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Nachdem ihn der Erste Konsul immerhin ziemlich heruntergeputzt hatte – und das eigentlich ohne rechten Grund –, saß Fouché in seinem Arbeitszimmer und überlegte kalten Bluts, wie er seinerseits dem Herrn Staatsoberhaupt eins anhängen könnte. – Unnötige Aufregung kannte der einstige Rednersmann nicht. Solange hinter einem Wort sich nicht unmittelbar die Tat barg, erachtete er es für nichts. Meinetwegen kritisier' er, schimpf' er oder platz' er vor Wut – ich rege mich erst auf, wenn ich den ausdrücklichen Befehl von ihm in den Händen habe, ich soll alles, was an Jakobinern noch in Paris ist, verhaften und deportieren. Das dumme Greinen des Generals nützt zu nichts. Was hab' ich groß davon, wenn er mir sein Mißtrauen bekundet? Im Gegenteil, ich muß etwas finden, das neues Wasser auf seine Mühle ist . . .! – So saß und sann Fouché dicht am Kamin in seiner wahren Reitstube im Polizeiministerium.
Auf die Royalisten mußte man Bonaparte endlich hetzen – und nicht immer auf die Jakobiner. Die ganze Schale seines Grimms mußte der Konsul endlich über diese Briganten ausgießen – und nimmer auf die verflossenen Kollegen Fouchés. Wie oft hatte er's dem General schon versichert: die Fußbrennerbanden sind weiter nichts als Chouans, die sämtlichen Posträuber im Grunde nur Ausgesandte der normannischen Armee und einfach Fourageure des Herrn de Frotté. Beweis: Sie nehmen die Staatsgelder weg und lassen die Geldbeutel der Reisenden unangetastet. Aber all diese Tatsachen läpperten sich sozusagen nur und ballten sich nicht ein einziges Mal zu einem großen, gewaltigen, rasenden Coup zusammen, daß der General gar nicht anders mehr konnte und die gesamte öffentliche Meinung zu einem Wutschrei ward: Da! seht die wahren Schuldigen – die Royalisten! . . . Bis zu diesem Punkt war Fouché wieder einmal in seinem Inneren gekommen, als es leise an die Tür pochte. Der Minister hielt es nicht einmal für nötig, da lange »Herein« zu sagen; es konnte ja doch nur ein Vertrauter sein:
»Ach, Sie sind's, Braconneau.«
Ein kleines Männchen in einem flohbraunen und wattierten seidenen Überrock, mit einer Perücke à la Taubenflügel und sehr gepudert: wer hätte bei solchem Anblick nur im entferntesten an den Polizeispitzel im grünen Karrick im Hof des Gasthauses zum »Schwarzen Roß« gedacht? – und dennoch war's ein und dieselbe Person.
»Kommen Sie von Dubois?« fragte Fouché. »Was sagt er?«
»Er sagt, daß es sich unter den Philadelphisten rührt, und daß die die Konsuln in den Anklagezustand versetzen wollen –«
»Der ist ja verrückt!«
»Es ist immerhin etwas Wahres daran, Bürger-Minister. Die früheren Klubs tun sich zu Geheimgesellschaften zusammen . . . Aber das ist nicht so schlimm. Schlimmer ist, was Georges tut. Der ist kaum in Paris angekommen und berät sich bereits mit den Häuptern der Royalistenpartei, denen die Regierung höchst unklugerweise die Rückkehr gestattet hat . . .«
»Sagen Sie lieber: der Erste Konsul!«
»Er wird sich die Finger dabei verbrennen.«
»Sie lassen doch Georges nicht aus den Augen?«
»Nein, Bürger-Minister.«
»Wo wohnt er?«
»Rue de l'Arbre-Sec, im nämlichen Hotel, in dem auch die Herren Hyde de Neuville und Saint-Régeant abgestiegen sind.«
»Sie haben sich von der Richtigkeit dieser Angaben persönlich überzeugt?«
»Zu Befehl, Bürger-Minister. Ich hab' unter dem Namen Chevalier de Lavernières im selben Hotel ein Zimmer genommen, damit ich den Herren – in diesem Aufzug da! – nahe sein kann. Saint-Régeant und Hyde übrigens traf ich bereits vor einigen Tagen auf dem Weg durch die Normandie hieher. Saint-Régeant reist unter dem Namen Victor Leclerc, und sein Paß ist in tadelloser Ordnung. Ich hab' sie dann etwas aus den Augen verloren, das heißt, sie haben mich recht geschickt getäuscht. Aber jetzt hab' ich sie ja wieder, und ein zweites Mal kommen sie mir sicher nicht aus.«
»Wissen Sie Näheres?«
»Hyde hat bis jetzt noch kaum die Nasenspitze aus dem Hotel gesteckt. Saint-Régeant dagegen war schon öfters unterwegs. Zum Beispiel bei den Herren Duc de Rivière und Marquis de Virieu und dann beim Modewarenhändler Lerebourg, ›Zur blauen Mütze‹, Rue Saint-Honoré, in der Nähe von Saint-Roch.«
»Was hat der bei Lerebourg zu suchen?«
»Den haben er und Hyde in der Normandie in ihrem Kabriolett mitgenommen.«
»Sie kannten sich also?«
