Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Der fruchtbarste und tiefsinnigste Mythus von allen theogonischen, zu welchem religiöse Sage, Volkssage und hoher Dichtersinn gleichmäßig beigetragen haben.
Der lemnische und der attische Hephaestosdienst enthielt wohl die ältesten Elemente dieser Dichtung. In jenem erscheint das Feuer als eine Elementarkraft göttlichen Ursprungs, welches durch die Anwendung auf menschliche Bedürfnisse verunreinigt wird, was zu mancherlei Bußen und Sühnungen führte. In diesem wurden Hephaestos Prometheus und Athena als eng zusammengehörige Culturgötter neben einander verehrt. Ueberhaupt sind Hephaestos und Prometheus nahe verwandte Gottheiten, wie denn auch dem Hephaestos dieselbe wohlthätige Wirkung für die menschliche Cultur zugeschrieben wurde (Hom. Hymn. 20).
Der alte Cultusbeiname des Prometheus war ὁ πυρφόρος ϑεόςὁ πυρφόρος ϑεὸς Τιτὰν Προμηϑεύς, Soph. O. C. 56. Den Namen erklärt Aesch. Pr. 85 ψευδωνύμως σε δαίμονες Προμηϑέα καλοῦσιν, αὐτὸν γάρ σε δεῖ προμηϑέως. Verschiedene Etymologieen b. Pott Z. f. vgl. Spr. 6, 100 ff. u. Kuhn die Herabkunft des Feuers S. 16. Zeus Προμανϑεὺς b. den Thuriern Lykophr. 537. d. h. der Gott welcher das Feuer vom Himmel auf die Erde herabgebracht hat, denn das Feuer ist nach dem Glauben der Naturreligion eine göttliche Kraft und dem Himmel eigen, in dessen siderischen und meteorischen Erscheinungen, namentlich in der Sonne und im Blitze, es am eminentesten hervortritt. Zugleich ist es auf der Erde in solchem Grade nicht blos die Bedingung aller menschlichen Cultur im weitesten UmfangePlin. 36, 200 peractis omnibus quae constant ingenio, artem natura faciente, occurrit mirari nihil paene non igni perfici. Die geistige Natur des Feuers drückt das Wort πυρπαλάμαι aus d. h. geschwinde Gedanken, daher πυρπάλαμοι οἱ διὰ τάχους τι μηχανᾶσϑαι δυνάμενοι καὶ οἱ ποικίλοι τὸ ἦϑος, Hes. und διαπυρπαλαμᾶν b. Ho. H. Merc. 357. Vgl. Ennius Epich. b. Varro l. l. 5, 59 est de Sole sumptus ignis isque totus mentis est u. Rö. Myth. 529., sondern auch die am meisten seelenartige, geistige, überall durchdringende Elementarkraft, daß Prometheus als πυρφόρος sehr bald für den Stifter und Begründer der menschlichen Cultur 72 überhaupt gelten konnte und als solcher zugleich für schlechthin erfinderisch, ja für die personificirte Vorsicht und Erfindungskraft, wie dieses in seinem Namen ausgedrückt ist. Er ist darin wie gesagt dem Hephaestos sehr nahe verwandt, aber doch in einem Hauptpunkte auch wieder ganz von ihm verschieden, demselben weswegen er als Titane gedacht und in das Geschlecht des Japetos eingereiht wurde. Prometheus hat nehmlich, wahrscheinlich in Folge jener speciellen Beziehung zum menschlichen Geschlechte, welches den Grundzug der ganzen Dichtung bildete und welches auch die hellenische Stammessage sich angeeignet hatteDeukalion, der Vater des Hellen, ist nach dieser Sohn des Prometheus, bald von der Klymene, bald von der Hesione, bald von einer Göttin verdorbenes Namens, s. Schol. Od. 10, 2, Apoll. Rh. 3, 1086, Schoem. op. 2, 292. In der mythischen Geographie galt Asia für die Frau des Prometheus, Herod. 