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Dreizehnter Theil
Dritte Rede

Erstaunliche, außerordentliche Eigenschaften

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Als nun manche der Mönche, nach dem Mahle, vom Almosengange zurückgekehrt, in der Halle des Vorhauses sich eingefunden, versammelt hatten, kam unter ihnen die Rede auf:

»Erstaunlich, ihr Brüder, außerordentlich, ihr Brüder, ist des Vollendeten hohe Macht, hohe Gewalt, wie ja doch der Vollendete die dahingegangenen Erwachten, die zur Erlöschung gelangten, der Sonderheit entrückten, der Wandelheit entrückten, dem Kreislauf entfahrenen, allem Weh entschwundenen, erkennen kann: ›Also geboren waren jene Erhabenen, so und so, also genannt waren jene Erhabenen, so und so, also abgestammt waren jene Erhabenen, so und so, also gelebt hatten jene Erhabenen, so und so, also gelehrt hatten jene Erhabenen, so und so, also gewusst hatten jene Erhabenen, so und so, also geweilt hatten jene Erhabenen, so und so, also erlöst waren jene Erhabenen, so und so.‹«

Auf diese Worte wandte sich der ehrwürdige Ānando also an die Mönche:

»Erstaunlich sind eben, ihr Brüder, Vollendete, und mit erstaunlichen Eigenschaften begabt; außerordentlich sind eben, ihr Brüder, Vollendete, und mit außerordentlichen Eigenschaften begabt.«

Bald aber nachdem dieses Gespräch der Mönche unter einander begonnen, kam der Erhabene heran, gegen Abend, nach Aufhebung der Gedenkensruhe, zur Halle bin des Vorhauses, und nahm, dort angelangt, auf dem angebotenen Sitze Platz. Da wandte sich denn der Erhabene an die Mönche:

»Zu welchem Gespräch, ihr Mönche, seid ihr jetzt hier zusammengekommen, und wobei habt ihr euch eben unterbrochen?«

»Als wir uns da, o Herr, nach dem Mahle, vom Almosengange zurückgekehrt, in der Halle des Vorhauses eingefunden, versammelt hatten, war unter uns die Rede aufgekommen: ›Erstaunlich, ihr Brüder, außerordentlich, ihr Brüder, ist des Vollendeten hohe Macht, hohe Gewalt, wie ja doch der Vollendete die dahingegangenen Erwachten, die zur Erlöschung gelangten, der Sonderheit entrückten, der Wandelheit entrückten, dem Kreislauf entfahrenen, allem Weh entschwundenen, erkennen kann: ‘Also geboren waren jene Erhabenen, so und so, also genannt waren jene Erhabenen, so und so, also abgestammt waren jene Erhabenen, so und so, also gelebt hatten jene Erhabenen, so und so, also gelehrt hatten jene Erhabenen, so und so, also gewusst hatten jene Erhabenen, so und so, also geweilt hatten jene Erhabenen, so und so, also erlöst waren jene Erhabenen, so und so.’‹ Auf diese Worte, o Herr, wandte sich der ehrwürdige Ānando also an uns: ›Erstaunlich sind eben, ihr Brüder, Vollendete, und mit erstaunlichen Eigenschaften begabt; außerordentlich sind eben, ihr Brüder, Vollendete, und mit außerordentlichen Eigenschaften begabt.‹ Das war, o Herr, das Gespräch unter uns, das wir unterbrachen als der Erhabene ankam.«

Da wandte sich nun der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Wohlan denn, Ānando, so magst du noch genauer die erstaunlichen, außerordentlichen Eigenschaften eines Vollendeten darstellen.«