»Durchaus nicht. Sie lernten sich – mit mir – an der Table d'hôte kennen. Der Kaufmann kriegte es mit einer mächtigen Angst vor der Weiterreise zu tun, und so luden ihn die beiden auf. Warum sie übrigens weiterhin so freundschaftlich miteinander verkehren, das hat, glaub' ich, einen andern Grund.«
»Na?«
»Der Bürger Lerebourg hat eine junge hübsche Frau.«
»Wie ist der Lerebourg politisch angehaucht?«
»Ausgezeichnet, Bürger-Minister. Lieferant der Madame Bonaparte und der ganzen feinen Pariser Gesellschaft. Die Bürger Tallien, Récamier, der General Junot – alles seine ständigen Kunden. Seine ganze Politik geht übrigens dahin: Aufrechterhaltung der Konsularregierung.«
»Ahnt Lerebourg etwas von dem wahren Charakter seiner Reisebekanntschaft?«
»Nicht ein Atom! Der würde sie doch nicht zu sich eingeladen haben, wenn er wüßte, daß sie sich ihm unter ganz falschen Namen vorgestellt . . . Nein, nein, der glaubt fest an den Bürger Victor Leclerc . . .«
»Und die Frau?«
»Ach! das ist ganz etwas anderes! Ich hab' ein paar Ladenfräulein gesprochen. Madame Lerebourg war ursprünglich adlig. Aus der Bretagne. Vor ein paar Jahren heiratete sie den Inhaber ›Zur blauen Mütze‹, der wahnsinnig in sie verschossen ist. Sie gilt für sehr klug – aber . . .«
»Eine jede Frau ist so lange klug, bis sie anfängt, Dummheiten zu begehen. Saint-Régeant ist doch ebenfalls aus der Bretagne . . . vielleicht kennen sie sich von früher her . . . also aufgepaßt! . . . Was aber treibt denn dieser Georges?«
»Der kommt überhaupt nicht mehr aus dem Palais Royal heraus. In den Galerien de Bois immerzu mit kleinen Mädchen oder auf 113 beim Pharaospiel. Und verlieren tut er da – soviel er will . . . Er verbirgt sich auch nicht im mindesten. Er ist so leicht zu erkennen, daß ihn mir auf den ersten Schlag zehn meiner Agenten signalisiert haben . . . Soll ich ihn verhaften?«
»Hüten Sie sich! Das gleichzeitige Eintreffen hier von Hyde aus England und Georges aus der Bretagne – das bedeutet doch etwas! Vielleicht gehen wir einem großen Ereignis entgegen. Man hat mir's zwar bisher zu verheimlichen verstanden: welchem Ereignis, aber den Faden hab' ich doch schon in der Hand. Nun kann's nicht mehr fehlen . . .«
»Und ich, Bürger-Minister, soll mich wohl weiterhin mit Saint-Régeant beschäftigen?«
»Ja! Aber versäumen Sie mir darüber bloß nicht die Affäre der Philadelphisten! Der Erste Konsul ist überzeugt, daß die Jakobiner die Unruhstifter sind. Ich selber teile ja seine Befürchtungen keineswegs, aber ich möcht' es doch nicht gern darauf ankommen lassen. Wenn also von dieser Seite ein Komplott angezettelt werden soll, dann muß ich's doch jedenfalls vereiteln können . . . Dieser Ochse Dubois sieht natürlich nichts und erfährt nichts!«
»Wenn Sie, Bürger-Minister, den Konsul dazu kriegen könnten, daß Dubois bald einen Nachfolger bekäme –«
»Ich glaube, Braconneau, Sie sind heut nicht ganz richtig? Der wäre imstande und setzte einen ein, der wirklich was leistet – und wo blieben dann wir mit all unsern Operationen! . . . Er muß die Null sein, die wir uns anhängen!«
»Ach so! Ja – dann freilich – –«
In den Mundwinkeln Fouchés spielte ein dünnes Lächeln. Er entließ seinen Agenten mit einer Handbewegung; der verbeugte sich ergebenst und verschwand so lautlos wie er gekommen war. – Dieser Bürger Braconneau war ein gefährlicher Polizist. Seine Spezialität die Politik. Vor der Revolution hatte er in Diensten des Herrn Lenoir gestanden. Als die rechte Hand Maillards war er bei den Septembermassakern dabeigewesen und unterm Schreckenssystem einer der fürchterlichsten Hebertisten. Im Thermidor war er wie durch Zauberei mit einemmal unter Tallien gewesen, und von diesem kam er in den Dienst Fouchés. Hier erst hatte er sich so recht in seinem Element gefühlt. Die Winkelzüge dieses ausgemachten Heuchlers hatten keinen eifrigeren Verehrer als den Bürger Braconneau. Dieser skrupellose Polizist, der einfach zu allem zu gebrauchen war, liebte seinen Beruf leidenschaftlich wie ein Hund die Jagd liebt. In der Ausübung seines Berufs gab es keinen pünktlicheren, genaueren, ja peinlicheren als ihn. Er war nichts als Spitzel – er war die Spürnase selber – der ganze Kerl war ein Riechorgan. Es war schon mehr intuitiv, wie er sofort herausbekam, daß im Haus Lerebourg im allgemeinen etwas vorging und insbesondere die schöne Emilie, die bis dahin ein so gesetztes Persönchen gewesen, seit dem Auftauchen Saint-Régeants irgendwie unruhiger war. – Aber – was da eigentlich vorging –?