4, 45., die besondere Bedeutung eines Vertreters der menschlichen Bildung bekommen sofern sie die Natur überwältigt und dadurch zum Widerspruch gegen die Gottheit reizt: jener prometheischen Erfindsamkeit des menschlichen Geschlechtes, vermöge welcher dasselbe in alle Winkel der Natur eindringt und alle Kräfte der Natur sich dienstbar macht, wie dieses Sophokles Antig. 382 ff. so wunderschön ausführt, und jenes unermüdlichen Triebes und Durstes nach Wahrheit und allen Tiefen der Gottheit, welche zuletzt so leicht zu Trotz und Widerspruch führt, wie diesen dämonischen Trieb unter den alten Dichtern am besten Euripides zu schildern wußteZ. B. Suppl. 201 ff., wo Euripides den Gedanken ausführt wie die menschliche Cultur eine göttliche Gabe, der menschliche Geist aber damit nicht zufrieden sei: ἀλλ' ἡ φρόνησις τοῦ ϑεοῦ μεῖζον σϑένειν ζητεῖ, τὸ γαῦρον δ' ἐν φρεσὶν κεκτημένοι δοκοῦμεν εἶναι δαιμόνων σοφώτεροι. Ausgeführte Bilder der Art gaben sein Bellerophon und die Melanippe.. Und so erscheint denn in dieser Mythe nicht allein die edle Gabe des Prometheus, das Feuer, als ein Raub am Himmel und an der Gottheit, indem Prometheus es bald an dem Heerdfeuer des Zeus oder an dem künstlerischen Feuer des Hephaestos und der Athena bald an dem des Sonnenwagens entzündetHesiod W. T. 51 Διὸς παρὰ μητιόεντος ἐν κοίλῳ νάρϑηκι, vgl. Aesch. Pr. 109 ναρϑηκοπλήρωτον πυρὸς πηγήν, denn der Ferulstengel diente als Feuerzeug, s. Weiske Prom. 211. Anstatt des Heerdfeuers im Hause des Zeus konnte auch der Blitz genannt werden, vgl. Lucr. 5, 1090 fulmen detulit in terram mortalibus ignem primitus, daher Pr. auf einer Gemme den Blitz statt des Feuers in der Hand trägt. Bei Plato Protag. p. 321 entwendet Pr. das Feuer aus der Werkstätte des Hephaestos und der Athena, weil diese Götter hier das technische, Zeus das politische Bildungselement vertreten. Nach Serv. V. Ecl. 6, 42 erlangte er es mit Hülfe der Minerva adhibita facula ad rotam Solis, vgl. die weit verbreitete Symbolik des Sonnenrades b. Grimm D. M. 578 und Probus V. Ecl. l. c. ignis qui Solis in lumine diem diis operabatur, auch Mythol. lat. 1, 1; 2, 63, wo Minerva den Pr. inter oras septemplicis clypei sublatum zum Himmel emporführt. Im Skr. ist pra–mantha–s ein bei der Feuererzeugung durch geriebene Hölzer gebrauchtes Instrument, wodurch Kuhn a. a. O. den Namen Προμηϑεὺς erklärt., sondern es ist auch sein 73 eignes Tichten und Trachten wesentlich Widerspruch und Schlauheit (daher ἀγκυλομήτης wie Kronos) und Zeus muß ihn bestrafen weil er, wie Hesiod sich sehr bezeichnend ausdrückt, es dem Zeus im Rathe gleich thun wollteth. 534 οὕνεκ' ἐρίζετο βουλὰς ὑπερμενέϊ Κρονίωνι, wie Thamyris mit den Musen, Eurytos mit dem Apoll kämpft u. s. w. Die βουλαὶ Διὸς sind das höchste Princip der Weltregierung. Andre Beiwörter des Pr. sind ποικίλος, αἰολόμητις, ποικιλόβουλος, πολύϊδρις u. s. w., welche sein Verhältniß zum Zeus ausdrücken, wie ἀκάκητα, ἐΰς das zu den Menschen. Auch Loki, der nordische Feuergott, ist schlau und verführerisch..
