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Prolog

Im Westen braut ein Sturm; in düstre Glut
Taucht sich der Himmel, grelle Blitze zücken:
Nach Freiheit schreit das Volk in wilder Wut,
Nicht länger beugt's dem alten Joch den Rücken;
Was durch Jahrhunderte geheiligt war,
Reißt es zu Boden, aller Ehrfurcht bar.

Voll Staunen sieht der deutsche Nachbar drein,
Und anfangs scheint ihm manches wohlgeraten;
Doch allzu schnell zerfließt der schöne Schein,
Denn blutrot färben sich des Volkes Taten.
Des alten Frankreichs tausendjähr'ger Thron,
Er stürzt in Staub, bedeckt mit Fluch und Hohn.

Bald wird's daheim zu eng, durch alle Welt
Soll wehn der Freiheit blutige Standarte!
Krieg den Thrannen! Frankreich zieht ins Feld,
Und Sieg begleitet seinen Bonaparte.
Dem Helden beugt das Volk sich, und zum Lohn
Hebt es ihn jauchzend aus den Kaiserthron.

Doch weh' dir, Deutschland! Weh', mein Preußen, dir!
Wie wird dir gegen ihn der Kampf gelingen?
Schon stürzt er sich mit des Erobrers Gier
Auf dich, um deine Länder zu verschlingen:
Zerschmettert deine Kraft in einer Schlacht!
Des großen Friedrichs Ruhm versinkt in Nacht!

Gelähmt liegt Preußen da. »Allmächt'ger Gott,
Wie furchtbar hat uns deine Hand zerschlagen!
Vom Sieger überhäuft mit Schmach und Spott –
Wie sollen wir das Joch der Knechtschaft tragen?«
Demüt'ge dich, mein Volk, und blicke hin
Auf deinen Engel, deine Königin!

Mit jedem Reiz an Seel' und Leib geschmückt,
Noch heller glänzend durch des Herzens Güte,
Als Gattin und als Mutter hochbeglückt,
Erscheint sie als der Frauen schönste Blüte.
Doch erst des Unglücks sternenlose Nacht
Hat ihren Adel voll ans Licht gebracht.

Sie ging dahin, eh' noch das Morgenrot
Im Osten einen neuen Tag verkündet!
Doch hat der Schmerz um ihren frühen Tod
Der Freiheit erste Funken angezündet,
Und als der König rief, da loht' der Brand
Im Nu hellflammend durch das ganze Land.

Ein Volk in Waffen zieht begeistert aus,
Das ganze Deutschland ist ihm zugefallen:
Den fremden Zwingherrn treiben sie hinaus,
»Frei ist das Vaterland!« so hört man's schallen.
Ja, Großes hat der Herr an uns getan!
Heil dir, mein Preußen! denn du zogst voran!


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