Ein paar Stunden später, nachdem er bei Fouché gewesen war, saß Braconneau im Laden »Zur blauen Mütze« in der Abteilung für Krawatten und Handschuhe. Lächelte zur Verkäuferin auf und sagte ihr so galante Dinge, daß man sich neu wieder ins ancien régime versetzt glaubte.
»Aber Herr Chevalier, wer Sie erhört, der hat nachher nicht Augen genug, darüber zu weinen. Alle sagen, Sie seien der größte Verführer. Und unsere Prinzipalin, die Bürgerin Lerebourg, wacht eifrig über uns, daß uns Courmacher wie Sie nichts tun!«
»Wacht sie über sich selber auch so ei – eifrig, wie Sie sagen? Wie – oder sollte ihr Gatte seinerseits ein wenig eifersüchtiger wachen? Oder ist der junge Herr am Ende ein Bruder von ihr?«
»Ach, jetzt weiß ich, wen Sie meinen! Den Herrn Leclerc? Der kommt rein geschäftlich zu uns und unterhält sich übrigens viel lieber mit dem Herrn wie mit Madame. Soviel ich weiß, sucht der Aufträge und fährt heut abend mit dem Prinzipal mit Kleiderstoffen zur Frau Gemahlin vom Ersten Konsul . . .«
»Woher wissen Sie das, göttliche Hermance?«
»Sehr einfach. Ich hab' die Stoffe eingepackt, und der Bürger Lerebourg hat noch eigens zu mir gesagt: Wenn die Bürgerin Bonaparte diesen Lyoner Brokat in Mode bringt, dann verdienen wir ein Vermögen . . . Übrigens wird Leclerc seine Muster schon anpreisen, darauf versteht er sich wunderbar!«
»Oh! ich zweifle nicht, daß die Bürgerin Beauharnais für einen neuen großen Staat im Staate ist; aber die Damen ihrer Umgebung, fürcht' ich, die sind doch allzu mittelmäßig. Mit ehemaligen Obstweibern und Waschfrauen, wie sie jetzt die Salons der Tuilerien bevölkern, macht sich so leicht keine Aristokratie . . .«
»In was für Tönen Sie aber von diesen Damen reden, Herr Chevalier! Dabei ist Madame Lannes bildhübsch, Madame Murat direkt eine Schönheit, und was die Schwester vom Konsul, die entzückende Pauline anbelangt . . .«
»Die lass' ich mir noch gefallen, ja! Aber mit Ihnen, anbetungswürdige Hermance, kann's doch keine von all jenen aufnehmen!«
Er erhob sich mit Grazie. Aus seiner Perücke staubte eine feine Wolke wohlriechenden Puders.
»Sollen wir Ihnen die Sachen zuschicken, Herr Chevalier?«
»Nein, meine Schönste, ich habe zwei Schritt von hier vor Saint-Roch meinen Wagen warten . . . Ich nehm' diese leichten Paketchen untern Arm . . .«
Er teilte – an der Kassiererin vorüber – Grüße und Lächeln aus, und das hübsche Ladenfräulein brachte ihn bis zur Tür.
»Das macht sich ja famos,« frohlockte Braconneau. »Nun bloß rasch in einen andern Menschen hinein! Von sechs Uhr abends an darf ich die ›Blaue Mütze‹ nicht mehr aus den Augen lassen! Wenn Saint-Régeant nach den Tuilerien fährt, dann ist es doch nicht wegen Mustern für Josephine! Was es aber auch sei – ich muß es beobachten!«
An der Ecke Rue de la Sourdière angekommen, schlug er eine raschere Gangart an, bog um den Montmartrehügel und trat in einer Allee in ein kleines Haus mit steinalter Fassade. – Eine halbe Stunde später kam ein stutzerhaft gekleideter Herr heraus, in enganschließenden Beinkleidern, einem Rock mit langen Schößen, bunter Weste, und das kurze lockige Rothaar seitlich in zwei Spitzen koiffiert. Von dem Lebegreis im seidenen Überrock war nichts mehr übrig geblieben, aber es war immer wieder Braconneau, der gefürchtete Spürhund Fouchés. – Um sieben Uhr dann kam Saint-Régeant im Wagen am Kaufhaus vorgefahren, und kaum daß die Musterkollektion im Fiaker vom falschen Leclerc und Lerebourg verstaut war, erschien Madame Lerebourg.