Aus solchen Elementen ist zunächst die Sage entstanden, wie sie in verschiedenen Versionen und Abschnitten bei Hesiod zu lesen ist. Der erste Anfang des Zerwürfnisses zwischen Prometheus und Zeus wird th. 521 ff. erzählt, zugleich als Ursache weshalb Zeus den Menschen das Feuer vorenthielt, daher Prometheus es entwenden mußte. Als die Götter sich mit den Menschen bei Mekone d. i. Sikyon wegen der ihnen gebührenden Ehren auseinandersetztenὅτ' ἐκρίνοντο ϑεοὶ ϑνητοί τ' ἄνϑρωποι, vgl. Schoem. op. 2, 272 sqq. Sikyon stand wegen seines Alterthums und seiner gottesdienstlichen Uebungen in besonderem Ansehn, daher ἱερὰ b. Pind. N. 9, 53, μακάρων ἕδρανον b. Kallim., da theilt Prometheus, hier als Feuergott zugleich der Opferer und πυρκόοςDaher Ἰϑάς, ὁ τῶν Τιτάνων κήρυξ Προμηϑεύς Hes. und Plin. 7, 209 Pr. bovem primus occidit. So ist der indische Feuergott Agni als solcher zugleich der Stifter des Opfers., einen großen Opferstier in zwei Portionen, von denen die eine aus den Fleischtheilen und den eßbaren Eingeweiden die er in das Fell des Opferthieres einschlägt, die andere aus den Knochen und Schenkelstücken besteht, die er sehr geschickt zu legen weiß und mit glänzendem Fett bedeckt. Er wollte dadurch den Zeus berücken, damit dieser die schlechtere Hälfte als Antheil der Götter wählte. Zeus merkt den Betrug, aber weil er den Menschen ohnehin nicht wohlwollteκακὰ δ' ὄσσετο ϑυμῷ ϑνητοῖς ἀνϑρώποισι, vgl. Aesch. Pr. 233 ff. Zeus erscheint im Gegensatze zu Kronos immer als der Gott der die neue und jetzige Ordnung der Dinge begründet hat, wo der Mensch sich im Kampf mit der Natur befindet., greift er absichtlich zu dem schlechteren 74 Theile und hat nun einen Grund das Feuer zurückzuhaltenth. 563 οὐκ ἐδίδου, W. T. 50 κρύψε δὲ πῦρ d. h. er gab es ihnen nicht zu eigen, nicht zu freiem Gebrauch. Denn kennen gelernt hatten sie es schon, da unter Göttern und Menschen früher Alles gemein war.. Also eine ziemlich ungeschickte Begründung der zwischen Göttern und Menschen bestehenden Feindschaft, die dabei als schon vorhanden vorausgesetzt wird und nach dieser Sage ihren Grund doch eigentlich in dem bekannten Neide der Götter hat. Der seit alter Zeit überlieferte Gebrauch nur gewisse Theile des Opferthieres und zwar die geringeren zu verbrennen, die übrigen beim Opferschmause zu Ehren der Götter zu verzehren, erschien einem reflectirenden Geschlechte als Verkürzung der göttlichen Ehren: wie in anderen Fabeln alte Gebräuche des Menschenopfers als Greuel und Versuchung der Götter gedeutet wurden.
