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27. Der Heckenpfennig.

. Vor Zeiten sollen sich in der Nähe des Klingels und beim Wachtelbrunnen viele Bergmännlein aufgehalten haben, die sich nicht selten auf der Oberwelt sehen liessen, und mancherlei wird noch heute von ihnen erzählt und ist zu lesen in Chroniken und alten Handschriften, obgleich niemand wissen will, wo selbige Männlein hingekommen. So soll einmal ein Unbekannter in dunkler Nacht an das Stadtthor von Gernsbach gekommen sein und nach einer Hebamme oder Wehmutter gefragt haben. Man trug auch kein Bedenken, ihn zu einer solchen zu weisen, die eine gute, alte Frau war, und auf sein Begehr ihm folgte. Nachdem er sie in der stockfinstern Nacht etwa zwei Stunden lang in der Kreuz und Quere herumgeführt, dass sie nicht mehr wusste, wo sie war, geleitete er sie durch einen langen, dunkeln Gang tief in den Berg hinein, wo zahllose Lichtlein alles ringsum hell erleuchteten, und sich viele Bergmännlein trippelnd und trappelnd hin- und herbewegten. Hier zeigte man ihr auf ihrem Lager ein Bergweiblein, das in den heftigsten Wehen lag, und bedeutete ihr durch Zeichen, denn bisher war kein Wort gesprochen worden, sie möge der Leidenden ihre Hülfe angedeihen lassen. Nachdem sie nun ihren Dienst verrichtet und die Kreisende glücklich geboren hatte, erhielt sie für ihre Mühe einen rheinischen Pfennig, worüber sie sich sehr beschwerte, indem sie sagte, ihr Lohn sei auf drei Schillinge festgesetzt, und sie sei eine arme Frau, die das Ihrige wohl zu Rath halten müsse. Hierauf belehrte man die Frau, wie sie sich mit dem Pfennig wohl begnügen könne, indem derselbe die Eigenschaft habe, dass, solange er in ihrem Beutel sich befinde, sie immer noch einen Pfennig darin haben werde, sie möge herausnehmen soviel sie wolle. Damit zufrieden, verliess die Frau den Berg wieder in Begleitung des Unbekannten, der sie abgeholt, und der sie wieder auf denselben Umwegen noch vor Tag an das Stadtthor brachte, sodass sie nicht wusste, woher sie kam, noch wo sie gewesen. Der Pfennig aber bewährte die angekündigte Eigenschaft, und die Frau hatte ihr Lebenlang des Geldes immer so viel sie bedurfte. Hierzu macht die Handschrift, welcher das Vorstehende entnommen, die treffende Bemerkung: »Es wäre gut, wenn wir derselben Münz hier zu Land noch viel hätten.«

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