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Klar bewusst, Ānando, ist der Erwachsame in Säliger Gestalt erschienen.‹ Dass aber, o Herr, der Er wachsame klar bewusst in Säliger Gestalt erschienen ist, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt. Sälige Gestalt, tusito kāyo, im Reiche der Säligen Götter, vor der Herabkunft zur Erde. – Zu bodhisatto, erwachsam, d.h. der Erwachung angeschlossen sein, ihr nachhängen, sie erringen, cf. die Anmerkung 5 des ersten Bandes. Asokos Eigenbericht auf dem VIII. Felsenedikte, Piyadasi rājā dasavasābhisito saṃto ayāya saṃbodhiṃ, entspricht sehr schön unserem Topus, e.g. erster Band 1. c., pubbe ‘va sambodhā bodhisatto ‘va santo: man hat also damals die wahre Etymologie von bodhisatto noch recht wohl verstanden. Später haben dann die nordbuddhistischen Übersetzer und Bearbeiter das so natürliche, mit dem Sprachgebrauche vollkommen übereinstimmende tatpuruṣam (bodhisaktas) aus Unkenntniss in ein gekünsteltes, barbarisches, ja unmögliches bahuvrīhi (bodhisattvas} verballhornt und der wüsten tibetischen Spekulation vorgearbeitet.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Klar bewusst, Ānando, ist der Erwachsame in Säliger Gestalt geblieben.‹ Dass aber, o Herr, der Erwachsame klar bewusst in Säliger Gestalt geblieben ist, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Ein Leben lang, Ānando, ist der Erwachsame in Säliger Gestalt geblieben.‹ Dass aber, o Herr, der Erwachsame ein Leben lang in Säliger Gestalt geblieben ist, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Klar bewusst, Ānando, schwindet der Erwachsame aus Säliger Gestalt hinweg und kommt in den Leib der Mutter herab.‹ Dass aber, o Herr, der Erwachsame klar bewusst aus Säliger Gestalt hinwegschwindet und in den Leib der Mutter herabkommt, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wann da, Ānando, der Erwachsame aus Sänger Gestalt hinweggeschwunden und in den Leib der Mutter herabgekommen ist, dann erhebt sich in der Welt mit ihren Göttern, mit ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, ein unermesslich mächtiger Glanz, überstrahlend sogar der Götter göttliche Pracht. Und auch die Zwischenwelten, die traurigen, trostlosen, finsteren, finster umnachteten, asuryā nāma te lokāḥ, andhena tamasāvṛtāh: Bṛhadāraṇyake IV, 4, 14; weiterhin bloß alokas genannt, sc. cakravālas, e.g. Raghuvaṃśe I, 68. – Vergl. die syntopischen Parallelen Mahāvastu I, 230, Divyāvadānam p. 204, Lalitavistaras V, v. 77. Irgendwie vermittelt ist diese Vorstellung bei den Scholastikern als Lehre vom Limbus rezipiert: »Juxta s. Thomam limbus Patrum et infernus qualitate quidem locorum differunt, at situ probabiliter sunt quasi idem tractus continuus, sic tamen, ut magno spatio una commoratio ab altera distet«; rursus: »Multi cum s. Thoma in spatio intermedio purgatorium situm esse censent«: Vidmar, Comp. rep. theol. dogm. p. 599. – Eine gleiche Phraseologie vom Lichtglanze durch die ganze Welt etc. im langen Hymnus des syrischen Propheten Ephræm auf die Geburt des göttlichen Knaben. wo selbst dieser Mond und diese Sonne, die so mächtigen, so gewaltigen, mit ihrem Scheine nicht hindringen, auch dort erhebt sich ein unermesslich mächtiger Glanz, überstrahlend sogar der Götter göttliche Pracht. Die aber dort als Wesen weilen, die erschauen in diesem Glanze sich selber und sagen: ‘Andere sind es ja noch der Wesen, die hier weilen!’ Die spezielle Parallele hierzu im Makarios, Apophthegm. ed. Pritius p. 266, bei εκ μερους τις θεωρει το ποσωπον του ἑτερου, κτλ. – Die zehntausendfache Welt, wie die zehntausend Wesen im Tao-te-king Kap. 16, passim, oder die homerischen δμωες μαλα μυριοι, Od. XVII, 422, s.v.a. unzählig manigfach, unendlich reich. Diese zehntausendfache Welt aber wankt und erbebt und erzittert, und es erhebt sich aus ihr ein unermesslich mächtiger Glanz, überstrahlend sogar der Götter göttliche Pracht.‹ Dass aber, o Herr, wann da der Erwachsame aus Säliger Gestalt hinweggeschwunden und in den Leib der Mutter herabgekommen ist, ein solcher Glanz erscheint, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wann da, Ānando, der Erwachsame in den Leib der Mutter herabgekommen ist, dann nahen sich ihm vier Göttersöhne zum Schutze nach den vier Seiten: ‘Keiner soll Ihn, den Erwachsamen, oder des Erwachsamen Mutter, versehren, weder Mensch noch Nichtmensch noch irgend wer.’‹ Dass aber, o Herr, wann der Erwachsame in den Leib der Mutter herabgekommen ist, vier Göttersöhne zum Schutze nach den vier Seiten ihm dann sich nahen, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt. Vergl. Mantrabrāhmaṇam I, 4, 6 (= Ṛgvedas X, 184, 1):