Eine zweite Sage, welche die W. T. 42 ff. erzählen (vgl. th. 570 ff.), ist weit alterthümlicher und volkstümlicher und dadurch besonders anziehend daß sie zugleich von der Entstehung des Weibes berichtet. Diese erscheint ganz wie in der biblischen Erzählung als eine Schwächung, eine Entzweiung des menschlichen Geschlechts, doch ist die Erzählung nach griechischer Weise voll von schalkhafter Naivität und behaglicher Lust am Schönen und Reizenden. Sie geht aus von der Betrachtung daß die Menschen ihr Brod im Schweiße ihres Angesichtes essen müssen, weil die Götter ihre Nahrung im Schooße der Erde verborgen halten. So hat es Zeus gewollt aus Zorn über den Betrug des Prometheus (bei dem Vertrage von Sikyon) und auch das Feuer hielt er nun verborgen, bis Prometheus es entwendete. Darüber ist Zeus nun vollends sehr erzürnt und beschließt den Menschen wegen dieses Diebstahls ein Uebel ins Haus zu schicken, woran sie noch dazu recht ihre Lust haben sollen. Also ließ er seinen Sohn Hephaestos aus angefeuchteter Erde ein Menschengebilde machen und diesem Stimme und Kraft der andern Menschen geben; den Wuchs aber und das Antlitz solle er nach dem Bilde der unsterblichen Göttinnen schaffen, das reizende Bild einer schönen Jungfrau. Und Athena solle diese zu kunstreichen Werken unterweisen, Aphrodite ihr Haupt mit Anmuth umkleiden und verführerisches Schmachten und gefallsüchtiges Sorgen, Hermes aber einen schmeichlerisch demüthigen Sinn und ein verschlagenes Gemüth in sie legen. Und so thaten die Götter und Athena und die Chariten und die Hören gürteten und schmückten 75 sie so herrlich, mit goldenen Spangen und mit köstlichem Geschmeide und schönen Frühlingsblumen, daß es eine Lust für Götter und Menschen warPhidias hatte dieses an der Basis seiner Tempelstatue im Parthenon dargestellt. Vgl. das Vasengemälde b. Gerhard Festgedanken an Winckelmann, Berl. 1841, wo Pandora [Ἀ]νησιδώρα heißt.. Und die Götter nannten sie Pandora, weil sie eine verhängnißvolle Gabe aller Götter an die Menschen warΠανδώρην ὅτι πάντες Ὀλύμπια δώματ' ἔχοντες δῶρον ἐδώρησαν, πῆμ' ἀνδράσιν ἀλφηστῆσιν vgl. v. 85. 86. Da Πανδώρα sonst ein Beiname der Erde war wie Ἀνησιδώρα, so liegt die Vermuthung nahe daß das Bild jenes ersten Weibes, der griechischen Eva, zuerst durch eine sinnbildliche Uebertragung der Mutter Erde entstanden war, welche nach Plato Menex. 238 das erste Weib und das Weib schlechthin ist. Vgl. aber Schoem. op. 2, 295 sqq.. Darauf führt Hermes sie zum Epimetheus und dieser nachbedächtige, überbegehrliche Bruder und Doppelgänger des Prometheus läßt sich denn auch gleich bei seiner schwachen Seite fassen. Wohl hatte Prometheus ihn gewarnt, kein Geschenk vom Zeus anzunehmen, aber es lag eben in der Natur des Epimetheus, das Uebel nicht eher zu merken als nachdem er es an seinem Heerde aufgenommen hatte. Nun folgen lange Betrachtungen über die Natur des Weibes, von welcher viele Griechen von Hesiod bis Euripides viel Böses und Nachtheiliges zu berichten wissen, dahingegen der weitere Verlauf nur angedeutet, nicht ausgeführt wird. Früher hätten die Menschen ohne Uebel, Mühe und Krankheiten gelebt, aber jenes erste Weib habe den Deckel von dem Fasseπίϑου μέγα πῶμ' ἀφελοῦσα. Ein großes Faß von Thon, wie sie in den Vorratskammern der Alten gewöhnlich waren und in Italien und Griechenland noch jetzt im Gebrauche sind. Vgl. die beiden Fässer des Zeus Il. 24, 527 und das Faß der Danaiden, des Pholos, des Eurystheus auf Vasenbildern. Es ist hinzuzudenken daß Pandora jenes Faß als Aussteuer von den Göttern mit ins Haus gebracht und daß Prometheus von neuem gewarnt hatte. genommen und da seien alle Uebel herausgeflogen und hätten sich über Land und Meer verbreitet, namentlich viele böse Krankheiten, vor welchen der Mensch keinen Augenblick sicher ist. Und selbst die einzige Hoffnung (ἐλπίς), welche noch am Rande des Fasses als Pandora den Deckel wieder darüber stürzte hängen, also den Menschen eigen geblieben ist, kann in dem Zusammenhange dieser Fabel und überhaupt im Sinne der Alten keineswegs für etwas Gutes geltenGoettling zu Hes. W. T. 94 und Pind. N. 11, 45 δέδεται γὰρ ἀναιδεῖ ἐλπίδι γυῖα. Eurip. Suppl. 479 ἐλπὶς βροτοῖς κάκιστον ἣ πολλὰς πόλεις ξυνῆψ' ἄγουσα ϑυμὸν εἰς ὑπερβολάς. Es ist das falsche leere Hoffen und Warten, welches Prometheus b. Aesch. 252 den Menschen als eine Art Gegengift gegen die Noth des Lebens mittheilt. Dem entspricht auch die Tochter des Epimetheus b. Pindar P. 5, 29 τὰν Ἐπιμαϑέος ἄγων ὀψινόου ϑυγατέρα Πρόφασιν. Indessen verstand schon Theognis v. 1135–1144 die Dichtung nach der uns am nächsten liegenden Weise. Vgl. Nägelsbach Nachhom. Theol. 383..
