Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
In den mir von meinen Voreltern hinterlassenen Papieren fand ich mehrere interessante Aufzeichnungen aus der Zeit des unglücklichen Hessenkrieges, in welcher meine Vaterstadt M. Gladbach und die benachbarten Orte sehr viel unter der Tyrannei des grausamen Kriegsvolks zu leiden hatten, wie dies ja auch die hier und dort existierenden Chroniken bezeugen. Durch diese Aufzeichnungen angeregt, stellte ich seit einer Reihe von Jahren hier und in den umliegenden Städten und Dörfern genaue Nachforschungen an und sammelte dadurch mit der Zeit so viel geschichtliches Material, daß Chronisten von Beruf damit mehrere Bände füllen könnten. Manches von diesem Material habe ich in der vorliegenden, dem Volksmund entnommenen Erzählung zu verwerten gesucht. Letztere erschien zuerst als Feuilleton in einer hier und in der Umgegend sehr verbreiteten Zeitung, und daß das Lesepublikum sich nicht sowohl für die Erzählung, als auch besonders für die sich darin befindlichen geschichtlichen Tatsachen interessierte, beweist, daß ich von den verschiedensten Seiten anerkennende Zuschriften erhalten habe und mir viele Sachen zugestellt wurden, die aus der betreffenden und aus früherer Zeit herrühren. So erhielt ich z.B. von der »Gastesscheune«, vom »Elschenbroich« vom »Plaate Pohl« (des Prälaten Pfahl), vom »Hundsberg«, vom »Blumenberg« usw. Kugeln, Musketen, Schwerter, Streitäxte, Urnen usw. zugeschickt, die die Zusender, veranlaßt durch die Erzählung, an Ort und Stelle ausgegraben hatten. Den freundlichen Gebern hiermit meinen wärmsten Dank. Besonderer Dank auch den Herren, die mir bei der Sammlung und Sichtung des Materials sowie bei der Bearbeitung der vorliegenden Erzählung, bei der Erklärung der Ortsbezeichnungen usw. behilflich gewesen sind. Die verehrten Leser und Leserinnen bitte ich um schonende Nachsicht, wenn dem »Findelkind« die Feinheiten im Ausdruck abgehen, die man sonst von einem guten Buche zu verlangen gewohnt ist. Die Sprache ist einfach, deshalb so schlicht, weil ich eben nicht besser schreiben kann, und damit Gott befohlen.
M. Gladbach, Pfingsten 1892.
Der Verfasser.
Nachdem vor einigen Jahren »Das Findelkind« nochmals in der »Rheydter Volkszeitung« als Feuilleton erschienen ist und jüngst auch der »Sonntags-Anzeiger« von Rheydt noch einen Abdruck davon seiner Zeitung beifügte, wurde von vielen Lesern der Wunsch laut, eine neue Ausgabe in Buchform erscheinen zu lassen, wozu sich die Verlagshandlung von S. Leuchtenrath (Inhaber: J. Kirschbaum und H. Nießen) entschloß und den Lesern versprach, für einen geringen Preis das Buch in Verkehr zu bringen, und so liegt es heute vor uns.
Unter den vielen Rezensionen, die ich über das »Findelkind« gelesen habe, hat mir eine ganz besonders gefallen, weil sie, von allem andern abgesehen, behauptete, daß die Erzählung »Das Findelkind«, trotz heikler Situationen des Dreißigjährigen Krieges und seiner Begleiterscheinungen, so sittlich rein gehalten ist, daß man sie jedem Kinde unbedenklich in die Hand geben kann. Der das sagte, war ein bekannter Schulmann.
Nach einer kleinen Umarbeitung, die ich daran vorgenommen habe, mag »Das Findelkind« wieder seine Wanderung antreten und weitere Freunde erwerben. Das walte Gott!
M. Gladbach, Pfingsten 1910.
Der Verfasser.
Da die zweite Auflage schon seit langen Jahren vergriffen ist, es jedoch während des Krieges nicht möglich war, eine dritte Auflage erscheinen zu lassen, so freut es mich, diese nunmehr folgen lassen zu können.
Die neue Auflag ist nochmals gründlich durchgesehen und stellenweise etwas umgearbeitet worden. Die einfache Sprache habe ich auf den Rat verschiedener Volksschriftsteller beibehalten.
Daß unsere Vaterstadt wirklich so ausgesehen hat, wie sie in der vorliegenden Erzählung geschildert wird, bezeugt nachstehende Darstellung eines Zeitgenossen:
»Mönchen-Gladbach 1642 ist ein wohlerbauweter Orth; nicht allein das schöne Münster und die Abtey an ihr selbsten, welche mit stark abfallenden Mauwern umgeben und vor dem Thore nach Mittag einen kleinen Fluß mit einem See hat und daher auch wohl befestiget ist. Die Stadt, die auf einem Hügel erbauwet ist, auch wegen einiger stattlicher Häuser und Gebäuwde; der geringern, in großer Anzahl zu geschweigen, so in kurtzen Jahren daselbsten aufgeführet worden. Die Lage der Stadt ist überaus schön, da finden sich Berg und Thal. Der klare, sich krümmende fischreiche Fluß, gute, luftige und nutzbringende Holzung, nahe vor der Stadt.
An schönen künstlichen Gärten ist kein Mangel, welches alles – zu Sommerzeiten die lieblichen Waldvögelein, insbesondere die Nachtigallen, so im Haag und auch in der Stadt hell und klar können gehöret werden, – den Orth und soviel anmutiger macht.