Viṣṇur yoniṃ kalpayatu,
Tvaṣṭā rūpāṇi piṃśatu,
āsiñcatu Prajāpatir,
Dhātā garbhaṃ dadhātu te.

Komm.: Prajāpatiḥ: prajānāṃ pālako devaḥ. Etc. Es wird also hier, der Śruti gemäß, der Cattāro mahābrahmāṇo gedacht sein: die Lokapālā kommen erst später.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wann da, Ānando, der Erwachsame in den Leib der Mutter herabgekommen ist, bleibt des Erwachsamen Mutter ihrer Natur nach tugendhaft pakatiyā sīlavatī; von sīlam = ηθος, suetum, Sitte: es ist das συνγενες ηθος συ/γ/γενες Pindars (Ol. XIII, 13), die angeborene Art. und hütet sich Lebendiges umzubringen, hütet sich Nichtgegebenes zu nehmen, hütet sich vor Ausschweifung, hütet sich vor Lüge, hütet sich berauschende und berückende Getränke, betäubende und bethörende Mittel zu gebrauchen.« Dass aber, o Herr, wann da der Erwachsame in den Leib der Mutter herabgekommen ist, des Erwachsamen Mutter ihrer Natur nach tugendhaft bleibt, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wann da, Ānando, der Erwachsame in den Leib der Mutter herabgekommen ist, mag des Erwachsamen Mutter nach Männern kein Liebesverlangen mehr anwandeln, und nicht mehr kann des Erwachsamen Mutter von irgend einem Manne in Leidenschaft umfangen werden.‹ Dass aber, o Herr, wann da der Erwachsame in den Leib der Mutter herabgekommen ist, des Erwachsamen Mutter nach Männern kein Liebesverlangen mehr anwandeln mag, und des Erwachsamen Mutter nicht mehr von irgend einem Manne in Leidenschaft umfangen werden kann, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gebort, von Angesicht vernommen: ›Wann da, Ānando, de rErwachsame in denLeib der Mutter herabgekommen ist, ist des Erwachsamen Mutter mit den fünf Begehrungen begabt und wird in ihrem Gebrauche gehegt und gepflegt.‹ Dass aber, o Herr, wann da der Erwachsame in den Leib der Mutter herabgekommen ist, des Erwachsamen Mutter mit den fünf Begehrungen begabt ist und in ihrem Gebrauche gehegt und gepflegt wird, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wann da, Ānando, der Erwachsame in den Leib der Mutter herabgekommen ist, wird des Erwachsamen Mutter von keinerlei Krankheit befallen, wohl befindet sich des Erwachsamen Mutter, ohne körperliche Gebrechen, und erblickt den Erwachsamen in ihrem Leibe liegen, mit allen Gliedern begliedert, sinnenfällig. Gleichwie etwa, Ānando, ein Juwel, ein Edelstein, von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet, um den ein Faden geschlungen wäre, ein blauer oder ein gelber, ein rother oder ein weißer oder ein grüner, und ein scharfsehender Mann habe ihn an die Hand gesteckt und betrachtete ihn: ‘Das ist ein Juwel, ein Edelstein, von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet, und dieser Faden ist herumgeschlungen, der blaue oder der gelbe, der rothe oder der weiße oder der grüne’: ebenso nun auch, Ānando, erblickt des Erwachsamen Mutter den Erwachsamen in ihrem Leibe liegen, mit allen Gliedern begliedert, sinnenfällig.