»Bürger Leclerc, Sie setzen sich neben meine Frau.« Und damit gab der Kaufmann dem jungen Manne einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken.
Saint-Régeant aber setzte sich Madame gegenüber auf den kleinen Sitz neben die Pakete.
»Ach! nun haben Sie sich doch anders gesetzt?« fragte dann Lerebourg zum Wagenschlag herein. »Auch gut! die Fahrt dauert ja keine Ewigkeit . . . Kutscher! Nach den Tuilerien!«
Im Dunkel des Wagens suchte Saint-Régeant nachher heimlich die Hand Emiliens. Und fand sie und hielt sie und preßte sie zärtlich. Die Finger der jungen Frau wollten erst fast erschrocken fliehn, gaben sich aber dann gefangen und schickten sich drein, und die Wärme dieses schlaffen Fleisches rührte Saint-Régeant bis ans Herz. Lerebourg – der plapperte derweil; aber die beiden hörten ihm gar nicht zu, so sehr waren sie mit sich selbst beschäftigt. Bald ein wenig kühner noch, suchte Saint-Régeant mit seinem Knie das Knie der jungen Frau – und fühlte, wie sie bei solcher Berührung zusammenschauerte. Ihre kleine Hand war in der seinigen wie ein kleiner Vogel. Und während der Kasten weiter rumpelte und Lerebourg vor lauter Rumpeln immer noch mehr schrie, waren die beiden von den innigsten Empfindungen erfüllt. Plötzlich sprach der Kaufmann:
»Wir sind schon da . . .«
Die Hände lösten sich; die Blicke mieden einander. Lerebourg sprang als erster heraus. Ein Grenadier von der Konsulargarde stand da Posten.
»So, und nun, Bürger Leclerc, reichen Sie mir die Reste heraus . . . Komm, Emilie, komm, mein liebes Kind . . . Hast du auch die Spitzen? . . . Unser lieber Freund ist so gut und trägt den Samt . . . Kutscher, Sie warten hier solange –«
Über einen Hof ging's in eine Vorhalle. Ein Ordonnanzunteroffizier stand am Aufgang zur Treppe. Lerebourg trat auf ihn zu mit Wichtigkeit und Würde:
»Zur Generalin Bonaparte . . .«
»Im ersten Stock, Bürger . . . Da fragen Sie dann nochmal . . .«
Im ersten Stock stand ein Diener von einem Bänkchen auf und kam ihnen entgegen.
»Ich bin der Bürger Lerebourg. Madame Bonaparte erwartet mich.«
Der Diener verneigte sich:
»Ich soll Sie zu Madame bringen, Bürger . . . Wollen Sie mir, bitte, folgen . . .«
Durch eine Galerie gelangten Lerebourg, Emilie und Saint-Régeant in die Privatgemächer der Gemahlin des Ersten Konsuls. In einem kleinen, mit grünem Stoff ausgeschlagenen Salon, darin leichte Kanapees und gedrechselte Stühlchen im Geschmack des 18. Jahrhunderts, sollten sie warten. Eine angeregte Unterhaltung klang von irgendwo bis hieher. Ein paar Soprane, und dann immer wieder ein Bariton dazwischen. Plötzlich aber wurde eine Tür aufgerissen, und Josephine und hinter ihr Hortense Beauharnais und Madame Murat kamen herein. Josephine – lächelnd, in einer weißen Robe aus indischem Musselin mit wundervollem Spitzenbesatz; mächtig dekolletiert zwar – aber diese Büste glich auch einer herrlichen fremden Blume; – die Arme bis zu den Schultern empor nackt; das Gewand allen Linien dieses schönen Kreolinnenleibes nachfließend; das kastanienbraune Haar zu einem hohen griechischen Knoten aufgesteckt und Locken beiderseits an den Schläfen: dieser Frau sah man das Alter nicht an, und wenn ihre Zähne schöner gewesen wären, hätte sie an holdem Reiz der Schwester Bonapartes und selbst auch Hortense wohl in nichts nachgestanden. Mit einer graziösen Geste lud sie die beiden jungen Frauen zum Sitzen ein; dann warf sie Madame Lerebourg einen Blick lustigen Einverständnisses zu und wandte sich dann fröhlich an den Modewarenhändler:
»Na nu, Herr von und zur Blauen Mütze, zeigen Sie uns Ihre Wunder . . .«
Aber in dem nämlichen Augenblick sah sie auch schon neugierig zu Saint-Régeant hinüber. – Der tadellose braune Rock, der die gertenschlanke Jünglingsfigur womöglich in ein noch günstigeres Licht setzte; die strammen, gamsledernen Kniehosen, die dem gemeißelten Bein wie angegossen saßen; die todschicken Stulpenstiefeln; dazu der vornehme Teint des jungen Mannes und die edeln Locken um das liebliche Gesicht: wenn das nicht auf den ersten Blick als von reinster Rasse und gar hoher Aristokratie sprach – –! Josephine mußte lächeln. Dann fragte sie:
»Und das also ist der Herr aus Lyon, der uns seine Stoffe vorlegen will?«
»Zu dienen, Madame,« antwortete der vorgebliche Leclerc und machte seinen ergebensten Diener.
