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In südöstlicher Richtung vom Mummelsee liegt der Wildsee. Auch seine Bewohnerinnen tauchen zur Oberwelt empor und die Sage weiss besonders von einer zu berichten, die uns das dritte Wandgemälde der Trinkhalle in äusserst lebensvoller Darstellung vor Augen führt.
Am Ufer des Sees, hingelehnt auf schwellendem Moossitz unter einer mächtigen Tanne, auf deren Aesten ein buntschillernder Auerhahn falzend sich wiegt, erblickt man die reizende Nixengestalt. Das blonde Haar rieselt vom Scheitel über Hals und Nacken herab, überwallt von einem Schleier, der auf dem Haupte von einer kostbaren Krone gehalten wird. Aus dem dunkeln Gewässer schaut ein lüsterner Wassernix zu dem holden Frauenbilde empor. Eben scheint sie eins ihrer zaubervollen Sirenenlieder geendigt zu haben; denn während ihre Rechte ein schneeiges Reh kosend schmeichelt, gleitet die Linke wie unbewusst durch die Saiten der Harfe, die in ihrem Arme ruht. Bethörend sind des Liedes Klänge zu den Ohren eines Hirten gedrungen und halten, wie jetzt der Anblick ihrer strahlenden Schönheit, seine Sinne umfangen. Da er eben hinabeilen will, sucht ihn ein greiser Mann zurückzuhalten; vergeblich stellt er ihm vor, wie schon so mancher es mit dem Leben gebüsst, der sich von Sang und Schönheit dieser Zauberin locken liess. Umsonst: er muss hinab zu ihr, er muss ihr folgen, selbst in die Tiefen der Gewässer, sei's zum Tode, sei's zu Glück und Lust.
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