Ludwig Aurbacher
Ein Volksbüchlein
Ludwig Aurbacher

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58. Der Hahn im Korb.

Zur Zeit, da es noch Sitte war, Narren zu halten an den Höfen, hatte ein Fürst einen solchen Schalk, der wegen seiner lustigen Streiche und gescheidten Einfälle bekannt und beliebt war. Eines Mittags, da man zur Tafel ging, aber der Narr noch fehlte, sagte der Fürst zu den eingeladenen Herren: um den Narren mit guter Art züchtigen zu können, habe er einen Schwank im Sinne; es sollte jeder von ihnen ein Ei zu sich stecken, und wenn er's befehle, herfür langen. Als sie nun sämmtlich bei Tafel saßen, und die Reden durch einander liefen und überlaut wurden, rief der Fürst, scheinbar vor Unmuth: »Das gackert und glücket ja, als wenn ein Hennenvolk beisammen wäre! Nun will ich aber auch die Eier sehen, die gelegt werden, geschwind!« Und er wandte sich zum nächsten, der neben ihm saß. Der duckte und schmuckte sich alsogleich, und druckte und legte das Ei vor sich auf den Tisch. Desgleichen thaten der andere, der dritte, die übrigen, so wie die Reihe an sie kam. Zuletzt war's am Narren, daß er ein Ei legen sollte. Der aber erhob sich auf seinem Sitz und schlug mit den Armen, als wie mit Flügeln, und schrie: »Kikerikiki!« »Was will das?« fragte der Fürst. »Ei,« antwortete der Narr, »da, wo so viele Hennen sind, muß ja doch wol auch ein Hahn sein.« Dieser Einfall ergötzte den Herrn, und der Narr entging nicht nur der zugedachten Züchtigung, sondern verblieb auch, was er bisher gewesen, der Hahn im Korb.


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