»Ich denke, Sie packen am besten hier auf dem Tisch aus . . .«
»Ich habe da wunderschöne Spitzen aus England bekommen. Und indische Stoffe – allerallererster Qualität,« sprach Lerebourg und breitete auf grüner Samtunterlage wirklich hervorragende Spitzenarbeit aus. Hortense und Madame Murat waren entzückt.
Josephine hingegen war viel mehr begierig auf was Saint-Régeant ihr zeigte. Ihre feine weiße Hand fühlte die Lyoner Brokate an, und sie sprach:
»Also diese Industrie, meinen Sie, sollte man unterstützen?«
»Gewiß, Madame.« Der junge Mann hatte eine angenehme, wohltuende Stimme. »Die Stadt hat sich von den Schreckenstagen von 93 her noch nicht wieder erholt. Es herrscht Arbeitermangel. Nun hat ein genialer Kopf – namens Jacquart – eine Erfindung gemacht: eine Maschine soll die menschliche Arbeit mit einer staunenswerten Präzision ersetzen. Die Lyoner Industrie will einen neuen Aufschwung nehmen, falls man ihr nur das richtige Interesse entgegenbringt. Wenn der Herr General-Konsul vielleicht irgendwie dafür zu gewinnen wären . . .«
»Ihre Ausführungen sind von einer solchen Klarheit –« sagte Josephine. »Das muß Bonaparte selber von Ihnen hören . . . Ich will gleich einmal fragen, ob sich das machen läßt . . .«
Sie stand auf und ging hinaus. Emilie war von Hortense und Madame Murat so sehr in Beschlag genommen, daß sie von der Unterhaltung Josephinens mit dem Pseudo-Leclerc kaum etwas bemerkt hatte. Lerebourg aber hatte jedes Wort gehört. Der wisperte nun sogleich zu seinem Kollegen:
»Hören Sie. Wenn der Erste Konsul auf Ihre Ideen eingeht, dann vergessen Sie auch meine Firma nicht . . .«
»Seien Sie unbesorgt. Wir sind doch nicht zu unserm Vergnügen hiehergekommen.«
»Ich nehme diesen Besatz – und diesen Schal,« entschied Madame Murat. »Das Muster ist in der Tat köstlich.«
»Und ich die englische Spitzenrobe für meine Mutter. Sie wird wie eine Göttin darin aussehen . . .«
Da kam Josephine wieder herein.
»Der Erste Konsul will Sie empfangen, Herr –« erklärte sie. »Sie bleiben also mit diesen Stoffen hier. Herr und Frau Lerebourg nehmen die Spitzen mit hinaus, das heißt, soweit Ihnen meine Schwägerin und meine Tochter noch davon übrig gelassen haben . . .«
Herr und Frau Lerebourg verbeugten sich. Lerebourg packte seine Spitzen und Stoffe zusammen; Emilie sah einigermaßen verwundert zu Saint-Régeant hinüber. Mit welcher Seelenruhe der doch dastand! Als ob er daheim im Laden zur »Blauen Mütze« gestanden hätte! Oder als ob die hohe und plötzliche Ehre, im nächsten Augenblick dem Oberhaupte des Staates vorgestellt zu werden, das Natürlichste von der Welt wäre! – Sie bekam es ein wenig mit der Angst. Das sollte wohl nicht ungefährlich sein; auch für sie nicht. Indes, sie hatte keine Zeit, lange darüber nachzudenken. Ihr Gatte wollte bereits gehen. Sie empfahl sich ehrfurchtsvoll vor Josephine. Ihr Gatte erschöpfte sich in unzähligen Bücklingen. Saint-Régeant richtete einen unendlich zärtlichen Blick auf sie, als ob er ihr damit sagen wollte: Mein Herz hat kein Geheimnis vor dir . . . zu Lerebourg gewendet aber sprach er in einem Ton, der durchaus nur Geschäftliches ausdrücken sollte:
»Ich bin morgen früh jedenfalls bei Ihnen im Laden.«
Und dann befand sich Saint-Régeant allein mit Josephine. Hortense und Madame Murat hatten sich auf irgendein Zeichen oder ein Wort ebenfalls zurückgezogen. – Die Gemahlin des Ersten Konsuls nahm in einem Lehnstuhl Platz. Dann fragte sie lächelnd:
»Herr de Saint-Régeant, nicht wahr?«
»Zu dienen, Madame.« Der royalistische Abgesandte verneigte sich mit seiner Ritterlichkeit.
