ging er mit den gefälligsten Worten weg, und ich wählte die schönste und beste Büchse, die ich in meinem Leben gesehen hatte, und trug sie nach Hause.

Den andern Tag brachte ich ihm Zeichnungen, die er zu einigen Goldarbeiten bestellt hatte: er wollte sie seiner Gemahlin schicken, die noch in Neapel war. Ich bat ihn bei der Gelegenheit nochmals, daß er meine Anstellung möge ausfertigen lassen. Darauf sagte Seine Exzellenz: ich sollte ihm den Stempel von seinem Bilde machen, so schön wie das vom Papst Clemens. Ich fing sogleich das Bildnis in Wachs an, und der Herzog befahl, daß, sooft ich käme, ihn zu porträtieren, ich ohne weiteres eingelassen werden sollte. Da ich merkte, daß meine Angelegenheit sich ins Weite zog, wählte ich einen gewissen Peter Paul von Monte Ritondo, der als kleiner Knabe in Rom bei mir gewesen war; er hielt sich gegenwärtig bei einem Goldschmiede auf, der ihn nicht gut behandelte. Deswegen nahm ich ihn weg und lehrte ihn die Stempel zu den Münzen aufs beste verfertigen. Indessen porträtierte ich den Herzog, den ich öfters nach Tische mit seinem Lorenz Medicis schlummern fand, der ihn nachher umbrachte. Niemand war weiter zugegen, und ich verwunderte mich oft, daß ein solcher Fürst sich so vertrauen konnte.

Nun geschah es, daß Oktavian Medicis, der alles zu regieren schien, gegen den Willen des Herzogs den alten Münzmeister begünstigen wollte; er hieß Bastian Cennini, ein altfränkischer Mann, der wenig verstand und beim Ausmünzen der Scudi seine dummen Stempel mit den meinigen durcheinander schlagen ließ. Ich beklagte mich darüber beim Herzog und legte ihm die Münzen vor, worüber er sehr verdrießlich war und sagte: Gehe zu Oktavian und zeig es ihm! Da ging ich schnell weg und wies diesem, wie man meine schönen Münzen verschändet hatte. Darauf antwortete er mir recht eselmäßig: Das beliebt uns so! Ich antwortete aber: das gehöre sich nicht, und mir wolle das nicht gefallen. Darauf versetzte er: Und wenn es nun dem Herzog gefiele? Ich antwortete: Auch da würde es mir nicht gefallen, denn es ist weder gerecht noch vernünftig. Darauf sagte er: ich solle mich wegpacken und sollte es hinunterschlucken, und wenn ich dran erwürgen sollte! Ich kehrte zum Herzog zurück, erzählte ihm das ganze verdrießliche Gespräch und bat ihn, daß er meine schönen Münzen nicht so möchte schänden lassen. Darauf sagte er: Oktavian will zu hoch hinaus; dein Wille soll geschehen, denn dadurch beleidigt man mich.

Denselben Tag (es war ein Donnerstag) erhielt ich von Rom einen umständlichen Freibrief vom Papste, damit ich nach Rom gehen und den Ablaß durch die heiligen Marien im August erlangen und mich von dem Flecken des Totschlags reinigen könnte. Ich ging zum Herzog und fand ihn, da er nicht wohl war, im Bette; ich brauchte noch zwei volle Stunden zu dem Wachsbilde, zeigte es ihm vollendet, und es gefiel ihm gar sehr. Dann brachte ich den Freibrief hervor und eröffnete ihm, wie der Papst mich zu gewissen Arbeiten bestellt habe; ich wolle deswegen wieder die schöne Stadt Rom gewinnen und indessen an seiner Medaille arbeiten. Halb zornig sagte darauf der Herzog: Benvenuto, folge mir! verreise nicht! Du sollst deine Besoldung und die Zimmer in der Münze haben und mehr, als du verlangen kannst. Denn das, was du verlangst, ist gerecht und billig; und wer sollte mir die schönen Münzen prägen, die du gemacht hast? Darauf sagte ich: Gnädiger Herr! auch daran hab ich gedacht, denn ich habe hier einen jungen Römer, der mein Schüler ist: den habe ich alles gelehrt, und der wird Eure Exzellenz recht gut bedienen können, bis ich mit der fertigen Denkmünze zurückkomme, um alsdann immer bei Ihnen zu bleiben. Denn ich habe auch noch in Rom eine offene Werkstatt, Arbeiter und verschiedene Geschäfte. Habe ich nur einmal erst den Ablaß, so will ich das ganze römische Wesen einem meiner Zöglinge überlassen und mit Eurer Exzellenz Erlaubnis wieder zu Ihnen zurückkehren. Bei dieser Unterredung war auch Lorenz Medicis gegenwärtig; der Herzog winkte ihm einigemal, er solle mir doch auch zureden, er sagte aber nichts als: Benvenuto, du tätest besser, da zu bleiben! Ich sagte aber, daß ich auf alle Weise nach Rom gehen wolle. Lorenz wiederholte immer dieselbigen Worte und sah beständig den Herzog mit einem fatalen Blick an.

Ich hatte indessen mein Modell geendigt und in die Schachtel geschlossen. Darauf sagte ich: Gnädiger Herr! ich versichre Euch, Eure Medaille soll besser werden als die des Papst Clemens; denn jene war die erste, die ich machte, und ich versteh es nun besser. Ich hoffe, Herr Lorenzo gibt mir eine treffliche Rückseite: er ist gelehrt und von schönem Geiste. Darauf antwortete Lorenz geschwind: Ich denke an nichts anders, als dir eine schöne Gegenseite zu geben, die Seiner Exzellenz wert sei. Der Herzog lächelte spöttisch und sagte: Bring ihn auf die Gegenseite, und so verreist er nicht. Da sagte Lorenz: Ich will so geschwind als möglich fertig sein, es soll etwas werden, worüber die Welt erstaunt. Der Herzog, der ihn zum besten hatte und ihn überhaupt nicht achtete, kehrte sich im Bette herum und lachte über das, was er ihm gesagt hatte. Ich ging fort ohne weitere Umstände und ließ sie allein. Der Herzog glaubte nicht, daß ich abreisen würde, und sagte nichts weiter. Da er aber erfuhr, daß ich weg war, schickte er mir einen Bedienten nach, der mich in Siena antraf und mir fünfzig Golddukaten im Namen seines Herrn überbrachte mit den Worten: daß ich sie auf seine Gesundheit verzehren und sobald als möglich wiederkommen sollte. Dann setzte er hinzu: Herr Lorenz läßt dir sagen, daß er zu der Schaumünze, die du machen wirst, eine wundersame Rückseite im Sinne habe. Übrigens hatte ich alles obgedachtem Peter Paul übergeben und ihn angewiesen, wie er mit den Münzen verfahren sollte; weil es aber außerordentlich schwer ist, so konnte er niemals ganz damit zurechte kommen. Mir aber blieb das Münzamt über siebzig Scudi für meine Stempel schuldig.


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