Ludwig Aurbacher
Ein Volksbüchlein
Ludwig Aurbacher

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59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppten,
und wie er's ihnen eintränkt.

Es kamen einstmals einige lustige Gesellen, die sich auf dem Wege verirrt hatten, spät Abends in einer einsam gelegenen Mühle an, wo sie um Herberg nachsuchten. Der Müller, ein leutseliger Mann, nahm sie freundlich auf, und versah sie auf's beste mit Brod, Käs' und Bier genug. Also aßen und tranken sie bis in die späte Nacht hinein, und trieben dazu allerlei Kurzweil mit guten Schwänken, an denen auch der Müller großen Gefallen hatte. Da konnte es denn nicht fehlen, daß es zuletzt auch über die Müller herging, welchen freilich vieles Böse nachgesagt wird, nicht mit Unrecht. So fragte denn der erste den Müller, ob er wol wisse, was das Beste sei in der Mühle? Der Müller antwortete: Nun ja wol, die vollen Säcke. Nein, sagte jener, sondern daß die Säcke nicht reden können; denn – – Schon gut, sagte der Müller, ich versteh's, wo's hinaus will. Ein zweiter fragte den Müller, ob er wisse, warum die Störche auf keiner Mühle ihr Nest bauen? Der Müller sagte: Nun ja, weil die klappernden Störche die klappernden Mühlen nicht leiden mögen. Schlecht errathen, sagte jener, sondern weil die Störche wissen, daß nicht einmal ihre Eier vor den Müllern sicher seien. Oho! sagte der Müller und lachte, aufs Dach gehen wir doch nicht hinauf, so lang es was zu fischen gibt in der Mühle. – Ein dritter nahm das Wort und sprach: Welcher Müller versteht am besten sein Handwerk? Der Müller sagte: Wol derjenige, der aus dem wenigsten Korn das meiste Mehl macht. Mit nichten, sagte jener, sondern der das Korn und das Mehl so fein mahlt, daß die Leute kaum wieder die Säcke finden. – Der vierte sagte: Ich verstehe auch etwas vom Handwerk, und habe oft auf der Mühle zugeschaut, wie's da zugeht. Wenn man das erste Wasser in der Mühle anläßt, so geht sie anfangs gar langsam, und sagt gleichsam: Es ist ein Dieb da, es ist ein Dieb da. Wenn man das zweite laufen läßt, so geht sie schon etwas geschwinder, und spricht gleichsam: Wer ist er? wer ist er? Endlich, wenn das dritte Wasser dazu kommt, so geht sie gar geschwind, und antwortet: Der Müller, der Müller, der Müller. – Es sagte darauf der fünfte: Wenn denn alle Müller Diebe sind, wie kommt es denn, daß man sie nicht alle aufhenkt, gleich andern Dieben? Narr, sagte der sechste, da würde ja das ganze Handwerk in Abgang kommen, und man kann es doch nicht missen. Zuletzt langte der siebente seine Fiedel hervor, und sprach: Ich will dem Müller lieber eins aufgeigen, und er sang:

Müller, Müller, Metzendieb,
Hast die jungen Mädle lieb,
Eile, Müller, schütte drauf,
Gib der Mühle schnellen Lauf,
Nimm fein recht das Beutelgeld,
Daß kein Heller neben fällt.

So ging's denn fort, und die Gesellen hatten ihr Gespött mit dem Müller und der Müller machte auch kein schiefes Maul dazu. Er dachte aber bei sich: Wartet, ich will's euch schon eintränken. – Als sie nun schlafen gehen wollten, sprach der Müller: Er habe nur eine einzige Kammer leer, unter dem Taubenschlag droben, und zu der müsse man auf schlechter Stiege unter freiem Himmel hinaufsteigen. Den Gesellen war das gleichviel. Und sie brachen auf und stiegen die Staffeln hinan, und sie merkten wol, daß sie steil und schlecht seien zum Halsbrechen. Und als sie nun alle auf der Stiege standen – es war aber das große Wasserrad – so zog der Müller unversehens den Schluß auf, und, hopps! purzelte einer nach dem andern in den Gumpen hinab, wie Frösche, und sie zwatzelten und plätscherten drinn herum, wie Pudelhunde, die das Schwimmen lernen. Ersoffen ist jedoch keiner, und das kalte Bad hat ihnen weiter auch nicht geschadet. Der Müller sagte: Es thue ihm leid, daß die Stiege eingebrochen, und sie müßten nun schon in der Stube vorlieb nehmen. Das thaten sie denn auch, und sie schliefen gar wohl. – Des andern Tags sahen sie nun freilich, was das für eine Bewandtniß gehabt habe mit der Stiege; und der Müller lachte sie brav aus, und sagte: da habt ihr nun ein Stücklein mehr zu erzählen von den Müllern. Der Fiedler aber stimmte seine Geige, und spielte ihnen was auf, und sang:

Die Mühlen, die klappen,
Die Knappen, die schnappen,
Die Beutel, die strotzen,
Die Müller, die trotzen –

und so weiter. –

Als sie endlich aufbrechen wollten, und nach der Zeche fragten, sagte der Müller: Sie hätten dieselbe schon gestern bezahlt; sie sollten nur damit vorlieb, und nichts für ungut nehmen. Also sind sie als gute Freunde von einander gegangen.


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