»Hat Herr Lerebourg eine Ahnung, wer Sie eigentlich sind?«
»Nicht im mindesten. Ich fand, es wäre so einfacher und weniger kompromittierend für ihn . . .«
»Sehr richtig. Aber die kleine Lerebourg hat ihre Mission äußerst geschickt durchgeführt. Wie verschmitzt sie das angestellt hat . . . ich hab' sie sehr, sehr gern. Aber Sie sollten doch nicht allein hieher kommen. Wo sind Ihre Freunde?«
»Die Herren Hyde de Neuville und Cadoudal warten an der Ecke vom Hotel de Nantes, bis jemand mit einem weißen Taschentuch in der Hand auf sie zutritt und das eine Wort: Louis sagt . . .«
»Ich werde sogleich veranlassen, daß sie jemand holt. Auch muß ich es dem General sagen lassen. Wollen Sie sich ein Weilchen gedulden?«
In der Stille des Palais lehnte Saint-Régeant gemächlich am Kamin und lauschte wohl, ob sich im Palaste selber etwas rege. Aber da war nur das ferne Rollen von Wagen draußen und der gleichmäßige Schritt des Wachtpostens drunten im Innenhof. Eine Viertelstunde verging so, ohne daß der royalistische Abgesandte sein Herz auch nur für eine Sekunde lang schneller schlagen gefühlt hätte. Warum auch? Es hatte sich bis jetzt alles so auf Treu und Glauben gemacht. Wahrhaftig! Auch mußten in der nächsten Umgebung des Ersten Konsuls wirklich gewichtige Stimmen zugunsten der Partei der Prinzen sein – allen voran Josephine natürlich –; anders war es nicht gut zu denken. Bestand also eine Hoffnung und war Bonaparte einer Restauration geneigt? War auf die feinen Berechnungen Hydes demnach doch mehr zu geben als auf all die klobigen Befürchtungen Georges'? – Aber da landete die beflügelte Phantasie Saint-Régeants bereits in einem ganz andern Bezirk, und das liebliche Gesichtchen Emiliens tauchte vor ihm auf. Wie bezaubernd die doch war – und wie sehr er sie längst liebte! Als fühlte er noch ihre warme Hand und säße wieder mit ihr im Wagen . . . der verliebte Saint-Régeant vergaß Zeit und Ort und den hohen Auftrag und den berühmten Bonaparte . . . da kamen Hyde und Georges in Begleitung eines Offiziers herein. Kamen lächelnd auf ihn zu, und er mußte einem jeden die Hand geben. Da aber redete der Offizier militärisch kurz:
»Ich habe den Befehl, Bürger, sicher zu gehen, ob keiner von Ihnen Waffen auf dem Leibe verbirgt.«
Georges knöpfelte sogleich die feine Weste auf und sagte fast scherzend: »Weder Flinten, noch Dolche – bitte! Meinetwegen sehen Sie nach, wo Sie wollen.«
Hyde und Saint-Régeant hatten weniger stürmisch ein gleiches getan. Der Offizier verneigte sich und ging ins Zimmer nebenan. Im nächsten Augenblick tat sich die Türe auf – und der Sieger von Arcole erschien. Mit sorgenvoller Stirn; und mit einem Neigen des Kopfes nach den Herren hin grüßend. Ein Adjutant in Husarenuniform kam hinter ihm drein und schien in einer Zimmerecke Posten fassen zu wollen.
»Herr Oberst Rapp – gehen Sie, bitte,« sprach Bonaparte.
Aber Rapp schnitt eine Grimasse. Nahm, schien's, nur widerwillig seinen Säbel auf und sagte im Hinausgehen:
»Dann bleib' ich wenigstens auf Hörweite. Ein Wort, und ich bin da.«
»Gehen Sie und schließen Sie die Tür.«
»Das nun gerade nicht!« erklärte der Adjutant. »Aber Sie können ganz beruhigt sein, General. Ich hör' schon nichts von allem was gesagt wird –«
Er verschwand, doch ließ er die Tür halb offen. – Bonaparte maß einen Augenblick diese drei royalistischen Sendlinge. Dann fesselte ihn der bärenmäßige Georges besonders und er mußte lächeln, wie er nun am Kamin Platz nahm. Er zeigte auf Stühle für die Herren.
»Sie werden ungemein beschützt, General,« sprach Hyde und nestelte an seinem Spitzenjabot.