‹ Dass aber, o Herr, wann da der Erwachsame in den Leib der Mutter herabgekommen ist, des Erwachsamen Mutter von keinerlei Krankheit befallen wird, sich wohl befindet, ohne körperliche Gebrechen, und den Erwachsamen in ihrem Leibe liegen sieht, mit allen Gliedern begliedert, sinnenfällig, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt. Vergl. Bhāgavatapurāṇam X, 2, 20, passim. – Eine schwangere Maria, in deren durchsichtigem Schooße man das strahlende Knäblein erblickt, ist kunstvoll geschnitzt auf dem linken Flügel des inneren 500 Jahre alten Kirchenportals zu Irrsdorf (einem kleinen Weiler neben Straßwalchen, auf bedeutsamen römischen Überresten errichtet), neuerdings kopiert auf dem Kapellenthore der Burg Kreuzenstein bei Stockerau dargestellt: vom Volke um Kindersegen angegangen. Ein Freskobild dieser Art hat Rhys Davids erwähnt gefunden, Buddhist Birth Stories S. 65 Anm. Dergl. Kunstwerke mögen zunächst auf eine im Mittelalter beliebte, sinnige Vorstellung zurückweisen: cf. Band 2, Anm. 125 ; und von da wohl auf Augustinus, wie Meister Eckhart bemerkt hat, S. 411 i. f., eigentlich schon auf Makarios Mg., ed. Blondel p. 216: Ὡς γαρ εις ὑγροτητα καταβαινων ἡλιος ουχ ὑγροτητα δεχεται ουδε πελωδης eὑρισχεται, την δ'ὑγροτητα του πηλου ξηραινων στεγανοι αυτος ἁλως την αυγην ουχ αποθαλουμενος oὑτως ὁ Θεος Λογος, ων ἡλιος νοητος, εις σαρκα κατελθων κτλ. – Nb. noch das »Marienglas«, lapis specularis.
Vielleicht lassen sich solche spezifisch ārische Begriffe, um nicht Dogmen zu sagen, zuletzt in den ŗgvedischen Hiraņyagarbhas ohne Mühe und heiter auflösen, von dem der Seher, X, 121,1, singt:

Hiraņyagarbhaḥ samavartatāgre,
bhūtasya jātah patir eka āsīt.

Als jüngsten Spross der langen Ahnenreihe hätten wir da in unseren Tagen Richard Wagners Rheingold zu begrüßen.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Sieben Tage nach der Geburt, Ānando, des Erwachsamen stirbt des Erwachsamen Mutter und kehrt in Sälige Gestalt empor.‹ Dass aber, o Herr, sieben Tage nach der Geburt des Erwachsamen des Erwachsamen Mutter stirbt und in Sälige Gestalt emporkehrt, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wenn auch wohl andere Weiber, Ānando, neun oder zehn Monde die Frucht im Leibe tragen und dann gebären, doch nicht also den Erwachsamen des Erwachsamen Mutter: zehn Monde erst nachdem des Erwachsamen Mutter den Erwachsamen im Leibe getragen gebiert sie.‹ Dass aber, o Herr, zehn Monde erst nachdem des Erwachsamen Mutter den Erwachsamen im Leibe getragen gebiert, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wenn auch wohl andere Weiber, Ānando, sitzend oder liegend gebären, doch nicht also den Erwachsamen des Erwachsamen Mutter: stehend nur gebiert den Erwachsamen des Erwachsamen Mutter.‹ Dass aber, o Herr, den Erwachsamen des Erwachsamen Mutter nur stehend gebiert, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt. An dem Orte, wo die Legende das Ereigniss stattfinden lässt, in einem Haine nahe dem Dorfe Luṃminī (cf. Bd. II, Anm. 237), hat Asoko unter anderem eine Denksäule errichten lassen, mit der Inschrift: »Hier wurde der Erhabene geboren.« Vergl. auch die plastischen Darstellungen der Szene, auf Ruinen aus Sārnāth etc. – Ähnlich im homerischen Hymnus auf die Geburt des Apollo, wo es, in der Übersetzung Goethes, v. 106–109 heißt:

... es nahte Letos Entbindung.
Mit den Armen umschloss die Göttin den Palmbaum; die Füße
Stemmte sie gegen das Gras, die Erde lächelte. Mächtig
Sprang ans Licht der göttliche Sohn.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wann da, Ānando, der Erwachsame aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, wird er zuerst von Göttern entgegengenommen, hernach von Menschen.‹ Dass aber, o Herr, der Erwachsame, wann er aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, zuerst von Göttern entgegengenommen wird, hernach von Menschen, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt. Diese vier Göttersöhne, die Hüter der Weltgegenden Lokapālā, auch die »Vier großen Könige« Cattāro mahārājāno genannt, sind im Christenthum zu den heiligen Drei Königen aus dem Morgenlande geworden. Noch andere, spätere Beziehungen bei Seydel, Buddha-Legende, 2. Aufl. S. 35. Aber die älteste christliche Darstellung zeigt richtig Vier huldigende Könige, und zwar auf einem Fresko eingangs der Domitilla-Katakombe. Als dann in der Kirche einer der Könige, etwa der Dreifaltigkeit zuliebe, allmälig verschwunden war, sehn wir doch wieder Vier schützende Erzengel an den Seiten die Tradition unserer Vier großen Könige weiter erhalten: so eben noch in Rom auf einem musivischen Bilde links am Triumphbogen der Santa Maria Maggiore, auch im Sant' Apollinare Nuovo zu Ravenna. Sogar die unbiblische Bartlosigkeit anderer sehr alter, antiker Magiertypen verdient einige Beachtung. Cf. Duchesne et Bayet, Mémoire sur une mission au Mont Athos, Paris 1876, p. 284-296, wo die Abbildungen nachgewiesen.
Noch bei der Königskrönung in der karolingischen Sage von Reinolt etc., ed. Pfaff v. 1201, 03,

