Ludwig Aurbacher
Ein Volksbüchlein
Ludwig Aurbacher

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20. Die Nachbarn.

Es sind freilich wunderliche Redensarten, welche die zwei Nachbarn, der Schmied und der Wagner, im Brauch haben; und die Leute, welche eben nicht wissen, was die Männer vorher mit einander gesprochen, können wol keinen Sinn darin finden, wenn zuletzt der Eine spöttisch ausruft: Als ob! und der Andere drauf lachend versetzt: Ja wol! Aber die Nachbarn wissen gar gut, was sie damit meinen; und sie führen die Redensarten nur, wie den letzten Hammerschlag, als Punctum zum Abschluß.

Als zum Beispiel: Nachbar Schmied erzählt und spricht: Hast du schon unsern neuen Schulzen angegangen auf der Rathsstube? Hör', der gibt's theuer und trägt sich hoch, wie einer, den man aus der Fremde verschrieben. Und er ist doch, mein Seel'! nur so ein Bürgersmann aus unsrer Mitte, der, sollte man meinen, für seine Person sich immer noch herablassen könnte, ohne eben seinem Amt etwas zu vergeben. Er aber gebärdet und benimmt sich, wie ein gestrenger Herr, der Gnaden austheilen möchte, wo er doch nur Recht sprechen sollte, wie's Rechtens ist. Glaubt er vielleicht, daß er sich damit einen besondern Respect verschaffen könne, so eine Reputation, wie man's nennt? – – »Als ob! –« unterbricht hier Nachbar Wagner. »Ja wol!« versetzt drauf Nachbar Schmied.

Ein anderes Mal erzählt Meister Wagner, und fragt den Nachbar: Hast du schon von dem Brauthandel gehört, den der Nachbar Bäcker abgeschlossen? Du kennst ja die Rosine, seine Tochter; sie ist ein sauberes Mädel, dabei häuslich, sittsam und fromm. Die hat er nun, wie ich gehört, dem Müllerssohn, dem Crispinus, zur Ehe versprochen. Nun wissen wir aber alle, daß der Bursche nichts taugt, und daß er, statt sich um das Mahlwerk anzunehmen, seine Zeit und sein Geld all verthut im Wirthshaus. Der Nachbar Bäcker aber rechnet und denkt vielleicht: Crispinus ist der einzige Sohn und Erbe seines Vaters, des reichen Müllers; es könne nicht fehlen, meint er etwa, und es sei gar ein großes Glück für die Rosine – – »Als ob!« »Ja wol!«

Wieder ein anderes Mal erzählt der Eine dem Andern: Weißt du schon, daß der Mayer vor einiger Zeit eine große Erbschaft gemacht hat? Dies Glück wäre ihm nun gar wohl zu gönnen; denn er hat Schulden an allen Enden und Orten, und in seinem Haushalt steht's auch nicht just, und es hapert überall. Nun denk' aber: statt seine Gläubiger zu bezahlen, zu Stall und zu Feld alles besser zu bestellen, und neues Schiff und Geschirr anzuschaffen: was thut er? Er läßt sich und seinem Weib, die eine Zierpuppe ist, städtische Kleider machen, seine Stube und die Kammern mit Tapeten verzieren, und mit schönen, theuern Möbeln ausstatten. Als ihn neulich der Amtmann hierüber zur Rede stellte, sagte er: »In dem, wie der Mensch wohnet, sich kleidet und trägt, besteht seine Ehre.« – – »Als ob!« »Ja wol!«

So erzählen sich denn die Nachbarn diese und ähnliche Stücklein, etwa auf der Bank, vor ihren Häusern. Dann, wenn sie dergleichen eins ab- und aufgeladen, gehen sie wieder zur Arbeit lustigen Sinnes. Oft aber, noch unter der Thür ihrer Werkstätten, sehen sich die Schälke wieder nach einander um, laut lachend, und der Eine ruft: »Als ob!« und der Andere: »Ja wol!«


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