»Ihre Prinzen zwingen mich dazu,« erwiderte Bonaparte sanften Tons. »Aber was haben Sie mir von ihnen zu sagen?«
»Finden Sie nicht auch, General, daß Frankreich nun endlich genug von der Revolution gelitten hat –« hub Hyde da an, »auf daß es wirklich an der Zeit scheint, daß die Ordnung wieder hergestellt wird?«
»Das gerade ist es, das ich mir – mit der Hilfe aller gutgesinnten Bürger – angelegen sein lasse. Aber, meine Herren, die größten Hindernisse, die uns dabei in den Weg gelegt werden, stammen von Ihnen. Seit in der Vendée vor kurzem der Waffenstillstand unterzeichnet ist, atmet das Land ein wenig auf. Aber die Banden in der Normandie haben immer noch nicht abgerüstet, die Parteigänger des Herrn de Frotté stehen immer noch im Feld. Was soll man denn da machen, daß es endlich Friede wird? Wenn's im Ausland wär', dann fackelte ich nicht lange, das wissen Sie doch . . . so aber Franzose gegen Franzose . . .«
»General! Sie sind ein großer Heerführer, und wir beugen uns vor Ihrem Ruhm. Aber unsere Prinzen sind von erlauchtem Blut, das Frankreich geschaffen, vergrößert und erlaucht gemacht hat . . . was können Sie für unsere Prinzen tun?«
»Was verlangen Ihre Prinzen?«
Cadoudal hatte bis dahin geschwiegen und Hyde reden lassen. Auf diese Frage aber richtete er sich gewaltig auf, schaute dem Ersten Konsul geradeaus ins Gesicht und antwortete höchst einfach:
»Ihren Thron!«
»Ah! Der General Cadoudal hält sich nicht lange mit Worten auf,« sprach Bonaparte mit einem Lächeln. »Das ist schön . . . nur Sie sind sehr anspruchsvoll. Was für einen Thron? Es gibt keinen Thron in Frankreich mehr. Der ist – gestürzt, mein' ich doch!«
»So richtet man ihn wieder auf! Cromwell stieß Karl den Ersten vom Thron – Monk setzte Karl den Zweiten wieder darauf. Monk war immerhin auch ein siegreicher General.«
»Monk? Der muß schon subaltern auf die Welt gekommen sein, daß er selbst einen Herrn über sich setzte.«
Die drei Royalisten sahen sich an.
»Sollen wir aus diesen Ihren Worten den Ausdruck Ihres geheimsten Gedankens entnehmen?« Umständlich feierlich kam das von Hydes Lippen. »Wollen Sie denselben Thron, den wir für die Bourbonen von Ihnen erbitten, für sich selber reservieren?«
Bonaparte zuckte zusammen und sah Hyde starr an, daß der ihn so durchaus erraten hatte. Dann schüttelte er mit dem Kopf; seine Stirn blieb weiß und glatt wie Marmor; seine Augen taten sich zu, als ob er sich vor ihren Blicken verbergen wollte; und mit fester Stimme sprach er:
»Wozu einen Thron? Bin ich nicht der Herr und alles im ganzen Land meinem Willen untertan? Sie selber kommen und bitten mich zugunsten der emigrierten Prinzen; nun ja, ich kann den Thron wieder aufrichten, den die Revolution gestürzt hat, kann einen Ludwig den Achtzehnten einsetzen . . . aber wozu? Hieße das nicht vom nächsten Tage an den Kampf gegen das ancien régime erneuern? Würde der König nicht mit all seiner Umgebung, seinen Günstlingen und Schranzen zurückkommen – mit all dem, das Frankreich zum Teufel gejagt hat und nie wiedersehen will? Hieße das nicht alle Privilegien und Rechtseingriffe neu aufkommen lassen, die wir erst nach zehn Jahre langem Kampf und unter soviel Blutvergießen ausgerottet haben? Glauben Sie denn, wir haben Österreich und Rußland besiegt, England bekämpft, Ägypten unterworfen und die Trikolore siegreich auf hundert Schlachtfeldern aufgepflanzt, um all die Ruhmestaten der Revolution, die Freiheit eines ganzen Volkes und seine zukünftige Größe den degenerierten Erben eines vierzehnten Ludwigs zu Füßen zu legen? Nein, meine Herren, das haben Sie wohl selbst nicht für möglich gehalten – das kann nicht der Zweck Ihres Kommens gewesen sein!«
»Doch! doch! das ist die einzig mögliche Erlösung aus der Krise, in der Frankreich schmachtet!« setzte Hyde mit ebensoviel Festigkeit entgegen. »Sie behaupteten soeben, Sie seien der Herr und Meister. Dabei widersetzt sich ein gutes Dritteil der Provinzen noch Ihrer Macht. Das ganze Land jenseits der Loire haben Sie noch nicht; und der halbe Süden ist immer noch in beständiger Aufregung. Haben Sie nicht selber gesagt, daß die Normandie noch völlig unter Waffen ist, und alle Wege sind bis auf zwei Meilen an Paris heran so herzlich wenig sicher, daß die Post Tag für Tag überfallen wird? Die Fußbrennerbanden plündern bis ins Weichbild der Stadt herein Pachthöfe und Schlösser, ohne daß Ihre fliegenden Korps ihnen etwas anhaben können. Überall wo Ihre Armee nicht