kamen vier engel von her oben
iglich in einer tuben wyß geflogen
und brachten, das man han solt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wann da, Ānando, der Erwachsame aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, berührt der Erwachsame nicht den Boden, sondern von vier Göttersöhnen empfangen wird er der Mutter dargebracht: ‘Besäligt sei, o Königin, ein hochbegabter Sohn ist dir geboren.’‹ Dass aber, o Herr, der Erwachsame, wann er aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, nicht den Boden berührt, sondern von vier Göttersöhnen empfangen der Mutter dargebracht wird, eben das hab´ ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wann da, Ānando, der Erwachsame aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, kehrt er makellos hervor, unbefleckt von Nässe, unbefleckt von Schleim, unbefleckt von Blut, unbefleckt von irgendwelcher Unsauberkeit, rein und abgeklärt. Gleichwie etwa, Ānando, wenn eine kostbare Perle in ein seidenes Tuch eingehüllt ist, weder die kostbare Perle das seidene Tuch befleckt noch auch das seidene Tuch die kostbare Perle: und warum nicht? weil beide rein sind: ebenso nun auch, Ānando, kehrt der Erwachsame, wann er aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, makellos hervor, unbefleckt von Nässe, unbefleckt von Schleim, unbefleckt von Blut, unbefleckt von irgend welcher Unsauberkeit, rein und abgeklärt.‹ Dass aber, o Herr, der Erwachsame also aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt. Im gleichen Sinne ist die Beata Maria Virgo in der Lauretanischen Litanei als »Mater purissima, Mater intemerata, Mater admirabilis, Vas spirituale, Domus aurea« gepriesen. Letzteres Bild wird zwar auf Lib. Reg. I (III), 6, 22 gedeutet, gehört aber dem Māhāmāyāsupinam des Avidūrenidānam zu, wo es dem kanakavimānam entspricht, yam pavisitvā... kucchim paviṭṭhasadiso ahosi bodhisatto: Jātakam vol. I, p. 50. – Die Vermittelung scheint über Mesopotamien erfolgt zu sein. »Omnino nulla fere ecclesia tam constanter et unanimiter anhamartesiam S.Mariae semper docuit, quam syriaca«, sagt Bickell in seiner Ausgabe der Nisibena p. 29 und fügt p. 30 den zahlreichen ephræmitischen und anderen Sentenzen noch die Stimme eines folgenden Patriarchen hinzu, die gar deutlich dem Lalitavistaras nachklingt: »Si fuisset in anima Mariae ulla macula aut defectus, aliam utique, eamque immaculatam matrem elegisset sibi Dominus.«

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wann da, Ānando, der Erwachsame aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, ergießen sich zwei Regenströme aus den Wolken herab, einer kühl, einer warm, woraus dem Erwachsamen der Wasserguss gemischt wird und der Mutter.‹ Diese mehr oder minder symbolische Taufe kommt bekanntlich schon in den Gṛhyasūtren vor, e.g. Gobhilas II, 8, 1, saśiraskaṃ kumāram āplāvya; sie reicht übrigens in praehistorische Zeiten hinauf. – Vergl. Iacob: Sarugensis, bei Zingerle S. 22 f., Jesu Jordantaufe, »auch die Abgründe erbebten bei deinem Herabkommen, und die Wolken ergossen Wasser.« ( Jesu Epiphanie hat neuerdings Jacoby ausführlich besprochen. Ein bisher unbeachteter apokrypher Bericht über die Taufe Jesu, Straßburg 1902, namentlich S. 43 f.)
Ein ungemein schönes indo-baktrisches Hochrelief dieser Szene, ächt künstlerisch komponiert und ausgeführt, im Swāt-Gebiete gefunden, ist bei Grünwedel-Burgess, Buddhist Art in India, London 1901, als No. 92 wiedergegeben. Noch andere bedeutende Momente, ähnlich ausgezeichnet behandelt, ib. No. 40, 65, 7. – Zur Sache: Lieder der Mönche S. 327 Anm. 2.
Dass aber, o Herr, wann da der Erwachsame aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, zwei Regenströme sich aus den Wolken herabergießen, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Alsbald nach der Geburt, Ānando, fasst der Erwachsame mit beiden Füßen zugleich Boden, wendet das Antlitz gegen Norden und schreitet mit sieben Schritten geradeaus, während ein weißer Schirm ober ihm schwebt: Symbol der Königsmacht: lokajit, yasya chattraṃ sitam, wie es z.B. Ṛtusaṃhāram v. ult. heißt. Im Bhāgavatapurāṇam hält Hanumān diesen Schirm zuhäupten des siegreichen Rāmas IX. 10. 4a., u.s.w., namentlich auf Inschriften alter wie neuer Zeit stereotyp. – Lies mit dem siam. Texte anuhīramāne, von harati; vorher sattapadavītihārena. Das sāptapadam weist vielleicht schon auf eine symbolische Darstellung der saptarṣayas (Sieben Weisen, Siebengestirn, Septemtrio maior) zurück; vergl. auch das traivikramam. – Der weiße Schirm, dem athenischen σκιρον parallel, ist im Christenthum zur weißen Taube geworden; wohl missverständlich, weil man das ursprüngliche Symbol nicht mehr zu deuten vermochte, śvetacchattram, den weißen Schirm, mit śvetacchadas, dem weißen Fittich, verwechselte. und er blickt nach allen Seiten hin und spricht das gewaltige Wort:

Der Höchste bin ich in der Welt,
Der Hehrste bin ich in der Welt,
Der Erste bin ich in der Welt,
Das letzte Leben leb' ich,
Und nicht mehr giebt es Wiedersein.‹

Dass aber, o Herr, der Erwachsame alsbald nach der Geburt also das gewaltige Wort spricht, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wann da, Ānando, der Erwachsame aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, erhebt sich wiederum in der Welt mit ihren Göttern, mit ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, ein unermesslich mächtiger Glanz, überstrahlend sogar der Götter göttliche Pracht. Quasi eine Illustration dieser Art ist es wohl, wenn man noch heute auf Zeilon, z.B. im Vidyodayapariveṇa, auf dem blumengekränzten Altar eine krystallene Buddho-Statuette mit einem Lämpchen dahinter ein mildes und zugleich strahlendes Licht ringsumher verbreiten sieht. Und auch die Zwischenwelten, die traurigen, trostlosen, finsteren, finster umnachteten, wo selbst dieser Mond und diese Sonne, die so mächtigen, so gewaltigen, mit ihrem Scheine nicht hindringen, auch dort erhebt sich ein unermesslich mächtiger Glanz, überstrahlend sogar der Götter göttliche Pracht. Die aber dort als Wesen weilen, die erschauen in diesem Glanze sich selber und sagen: ‘Andere sind es ja noch der Wesen, die hier weilen!’ Diese zehntausendfache Welt aber wankt und erbebt und erzittert, und es erhebt sich aus ihr ein unermesslich mächtiger Glanz, überstrahlend sogar der Götter göttliche Pracht.‹ Dass aber, o Herr, wann da der Erwachsame aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, ein solcher Glanz erscheint, eben das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.«

»Wohlan denn, Ānando, so magst du auch diese Eigenschaft des Vollendeten als erstaunlich und außerordentlich dir merken: da steigen, Ānando, Gefühle dem Vollendeten bewusst auf, bewusst halten sie an, bewusst gehn sie unter; steigen Wahrnehmungen bewusst auf, bewusst halten sie an, bewusst gehn sie unter; steigen Gedanken bewusst auf, bewusst halten sie an, bewusst gehn sie unter. Eben das ist, Ānando, eine Eigenschaft des Vollendeten, die du als erstaunlich und außerordentlich dir merken magst.«

»Dass freilich, o Herr, Gefühle dem Erhabenen bewusst aufsteigen,bewusst anhalten, bewusst untergehn; Wahrnehmungen bewusst aufsteigen, bewusst anhalten, bewusst untergehn; Gedanken bewusst aufsteigen, bewusst anhalten, bewusst untergehn; auch das hab' ich mir, o Herr, als erstaunliche, außerordentliche Eigenschaft des Erhabenen gemerkt.«

 

Also sprach der ehrwürdige Ānando. Zugestimmt hatte der Meister. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des ehrwürdigen Ānando. Der urasketenthümliche Abschluss dieser Rede, so außerordentlich in seinem tiefen Humor, möchte erstaunen lassen, wären wir eben nicht schon längst gewohnt der wunderbarsten Dinge, da gerade an unseren Texten des Augustinus feine Bemerkung, Civ. XXI. 4., sich oft bestätigt: »Quarum vero rerum ante nostros oculos cotidiana documenta versantur, non genere minus mirabili, sed ipsa assiduitate vilescunt, ita ut ex ipsa India, quae remota est pars orbis a nobis, desierimus nonnulla mirari, quae ad nos potuerunt miranda perduci.«


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