76 So hat also Prometheus bei Hesiod den Menschen weit mehr geschadet als genützt, wie ein Versucher der sie den Rath des Zeus umgehen lehren wollte und gerade dadurch Urheber alles Elendes geworden istοὕτως οὔτε πη ἔστι Διὸς θόον ἐξαλέασϑαι. Horat. 1, 3, 27 audax Iapeti genus ignem fraude mala gentibus intulit sqq.. Er selbst, der angebliche Menschenfreund, muß aber die allerschlimmste Buße für seinen Feuerraub leiden, indem er gefesselt und gepfählt wirdth. 521 ff. μέσον διὰ κίον' ἐλάσσας. So auch auf altertümlichen Vasenbildern, s. O. Jahn b. Gerhard D. u. F. 1858 n. 114, Welcker A. D. 3, 192 ff. Ders. G. G. 1, 768 u. Koechly Ak. Vortr. 1, 389 sind der Meinung daß die Fabel vom Opferbetruge des Pr. ursprünglich von der des Feuerraubes unabhängig gewesen sei und Pr. nach th. 521 ff. wegen jenes Betrugs mit der Pfählung bestraft werde. Schwerlich mit Recht, denn offenbar ist die Dichtung vom Feuerraube und der dafür erlittenen Strafe (th. 616) die ältere und jene erst später hinzugetreten, um den Umstand zu motiviren daß das Feuer den Menschen ursprünglich nicht eigen gewesen, also geraubt werden mußte. und ein Adler alltäglich von seiner unsterblichen Leber so viel abfrißt als in der Nacht wieder zuwächst: eine Strafe die ganz im Sinne jener Unterweltsstrafen gedacht ist, denn die Leber ist der Sitz böser Gedanken und Leidenschaften. Endlich aber, so erzählt auch Hesiod th. 527 ff., ist Herakles gekommen, der liebste Sohn des Zeus und der größte Held unter den Menschen, und hat wieder gut gemacht was Prometheus für die Menschheit duldete, indem er den Adler tödtet und den Titanen befreit und mit Zeus wieder aussöhnt.
An solche Ueberlieferungen und an die des attischen, wahrscheinlich auch des lemnischen Prometheuscultus anknüpfend dichtete endlich Aeschylos seine großartige Trilogie in den drei zusammenhängenden Tragödien, deren erste (Πρ. πυρφόρος) den Feuerraub und zwar als einen Vorgang auf der Insel Lemnos, die zweite allein vollständig erhaltene (Πρ. δεσμώτης) die Fesselung, endlich die dritte (Πρ. λυόμενος) die Befreiung des Titanen behandelteAeschylos hatte auch ein Satyrspiel Prometheus gedichtet, wahrscheinlich unter dem Titel Πρ. πυρκαεύς. Es schilderte das täppische Spiel der Satyrn mit dem noch unbekannten Feuer und schloß vermuthlich mit der Hochzeit des Epimetheus und der Pandora, s. Schoem. op. 2, 281, 39; 303, 85.. Denn bei Aeschylos ist 77 Prometheus nun vollends ganz Titane, aber in dem edelsten Sinne des Wortes, ganz von Widerspruch gegen Zeus, aber zugleich ganz von aufopfernder Liebe zum menschlichen Geschlechte beseelt und auch in jenem Widerspruche von so edlem Selbstgefühl und so unbeugsamer Festigkeit eines großen und göttlichen Gemüthes, daß es schwer zu fassen ist wie der Dichter dabei seinen Glauben an Zeus als den nicht blos mächtigsten , sondern auch weisesten und besten, wie er ihn sonst immer ausspricht, zu behaupten vermochte. Prometheus ist bei ihm ein Sohn der Themis, durch seine Mutter auch Prophet und im Besitze von allen Geheimnissen der