ist, da ist Unsicherheit und Aufruhr. Die Gerichtsbarkeit ist ungewiß, Religion gilt überhaupt nicht mehr, das Eigentum zittert vor dem kommenden Tag, die Familie ist durch Ihre Gesetze erschüttert. Die angestammte Monarchie allein garantiert diesem unglücklichen Lande den Frieden, das sich kaum vom Schreckenssystem erholt hat und von all den Revolutionsgreueln noch nachzittert. Wir allein bürgen für die Ordnung, die Sie wieder einsetzen sollen: das monarchische Prinzip! doch das wissen Sie ja selber . . . Wenn Sie heute inmitten eines Ihrer Bataillone untergehen, was ist am andern Tag noch von Ihrer Regierung übrig? Die Jakobiner, die Sie bis jetzt in Schach halten, könnten sich nur wieder durch Greuel zur Macht aufschwingen; aber auf wie lange? Wir Royalisten strecken die Waffen nicht, das sage ich Ihnen. In Fontenay kam nur ein Waffenstillstand zustande, der es uns ermöglicht hat, frei bis hieher zu Ihnen zu gelangen und Sie vor die Wahl zu stellen: Frieden oder Fortsetzung des Kriegs. Sie haben zu entscheiden . . .«
Bonaparte lächelte; und sah dabei Hyde mit jenem Blick an, der wahrhaft wie ein Blitz und in der Tat kaum auszuhalten war, sodann frug er im einschmeichelndsten Tone:
»Und welche Bedingungen stellen Sie mir?«
»Sie, General, kommen mit einem von Ihnen zusammengestellten Armeekorps und Ihrem ganzen Generalstab nach Cherbourg und empfangen dort den Herrn Comte de Provence – unter dem Namen Louis XVIII. – als König. Seine Majestät belehnt Sie mit der Domäne Chambord, bewilligt Ihnen eine Dotation, die Sie selbst bestimmen wollen, verleiht Ihnen den Titel eines Prinzen und den Degen des Konnetabel . . .«
»Jenes Bourbonen, der Frankreich verkauft hat?«
»Nein, sondern den des Duguesclin, der Frankreichs Erretter war!«
Bonaparte kniff die Augenbrauen zusammen:
»Der Degen von Marengo genügt mir.«
»Ach!« sprach Saint-Régeant, »wenn Desaix nicht gekommen wäre –«
»Aber Desaix mußte kommen: er hatte meinen ausdrücklichen Befehl –«
Der junge Mann aber ließ sich nicht abbringen: »Sie sind noch in dem Alter, General, wo man Glück hat. Nehmen Sie sich in acht: eines schönen Tages kommt der General, den Sie gerade erwarten, nicht mehr!«
Wie eine Wolke ging's über die Stirn Bonapartes hin. Die Sonne in seinem Auge erlosch. Ersah er über allen Rand seiner Gedanken hinab einen ungeheuren Untergang? . . . aber es war nur für eine Sekunde lang gewesen. Und der Eindruck dieser folgenden Rede war ein um so gewaltigerer auf seine drei Zuhörer:
»Ich bin mir meines Weges sicher. Ein Stern – Mein Stern! –, den ich nicht verlasse und der mich nicht verläßt, führt mich zum Ziel; und das Ziel ist groß und glorreich. Was ich bis jetzt geleistet habe, ist nichts im Vergleich zu dem, was ich noch leisten will. Ich werde Frankreich die rechte Verwaltung geben und das gerechte Gesetz. Es soll auch seinen Glauben wieder haben. Und ich will es so reich und so mächtig und so groß wie es niemals war. Vermögen Ihre Prinzen etwas Besseres oder mehr als ich? Ich könnte ihnen die Krone geben . . . aber wie? wenn sie den Thron nur besteigen, um den sechzehnten Ludwig fortzusetzen? . . . es wär' nur neues Blut und wieder Mord und Tod! Es ist genug, daß ein Königshaupt für die Freiheit gefallen ist!«
Die drei Royalisten standen auf. Das entscheidende Wort war gefallen. Bonaparte sah sie alle drei noch einmal an und schüttelte mit dem Kopf:
»Wirklich schade um soviel Willen und Fähigkeit von Ihnen um eine solche Sache . . .! Kehren Sie zu den Prinzen zurück, richten Sie Ihren Auftrag aus, und dann – wenn Sie Franzosen sind! – bitten Sie um Ihre Entlassung. Und kommen wieder hieher zu mir. Herr de Cadoudal, ich könnte Ihnen Gelegenheit geben, sich in der Armee auszuzeichnen, und Ihnen, meine Herren Hyde und de Saint-Régeant, hohe Stellungen in meinem Staatsrat verschaffen. Es ist aus mit der Chouanerie, meine Herren, nun heißt's Frankreich dienen!«
»Dem König dienen heißt Frankreich dienen. Adieu, General.«
Sie verneigten sich und schickten sich an zu gehen.
»Rapp!« rief Bonaparte.
»Befehl!«
»Geleiten Sie die Herren,« sprach der Erste Konsul.
Wieder nur mit einem Neigen des Kopfes verabschiedete er sich von ihnen und ging.
»Ich stehe zu Ihrer Verfügung, meine Herren,« sprach Rapp.
Beim Hinausgehen aber sagte Cadoudal Hyde ins Ohr:
»Das nenn' ich eine Gelegenheit verpassen. Der Mann ist unser unerbittlichster Feind. Ich hätte ihn so zwischen meine Arme nehmen und ersticken müssen!«