Sagen aus Böhmen
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Die Steinzwerge von Elnbogen

Zwischen Karlsbad und Elnbogen ist eine Reihe von zu Stein verwandelten Zwergen zu sehen. Sie haben freundliche Gesichter, am lustigsten aber schaut der Zwerg aus, der gerade beim Fenster hinaussieht. Diese Zwerge waren, ehe sie zu Stein wurden, gutmütige Gesellen, die den Menschen halfen, wo sie nur konnten. Aber als ihre Hilfe seltener wurde, sprach es sich bald herum, daß die armen Wichteln unter den Zauber eines Geisterbanners geraten waren, der sie mit grausamer Strenge zu behandeln begann.

Die Zwerge dachten, wie sie sich von der Fuchtel des Geisterbanners befreien könnten, und es kam ihnen der Gedanke, heimlich im Wald eine Zwergenkirche zu bauen, denn sie hatten ja bei den Menschen gesehen, wie diese an den Schutz eines mächtigen Gottes glaubten. Aber alles hatten sie den Menschen doch nicht abgeguckt, denn sonst hätten sie wohl gewußt, daß man eine Kirche nicht mit einer Hochzeit einweihen könne. Und eben das taten sie, als der zierliche Bau, an den sie so viel Mühe gewandt hatten, fertig war. Mit diesem fröhlichen Fest begann alles. Der Bräutigam war in feierliches Schwarz gekleidet, die Braut trug einen langen weißen Schleier, den die allerwinzigsten Zwerginnen als Brautjungfern über den Boden hielten. In einer roh gezimmerten Forstschenke wurde der Hochzeitsschmaus gehalten. Der Wirt und die Kellner sahen sehr possierlich aus mit den vorgebundenen Schürzen und den Biergläsern in der Hand so groß wie Fingernägel. Die Musik wurde von Grillen gezirpt. Der Zauberer kam aber hinter die Heimlichkeit und erschien, just als das Fest seinen Höhepunkt erreicht hatte. Er wurde fuchsteufelswild, stieß eine Verwünschung aus und bannte das ganze Zwergenvolk, so wie es eben war, zu Steinbildern. Noch heute sind sie der Reihe nach aufgestellt zu sehen, die Zwerglein, wie sie sich in einen Zug formierten, um so die Flucht zu ergreifen. Nur einer von den Wichteln merkte nichts, er blickte gerade zum Fenster des Wirtshauses hinaus, und durch den Bann verewigt, lächelt er den Wanderern zu, die an ihm vorbeikamen und kommen werden.

 


 


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