Zukunft. Bei dem Titanenkampfe trennte er sich von seinen Brüdern und half dem Zeus mit seinem Rathe zum Siege. Aber hernach, als es zur Theilung der Welt gekommen, so erzählt er selbst, habe Zeus der armen Menschen gar nicht geachtet, sondern das ganze Geschlecht vertilgen und ein neues schaffen wollen. Da habe Niemand als er sich der Menschen angenommen und sie nicht allein vor dem drohenden Untergange bewahrt, sondern ihnen auch mit dem Feuer eine Quelle aller Erfindungen und der Herrschaft über die Natur gegeben, was der Dichter sehr ins Einzelne ausführt. Und dafür hat ihn nun die gräßlich harte Strafe getroffen, an den äußersten Enden der Welt, in der skythischen Wüste, in der schauerlichsten Einsamkeit dem Sonnenbrande ausgesetzt, gepfählt und angeschmiedet zu werden, so daß er seine Brüder im Tartaros beneidet. Aber er weiß und das tröstet ihn, daß auch an Zeus der Fluch seines Vaters in Erfüllung gehen und daß auch er wie früher Uranos und Kronos von seinem Throne gestürzt werden werde, weiß auch daß im dreizehnten Geschlechte ein Nachkömmling der gleichfalls unbillig gequälten Io sein Befreier sein werde. Umsonst sind alle Bemühungen, alle Drohungen des Zeus (durch Hermes), jenes Geheimniß zu erfahren. Das dritte Stück zeigte die Erfüllung jener Drohungen des Zeus, aber es brachte auch die Erlösung und Versöhnung zwischen Prometheus und seinem Gegner d. h. zwischen Menschheit und Gottheit, und zwar mit dem Hintergrunde einer noch großartigeren Versöhnung. Denn schon sind die Titanen aus dem Tartaros entlassenEs scheint daß Okeanos der Vermittler gewesen, s. Prom. 298. und 78 sie kommen nun als Erlöste zu dem noch gequälten Bruder, also als Boten und redende Beispiele des wiederhergestellten Weltfriedens, da Zeus milder und sanfter und die alten Götter nachgiebiger geworden sind. Sie finden den Prometheus jetzt am Kaukasos angeschmiedetDer Kaukasos, welcher an vulkanischen Erscheinungen reich ist, scheint bei seinen Anwohnern gleiche Sagen von gefesselten Riesen erzeugt und dadurch den Prometheus dahin gezogen zu haben, von dem die Osseten noch jetzt erzählen. So gab es dort auch eine Τυφαονίη πέτρη, Apoll. Rh. 2, 1210. und alltäglich unter schrecklichen Qualen von dem Adler heimgesucht, so daß er sich nach dem Tode sehnt, da er früher auf seine Unsterblichkeit gepocht hatte. Da erscheint Herakles auf seiner Fahrt zu den Hesperiden, erlegt den Adler, und auch der stellvertretende Unsterbliche, den Zeus zur Bedingung gemacht hatte, wird gefunden, in dem weisen Kentauren Chiron, der an einer unheilbaren Wunde in seiner Höhle am Pelion leidend mit Freuden für Prometheus in den Tod geht. Dieser sagt also sein Geheimniß, nehmlich daß eine Verbindung des Zeus mit der Thetis einen noch gewaltigeren Sohn als Zeus selbst sei erzeugen werde, wird befreit und trägt als Symbol seiner Strafe fortan einen eisernen Ring am Finger und einen Weidenkranz auf dem HaupteAus Probus V. Ecl. 6, 42 darf man folgern daß Hercules zuerst den Geier oder Adler (Apollod. 