Caspar Dankwerth.«
Am Rathaus stand folgender Spruch:
»Hast du Gewalt, so richte Recht,
Gott ist dein Herr und du sein Knecht,
Verlaß dich nicht auf dein Gewalt,
Dein Tage hier seynd bald gezallt,
Wie du zuvor gerichtet mich,
Also wird Gott auch richten dich,
Hier hast du zu richten nur kleine Zeit,
Dort wirst du gerichtet in Ewigkeit.«
Die dritte Auflage möge, ebenso wie die vorigen, dem Buche immer neue Freunde gewinnen und in der Zerfahrenheit und Leichtlebigkeit unserer Zeit, die so wenig Sinn für Heimatkunde hat, die Liebe zu unserer engeren Heimat und deren Vergangenheit wieder aufleben lassen! Möge man sich erfreuen und erbauen an den kraftvollen Gestalten unserer Vorfahren, wie sie in schweren Kriegsnöten gelitten und gerungen, um den heimischen Herd zu schirmen und die Schwachen zu beschützen! Möge man aber auch nicht vergessen, unserem Herrgott zu danken, daß der Weltkrieg so schonend an unserer Vaterstadt vorübergegangen ist, an den uns noch der seines Helmes beraubte Münsterturm als sichtbares Wahrzeichen erinnert!
M. Gladbach, Winter 1919/20.
M. Gladbach, den 1. Dezember 1929.
Lieber Herr Wefers!
Als ich vor Jahren, fast ein Knabe noch, zum ersten Male Ihr »Findelkind« las – ich tat es mit jener Spannung und Begier, die bei jugendlichen Lesern der Tatendrang und die Sehnsucht nach romantischen Abenteuern auslösen – da wurde mir, gleich vielen anderen Lesern, Ihr Buch zum Erlebnis. Auch heute noch, nach Jahren – man ist inzwischen älter, und, inbezug auf seinen Lesestoff wählerischer, verwöhnter geworden – greife ich immer noch einmal gerne zum »Findelkind«, um mich an der aufrechten Gestalt des wackeren, nieverzagenden alten Vit Gilles, dessen Schicksale sich mit denen des Findelkindes verknüpfen, zu erbauen und an seinen Streichen und Heldentaten zu ergötzen.
Indessen fällt mir beim Lesen des Buches heute manches auf, was mir damals entgangen ist und nehme ich daher Veranlassung, Sie hiermit höfl. darauf aufmerksam zu machen.
Zunächst sind es einige Druckfehler, die ja wohl bei Neudruck des Buches ihre Berichtigung finden werden. Sodann wären m.E. hier und da eine bessere Wortfügung, wie auch, des Wohlklangs wegen, einige stylistische Änderungen angebracht. Stellenweise wirken die Übergänge aus einer Situation in die andere etwas schroff und unvermittelt und müßten daher ausgeglichen werden. Endlich bedürfen gewisse Vorgänge einer Nacharbeit, da manches darin etwas oberflächlich behandelt ist; hierzu gehören auch solche Momente, die aus psychologischen Gründen mehr entwickelt und sorgfältiger ausgearbeitet werden müßten.
Aber trotz dieser Mängel und Unvollkommenheiten ist Ihr »Findelkind« ein Buch, das sich auf dem Markte behaupten wird, da es seiner Beliebtheit wegen Bürgerrecht erworben hat. In seiner einfachen schlichten Sprache trifft es stets den richtigen Ton, der zum Herzen spricht und ist von einer Wirkung, die auch das Ungewöhnliche und Phantastische als möglich erscheinen läßt. Zeit- und Ortsverhältnisse, in welche die Geschehnisse des Buches hineinspielen, sind durchweg gut geschildert und werden für die Leser hiesiger Gegend von bleibendem Interesse sein.
Mögen diese Zeilen Sie veranlassen, vor Neudruck des Buches dasselbe einer Durchsicht zu unterziehen und eine Verbesserung vorzunehmen, die vielleicht mancher kritische Leser begrüßen wird! Das Buch selbst wird dadurch nur gewinnen, um auch fernerhin seinen Platz unter den Erzeugnissen der heimatlichen Literatur schlecht und recht auszufüllen.
Hiermit und den besten Wünschen für Sie und Ihr »Findelkind« verbleibt
Ihr
W. Schnitzler.
Da die 3. Auflage schon über ein Jahr vergriffen war und die Nachfrage aus nah und fern eine recht rege ist, durfte ich eine neue Auflage wagen, trotz der traurigen Zeitumstände.
Deutschland voll Blut und Wunden,
Die Unrecht schlug und Spott –
Dir blieb von allen Freunden
Ein
Einziger, dein Gott!
Nur Einer, doch der Stärkste
Der nicht im Stiche läßt –
Deutschland, du Land des Glaubens
Halt deinen Glauben fest!
So singt ein Dichter aus der Zeit nach dem 30jährigen Kriege!
Paßt das nicht auch für unsere betrübte und armselige Zeit?
Den in vorstehendem Briefe eines Lesefreundes enthaltenen Anregungen und Winken, die mir auch in anderen Zuschriften gegeben wurden, ist in der neuen Auflage weitgehendst Rechnung getragen.
Das Buch ist gründlich kritisch durchgesehen und auch nach verschiedenen zugesandten Aktenstücken ergänzt worden.
Papier, Druck und Einband sind besser, als bei den früheren Auflagen, der Preis trotzdem derselbe geblieben.
Möge das »Findelkind« zu den alten noch viele neue Freunde finden!
M. Gladbach, im Frühjahr 1930.