2, 5, 11) erlegte, dann Pr. sein Geheimniß sagte, und daß ihn darauf Jupiter der Bande entließ, an welche Kranz und Ring erinnerten, vgl. Athen. 15, 16, Hygin P. A. 2, 15 u. a. b. Welcker Aesch. Tril. 49 ff. Mit dem Ringe erscheint Pr. b. Catull. 64, 296.. Auf den Olymp zurückgekehrt wird er wieder was er früher war, ein Berather und Prophet der GötterVgl. das Schalenbild Mon. d. J. V. t. 35 und dazu O. Jahn Ann. 23, 279 ff., Welcker A. D. 3, 194 ff. Bei Apollod. 1, 3, 6 spaltet er dem Zeus bei der Geburt der Athena das Haupt wie sonst Hephaestos.. Vermuthlich erhielt er in diesem letzten Stücke aber auch durch feierliche Einweisung (wie die Eumeniden in dem nach ihnen benannten Stücke) jenen Sitz in der Gegend der Akademie bei Athen, wo er als ein älterer Hephaestos neben diesem Gotte und Athena verehrt und bei feierlichen Gelegenheiten durch einen Fackellauf ausgezeichnet wurdePaus. 1, 30, 2, Harpokr. v. Λαμπάς, Schol. Soph. O. C. 56, Hygin P. A. l. c. wo als mythischer Grund des Spiels der eilige Lauf des Prometheus angegeben wird, als er das Feuer vom Himmel auf die Erde brachte. Auch wird Pr. auf einer antiken Lampe so abgebildet. Nach Philostr. gymn. 16 galt Pr. sogar neben Hermes für den Erfinder der Gymnastik..
Endlich ist Prometheus auch zum plastischen Künstler und 79 zum Demiurgen geworden, in demselben Sinne wie bei Hesiod Hephaestos die Pandora schafft Erde mit Wasser knetend (W. T. 61) oder wie bei Plato Protag. 320 D die Götter alle sterblichen Geschöpfe aus Erde und Feuer bilden (τυποῦσιν). In gleicher Weise also bildet jetzt Prometheus Menschen und Thiere aus ThonBestimmt ausgesprochen wird diese Vorstellung zuerst von Philemon b. Stob. Flor. 2, 27 Πρ. ὅν λέγουσ' ἡμᾶς πλάσαι καὶ τᾶλλα πάντα ζῶα und von Menander b. Lucian Am. 43. Später ist sie die gewöhnliche. Vermuthlich ist sie attischen Ursprungs. Wenn Aeschylos von der Pandora gesagt hatte τοῦ πηλοπλάστου σπέρματος ϑνητὴ γυνὴ und Aristoph. Av. 686 die Menschen πλάσματα πηλοῦ nennt, so können dabei noch die Götter als Schöpfer supplirt werden. und beseelt dieselben entweder selbst mit dem himmlischen Feuer oder die Seele wird von andern Göttern gewährt, gewöhnlich vom Zeus oder der Athena. Sowohl die Dichter als die Künstler haben diese Vorstellung in vielen sinnreichen Schöpfungen ausgesprochen, jene auch wohl so daß sie die bunte Mischung der menschlichen Eigenschaften durch die Mischung des Stoffs, dessen sich Prometheus bedient habe, ausdrücktenHorat. Od. 1, 16, 13, vgl. Philemon l. c. und Simon. Amorg. b. Stob. Flor. 73, 61. Eine Sammlung der wichtigsten Bildwerke b. Wieseler D. A. K. 2, 830–842, S. 18 ff.. Noch später ist an die Stelle des Prometheus die προμήϑεια getreten und dadurch der Mensch zuletzt zu einem Kinde der Sorge gewordenHygin f. 220, vgl. Plotin Enn. 4, 3, 14 mit Bez. auf den Namen der Pandora, πάντες τούτῳ ἔδοσαν τῷ πλάσματι παρὰ προμηϑείας τινὸς γενομένῳ. Die Sorge (cura) scheint mir eine andre Version des nahe verwandten Begriffs der Vorsicht zu sein, Bernays Rh. Mus. N. F. 15, 162 denkt bei derselben an Φροντίς..